Oberlandesgericht Celle
Urt. v. 14.03.2016, Az.: 20 U 30/13

Verkehrssicherungspflicht eines Landwirts hinsichtlich einer neben einer Pferdeweide betriebenen landwirtschaftlichen Bewässerungsanlage

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
14.03.2016
Aktenzeichen
20 U 30/13
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 13678
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:2016:0314.20U30.13.0A

Verfahrensgang

vorgehend
BGH - 24.03.2015 - AZ: VI ZR 534/13

Fundstellen

  • AUR 2016, 221-223
  • AuUR 2016, 221-223
  • RÜ 2016, 344
  • VersR 2017, 52

Amtlicher Leitsatz

1. Ein Landwirt, der eine landwirtschaftliche Bewässerungsanlage neben einer Pferdeweide derart in Betrieb nimmt, dass der Wasserstrahl auch die Weide beregnet und dadurch ein Pferd in Panik gerät und tödlich verunfallt, verletzt gegenüber dem Pferdeeigentümer eine Verkehrssicherungspflicht.

2. Den Landwirt entlastet fehlendes Wissen über das übliche Fluchtverhalten eines Pferdes nicht. Er hat sich gegebenenfalls vor Inbetriebnahme einer Bewässerungsanlage hierüber Kenntnis zu verschaffen und muss sicherstellen, dass die Anlage nur das eigene Grundstück beregnet.

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts L. vom 30. April 2013 abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 40.000 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. November 2012 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof.

Das Urteil ist vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt Schadensersatz wegen eines tödlichen Unfalls ihres Pferdes infolge einer Panikreaktion nach Inbetriebnahme einer landwirtschaftlichen Bewässerungsanlage.

Die Klägerin war Besitzerin der Hannoveraner Stute "D."; die Eigentumsverhältnisse stehen in Streit. Die Stute weidete am 23. Juni 2012 mit einem anderen Pferd auf einem Grundstück der Klägerin. Der Beklagte ist Landwirt und Eigentümer des angrenzenden Grundstücks, auf dem er am Schadenstag gegen 8:00 Uhr eine Bewässerungsanlage einschaltete. Nach den Feststellungen des Landgerichts beregnete die Anlage, die zu Beginn des Betriebs ein lautes "Schnalzgeräusch" hervorruft, auf einer Länge von rund 10m auch das Weidegrundstück der Klägerin. Die in Panik geratene Stute "D." flüchtete und verletzte sich beim Überspringen des Weidezauns derart schwer, dass sie eingeschläfert werden musste.

Zur Höhe des Schadens behauptet die Klägerin, sie habe das Tier vor dem Unfall zu einem Preis von 40.000 € an die Zeugin S. verkauft.

Das Landgericht, auf dessen Entscheidung wegen des weiteren Sachverhalts verwiesen wird, hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 30. April 2013, Bl. 65 Bd. 1 d.A.). Ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB bestehe nicht. Dem Beklagten könne als schuldhafte und schadensursächliche Pflichtverletzung weder die Inbetriebnahme noch das unterlassene Abschalten der Bewässerungsanlage vorgeworfen werden. Die Panik der Tiere sei aller Wahrscheinlichkeit nach durch das Geräusch beim Einschalten verursacht worden, so dass sich eine etwaige rechtswidrige Beregnung des Grundstücks der Klägerin nicht im Schaden ausgewirkt habe. Da der Beklagte die Panik der Pferde nicht bemerkt habe, könne ihm nicht vorgeworfen werden, dass er die Anlage nicht abgeschaltet habe. Es sei zudem ungewiss, ob dadurch der Schaden vermieden worden wäre.

Die hiergegen gerichtete Berufung der Klägerin hat der Senat durch Beschluss vom 19. November 2013 (Bl. 133 Bd. 1 d.A.) gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Durch Beschluss vom 14. März 2015 (Bl. 35 Bd. 2 d.A.) hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Senats aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Der Senat sei verfahrensfehlerhaft dem Beweisantritt auf Einholung eines hippologischen Sachverständigengutachtens zur Ursächlichkeit des Wasserstrahls für die Panikreaktion nicht nachgegangen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts vom 30. April 2013 (Az.: 10 O 26/12), zugestellt am 7. Mai 2013, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin EUR 40.000,00 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 2012 (Rechtshängigkeit) zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. A. B. und durch Vernehmung der Zeuginnen S. und W. sowie des Zeugen M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das schriftliche Gutachten vom 2. November 2015 und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Februar 2016 (Bl. 51 Bd. 3 d.A.).

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist erfolgreich.

Der Beklagte haftet der Klägerin wegen des tödlichen Unfalls des Pferdes "D." vom 23. Juni 2012 gem. § 823 Abs. 1 BGB auf Ersatz des Schadens in Höhe von 40.000 €.

1. Für die Entscheidung ist davon auszugehen, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfallereignisses Eigentümerin des verendeten Pferdes war. Das Eigentum der Klägerin an der Stute ist zwar streitig. Auf die von der Klägerin zum Nachweis ihres Eigentums angebotenen Beweise (insbesondere Vernehmung des Zeugen G. hat als früheren Eigentümer und Veräußerer des Pferdes; Eigentumsurkunde, ausgestellt vom Verband H. Warmblutzüchter e.V.; Unterlagen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V.) kommt es jedoch nicht an. Denn der Besitz der Klägerin zum Unfallzeitpunkt ist unstreitig. Nach § 1006 Abs. 2 BGB wird deswegen vermutet, dass die Klägerin Eigentümerin der Stute "D." war. Der Beklagte hat keinen Gegenbeweis angetreten.

2. Der Beklagte hat den Tod der Stute der Klägerin durch eine rechtswidrige und schuldhafte Pflichtverletzung i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB verursacht.

a. Durch die Inbetriebnahme der Bewässerungsanlage auf seinem Grundstück ohne vorherige Absicherung, dass der Wasserstrahl nicht auf die Weide der Klägerin gelangte und dadurch die dort befindlichen Pferde in Panik versetzte, die letztlich zu dem todesursächlichen Fluchtverhalten der Stute führte, hat der Beklagte eine Verkehrssicherungspflicht gegenüber der Klägerin verletzt.

Deliktische Verkehrssicherungspflichten entspringen der Verantwortung eines jeden für die Schaffung oder Überwachung einer besonderen, über das allgemeine Lebensrisiko hinausgehenden Gefahr der Verletzung fremder Rechtsgüter. Wer in seinem Verantwortungsbereich eine Gefahrenlage für Dritte schafft oder andauern lässt, z.B. durch Übernahme einer Tätigkeit, die mit Gefahren für Rechtsgüter Dritter verbunden ist, hat Rücksicht auf die Gefährdung zu nehmen und deshalb die allgemeine Pflicht, diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und ihm zumutbar sind, um die Schädigung Dritter möglichst zu vermeiden (Sprau, in: Palandt, 75. Auflage, § 823, Rn. 46; BGH, NJW 2007, 762 [BGH 31.10.2006 - VI ZR 223/05]; BGH VersR 2006, 803 [BGH 02.02.2006 - III ZR 159/05]).

Der Senat braucht die Frage nicht zu entscheiden, ob die Inbetriebnahme einer landwirtschaftlichen Bewässerungsanlage in der Nähe einer Weide, auf der sich Pferde befinden, generell wegen der akustischen und optischen Reize, die von der Anlage ausgehen und zu einem Fluchtverhalten der Pferde führen können, eine haftungsrelevante Gefahrerhöhung darstellt, die besondere Sorgfaltsanforderungen nach sich zieht.

Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die maßgebliche Schadensursache gerade im Übertreten des Wasserstrahls auf die Weide der Klägerin lag. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens lässt sich die Annahme des Landgerichts und des Senats in der Entscheidung vom 29. November 2013, die Beregnung der Weide der Klägerin sei für das Fluchtverhalten der Stute irrelevant gewesen und der Schaden wäre aller Wahrscheinlichkeit nach in gleicher Form verursacht worden, wenn der Beklagte nur sein eigenes Grundstück beregnet hätte, nicht aufrechterhalten.

Der Sachverständige Dr. B. hat in seinem schriftlichen Gutachten überzeugend ausgeführt, es sei mit großer Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass es zu einem derartig starken Fluchtverhalten gekommen wäre, wenn der Wasserstrahl nur das eigene Grundstück des Beklagten beregnet hätte. Der Wasserstrahl wirke wie eine Treibhilfe. Die Flucht davor sei ein ganz normales Verhalten des Pferdes. Wenn innerhalb der Fluchtdistanz (hier hatte die Weide eine Abmessung von rund 40m × 40m) Hindernisse auftreten, sei deren Überwindung - bzw. der Versuch der Überwindung - ebenfalls normal. Akustische Reize (wie beim Schnalzgeräusch bei Inbetriebnahme) lösen danach zwar ebenfalls ein Fluchtverhalten aus, das sich jedoch in der Regel in einem gespannten Rücken, hoch getragenem Schweif und dem Traben auf kleinem Radius äußert, wobei die Tiere zunächst sondieren, woher der akustische Reiz kommt. Dieser Reiz werde durch einen Wasserstrahl jedoch maßgeblich verstärkt. Diese Einschätzung deckt sich mit den Wahrnehmungen der vom Senat vernommenen Zeugen W. und M. sowie mit der Schilderung der persönlich angehörten Klägerin.

Danach ist der Senat überzeugt, dass gerade in der Beregnung des klägerischen Weidegrundstücks eine maßgebliche Gefahrerhöhung und Auslösung des Fluchtverhaltens der Stute "D." lag. Diese Gefahrenlage hätte der Beklagte auch ohne unzumutbaren Aufwand durch genaue Justierung der Beregnungsanlage vermeiden können.

Selbst wenn im Ergebnis offen bliebe, ob sich im Schaden letztlich die Summe aller von der Anlage ausgehenden (optischen und akustischen) Reize ausgewirkt hat, würde dies den Beklagten nicht entlasten. Denn beim Zusammentreffen mehrerer Schadensursachen sind sämtliche - und damit auch die haftungsrelevanten - Umstände als rechtlich ursächlich zu behandeln (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 7. Mai 2004 - V ZR 77/03 -, juris Rn. 12 m.w.N.).

b. Die Pflichtverletzung ist dem Beklagten auch als fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

Fahrlässig handelt gemäß § 276 Abs. 2 BGB, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt. Dabei gilt ein auf die allgemeinen Verkehrsbedürfnisse ausgerichteter objektiv-abstrakter Sorgfaltsmaßstab, der nach dem jeweiligen Verkehrskreis zu bestimmen ist (Grüneberg, in: Palandt, aaO., § 276 Rn. 17). Maßstab ist im gegebenen Fall grundsätzlich das typischerweise von einem "ordentlichen Landwirt" zu erwartende Wissen über tierisches Verhalten. Die Verletzung der äußeren Sorgfalt durch Nichtbeachtung der Verkehrssicherungspflicht indiziert dabei in der Regel diejenige der inneren Sorgfalt (zum Ganzen z.B. BGH NJW 1986, 2757; Hager, in: Staudinger, 2009, § 823 BGB Rn. E 72 m.w.N.).

Der Beklagte kann sich hier insbesondere nicht darauf berufen, ihm sei nicht bekannt gewesen - und er habe auch nicht erkennen können -, dass gerade das Übertreten des Wasserstrahls auf die Weide eine maßgebliche Ursache für das Fluchtverhalten der Pferde darstellte.

(1). Der Sachverständige hat dazu in seinem schriftlichen Gutachten unter Anlegung des Maßstabs eines "durchschnittlichen Pferdekenners" ausgeführt, bei der Flucht vor einem Wasserstrahl handele es sich um ein ganz normales (aus Sicht des Senates also vorhersehbares) Verhalten eines Pferdes. In der mündlichen Verhandlung hat der Sachverständige dies dahingehend ergänzt, dass ein solches Wissen jedenfalls bei Landwirten, die selbst auch Pferde halten wie der Beklagte, zu erwarten sei.

Insoweit kann für die zu treffende Entscheidung bereits dahingestellt bleiben, ob das Wissen um Fluchtreaktionen von Pferden zum Allgemeinwissen eines "ordentlichen Landwirts" gehört. Denn jedenfalls muss der Beklagte wegen des von ihm als Pferdehalter zu erwartenden Sonderwissens gegebenenfalls auch erhöhten Sorgfaltsanforderungen genügen (Grüneberg, in: Palandt, aaO., § 276 Rn. 15 m.w.N.) und hätte die Wirkung des Wasserstrahls als Treibhilfe erkennen müssen. Angesichts der überschaubaren Größe des Weidegrundstücks der Klägerin, die dem Beklagten bekannt sein dürfte, über deren Größe er sich vor Einschalten der Anlage zumindest aber hätte vergewissern müssen, wäre für den Beklagten - unter Annahme des grundsätzlich vorhandenen "Pferdesachverstands" - dann auch das Überspringen des Zauns und die damit verbundene Verletzungsgefahr als Folge des Fluchtverhaltens vorhersehbar gewesen.

(2). Selbst unter der Annahme, dass es nicht zum generellen landwirtschaftlichen Allgemeinwissen zählt, eine tierische Fluchtreaktion wie die im Streitfall vorherzusehen, ist dem Beklagten der Tod des Pferdes als Folge einer fahrlässigen Pflichtverletzung zuzurechnen. Denn zumindest wäre es dem Beklagten zuzumuten gewesen, sich vor Inbetriebnahme der Anlage neben einer Pferdeweide sachkundig zu machen, um dann gegebenenfalls auch die Auswirkungen der fehlerhaften Einstellung des Wasserstrahls abschätzen zu können. Der Beklagte hätte sich dann schon zuvor dasjenige Wissen aneignen können, das das eindeutige Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Senat war.

(3). Den Beklagten entlastet nicht, dass er die Beregnungsanlage bereits seit vielen Jahren betreibt, ohne dass es zu vergleichbaren Schadensfällen gekommen war. Denn hat bereits selbst nicht vorgetragen, dass schon zuvor die Nachbarweide mit beregnet wurde, als sich dort Pferde befanden.

(4). Schließlich kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass auch das Landgericht und ihm folgend der Senat in der Entscheidung vom 29. November 2013 in dem Betrieb der Anlage kein haftungsrelevantes, schadensursächliches Verhalten gesehen hat. Denn die Entscheidungen beruhen im Kern nicht darauf, dass es gleichsam "Allgemeinwissen" sei, die Inbetriebnahme einer Beregnungsanlage - auch wenn sie eine Weide mit Pferden beregnet - sei ungefährlich. Vielmehr sind die Entscheidungen davon getragen, dass sich der Schaden auch allein wegen der Reaktion auf das von der Anlage ausgehende Knallgeräusch hätte ereignen können und deswegen ein ursächlicher Zusammenhang ausscheide. Von dieser Einschätzung nimmt der Senat nach der Beweisaufnahme und insbesondere der sachverständigen Beratung Abstand.

c. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob eine Haftung auch wegen einer Verkehrssicherungspflichtverletzung unter dem Aspekt der Ingerenz in Betracht kommt, weil der Beklagte sich zumindest nach Inbetriebnahme der Anlage hätte vergewissern müssen, dass die Pferde der Klägerin nicht in Panik verfallen waren, und die Anlage gegebenenfalls hätte abschalten müssen.

Insoweit ist nach dem Ergebnis der Vernehmung der Zeugin W., des Zeugen M. und der Anhörung der Klägerin in 2. Instanz offen geblieben, ob der Schaden durch ein sofortiges Abschalten der Anlage überhaupt noch hätte verhindert werden können.

3. Der nach §§ 251 Abs. 1, 252 BGB zu erstattende Schaden beträgt 40.000 €.

Dies ist der Gewinn, den die Klägerin nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und nach den besonderen Umständen im Einzelfall erwarten konnte (§ 252 Satz 2 BGB). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin die Stute "D." bereits vor dem Schadensfall am 30. April 2012 an die Zeugin S. verkauft hatte, der Vertrag nach dem tödlichen Unfall aber nicht mehr erfüllt werden konnte.

Die Klägerin hat dazu die Kaufvertragsurkunde (Bl. 8 d.A.) vorgelegt. Die Zeugin S. hat hierzu anschaulich die Umstände der Vertragsanbahnung und die Verhandlungen über die Höhe des Kaufpreises geschildert. Die Angaben der Zeugin zur vereinbarten Kaufpreishöhe erachtet der Senat für glaubhaft. Bei der Würdigung und Bewertung der Zeugenaussage war die objektive Werteinschätzung des Pferdes durch den hierzu befragten Sachverständigen Dr. B. zu berücksichtigen. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung den Betrag von 40.000 € in Anbetracht der Abstammung, der Ausbildung und Platzierungen des Pferdes für realistisch erachtet. Die Darstellung des Beklagten, es handele sich um einen "Phantasiepreis", ist damit widerlegt.

4. Die Klägerin muss sich weder ein schadensursächliches Mitverschulden noch eine mitwirkende Tiergefahr anspruchsmindernd entgegenhalten lassen.

Soweit der Beklagte erstinstanzlich insbesondere auf die vorwerfbare Weidehaltung, die eine erhöhte Verletzungsgefahr mit sich bringe, abstellt, hat sich diese Haltungsform hier nicht in besonderer Weise schadensverstärkend ausgewirkt. Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens war das schadensauslösende Ereignis insbesondere der Übertritt des Wasserstrahls auf das Grundstück der Klägerin. Es handelt sich dabei nicht um eine "typische" Immission auf das Grundstück der Klägerin, sondern um eine außergewöhnliche, mit der Weidehaltung nicht zwingend verbundene Gefahr für die Pferde.

Der Klägerin kann auch nicht angelastet werden, dass sie den Beklagten bereits beim Aufbau der Bewässerungsanlage beobachtet hatte und somit von sich aus besondere Schutzvorkehrungen hätte treffen können. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin erkennen konnte, dass der Wasserstrahl bei Einschalten der Anlage auf ihr Grundstück übertreten würde.

Schließlich scheidet auch eine Zurechnung der Tiergefahr auf Seiten der Klägerin aus. Zwar ist anerkannt, dass sich der Geschädigte grundsätzlich eine schadensursächliche Verwirklichung der Tiergefahr des eigenen Tieres wie eigenes Mitverschulden entsprechend § 254 BGB anrechnen lassen muss (vgl. Sprau, in: Palandt, aaO., § 833 BGB Rn. 13). Im gegebenen Fall scheidet eine Zurechnung aber deswegen aus, weil der Beklagte durch sein schuldhaftes Verhalten gerade das unberechenbare tierische Fluchtverhalten ausgelöst hat; dies kann ihm nicht im Wege des Mitverschuldens wieder zu Gute kommen. Dementsprechend regelt § 840 Abs. 3 BGB, dass beim Zusammentreffen von Gefährdungs- und Verschuldenshaftung beim Gesamtschuldnerausgleich im Innenverhältnis derjenige alleine haftet, dem ein Verschulden zur Last fällt. Diese Wertung ist auf den gegebenen Fall zu übertragen mit der Folge, dass der Beklagte allein für die Folgen seiner Pflichtverletzung einzustehen hat (vergleiche zu einer ähnlichen Konstellation OLG Schleswig, NJW-RR 1990, 470 [OLG Schleswig 29.06.1989 - 16 U 201/88]).

4. Die Zinsforderung folgt aus § 291 i. V. m. § 187 Abs. 1 BGB. Die im Antrag des Klägers um einen Tag verfrüht berechnete Rechtshängigkeit legt der Senat dahingehend aus, dass Zinsen ab tatsächlichem Beginn der Rechtshängigkeit geschuldet sein sollten; eine Teilabweisung war deswegen nicht geboten.

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht gegeben.