Landgericht Verden
Urt. v. 18.05.2012, Az.: 3 S 28/11

Bibliographie

Gericht
LG Verden
Datum
18.05.2012
Aktenzeichen
3 S 28/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2012, 44548
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Nienburg - 05.04.2011 - AZ: 6 C 415/10
nachfolgend
BGH - 29.05.2013 - AZ: VIII ZR 174/12

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Nienburg vom 05.04.2011 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Ansprüche aus einem Kaufvertrag über einen gebrauchten PKW Hyundai, den die Kläger bei der Beklagten erwarben und für den sie bereits bei der verbindlichen Bestellung vom 14.08.2006 die "Flüssiggasumrüstung" unter dem Stichwort "Zubehör" in Auftrag gaben. Die Finanzierung des Gesamtpreises in Höhe von 16.463,- € sollte laut Vereinbarung durch Inzahlungnahme des gebrauchten Fahrzeuges der Kläger (Wert 6.190,- €), die Restsumme über einen Kredit der ... Bank erfolgen. Als Gewährleistungsfrist für Ansprüche aus Sachmängelgewährleistung wurde zwischen den Parteien ausweislich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Gebrauchtwagenkauf eine Frist von einem Jahr ab Ablieferung vereinbart. Des Weiteren schlossen die Kläger eine 24-monatige "Car-Garantie" für bestimmte Fahrzeugteile ab. Vor Einbau der Flüssiggasanlage wurde das Fahrzeug auf Wunsch der Kläger bereits einmal zur Nutzung übergeben, die endgültige Abnahme nach erfolgter Umrüstung erfolgte am 12.10.2006. An der Gasanlage traten in der Folgezeit Funktionsstörungen auf, die ausweislich des im selbständigen Beweisverfahren (Az. 6 H 6 /06) eingeholten Sachverständigengutachtens auf einem fehlerhaften Einbau der Anlage beruhen. Eine TÜV-Abnahme des Fahrzeuges nach der Umrüstung ist erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird gem. § 540 ZPO Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Die Kläger begehren eine Vorschusszahlung für die zu erwartenden Mängelbeseitigungskosten in Höhe des vom Sachverständigen für die Reparatur ermittelten Betrages in Höhe von 1.313,70 € sowie pauschalen Schadensersatz in Höhe von 800,- €, Erstattung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens in Höhe von 3.434,28 € sowie der Kosten für vorprozessuale Rechtsverfolgung in Höhe von 849,72 €.

Die Beklagte, die sich hinsichtlich der Klagforderung auf Verjährung beruft, hat widerklagend Forderungen aus drei noch offenen Reparaturrechnungen in Höhe von insgesamt 1.119,92 € sowie außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltsgebühren geltend gemacht.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage teilweise - bis auf die geltend gemachten Rechtsverfolgungskosten - stattgegeben.

Gegen dieses Urteil haben die Kläger Berufung eingelegt. Sie verfolgen ihren Zahlungsantrag - mit Ausnahme der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens - weiter. Ferner begehren sie weiter die Abweisung der Widerklage, soweit das Amtsgericht dieser stattgegeben hat. Die Kläger sind der Auffassung, dass die Verjährungseinrede nicht durchgreife, da es sich bei dem Einbau der Flüssiggasanlage um den Einbau eines Neuteils in ein gebrauchtes Kraftfahrzeug handele und daher die Gewährleistungsbedingungen für den Gebrauchtwagenkauf nicht gelten würden. Die Verkürzung der Verjährungsfrist sei gem. § 475 Abs. 2 BGB nicht zulässig, zumindest sei es durch die diversen Reparaturen zu fortlaufenden Verhandlungen über die Mängelbeseitigung gekommen, die den Eintritt der Verjährung gehemmt hätten. Des Weiteren berufen sich die Kläger darauf, von der Beklagten arglistig getäuscht worden zu sein und sind der Auffassung, die Gewährleistungsansprüche würden sich zumindest aus der zweijährigen "Car-Garantie" ergeben.

II.

Die zulässige Berufung (§§ 511, 517, 519, 520 ZPO) der Kläger ist unbegründet.

Die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche sind zu Recht zurückgewiesen worden. Zur Begründung wird zunächst vollumfänglich auf die Ausführungen des Amtsgerichts Bezug genommen, denen sich die Kammer im Ergebnis anschließt.

Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

Auch nach Auffassung der Kammer ist zwischen den Parteien ein einheitlicher Vertrag geschlossen worden, wie sich schon aus der Aufnahme der Umrüstung unter den Punkt "Zubehör" ergibt. Selbst wenn das eigentliche Verkaufsgespräch hinsichtlich des zu erwerbenden PKW - wie von den Klägern vorgetragen - bereits abgeschlossen gewesen sein sollte, so ergibt sich aus dem vorgelegten Bestellformular eindeutig, dass die Umrüstung in die Vereinbarung vom 14.06.2006 einbezogen war. An dieser rechtlichen Bewertung vermag auch die Tatsache, dass die Beklagte anschließend zwei getrennte Rechnungen für das Fahrzeug und die als Zubehör vereinbarten Teile ausgestellt hat, nichts zu ändern. Entscheidend ist die einheitliche Vereinbarung bei Vertragsschluss. Es handelt sich nach Auffassung der Kammer zwar nicht um einen reinen Kaufvertrag, sondern um einen gemischten Vertrag, der sowohl kauf - als auch werkvertragliche Elemente beinhaltet (vgl. Palandt - Grüneberg, 71. Aufl., Rn 16, 19 vor § 311).

Die Vereinbarung betrifft nämlich zum einen den Gebrauchtwagenkauf mit Inzahlungnahme des vorhandenen PKW der Kläger, zum anderen die Umrüstung auf Flüssiggas, die im Gegensatz zu dem sonstigen einzubringenden, lediglich als Ausstattungsergänzung zu bewertenden Zubehör, eine wesentliche Veränderung des Fahrzeuges bewirkt und damit eine gesonderte Werkleistung darstellt. Für die rechtliche Behandlung eines derartigen gemischten Vertrages ist zunächst für jede Leistung die entsprechende Regelung heranzuziehen. Vorliegend ist die Gewährleistungsfrist für den kaufrechtlichen Teil wirksam auf ein Jahr verkürzt worden. Die Kammer hat insoweit keine Bedenken hinsichtlich der Einbeziehung der entsprechenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Verkauf gebrauchter Kraftfahrzeuge und Anhänger. Solche werden von den Klägern auch nicht vorgetragen. Die für den Werkvertrag geltende Verjährungsfrist gem. § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB beträgt demgegenüber zwei Jahre. In einem derartigen Kollisionsfall ist das Recht des Vertragstyps heranzuziehen, der den wirtschaftlichen oder rechtlichen Schwerpunkt bildet (Palandt a. a. O, Rn 26 vor § 311 m. w. N.). Diese Vorgehensweise entspricht den Interessen der betroffenen Vertragsparteien hinsichtlich der Bedeutung der einzelnen Vertragsbestandteile.

Vorliegend ging es den Klägern nach eigenem Vortrag zunächst lediglich um den Erwerb eines größeren Fahrzeuges, erst am Ende der Vertragsverhandlungen wurden sie durch ein entsprechendes Schild im Verkaufsraum der Beklagten auf die Möglichkeit der Umrüstung aufmerksam. Diese wurde dann in den Vertrag als "Zubehör" mit aufgenommen. Ausweislich der Rechnung der Beklagten wurde für die Umrüstung ein Betrag von insgesamt 2327,59 € erhoben. Damit stellt sich die Umrüstung im Hinblick auf den Fahrzeugkauf (Kaufpreis insg. 16.463,00 €) wirtschaftlich betrachtet als untergeordnet dar, zumal das Fahrzeug auch weiterhin mit Benzin betrieben werden konnte. Der Schwerpunkt des vorliegenden einheitlichen Vertrages liegt daher ersichtlich im Kauf des Gebrauchtwagens bei Inzahlungnahme des vorhandenen Fahrzeuges und weiterer Finanzierungsabrede. Deshalb ist es sachgerecht, auf diesen Vertrag insgesamt die verkürzte Verjährungsfrist von einem Jahr anzuwenden, so wie sie von den Parteien für den Gebrauchtwagenkauf zulässigerweise gem. § 475 Abs. 2 BGB vereinbart worden ist. Das eingebaute Neuteil wird damit nicht automatisch zur gebrauchten Sache, wie von den Klägern als nicht vertretbare Folge gerügt, sondern die Mängelhaftung richtet sich in diesem speziellen Fall des einheitlichen, gemischten Vertrages nach dem Recht des Kaufvertrages, weil dieser - wie dargelegt - den Schwerpunkt der Vereinbarung darstellt.

Die Kammer vermag in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht auch keine die Verjährung hemmenden, dauernden Verhandlungen (§ 203 BGB) über Mängel der Gasanlage zwischen den Parteien aus dem Vortrag der Kläger in Verbindung mit den vorgelegten Rechnungen zu erkennen. Die beiden aus dem Jahr 2007 vorgelegten Rechnungen der Beklagten (Bl. 8, 9 BA) weisen nur teilweise einen Bezug zu der Gasanlage auf, nämlich die Überprüfung derselben laut Rechnung vom 27.09.2007. Bei der Rechnung vom 20.06.2007 wurde von den Klägern zwar ein Ruckeln bei Feuchtigkeit moniert, aus den durchgeführten Arbeiten ergibt sich jedoch nicht, dass dieses unmittelbar mit der Gasanlage in Verbindung stand. Die Rechnungen wurden von den Klägern auch bezahlt bzw. über die "Car-Garantie" abgewickelt, so dass von einer beanstandungsfreien Ausführung auszugehen ist. Der nächste Reparaturauftrag datiert erst vom 21.01.2008, wobei es sich ausweislich der entsprechenden (mit der Widerklage geltend gemachten) Rechnung vom 08.02.2008 um einen Beleuchtungsmangel und Betankungen des Fahrzeuges gehandelt hat, woraus sich wiederum kein konkreter Bezug zu einer dauerhaft mangelhaften Gasanlage ergibt. Auch die später erteilten (und mit der Widerklage weiter geltend gemachten) Rechnungen vom 30.06.2008 und 09.08.2008 (Bl. 32, 33 HA) lassen keinen Bezug zu einer defekten Gasanlage erkennen. Allein die Behauptung weiterer kostenloser Reparaturversuche an der Anlage im Sommer 2008 ist damit in der Gesamtschau nicht geeignet, die insoweit angebotene Parteivernehmung der Kläger, der von der Beklagten widersprochen worden ist, gem. § 448 ZPO zu rechtfertigen. Die insoweit erfolgte Bewertung des Amtsgerichts, dass damit keine schlüssige Darlegung von "Nachbesserungsversuchen" einer durchgängig nicht funktionstüchtigen Gasanlage vorlag und auch nicht die für § 448 ZPO erforderliche gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der streitigen Behauptung gegeben war, ist nicht zu beanstanden.

Soweit die Kläger die Ansprüche auf eine Gewährleistung aufgrund der abgeschlossenen 24-monatigen "Car-Garantie" stützen und der Auffassung sind, dass die Gasanlage aufgrund der in den Bedingungen genannten Kraftstoffanlage unter diese Garantie falle, können sie hiermit nicht durchdringen. Ausweislich des im selbständigen Beweisverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens waren die Funktionsstörungen durch einen fehlerhaften Einbau der gesamten Anlage bedingt, der nicht genügend Schutz vor Feuchtigkeit bot, nicht jedoch durch einen Defekt an der Anlage selbst. Aus diesem Grunde kann die Teilegarantie nicht eingreifen.

Mangels (aufrechenbarer) Ansprüche der Kläger ist der Kläger zu 2. daher gem. § 631 BGB zur Zahlung des unstreitigen Werklohns gem. Rechnungen vom 08.02., 30.06. und 09.08.2008 an die Beklagte verpflichtet

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, da nach Recherche der Kammer bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung zu der Frage der Geltung einer verkürzten Verjährungsfrist beim Kauf gebrauchter Sachen auch auf zeitgleich erworbene und eingebaute Neuteile vorliegt, § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, 711 ZPO.