Landgericht Osnabrück
v. 16.02.1989, Az.: 9 T 13/89

Bibliographie

Gericht
LG Osnabrück
Datum
16.02.1989
Aktenzeichen
9 T 13/89
Entscheidungsform
Entscheidung
Referenz
WKRS 1989, 21444
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOSNAB:1989:0216.9T13.89.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Bad Iburg - 28.10.1988 - AZ: 4 C 1124/87

In dem Verfahren

...

wegen Festsetzung nach § 19 BRAGO

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück

durch die unterzeichneten Richter ...

am 16.2.1989

beschlossen:

Tenor:

  1. Die sofortige Beschwerde des Rechtsanwalts ... vom 10.11.1988 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Amtsgerichts Bad Iburg vom 28.10.1988 wird zurückgewiesen.

  2. Rechtsanwalt ... trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

  3. Der Beschwerdewert wird auf 364,69 DM festgesetzt.

Gründe

1

I.

Rechtsanwalt ... hat beide Beklagte in einem Rechtsstreit verteidigt, dessen Streitwert auf 9 220,- DM durch Beschluß vom 18.03.1988 (Blatt 42 d.A.) festgesetzt war. Den Beklagten war Prozeßkostenhife nur zur Verteidigung gegen den Räumungsanspruch durch Beschluß vom 04.12.1987 (Bl. 21 d.A.) bewilligt. Im Festsetzungsbeschluß vom 08.06.1988 (Bl. 46 Rs d.A.) hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Wert des Räumungsanspruchs insoweit mit (650,- DM × 12 =) 7 800,- DM angenommen, wogegen Rechtsanwalt ... nichts erinnert hat; eine Streitwertfestsetzung könnte insoweit möglicherweise auch vom Beschwerdegericht vorgenommen werden (OLG Köln Jurßüro 1981/1011, 1014). Durch die vorgenannte Festsetzung vom 08.06.1988 hat Rechtsanwalt ... aus der Staatskasse nach einem Wert von 7 800,- DM als beigeordneter Anwalt Gebühren in Höhe von 1 362,30 DM erstattet erhalten.

2

Gemäß § 19 BRAGO beantragt Rechtsanwalt ... die Festsetzung der Kosten gegen seine Mandanten, wobei Rechtsanwalt ... die Wahlanwaltsgebühren nach einem Streitwert von 9 220,- DM auf 2 191,43 DM berechnet und hiervon 1 362,30 DM gezahlte Prozeßkostenhilfevergütung in Anrechnung bringt, so daß er abzüglich 10,- DM Zustellgebühren insoweit insgesamt 829,13 DM gegen die Beklagten festgesetzt haben will (Bl. 59f d.A.). Demgegenüber hat der Rechtspfleger durch den angefochtenen Beschluß vom 28.10.1988 von den Wahlanwaltsgebühren (in Höhe von 2 191,43 DM) diejenigen Wahlanwaltsgebühren abgesetzt, die bei einem Streitwert von 7 800,- DM in Höhe von 1 726,99 DM - anstelle der aus der Staatskasse erstatteten Gebühren für den beigeordneten Anwalt in Höhe von 1 362,10 DM - entstanden wären. Deshalb sind durch den angefochtenen Beschluß insoweit für Rechtsanwalt ... gegen seine Mandanten nur 464,44 DM festgesetzt worden, so daß Rechtsanwalt ... um (829,13 DM - 464,44 DM =) 364,69 DM beschwert ist.

3

Rechtsanwalt ... führt in seiner Erinnerung aus, daß die anwaltliche Vergütung für den einheitlichen Prozeßauftrag nicht dadurch geschmälert werden dürfe, daß für einen Teil des Verfahrens Prozeßkostenhilfe bewilligt werde.

4

Der Bezirksrevisor hat vorsorglich Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

5

II.

Der Rechtspfleger und der Richter der Erstinstanz haben der Erinnerung vom 10.11.1988 nicht abgeholfen und sie dem Beschwerdegericht vorgelegt, so daß die Erinnerung als sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Rechtspflegers gilt (§§ 104 Abs. 3 ZPO, 21 Abs. II, 11 Abs. II RPflG). Die zulässige sofortige Beschwerde ist aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses, auf den verwiesen wird, unbegründet.

6

Hieran vermögen die Ausführungen in der Erinnerung nichts zu ändern.

7

1)

Die Gebührenabrechnung bei Teil- Prozeßkostenhilfe ist streitig, wobei es sowohl um die Gebühren des beigeordneten Anwalts gegenüber der Staatskasse als auch um die Gebühren gegenüber den Mandanten und ferner auch um die Gerichtsgebühren geht. Die Schwierigkeiten ergeben sich im wesentlichen daraus, daß der Anwalt bei einem einheitlichen Prozeßauftrag hinsichtlich verschiedener Teile zwei Gebührenschuldner - nämlich den Mandanten und die Staatskasse - hat und sowohl wegen der Degression als auch wegen der unterschiedlichen Gebührentabellen nach § 11 BRAGO und § 123 BRAGO die Summe der Anwaltsgebühren aus den Teilstreitwerten oft größer als die Summe der Gebühren aus dem Gesamtstreitwert sein kann.

  1. a)

    Der Bundesgerichtshof (BGHZ 13/373, 375 = NJW 1954/1406) hat sich in Abkehr von der Rechtsprechung des Reichsgerichts dahin entschieden, daß die Gerichtsgebühren und die von der armen Partei dem beigeordneten Anwalt geschuldeten Anwaltsgebühren sich nach dem Ergänzungsbetrag richten, welcher in dem Unterschied der Gebühr nach dem Gesamtstreitwert und nach dem Teil Streitwert des vom Armenrecht erfaßten Teils besteht. Diese Ansicht durfte jetzt herrschend sein (BGH, a.a.O.; Gerold Schmidt, BRAGO, ab 9. Aufl. 1987, § 122 Rdnr. 8 - widersprüchlich aber noch § 13 Rdnr. 46 Beispiel e; Riedel/Sußbauer, BRAGO, 5. Aufl. 1988, § 13 Rdnr. 31; Hansens JurBüro 1988/145 ff., 148; Lappe, Kostenrechtsprechung, § 13 BRAGO Nr. 7; Zöller, ZPO, 15. Aufl. 1987, § 122, Anm. II 3. a, Rdnr. 17, aber Rdnr. 20; Stein-Jonas, ZPO, 20. Aufl. 1984, § 115 Rdnr. 27; Marke GKG, 1967, § 10 Rdnr. 15; Kalthoener/Büttner, PKH und BerHG, 1988, Rdnr. 699 ff. differenzierend; für Streitwerte ab 5 000,- DM; KG JurBüro 1988/728; OLG Stuttgart Jurßüro 1984/1196 betreffend den Anspruch gegen die Staatskasse; teilweise auch OLG Köln Jurßüro 1981/1011 mit Anm. Mümmler).

  2. b)

    Demgegenüber geht die Gegenmeinung davon aus, daß ein Fall des § 13 III BRAGO analog - nämlich: verschiedene Gebührensätze für Teile des selben Gegenstandes - vorliege und daß die Gebühren des Anwalts gegenüber seinem Mandanten sich im Ausgangspunkt ungekürzt nach dem Streitwert desjenigen Teils richten, für den nicht Prozeßkostenhilfe bewilligt worden ist (Gerold/Schmidt bis zur 8. Aufl. 1984, § 122 Rdnr. 21; OLG München, NJW 1969/938 = JurBüro 1969/514; OLG München JurBüro 1981/700; OLG München JurBüro 1983/1205; OLG München JurBüro 1988/905; Mümmler JurBüro 1981/489, 499; Göttlich/Mümmler BRAGO, 16. Aufl. 1987; Stichwort "beigeordneter Rechtsanwalt - 5.4", S. 239 f.; Kalthoener/Büttner, PKH und BerHG, a.a.O. für Streitwerte bis 5 000,- DM) - wobei die Obergrenze des Gesamtvergütungsanspruch nach dem Gesamtstreitwert wie bei der zuerst genannten Meinung unbestritten ist. Innerhalb dieser Meinung wird teilweise vertreten, der Rechtsanwalt habe ein Wahlrecht, ob er zunächst seine Gebühren gegen die Staatskasse und dann den Rest gegen den Mandanten geltend machen dürfe oder ob er zunächst den vom Mandanten geschuldeten Teil und dann den Rest von der Staatskasse verlangen dürfe (so Gerold/Schmidt a.a.O. bis zur 8. Aufl.; OLG München, a.a.O., NJW 1969/938). Teilweise wird die Ansicht vertreten, daß die Haftung der Mandanten vorrangig sei, so daß die Staatskasse nur für den Rest hafte (OLG München a.a.O. Jurßüro 81/700; anders OLG München JurBüro 1983/1205). Teilweise wird dem Anwalt gegen seinen Mandanten die Gebühr nach dem Gesamtstreitwert abzüglich der von der Staatskasse erstatteten Prozeßkostenhilfegebühren zugebilligt (so Mümmler Urteilsanmerkung zu OLG München, Jurßüro 1981 Seite 702f).

  3. c)

    Bei dem nicht sehr übersichtlichen Meinungsstand gibt es noch weitere Differenzierungen. Insgesamt werden mindestens sechs verschiedene Berechnungsarten vertreten, wie dies der Bezirksrevisor beim Landgericht Osnabrück in seiner Beschwerde vom 21.11.1986 im Verfahren 32 F 250/82 Amtsgericht Osnabrück (PKH-Heft-Bl. 6 ff.) aufgezeigt und an Beispielen rechnerisch erläutert hat.

    Der Bezirksrevisor beim Landgericht (a.a.O.) vertritt im Anschluß an Fraenkel JW 1931/2010 (vgl. noch RGZ 146/78, dem BGHZ, a.a.O., 213/313 nicht gefolgt ist; ferner OLG München NJW 1989/1858; Drieschler, GKG, 4. Aufl. 19 ..., vor § 49 GKG Randnr. 54) die Auffassung, daß die Gebühren nach dem Gesamtstreitwert im Verhältnis der Teilstreitwerte aufgeteilt werden müßten. Insofern ist der Darstellung des Meinungsstreites von Mümmler (a.a.O. Jurßüro 1981/70 2f) unrichtig, wonach die Gebührenberechnung nur für den prozeßkostenhilfefreien Teil streitig sei. Vielmehr ist der Meinungsstreit auch für den prozeßkostenhilfefreien Teil im Endergebnis bedeutsam, weil sowohl eine anteilige Verteilung (so Bezirksrevisor a.a.O.) als auch das teilweise angenommene Wahlrecht (Gerold/Schmidt, a.a.O. bis 8. Aufl., § 122 Rdnrn. 21) dazu führen, daß sogar die aus der Staatskasse zu zahlenden Rechtsanwaltsgebühren gekürzt werden können. Indessen hat der BGH (a.a.O. BGHZ 13/373, 376 ) - und stillschweigend auch das OLG Oldenburg (a.a.O., Beschluß vom 22.12.86 offenbar im Anschluß an OLG München, a.a.O. JurBüro 1981/700, 702; vgl. OLG Stuttgart, a.a.O. Jurßüro 1984/1196) - eine Berechnung nach den eben erwähnten Berechnungsarten (RGZ 146/78 und Fraenkel, a.a.O.) abgelehnt. Es verstößt gegen den Sinn der Prozeßkostenhilfe, die mittellose Partei durch die Überbürdung eines Anteils schlechter als die vermögende Partei zu stellen, der hinsichtlich des nicht von der Prozeßkostenhilfe betroffenen Teilstreitwertes eben kein Anteil anderer Gebührenteile aufgebürdet wird. Deshalb kommt für die Kammer nicht in Betracht, die Gebühren nach dem Verhältnis der Teilstreitwerte aufzuteilen. Während die herrschende Meinung, die von dem Mandanten zu zahlenden Differenzgebühren dadurch berechnet, daß sie von den Wahlanwaltsgebühren für den gesamten Auftrag die Wahlanwaltsgebühren für denjenigen Teil abzieht, auf den sich die Teilprozeßkostenhilfe bezieht (Gerold/Schmidt a.a.O., 9. Aufl. § 122 Rdnr. 8; BGH a.a.O.) schuldet nach Ansicht des OLG Köln (a.a.O. Jurßüro 1981/1011) der Mandant die Differenz zwischen den Wahlanwaltsgebühren nach dem Gesamtstreitwert und den aus der Staatskasse zu zahlenden Prozeßkostenhilfe-Gebühren. Gerade die letzte Meinung stützt die vorliegende Beschwerde, weil sich Rechtsanwalt ... von der Gesamtvergütung als Wahlanwalt in Höhe von 2 191,43 DM nur die aus der Staatskasse gezahlte PKH-Vergütung in Höhe von 1 362,30 DM anrechnen lassen will.

    Zum selben Ergebnis wie das OLG Köln kommt insoweit auch Mümmler (a.a.O. JurBüro 1981/702, 703) obwohl er an sich mit OLG München (a.a.O. JurBüro 1969/514 = NJW 1969/938) und Gerold/Schmidt (a.a.O. bis 8. Aufl., § 13 Rdnr. 32 Beispiel e) die grundsätzliche Gegenposition zu herrschender Meinung einnimmt. Die von Rechtsanwalt ... vertretene Meinung wird in einem obiter dictum und ohne nähere Begründung auch vom OLG Oldenburg (a.a.O., Beschluß vom 22.12.1986) geteilt.

  4. d)

    Die zwei hauptsächlichen Berechnungsarten können an dem vereinfachten Beispiel für 1 Gebühr ohne Nebenkosten folgendermaßen verdeutlicht werden (vgl. auch die Beispielsberechnung bei Göttlich/Mümmler a.a.O., und Hansens a.a.O. JurBüro 1988/14 6 f.):

    Wird wie vorliegend der Anwalt für eine Angelegenheit mit einem Gesamtstreitwert von 9 220,- DM beauftragt, so beträgt die Wahlanwalts gebühr 513,- DM. Bei einer Teil-Prozeßkostenhilfe für 7 800,- DM beträgt die Prozeßkostenhilfe-Anwaltsgebühr 350,- DM und die Wahlanwaltsgebühr 435,- DM. Für den PKH-freien Differenzstreitwert von (9 220,- DM - 7 800,- DM =) 1 420,- DM beträgt die Wahlanwaltsgebühr 100,- DM.

    Nach herrschender Ansicht (BGH a.a.O.) ist zu rechnen:

    Gebührenanspruch gegen die Staatskasse: Wert 7 800,- DM; PKH-Gebühren 350,- DM

    Gebührenanspruch gegen den Mandanten:

    lg_osnabrueck_1989-02-16_9-t-13-89_abb001.jpg

    Insgesamt erhält der Anwalt also (350,- DM + 78,- DM =) 428,- DM.

    Nach der Gegenmeinung (OLG München a.a.O.) ist zu rechnen:

    Gebührenanspruch gegen die Staatskasse: wie oben 350,- DM Gebührenanspruch gegen den Mandanten:

    PKH-freier Differenzstreitwert (9 220,- DM - 7 800,- DM =) 1 420,- DM; Wahlanwaltsgebühr 100,- DM.

    Insgesamt erhält der Anwalt (350,- DM + 100,- DM =) 450,- DM, so daß in diesem Fall die Obergrenze der Gesamt-Wahlanwaltsgebühr von 513,- DM nicht erreicht wird; die Frage des Wahlrechts wird nicht akut.

8

2. Die Kammer geht von folgendem aus:

  1. a)

    Nach § 122 I Nr. 3 ZPO bewirkt die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe, daß die beigeordneten Rechtsanwälte Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen können. Diese Bestimmung betrifft gerade die Differenz zwischen der Wahlanwaltsvergütung nach § 11 BRAGO und der Prozeßkostenhilfe-Vergütung nach § 123 BRAGO (Gerold/Schmidt a.a.O. 9. Aufl., § 122 Rdnr. 8). Selbst wenn der Prozeßkostenhilfe-Anwalt über § 124 BRAGO als "weitere Vergütung" im Einzelfall dieselbe Vergütung wie ein Wahlanwalt erhält (vgl. dazu OLG Köln JurBüro 1987/867 mit Anm. Mümmler sowie OLG Düsseldorf JurBüro 1988/1717), so richtet sich dieser Anspruch auf die vollen Wahlanwaltsgebühren ausschließlich gegen die Staatskasse und nicht gegen den Mandanten. Dies zeigt, daß der Gesetzgeber einen starken Schutz der mittellosen Partei beabsichtigt hat.

    Dieser Schutz darf nach herrschender Ansicht nicht dann umgangen werden, wenn die mittellose Partei ihren Anwalt mit der Verfolgung weiterer Rechtspositionen beauftragt hat (Gerold/Schmidt a.a.O.; BGHZ a.a.O. Seite 377; KG, a.a.O.; Hansens, a.a.O.). Soweit die Gegenmeinung argumentiert, die Prozeßkostenhilfe erleichtere durch die Höhe der PKH-Gebühren und die Gebührendegression zu sehr die Führung des nicht durch Prozeßkostenhilfe gedeckten Teils (OLG München, a.a.O. NJW 1969/938; Kalthoener/Büttner, a.a.O.; ähnlich OLG München, JurBüro a.a.O. 1981/700), ist dieses Argument schon deshalb nicht überzeugend, weil die Gegenmeinung die mittellose Partei schlechter als die vermögende Partei stellt (ausführlich OLG Köln, a.a.O. JurBüro 1981/1011; KG, a.a.O., JurBüro 1988/728; Lappe, a.a.O.; ferner Gerold/Schmidt, a.a.O., ab 9. Aufl., § 122 Rdnr. 8).

    Aus diesem Schutzzweck des § 122 I Nr. 3 ZPO folgt, daß der Prozeßkostenhilfeanwalt hinnehmen muß, zusätzlich zu den Prozeßkostenhilfegebühren vom Mandanten keine Wahlanwaltsgebühren zu erhalten, soweit sich diese auf den mit Prozeßkostenhilfe verbundenen Teilstreitwert beziehen. § 124 BRAGO zeigt, daß dies insbesondere auch für die Differenzgebühren zwischen der Prozeßkostenhilfegebühr und der Wahlanwaltsgebühr gilt (KG, a.a.O. Jurßüro 1988/728; vgl. OLG Düsseldorf a.a.O., JurBüro 1988/1718, 1719). Diese Regelung ist für den Anwalt zumutbar, weil er durch den Anspruch gegen die Staatskasse einen sicheren und leistungswilligen Schuldner erhält und in den unteren Streitwertbereichen (bis 5 000,- DM bzw. bis 56 000,- DM) die Differenz zu den Wahlanwaltsgebühren sich gar nicht bzw. nicht sehr gravierend auswirkt (Zöller a.a.O., § 122 Anm. III 1 vor a), zumal die Differenz sich in den Fällen des § 124 BRAGO noch weiter verringert. Der Anwalt kann sich nicht dagegen beschweren, daß die Prozeßkostenhilfe den Mandanten auch dann noch begünstigt, wenn der Mandant über den Rahmen der bewilligten Prozeßkostenhilfe hinaus weitere Rechte verfolgt. Hierbei berücksichtigt die Kammer auch, daß es in vielen Fällen nur deshalb zur weiteren Rechtsverfolgung kommt, weil der Anwalt für den übrigen Teil Prozeßkostenhilfegebühren erhält.

    Die Kammer folgt daher aufgrund dieser Wertung der herrschenden Ansicht, daß der Rechtsanwalt, der über die Teil-Prozeßkostenhilfe hinaus von seinem Mandanten ein weitergehendes Mandat hat, vom Mandanten nicht sämtliche restlichen Gebühren bis zur Grenze der aus der Staatskasse gezahlten Prozeßkostenhilfegebühren verlangen kann.

    Hieraus ergibt sich vorliegend:

    Bei einem von der Teil-Prozeßkostenhilfe erfaßten Teil des Streitgegenstandes in Höhe von 7 800,- DM hätte Rechtsanwalt ... als Wahlanwalt die im angefochtenen Beschluß vom 28.10.1988 näher berechneten Gebühren in Höhe von 1 726,99 DM erhalten. Obwohl Rechtsanwalt ... tatsächlich von der Staatskasse nur 1 362,10 DM erhalten hat, muß er sich doch wegen der Wirkung des § 122 I Nr. 3 ZPO im Ergebnis so behandeln lassen, als hätte er von der Staatskasse die Wahlanwaltsgebühren in Höhe von 1 726,99 DM erhalten. Es ist daher nicht zu beanstanden, daß der angefochtene Beschluß vom 28.10.1988 insoweit zugunsten von Rechtsanwalt ... lediglich die Differenz von (2 191,43 DM Gesamt-Wahlanwaltsgebühren minus 1 726,99 DM Wahlanwaltsgebühren für den PKH-Teilstreitwert =) 464,44 DM festgesetzt hat.

  2. b)

    Unabhängig von der zu a) behandelten Frage, ob der Anwalt vom Mandanten die Wahlanwaltsgebühren bis zur Grenze der restlichen Prozeßkostenhilfegebühren verlangen kann, könnte Rechtsanwalt ... höhere Gebühren verlangen, wenn er mit der Gegenmeinung die Wahlanwaltsgebühren nach demjenigen Teilstreitwert geltend machen könnte, der auf den nicht von der Teilprozeßkostenhilfe entfallenden Anteil entfällt.

    Dies betrifft vorliegend einen Differenzstreitwert von (9 220,- DM minus 7 800,- DM =) 1 420,- DM. Auf diesen nicht durch die Teilprozeßkostenhilfe gedeckten Teil wären Wahlanwaltsgebühren in Höhe von (130,- DM + 100,- DM + 100,- DM + 40,- DM Pauschale + Abwesenheitsgeld 39,40 DM + 14 % Mehrwertsteuer =) 476,65 DM entfallen. Dagegen ergibt sich nur ein Betrag von 464,44 DM, wenn man die von der herrschenden Ansicht verwendete Berechnungsart zugrunde legt. Denn diese ist vom angefochtenen Beschluß angewendet worden: 2 191,43 DM Wahlanwaltsgebühren für den Gesamt-Streitwert abzüglich 1 726,99 DM Wahlanwaltsgebühren für den PKH-Teilstreitwert ergeben 464,44 DM.

    Für die Berechnungsart der herrschenden Meinung sprechen bereits die soeben zu a) behandelten Argumente, insbesondere der Schutzzweck des § 122 I Nr. 3 ZPO. Darüber hinaus vermeidet die herrschende Ansicht in jedem Falle praktische Schwierigkeiten, indem sie von vornherein die Wahlanwaltsgebühren nach dem Gesamtstreitwert zum Ausgangspunkt nimmt. Demgegenüber kann bei der Gegenmeinung oft der Fall eintreten, daß die Prozeßkostenhilfegebühren zusammen mit den Wahlanwaltsgebühren aus dem Prozeßkostenhilfe-freien Teil unzulässig die Obergrenze der Wahlanwaltsgebühren nach dem Gesamtstreitwert überschreiten. Dieses Überschreiten der Obergrenze zwingt dann die Gegenmeinung entweder zu einem Wahlrecht, das dogmatisch nicht begründbar (Hansens a.a.O., JurBüro 1988/149; OLG Köln, a.a.O. JurBüro 1981/1013) und vor allem unpraktisch ist, weil die Wahl von der Festsetzung der Prozeßkostenhilfegebühren, die zudem noch lange vom Bezirksrevisor angefochten werden können, abhängig ist. Oder die Gegenmeinung ist gezwungen, eine der beiden Gebühren zu kürzen. Die Kürzung der Prozeßkostenhilfegebühren läßt sich mit dem Sinn des Prozeßkostenhilfeanspruchs nicht vereinbaren (OLG Oldenburg a.a.O., Beschluß vom 22.12.1986; ferner OLG Stuttgart, a.a.O., JurBüro 1984/1196; OLG Köln a.a.O., JurBüro 1981/1011).

  1. Nach alledem ist die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO zurückzuweisen.