Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 19.12.1991, Az.: 2 U 126/91

Haftung der Anschlussnehmer wegen Verstoßes gegen den Wasserversorgungsvertrag; Unterschreiten der nach den DIN vorgesehenen Schutzzonen als Beeinträchtigung des Eigentums an der Wasserleitung

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
19.12.1991
Aktenzeichen
2 U 126/91
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1991, 14741
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1991:1219.2U126.91.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AZ: 1 0 52/91

Prozessführer

Wasser- und Energieversorgungsgesellschaft (…), vertreten durch den Geschäftsführer (…)

Rechtsanwälte (…)

Prozessgegner

1) Herrn (…)
2) Herrn (…)
3) Frau (…)
4) Herrn (…)
5) Frau (…)
6) Frau (…)

RAe. (…)

Redaktioneller Leitsatz

Ziffer 3. der TAB sagt nur allgemein zum Umfang der Grundstücksbenutzung aus, dass der Eigentümer störende Einwirkungen "im Bereich der Rohrleitung"zu unterlassen hat.Sie enthält weder einen deutlichen Hinweis, dass und welche Schutzzonen nach den DIN einzuhalten sind noch ist in anderer, hinreichend deutlicher Weise konkretisiert, welche Einwirkungen als vertragswidrig zu gelten haben. Einer erweiternden Auslegung stehen allgemeine Geschäftsbedingungen entgegen.

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig

durch

den Vizepräsident des Oberlandesgerichts (…) und

die Richter am Oberlandesgericht (... ) und (... )

auf die mündliche Verhandlung vom 29. November 1991

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts (…) vom 17.05.1991 wird zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen. Der Klägerin steht gegen die Beklagten zu 1) und 2) weder ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung noch ein Schadensersatzanspruch gegen alle Beklagten aus Delikt (§ 823 BGB) zu.

2

Im Einzelnen:

3

Die Beklagten zu 1) und 2) haben als Anschlussnehmer nicht schuldhaft gegen die in § 2 (1) des Wasserversorgungsvertrages in bezug genommenen AVBWasserV und TAB verstoßen. Die Bestimmungen der einschlägigen DIN, wonach Schutzstreifen von der Bebauung freizuhalten sind, sind mangels hinreichend klarer Umschreibungen in den TAB, die als Geschäftsbedingungen anzusehen sind, nicht Vertragsgegenstand geworden |§ 5 AGBG).

4

§ 8 AVB regelt lediglich eine Pflicht der Eigentümer, Leitungen des Versorgungsunternehmens im Grundstock zu dulden, worauf bereits das Landgericht abgestellt hat. In Ziffer 3. der TAB ist nur allgemein zum Umfang der Grundstücksbenutzung ausgesagt, dass der Eigentümer störende Einwirkungen "im Bereich der Rohrleitung"zu unterlassen hat. Diese Bestimmung enthält jedoch weder einen deutlichen Hinweis, dass und welche Schutzzonen nach den DIN einzuhalten sind noch ist in anderer, hinreichend deutlicher Weise konkretisiert, welche Einwirkungen als vertragswidrig zu gelten haben. Einer erweiternden Auslegung dahin, dass der Eigentümer DIN-gerechte Schutzzonen zu wahren hat, steht § 5 AGBG entgegen. Auf der Grundlage der objektiven Unklarheit, welche Baumaßnahmen bereits als störend im Sinn der TAB anzusehen sind, ist der die Rechte der Beklagten einschränkenden Bestimmung nur die Bedeutung beizumessen, die zur geringsten Beschränkung führt (Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 6. Aufl. § 5 RZ m. N. ).

5

Eine Konkretisierung der von der Klägerin angestrebten Beschränkung der Bebaubarkeit ergibt sich weder aus dem Schreiben der Stadt (... ) vom 21.06.1989 (Bl. 10) noch aus dem Schreiben der Klägerin vom 21.07.1989 (Bl. 48). Das letztgenannte Schreiben weist lediglich auf ein Verbot hin, Leitungen "zu überbauen", weist jedoch weder auf Schutzzonen noch auf deren Ausdehnung hin. Die Beklagten hatten auf der Grundlage dieses Schreibens keinen Anlass, ihr Bauvorhaben zu ändern, denn die Beklagten haben Leitungen der Klägerin unstreitig nicht überbaut.

6

Die Beklagten haften der Klägerin nicht nach §§ 823, 840 BGB.

7

Die Beklagten haben kein Recht der Klägerin i.S.v. § 823 BGB verletzt. Das Unterschreiten der nach den DIN vorgesehenen Schutzzonen beeinträchtigt nicht das der Klägerin zustehende Eigentum an ihrer Wasserleitung. Mangels Eintragung einer Dienstbarkeit zu Gunsten der Klägerin greifen Abwehransprüche nach §§ 823 Abs. 2, 1027, 1092 Abs. 2 BGB nicht ein. Darüber hinaus - auch soweit der Besitz der Klägerin an Leitungen betroffen sein könnte - ist nach den vorstehenden Ausführungen zu 1. nicht ersichtlich, dass den Beklagten ein Verschulden (§ 276 BGB) zur Last fällt.

8

Ob Ansprüchen der Klägerin im Übrigen § 8 Abs. 3 AVBWasserV entgegenstehen würde, weil den Beklagten eine Baugenehmigung erteilt ist und Leitungen, die der Ausführung des Bauvorhabens entgegenstehen könnten, i.S.v. § 8 Abs. 3 AVB für den Eigentümer unzumutbar werden (vgl. hierzu Ludwig/Cordt/Stech Elektrizitäts-, Wasser- und Gasversorgung § 8 RZ 27 f; Hermann/Recknagel/Schmidt-Salzer Kommentar zu den allgemeinen Versorgungsbedingungen § 8 AVB Elt RZ 105 f), hat auf die Entscheidung keinen Einfluss und kann dahingestellt bleiben.

9

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Wert der Beschwer: 37.620,00 DM.

Der Wert der Beschwer ist nach § 546 ZPO festgesetzt.