Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 04.03.2010, Az.: 2 A 135/09
Auslesestreifen; Besteuerungsgrundlage; Druckprotokoll; elektronisch gezählte Kasse; Falschgeld; Prüftestgeld; Saldo 2; Satzung; Spielereinsatz; Steuermaßstab; Testgeld; Vergnügungssteuer
Bibliographie
- Gericht
- VG Lüneburg
- Datum
- 04.03.2010
- Aktenzeichen
- 2 A 135/09
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2010, 47832
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- § 12 Abs 2 SpielV
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Vergnügungssteuer für das Jahr 2008.
Der Kläger stellte in einer von ihm ebenfalls betriebenen Gaststätte in der Hamburger Straße 36 drei Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit auf.
Die Beklagte erhob nach § 1 ihrer Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer vom 12. Dezember 1985 in der Fassung der 5. Änderungssatzung vom 23. Juni 1999 Vergnügungssteuer u.a. für den Betrieb von Spiel-, Geschicklichkeits- und Unterhaltungsapparaten und -automaten an Orten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind. Die Steuer wurde gemäß § 9 nach festen Sätzen pauschaliert und betrug für Geräte in Spielhallen mit Gewinnmöglichkeit 96 € monatlich, für Geräte ohne Gewinnmöglichkeit in Spielhallen 30 €.
In seiner Sitzung am 17. Dezember 2007 beschloss der Rat der Beklagten eine neue „Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer für die entgeltliche Benutzung von Spielgeräten“, die in Artikel I § 7 nunmehr eine Besteuerung in Höhe von 12 % des Spieleinsatzes vorsieht, der sich nach § 1 Abs. 3 nach dem im Zählwerksausdruck ausgewiesenen „Saldo 2“ bemisst.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2009 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger die Vergnügungssteuer für das Jahr 2008 auf 2.338,11 € fest.
Am 25. März 2009 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt vor, der Steuermaßstab sei fehlerhaft. Es sei nicht zulässig, das von ihm eingesetzte Prüftestgeld zu besteuern. Die Anknüpfung nur an den „Saldo 2“ des Zählwerkausdrucks der Automaten sei fehlerhaft; Prüftestgeld, Falsch- und Fehlgeld müssten abgezogen werden, da sie keinen Bezug zum Aufwand des Spielers aufwiesen. Er überprüfe bei jeder Kassierung die Funktionsfähigkeit der Spielgeräte durch den Einsatz von Prüftestgeld in Höhe von 8.80 €.
Der Kläger beantragt,
den Vergnügungssteuerbescheid der Beklagte vom 25. Februar 2009 für das Jahr 2008 aufzuheben, soweit darin eine Vergnügungssteuer von mehr als 2.285,75 € festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, ihre Besteuerung orientiere sich an den manipulationssicheren Zählwerkausdrucken, die ein solches Prüftestgeld gerade nicht registrierten. Dies sei nach einer Entscheidung des Hessischen VGH v. 17. April 2008 zulässig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der angefochtene Steuerbescheid der Beklagten ist rechtmäßig.
Zwischen den Beteiligten ist allein streitig, ob der in § 1 Abs. 3 der Satzung der Beklagten definierte Spieleinsatz (Saldo 2 = elektronisch gezählte Kasse minus Röhrennachfüllung) als Anknüpfungspunkt der Vergnügungssteuer mit höherrangigem Recht vereinbar ist oder ob die Beklagte das vom Kläger nach eigenen Angaben eingesetzte Prüftestgeld sowie eventuelles Falschgeld vom steuerpflichtigen Saldo absetzen muss.
Im Verfahren 2 A 306/08 hat der erkennende Richter in seinem Urteil vom 22. Januar 2009 zur Satzung der Beklagte ausgeführt:
„5. Schließlich hält der erkennende Einzelrichter die Regelungen der Satzung über die Besteuerungsgrundlage auch für hinreichend bestimmt. In Artikel I § 1 Abs. 3 heißt es:
„Als Spieleinsatz gilt der im Zählwerksausdruck als „Saldo 2“ (= elektronisch gezählte Kasse minus Röhrenauffüllungen) ausgewiesene Betrag.“
Dieser Regelung genügt, um die Besteuerungsgrundlage hinreichend genau zu bestimmen, zumal nach § 12 Abs. 2 d SpielVO ein Geldspielgerät für seine Zulassung die Möglichkeit aufweisen muss, sämtliche Einsätze, Gewinne und Kasseninhalte für steuerliche Erhebungen zu dokumentieren. Die Regelung orientiert sich ersichtlich an den Erläuterungen der Hersteller von Geldspielgeräten zu den von den Geräten jeweils ausgegebenen Druckprotokollen (z. B. Ausgabe 3.1 zum Druckprotokoll für Eurotec Geldspielgeräte). Die Erläuterungen unterscheiden zwischen den Begriffen Saldo 1, elektronisch gezählte Kasse (= Saldo 1 minus „Röhreninhalt mehr“ zuzüglich „Nachfüllung A“ abzüglich „Fehlbetrag“) und Saldo 2 (= elektronisch gezählte Kasse minus „Nachfüllung A“). Der von der Beklagten gewählte Begriff „Saldo 2“ ist daher zum einen durch die Definition in Klammern, zum anderen durch die branchenüblichen Druckprotokolle hinreichend klar festgelegt. Bei den der Beklagten vorgelegten Steuererklärungen der verschiedenen Automatenaufsteller in ihrem Satzungsgebiet hat es ersichtlich auch keinerlei Zweifel gegeben, was gemeint ist.
Zur Wahl dieser Besteuerungsgrundlage hat das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 4. Juni 2007 (9 ME 58/07) ausgeführt:
„Orientiert man sich - wie es die Antragsgegnerin offensichtlich getan hat - bei der satzungsmäßigen Festlegung der Besteuerungsgrundlage an den Begriffen gemäß den Erläuterungen zu den Druckprotokollen der Geldspielgeräte, so muss als vergnügungssteuerrechtlich maßgeblich nicht die „elektronisch gezählte Kasse“, sondern der Saldo 2 angesehen werden, mit der Folge, dass die - vom Betreiber vorgenommenen und daher nicht Vergnügungsaufwand der Spieler darstellenden - Röhrennachfüllungen noch von der elektronisch gezählten Kasse abzuziehen sind. Hiervon gehen auch die von der Antragsgegnerin verwendeten Erläuterungen der Spielgerätehersteller zu den Druckprotokollen ausdrücklich aus, indem sie ausführen, dass die „steuerlich abzurechnende Kasse“ sich aus der elektronisch gezählten Kasse abzüglich aller Röhrenauffüllungen (Nachfüllung A) berechnet (so z.B. die Erläuterungen für Eurotec Geldspielgeräte, Ausgabe 3.1, S. 15). Auch die Finanzämter ziehen bei der Ermittlung der steuerrechtlich relevanten Einnahmen die Röhrennachfüllungen von der elektronisch gezählten Kasse ab, legen für steuerliche Zwecke also den Saldo 2 zu Grunde (vgl. zu dieser Praxis VG Düsseldorf, a.a.O.; wie hier auch OVG Schleswig-Holstein, a.a.O., wonach geeignete Bemessungsgrundlage für die Vergnügungssteuer die elektronisch gezählte Kasse abzüglich Röhrenauffüllungen ist).“
Dieser Entscheidung ist die Beklagte ersichtlich gefolgt. Der erkennende Einzelrichter hält die von ihr gewählte Satzungsregelung im Hinblick auf die Anknüpfung an die Terminologie der Druckprotokolle für rechtlich zulässig und für alle Beteiligten verständlich.“
In Anknüpfung an diese Rechtsprechung hält das Gericht den Steuermaßstab auch ohne Berücksichtigung von Prüftestgeld und Falschgeld für rechtmäßig. Allerdings ist die Einwendung des Klägers zutreffend, dass Falschgeld, Fremdgeld und Einwürfe zur Prüfung des Gerätes nicht zu dem Aufwand, den ein Spieler aus seinen Mitteln zu seinem Vergnügen einsetzt, gehören. Die auf die Einwürfe aus Fehl-, Falsch-, Prüf- und Wechselgeld entfallenden Beträge bewegen sich jedoch regelmäßig in einer so geringen Größenordnung, dass sie vernachlässigt werden können und sich ihr Nichtabzug als unschädlich darstellt (in diesem Sinne: OVG Münster, B. v. 06.12.2006 - 14 B 2418/06 - Juris; HessVGH, Beschl. v. 17.4.2008 - 5 TG 2725/07 -). Solange der gebotene Zusammenhang zwischen Aufwand der Spieler und Steuermaßstab berücksichtigt wird, haben die Gemeinden einen großen Gestaltungsspielraum, der zumindest die Wahl zwischen Saldo 2 - wie von der Beklagten festgelegt - und Bruttokasse (vgl. § 6 der Mustersatzung des NST) zulässt (so ausdrücklich Rosenzweig in Rosenzweig/Freese, Komm. zum NKAG, Stand Dez. 2009, § 3 Rn. 94 a). Immerhin hat der gewählte Satzungsmaßstab der Beklagten den großen Vorteil, dass er nur auf diejenigen Angaben abstellt, die von den Spielautomaten fälschungssicher auf den Auslesestreifen wiedergegeben werden, während die von Kläger geltend gemachten Beträge nur durch seine handschriftlichen Eintragungen nachgewiesen werden können. Angesichts der damit verbundenen Unwägbarkeiten erscheint die Entscheidung des Satzungsgebers nicht fehlerhaft, zumal gerade die fälschungssicheren Auslesestreifen der Grund für die Einführung des Umsatzmaßstabes waren. Andererseits ist es für den Kläger auch nicht unzumutbar, die Schlüssel für seine Spielautomaten einem Mitarbeiter des von ohnehin ihm betriebenen Imbisses auszuhändigen, damit dieser einen eventuellen Münzstau ohne Einsatz von Prüftestgeld beseitigen kann, das in auf diese Weise - mit Schlüsselberechtigung - betriebenen Spielhallen auch nicht benötigt wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Berufung, wie sie der Kläger ausdrücklich beantragt, liegen nicht vor; insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs.2 Nr.3 VwGO, da der Kläger im Zuständigkeitsbereich des Verwaltungsgerichts Lüneburg der einzige Automatenaufsteller ist, der den Einwurf von Prüftestgeld geltend macht, und dieses Problem jedenfalls dann nicht auftaucht, wenn am Ort der Automatenaufstellung der Schlüssel für den jeweiligen Spielautomaten vorgehalten wird.