Verwaltungsgericht Oldenburg
Urt. v. 19.03.2002, Az.: 12 A 2716/01
Ermessen; Gleichbehandlung; Verwaltungspraxis; Wohnsitz
Bibliographie
- Gericht
- VG Oldenburg
- Datum
- 19.03.2002
- Aktenzeichen
- 12 A 2716/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 43418
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 3 GG
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Erteilung eines sogenannten Insulanerausweises („L...-Card“).
Der im Dezember 1964 geborene Kläger ist Betriebswirt. Er war für verschiedene Arbeitgeber in der Versicherungsbranche bundesweit beruflich tätig gewesen. Er ist zuletzt für die Quelle Versicherungen AG tätig, die ihren Unternehmenssitz in Fürth hat. Er ist seit April 1990 im Bereich der Beklagten mit Hauptwohnsitz gemeldet und hat dort unter der im Rubrum angegebenen Adresse eine Wohnung gemietet. Er hat auf der Insel L... seine (ehemalige) Ehefrau kennen gelernt und dort geheiratet; im April 1996 wurde der gemeinsame Sohn geboren. Zwischenzeitlich ist der Kläger geschieden.
Auf seinen Antrag im Juli 1990 stellte die Beklagte ihm einen Insulanerausweis aus. Auch seine Ehefrau erhielt auf ihren Antrag vom Februar 1994 einen Insulanerausweis. Im Dezember 1994 forderte die Beklagte ihn und seine Ehefrau auf, ihre Insulanerausweise zurückzugeben. Nachdem der Kläger hiergegen Einwendungen erhoben hatte, erteilte die Beklagte ihm im Mai 1995 erneut einen Insulanerausweis. Auch in den Folgejahren wurde der Ausweis jeweils verlängert.
Den Antrag des Klägers vom 28. Dezember 1999 auf Verlängerung des Insulaner-Ausweises für das Jahr 2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. April 2000 ab, weil der Kläger nicht seinen Wohnsitz im Sinne des räumlichen Schwerpunktes seiner gesamten Lebensverhältnisse auf L... habe. Vielmehr diene der Aufenthalt allein Erholungs- und Freizeitzwecken; der melderechtliche Wohnsitz sei dabei nicht maßgeblich. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 2000 zurück, der bestandskräftig wurde. Am 25. Juli 2000 meldete der Kläger in Zirndorf eine Nebenwohnung an.
Seinen erneuten Antrag auf Ausstellung eines Insulanerausweises vom 27. Oktober 2000 wies die Beklagte unter dem 15. November 2000 mit der Begründung zurück, dass der Antrag bereits bestandskräftig abgelehnt worden sei. Hiergegen legte der Kläger keinen Widerspruch ein.
Unter dem 17. April 2001 bzw. 4. Mai 2001 beantragte der Kläger erneut die Ausstellung eines Insulanerausweises. Die Beklagte verwies den Kläger mit Schreiben vom 15. Mai 2001, zugestellt auf L... am 29. Mai 2001, insoweit auf die hierzu ergangenen (ablehnenden) Bescheide, die bestandskräftig seien.
Mit Schreiben vom 27. Juni 2001 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, er müsse dem Schreiben der Beklagten widersprechen. Sein Antrag sei nicht Teil eines fortlaufenden Vorganges, sondern ein neuer Antrag, weil er seinen Zweitwohnsitz aufgegeben habe. Sein einziger und ausschließlicher Lebensmittelpunkt liege deshalb auf der Insel L....
Auf diesem Schreiben ist seitens der Beklagten am 2. Juli 2001 vermerkt worden: „Keine Veranlassung, erneut Angelegenheit erneut zu bescheiden, da entsprechender Bescheid vorliegt, soll Q. doch klagen.“
Der Kläger hat am 20. August 2001 Klage erhoben. Zur Begründung führt er im Wesentlichen an, dass sein Wohnsitz und sein sozialer Lebensmittelpunkt auf der Insel L... sei. Allein der Umstand, dass er werktags auf dem Festland seiner beruflichen Tätigkeit nachgehe, rechtfertige keine andere Bewertung. Dementsprechend habe die Beklagte ihm vor Jahren wiederholt Insulanerausweise ausgestellt. Aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich, dass er sämtliche Korrespondenz mit Versicherungen, Ämtern, Banken und Arbeitgeber über seine Wohnung auf L... abgewickelt habe und abwickle. Seine Hausbank befinde sich auf der Insel. Das Finanzamt in Wittmund sei für ihn zuständig. Auch habe er enge freundschaftliche Beziehungen zu zahlreichen Bewohnern L...s, sei langjähriges Mitglied des TSV L... und Gründungsmitglied des örtlichen Golf-Clubs. Zwischenzeitlich habe er dort ein bebautes Grundstück erworben. Auch wenn er durch Urlaub oder Wochenende manchmal zwei bis drei Wochen abwesend sei, gebe es keinen Monat, in dem er nicht auf L... sei. Allerdings halte er sich in der Regel an den Werktagen von Montag bis Freitag nicht auf der Insel auf. Dort sei er an den freien Wochenenden im Jahr, also etwa an 30 Wochenenden. Durchschnittlich sei er im Jahr etwa 100 bis 110 Tage auf der Insel.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 15. Mai 2001 zu verpflichten, ihm einen Insulanerausweis ("L...-Card") auszustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie macht geltend, dass die Klage unzulässig sei, weil das erforderliche Vorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Sie habe mit Bescheid vom 15. Mai 2001 den Antrag abgelehnt. Der Kläger habe hiergegen keinen Widerspruch erhoben. Daneben wäre die Klage auch unbegründet. Der Kläger habe seinen Wohnsitz nicht in ihrem Gebiet, sondern lediglich die Hauptwohnung im Sinne des Melderechts dort angemeldet. Der Ausgangspunkt für die berufliche und wirtschaftliche Tätigkeit des Klägers liege in Fürth. Das auf der Insel angemeldete Gewerbe ändere daran nichts, weil diese gewerbliche Tätigkeit nicht hauptberuflich ausgeübt werde und seine dauernde Anwesenheit auf der Insel nicht erfordere. Der Kläger habe den Nachweis nicht erbracht, dass seine persönlichen, häuslichen und familiären Verhältnissen schwerpunktmäßig auf der Insel L... bestünden. Die Entfernung zwischen der Insel und dem Arbeitsplatz in Süddeutschland mache es dem Kläger unmöglich, täglich oder mehrfach wöchentlich die Wohnung auf der Insel aufzusuchen. Der Aufenthalt auf der Insel beschränke sich daher nur auf die Wochenenden und die arbeitsfreie Zeit und diene damit im Wesentlichen nur Erholungs- und Freizeitzwecken. Auch sei der Kläger postalisch auf der Insel L... nicht erreichbar gewesen. Alle Post werde an die Adresse in Nürnberg weiter geleitet.
Wegen des weiteren Sachverhaltes sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte in diesem Verfahren sowie in dem Verfahren 12 A 2753/00 und 12 B 4169/01 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet.
Die erhobene Klage ist als Verpflichtungsklage statthaft (§ 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO). Der Kläger begehrt den Erlass eines Verwaltungsaktes im Sinne der § 1 Abs. 1 NVwVfG in Verbindung mit § 35 S. 1 VwVfG und nicht lediglich ein tatsächliches Handeln (Realakt) der Beklagten. Den bisherigen förmlichen Entscheidungen der Beklagten ist zu entnehmen, dass sie hinsichtlich der Ausstellung eines Insulanerausweises oder deren Ablehnung eine für die Beteiligten bindende Regelung treffen will. Sie versah die ablehnenden Bescheide mit einer Rechtsbehelfsbelehrung und erließ Widerspruchsbescheide; ferner berief sie sich auf die Bestandskraft bereits getroffener Entscheidungen.
Die Klage ist auch im Übrigen zulässig. Gegen den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 15. Mai 2001 hat der Kläger am 27. Juni 2001 fristgerecht Widerspruch erhoben. Es bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass das bei der Beklagten am 27. Juni 2001 eingegangene Schreiben des Klägers als Widerspruch zu werten ist. Der Kläger hat hierin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er der Entscheidung der Beklagten mit Schreiben vom 15. Mai 2001 "widersprechen muss" und eine Überprüfung dieser Entscheidung begehrt. Da die Beklagte über diesen Widerspruch ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat, ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, § 75 VwGO. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger bereits vor Ablauf von drei Monaten nach Einlegung seines Widerspruches Klage erhoben hat. Jedenfalls zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, der im Hinblick auf die Frage der Zulässigkeit der Klage maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 24. Februar 1994 - 5 C 24/92 -, BVerwGE 95, 195 [BVerwG 03.03.1994 - BVerwG 4 C 1/93]), ist diese Frist gewahrt (vgl. auch Dolde, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rdnr. 6; Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, § 75 Rdnr. 11 m.w.N.).
Die Klage ist auch begründet. Die Ablehnung, den beantragten Insulanerausweis auszustellen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat Anspruch auf Ausstellung eines Insulanerausweises.
Rechtliche Grundlage für diesen Anspruch ist die ständige Verwaltungspraxis der Beklagten in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz im Sinne einer behördlichen Selbstbindung (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juli 1999 - 1 WB 22.99 -, BVerwGE 113, 373; BVerwG, Urteil vom 19. März 1996 - 1 C 34.93 -, BVerwGE 100, 335; BVerwG, Urteil vom 17. Januar 1996 - 11 C 5.95 -, NVwZ 1996, 794; Maurer, Allgem. Verwaltungsrecht, § 24 III 2; Ossenbühl, in: Erichsen, Allgem. Verwaltungsrecht, § 7 IV 4 bb; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 40 Rdnr. 25). Der Kläger gehört zu dem von der ständigen Verwaltungspraxis der Beklagten begünstigten Personenkreis; die Nichtgewährung der Begünstigung ist mit dem Gleichbehandlungsgrundrecht nicht vereinbar (Art. 3 Abs. 1 GG, 3 Abs. 2 NdsVerf); insoweit hat der Kläger Anspruch auf gleiche Teilhabe.
Die langjährige Verwaltungspraxis der Beklagten an der sie nach wie vor festhält, wird durch den Beschluss des Rates der Beklagten vom 5. August 1976 sowie durch das Tarifverzeichnis für den Inselverkehr (Teil B Abschnitt II Buchstabe j) umschrieben. Hiernach erhält jeder Inselbewohner, der in L... mit Hauptwohnung gemeldet ist und dort den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen (-verhältnisse) hat, einen Insulanerausweis. Ferner führt die Beklagte auf ihrem Antragsformular näher aus, dass Zweitwohnungsinhaber, Personen mit Nebenwohnsitz auf L... sowie Pendler vom Festland den Insulanerausweis nicht erhielten, da dieser Personenkreis nicht den Mittelpunkt seiner gesamten Lebensinteressen auf der Insel L... habe. Einen Wohnsitz in der Gemeinde habe derjenige, der in ihrem Gebiet seine selbstständige Niederlassung mit dem rechtsgeschäftlichen Willen genommen habe, nicht nur vorübergehend zu bleiben und sie "zum Mittelpunkt seiner Lebensverhältnisse zu machen (§ 7 BGB)". Die L...-Card gelte für das Kalenderjahr und nach Ablauf müsse die Verlängerung beantragt werden.
Der Kläger erfüllt diese Anforderungen. Er ist melderechtlich auf L... gemeldet und hat dort auch seinen Wohnsitz im vorgenannten Sinne. Dabei ist darauf abzustellen, wo der räumliche Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse einer Person ist. Bereits begrifflich kann dies regelmäßig nur an einem Ort sein. Wie von der Beklagten angenommen, ist subjektiv dazu der Wille vorauszusetzen, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse dort dauernd beizubehalten und in objektiver Hinsicht sich tatsächlich dort niederzulassen, mit der der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse am Ort der Aufenthaltsname gebildet wird.
Nach Maßgabe dieser Kriterien ist das Gericht aufgrund des Akteninhalts und der Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung davon überzeugt, dass der Kläger - zum einen - den Willen hat, seine Wohnung im Gebiet der Beklagten zum Mittelpunkt seiner Lebensinteressen zu machen. Dieser Wille wird auch durch den langjährigen Aufenthalt auf der Insel dokumentiert.
Das Gericht ist aufgrund der glaubhaften Bekundungen des Klägers davon überzeugt, dass der Kläger - zum anderen - auch in objektiver Hinsicht auf der Insel L... seinen Wohnsitz hat. Er hat sich dort tatsächlich niedergelassen und dort den Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse gebildet. Eine Wohnsitznahme an einem Ort ist dann nicht anzunehmen, wenn sich eine Person dort regelmäßig nur für kürzere oder längere Zeit aufhält, wenn der Aufenthalt an diesem Ort jeweils nur im Hinblick auf einen eng begrenzten Teil ihrer gesamten Lebensverhältnisse - insbesondere begrenzt auf Erholungs- und Freizeitzwecke - genommen wird. Rückschlüsse dazu lassen sich den Umständen entnehmen, etwa ob die Person Anstalten getroffen hat, die gesamten Lebensverhältnisse von einem Ort aus schwerpunktmäßig zu bestimmen oder sich die Person bereits eine Erwerbsmöglichkeit beschafft hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. Mai 1985 - 1 C 52/82 -, BVerwGE 71, 309). Ferner spricht viel dafür, den Wohnsitz dort anzunehmen, von wo aus derjenige seinem Beruf nachgeht, sofern die dort genutzte Wohnung nicht lediglich als Schlafstätte, sondern darüber hinaus auch dem Aufenthalt während der Freizeit dient (vgl. VG Schleswig, Urteil vom 25. Oktober 1985 - 6 A 964/85 -, SchlHA 1986, 43). Im Hinblick auf den Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse kommt dem Ort der familiären und häuslichen Bindungen gegenüber dem Ort der beruflichen Interessen regelmäßig das größere Gewicht zu (vgl. OVG Berlin, Urteil vom 10. Januar 1991 - 6 B 40/89 -, OVGE 19, 69). Ferner ist nicht davon auszugehen, dass Wochenendpendler stets ihren Schwerpunkt der gesamten Lebensverhältnisse am Arbeitsort hätten; diesem Umstand kommt vielmehr bei der Bestimmung der Hauptwohnung im Sinne des Melderechts besondere Bedeutung zu.
Dies zugrunde gelegt, ist die Kammer davon überzeugt, dass der Kläger neben L... keinen anderen Wohnsitz im vorgenannten Sinne begründet hat. Der Kläger hat hierzu in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt, dass er lediglich berufsbedingt eine Übernachtungsmöglichkeit in der Nähe seines Arbeitsplatzes hat. Es ist weder von der Beklagten substantiiert vorgetragen worden noch ersichtlich, dass der Kläger dort den Schwerpunkt seiner gesamten Lebensverhältnisse hat. Vielmehr steht nach Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger sich zwar werktags zum Zwecke der Einkommenserzielung nicht auf L... aufhält, er demgegenüber aber keinen anderen festen Aufenthaltsort hat, an dem er seinen "sozialen Lebensmittelpunkt" hat. Vielmehr muss er beruflich stets sehr viel im Bundesgebiet reisen, so dass er im eigentlichen Sinne keinen bestimmten Arbeitsort hat; er übernachtet daher regelmäßig an verschiedenen Orten im Bundesgebiet in Hotels. Er pflegt dementsprechend seine sozialen Kontakte hinsichtlich seines Freundeskreises und seiner Freizeitgestaltung (Sportvereine) nicht in der Nähe seines Arbeitsortes, sondern auf L.... Ferner hat er glaubhaft dargelegt, dass er auf L... seine wirtschaftlichen und finanziellen Dinge regelt und seine allgemeinen öffentlichen Rechte und Pflichten (Steuern, Wahlen) wahrnimmt.
Demgegenüber konnte nicht festgestellt werden, dass der Kläger tatsächlich den Schwerpunkt seiner gesamten Lebensverhältnisse an einen bestimmten anderen Ort hat. Allein der Umstand, dass er weniger als die Hälfte eines Jahres auf L... verbringt, rechtfertigt nicht die Annahme, dass derjenige seinen Wohnsitz im oben genannten Sinne an einem anderen Ort hat. Diese Annahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn sich die betroffene Person im Wesentlichen an zwei Orten aufhält. Hält sich eine Person aber - wie vorliegend berufsbedingt - regelmäßig an verschiedenen Orten auf, so kann sie auch an einem Ort, an dem sie sich zwar weniger als die Hälfte eines Jahres aber im Vergleich zu anderen Orten überwiegend aufhält, den Schwerpunkt der Lebensverhältnisse und -interessen bilden und damit den Wohnsitz im vorgenannten Sinne begründen. Aufgrund der obigen Erwägungen ist dies im Falle des Klägers auf L....
Des Weiteren ist weder von der Beklagten dargelegt worden noch sonst ersichtlich, dass vorliegend ein von der bisherigen Verwaltungspraxis, allen Einwohnern von L... (Insulaner) im oben dargestellten Sinne eine L...-Card auszustellen, abweichende atypischer Fall gegeben ist. Ebenso ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte beabsichtigt hat, ihre bisherige langjährige Verwaltungspraxis zu verändern.
Schließlich stehen der Erteilung des Insulanerausweises die bestandskräftigen Bescheide der Beklagten vom 12. April 2000 und 15. November 2000 nicht entgegen. Diese Bescheide können eine die Beteiligten bindende Regelungswirkung allein für das Kalenderjahr 2000 entfalten. Gemäß der oben dargelegten Verwaltungspraxis stellt die Beklagte die Insulanerausweise für das betreffende Kalenderjahr aus. Nach Ablauf des Kalenderjahres ist die Verlängerung zu beantragen. Bezogen auf die dem Jahr 2000 folgenden Kalenderjahre liegt eine abweichende bestandskräftige Entscheidung der Beklagten nicht vor.