Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 17.12.2021, Az.: 1 B 72/21

Anzeige Versammlung; Demonstration gegen Corona-Maßnahmen; Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung; Identität der Anzeiger einer Versammlung; Presserechtlicher Auskunftsanspruch

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
17.12.2021
Aktenzeichen
1 B 72/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 71003
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

Das Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der Identität und des Wohnortes derjenigen, die Versammlungen unter freiem Himmel gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 NVersG anzeigen, überwiegt regelmäßig das Interesse der Letztgenannten an der Geheimhaltung ihrer Identität. Hinsichtlich der konkreten Anschrift überwiegt aber das Interesse der Versammlungsanzeiger an deren Geheimhaltung das öffentliche Interesse an deren Kenntnis.

1. Die Presse hat ein Interesse an tagesaktueller Berichterstattung.2. Die Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, die Identität derjenigen zu erfahren, die Versammlungen unter freiem Himmel anzeigen.3. Wer eine Versammlung unter freiem Himmel durchführen will, hat dies gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 NVersG der zuständigen Behörde spätestens 48 Stunden vor der Bekanntgabe der Versammlung anzuzeigen.4. Häufig erfolgt die Bekanntgabe einer Versammlung nicht weit im Vorfeld der Versammlung, sondern in der zweiten Wochenhälfte für eine Versammlung am unmittelbar bevorstehenden Wochenende.5. Regelmäßig erfolgt die Anzeige der Versammlung dergestalt, dass die 48-Stunden-Frist gerade noch gewahrt wird.6. Die Presse kann von der Versammlungsanzeige ohne deren genauen Zeitpunkt zu kennen nur durch frühzeitige und ggf. wiederholte Anfragen bei der Versammlungsbehörde erfahren.7. Letztlich ergibt sich regelmäßig eine geringe Zeitspanne zwischen (pflichtgemäßer) Kenntnis von Pressevertretern von der Versammlung und deren Durchführung. Diese Zeitspanne reicht auch bei unverzüglichem Stellen eines Eilantrages der Pressevertreter gegen den Rechtsträger der Versammlungsbehörde zur Erlangung der Identität der Versammlungsanzeiger für die Verfahrensbeteiligung der Letztgenannten als nicht anwaltlich vertretene Dritte im Wege der Beiladung bei dem üblichen, vorgeschriebenen Vorgehen (Zustellung, § 65 Abs. 4 Satz 1 VwGO) nicht aus.8. Das Gericht hat sich in diesem konkreten Einzelfall dagegen entschieden, eine Beiladung auf üblichem Wege durchzuführen, Stellungnahmen abzuwarten und erst (deutlich) nach der Versammlung zu entscheiden, weil so das Bedürfnis nach tagesaktueller Berichterstattung konterkariert würde. Das Gericht hat sich auch gegen eine möglicherweise ausnahmsweise zulässige telefonische Beiladung oder gegenüber der postalischen alternative Zustellungsformen (§ 168 Abs. 1 ZPO) entschieden. Es hat von einer Beiladung abgesehen (wie hier implizit: VG Würzburg, Beschluss vom 13.2.2015 W 7 E 15.81).

Tenor:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin die Namen der Personen, die die Corona-Protest-Versammlungen am 4., 11. und 18.12.2021 bei der Antragsgegnerin angezeigt haben, sowie deren Wohnort mitzuteilen.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/4 und die Antragsgegnerin zu 3/4.

Der Streitwert wird auf 5000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin sinngemäß die Mitteilung von Namen und Anschriften der Personen, die die Corona-Protest-Demonstrationen im Stadtgebiet der Antragsgegnerin am 4., 11. und 18.12.2021 angezeigt haben.

Die Antragstellerin verlegt die A.. Bei der Antragsgegnerin wurden für die oben genannten Daten jeweils Corona-Protest-Demonstrationen angezeigt. Mit E-Mail vom 14.12.2021 fragte der leitende Redakteur der E., G., bei der Antragsgegnerin nach den Namen der Personen, die die genannten drei Veranstaltungen angemeldet hätten. Mit E-Mail vom selben Tage antwortete die Antragsgegnerin, dass die Namen aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht genannt werden dürften.

Die Antragstellerin hat darauf unter dem 14.12.2021 einen Eilantrag gestellt. Mit diesem soll die Antragsgegnerin wortwörtlich verpflichtet werden, schriftlich die Fragen zu beantworten, wer die Versammlungen für die drei genannten Termine angemeldet hat, wobei Name und Anschrift zu nennen seien.

Zur Klarstellung führt die Antragstellerin noch aus: Von Interesse seien die Daten des „Anmeldenden“ und nicht die eines etwaigen hiervon personenverschiedenen Versammlungsleiters. Zur Begründung führt sie Folgendes aus: Der Anordnungsgrund ergebe sich aus der bevorstehenden Versammlung am 18.12.2021. Es bestehe auch ein Anordnungsanspruch. Ein schutzwürdiges privates Interesse an der Geheimhaltung des Namens bzw. der Anschrift desjenigen, der die Versammlung angemeldet habe, bestehe nicht, da dieser sich der Genehmigungsbehörde zu erkennen gegeben habe und nachfolgend öffentlich für den Verlauf der Versammlung einstehen müsse. Der unsubstantiierte Verweis auf die Datenschutz-Grundverordnung ersetze ein schutzwürdiges Interesse nicht. Demgegenüber bestehe ein überragendes Informationsinteresse der Bevölkerung. Es bedürfe keiner Belege, dass kein Thema die Öffentlichkeit aktuell mehr bewege als die Corona-Pandemie. Dies gelte in besonderem Maße auch für die Aktivitäten der „Corona-Gegner“ und für die von Ihnen organisierten öffentlichen Proteste. Der auskunftsverpflichteten Antragsgegnerin stünde es nicht zu, darüber zu spekulieren, ob Namen und Anschriften der „Anmelder“ der Versammlung sich in der Berichterstattung wiederfinden müssten, denn der Auskunftsanspruch beziehe sich bereits auf die der Berichterstattung vorgelagerte Recherche. Insoweit wird auf ein übersandtes Urteil des VG Ansbach vom 2.6.2020 (– AN 14 E 20.00436) Bezug genommen. Dass sog. Corona-Gegner mitunter Anfeindungen ausgesetzt seien, sei unerheblich, da Impfbefürworter ebenfalls Anfeindungen zu erdulden hätten.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr Auskunft darüber zu erteilen, wer die „Corona-Protest-Demonstrationen“ am 4., 11. und 18.12.2021 angezeigt hat und wie dessen bzw. deren Anschrift(en) lautet bzw. lauten.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag ist aus ihrer Sicht aus mehreren Gründen abzulehnen:

Zum einen sei schon nicht klar, wen die Antragstellerin mit der „anmeldenden Person“ meine. Das niedersächsische Versammlungsrecht unterscheide zwischen der Person des Anzeigers einer Versammlung und der des Versammlungsleiters, die zwar personenidentisch sein könnten, dies aber keinesfalls sein müssten. Außerdem sei schon fraglich, ob die Antragstellerin bei den Demonstrationen am 4. und 11.12.2021 nicht bereits vor Ort ausreichende Informationen erhalten hätte bzw. hätte erhalten können.

Zum anderen liege ein Anordnungsgrund nicht vor. Weder sei die Antragstellerin gehindert gewesen über die bereits erfolgten Corona-Demonstrationen am 4. und 11.12.2021 zu berichten noch bestünden Hinderungsgründe für einen Bericht über die Demonstration am 18.12.2021. Insbesondere sei nicht erkennbar, weshalb sich in der kurz bevor stehenden Berichterstattung unbedingt Namen und Anschriften der die Versammlung anzeigenden Personen wiederfinden müssten.

Schließlich bestehe aber auch kein Anordnungsanspruch der Antragstellerin:

Diese könne die begehrte Auskunft weder aus dem Presserecht noch aus anderen Vorschriften herleiten. Die Datenschutz-Grundverordnung verbiete es im Grundsatz, personenbezogene Daten weiterzugeben. Ein Ausnahmetatbestand aus Art. 6 Abs. 1 DSGVO greife im Ergebnis nicht ein. Insbesondere lägen die Voraussetzungen der mitgliedstaatlichen Rechtsgrundlage des § 4 NPresseG nicht vor. Vielmehr überwögen die schutzwürdigen privaten Interessen der Personen, die die Versammlungen angezeigt hätten. Sie habe mit den Anzeigern der Versammlungen Kontakt aufgenommen und sie auf Kontaktierungsversuche der Antragstellerin hingewiesen sowie deren Telefonnummer weitergegeben. Da sich hierauf niemand gemeldet habe, sei davon auszugehen, dass seitens der Betroffenen ein Kontakt mit der Antragstellerin nicht gewünscht sei.

Es sei im Übrigen fraglich, ob Name und Anschrift des Versammlungsanzeigers von besonderem öffentlichen Interesse seien. Zumindest aber stünden schutzwürdige private Interessen des Versammlungsanzeigers einer Weitergabe der Daten entgegen. Dies sei im Wege einer umfassenden Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und den entgegenstehenden privaten Interessen zu ermitteln. Beide müssten im Wege praktischer Konkordanz in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden. Entscheidend sei dabei, wie hoch das öffentliche Informationsinteresse an der begehrten Auskunft zu bewerten und wie stark der Eingriff in private Rechte durch die Offenlegung der begehrten Information zu gewichten sei. Es sei nicht ausreichend dargetan worden, worin das legitime Interesse der Öffentlichkeit an der Mitteilung von Namen und Anschriften der Versammlungsanzeiger liege. Hinzu komme, dass sogenannte Corona-Gegner Anfeindungen ausgesetzt seien. Vor diesem Hintergrund sei die Weitergabe der entsprechenden Daten als ein intensiver Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu werten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vortrags der Beteiligten wird auf Gerichtsakten und Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

Die begehrte einstweilige Anordnung zielt wohlverstanden auf Mitteilung von Namen und Anschriften derjenigen, die die Corona-Protest-Demonstrationen am 4., 11. und 18.12.2021 angezeigt haben. Dies wird aus dem Antrag, der lediglich statt des Wortes „angezeigt“, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 NVersG, das Wort „angemeldet“ verwendet, hinreichend deutlich und ist mit Schriftsatz vom 16.12.2021 auch noch einmal klargestellt worden. Auf die Mitteilung von Namen und Anschriften etwaiger vom Anzeigenden personenverschiedener Leiter der Versammlung richtet sich das Begehren dagegen (inzwischen ausdrücklich) nicht. Statthaft ist ein Antrag gemäß § 123 Abs. 1 VwGO, weil in der Hauptsache eine Leistungsklage statthaft ist, § 123 Abs. 5 VwGO, so dass §§ 80 Abs. 5, 80a Abs. 3 VwGO nicht zur Anwendung kommen.

I.

Der Antrag ist zulässig.

Die Antragstellerin ist als Vertreterin der Presse im Sinne von § 4 Abs. 1 NPresseG antragsbefugt, § 42 Abs. 2 VwGO analog.

Es besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag, soweit die Auskunft über Anschriften begehrt wird. Zwar hat die Antragstellerin in ihrer E-Mail vom 14.12.2021 an die Antragsgegnerin nur nach dem Namen des Versammlungsanzeigers und nicht nach dessen Anschrift gefragt. Nachdem allerdings klar war, dass nicht einmal der Name bekannt gegeben würde, war eine Mitteilung der Anschrift mit Sicherheit auszuschließen. Der Äußerung eines entsprechenden Begehrens bei der Behörde vor der Einleitung des gerichtlichen Eilverfahrens bzw. vor der Eilentscheidung bedurfte es daher nicht.

Das Rechtsschutzbedürfnis (für den Eilantrag insgesamt) fehlt auch nicht, weil die Antragstellerin bereits über die begehrten Daten verfügt oder bei ausreichender Recherche und Befragung von Teilnehmern der bisher durchgeführten Veranstaltungen hätte verfügen können, wie die Antragsgegnerin andeutet. Für Ersteres ist nichts ersichtlich. Zweiteres steht der Geltendmachung eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs ohnehin nicht entgegen.

II.

Der Antrag ist teilweise begründet.

1.

Die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO liegen bezüglich des Begehrens, den Namen der Versammlungsanzeiger mitzuteilen, vor (vgl. zur im Ergebnis angenommenen Pflicht einer Gemeinde einem Pressevertreter den Namen eines Versammlungsleiters einer Pegida-Demonstration mitzuteilen: VG Würzburg, Beschluss vom 13.2.2015 – W 7 E 15.81, juris).

Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei muss der Antragsteller eine Gefährdung eines eigenen Individualinteresses (Anordnungsgrund) und das Bestehen eines Rechtes oder rechtlich geschützten Interesses (Anordnungsanspruch) geltend und die zur Begründung erforderlichen Tatsachen glaubhaft machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO. Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

Wird mit der begehrten einstweiligen Anordnung die Hauptsache endgültig in dem Sinne vorweg genommen, dass die Entscheidung und ihre Folgen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auch nach der Hauptsacheentscheidung nicht mehr rückgängig gemacht werden können (zur Definition und gegen die Einbeziehung der sog. „vorläufigen“ Vorwegnahme der Hauptsache: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 123 Rn. 14) gelten erhöhte Anforderungen, weil dies der Natur des einstweiligen Rechtschutzes grundsätzlich zuwider läuft. Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist ausnahmsweise zulässig, wenn der materiell-rechtliche Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit besteht und dem Antragsteller im Falle der Nichtgewährung irreversible und unzumutbare Nachteile drohen (Kopp/Schenke, a.a.O., § 123 Rn. 14). Diese Anforderungen kann man unmittelbar Anordnungsgrund (unzumutbare und irreversible Nachteile statt bloßer Eilbedürftigkeit) und -anspruch (hohe Wahrscheinlichkeit des bestehenden materiell-rechtlichen Anspruchs statt hinreichende) zuordnen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 7.10.2016 – 10 ME 56/16, Rn. 17, juris: „Anordnungsgrund, der ausnahmsweise Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigt“).

Im Presserecht werden zum einen die Anforderungen an den Anordnungsgrund konkretisiert (starker Gegenwartsbezug und gesteigertes Interesse der Öffentlichkeit, dazu sogleich). Ob dabei die üblichen Anforderungen (unzumutbare und irreversible Nachteile) nicht mehr zu prüfen sind – was naheliegt – kann offenbleiben, weil diese Anforderungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG letztlich vorliegen, denn bei Nichtgewährung der Auskunft wird eine aktuelle Berichterstattung mit den erforderlichen Informationen unmöglich (zum Anordnungsgrund im Einzelnen sogleich).

Ob im Presserecht zum anderen bei Vorwegnahme der Hauptsache bezüglich des Anordnungsanspruchs geringere Anforderungen als allgemein üblich gelten (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.2.2014 – 10 ME 102/13, Rn. 9, juris: Glaubhaftmachung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit bei Vorwegnahme der Hauptsache im Presserecht wohl ausreichend; keine gesonderte Prüfung der Zulässigkeit der Vorwegnahme der Hauptsache), kann dahinstehen, weil auch die erhöhten Anforderungen unter Berücksichtigung der Bedeutung der Pressefreiheit jedenfalls erfüllt sind. Der materiell-rechtliche Auskunftsanspruch aus § 4 Abs. 1 NPresseG besteht aus den nachfolgenden Gründen nicht nur mit hinreichender, sondern auch mit hoher Wahrscheinlichkeit.

Die Antragstellerin hat sowohl einen die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsgrund (a.) als auch einen dies rechtfertigenden Anordnungsanspruch (b.) glaubhaft gemacht.

Im Einzelnen:

a.

Der die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigende Anordnungsgrund ist hinreichend glaubhaft gemacht.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Durchsetzung eines presserechtlichen Auskunftsanspruchs setzt für den Anordnungsgrund sowohl eine Angelegenheit von gesteigertem öffentlichen Interesse als auch einen starken Gegenwartsbezug der Berichterstattung voraus (OVG Lüneburg, Beschluss vom 7.10.2016 – 10 ME 56/16, 1. Leitsatz, Rn. 18, juris; zur Zulässigkeit dieser Anforderung: BVerfG, Beschluss vom 8.9.2014 – 1 BvR 23/14, Leitsatz 2b, Rn. 30, juris). Beide Voraussetzungen liegen vor.

aa.

Eine Angelegenheit von gesteigertem öffentlichen Interesse liegt vor. Dabei kann die Presse nach publizistischen Kriterien selbst entscheiden, was sie des öffentlichen Interesses für wert hält und was nicht (BVerwG, Urteil vom 16.3.2016 – 6 C 65.14, Rn. 18f., juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.2.2014 – 10 ME 10/13, Rn. 9, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2021 – 7 CE 21.1531, Rn. 15, juris). Die Öffentlichkeit ist hier nach der zugrunde zu legenden (im Übrigen aber auch ersichtlich nicht fehlerhaften) Einschätzung der Antragstellerin daran interessiert, zu erfahren, wer die Notwendigkeit der aktuellen Einschränkungen im privaten wie im öffentlichen Leben in Abrede und sich gegen einen erdrückenden Anteil der Wissenschaftler stellt, die diese bzw. ähnliche Einschränkungen angeregt haben. Angesichts der Dominanz des Themas in den Medien ist ohne Weiteres auch von einem gesteigerten öffentlichen Interesse auszugehen.

bb.

Der starke Gegenwartsbezug liegt vor. Er ergibt sich bereits aus der aktuellen Demonstrationstätigkeit der „Corona-Gegner“ in A-Stadt. Dass die Berichterstattung nicht unaufschiebbar ist, ist unschädlich. Der starke Gegenwartsbezug kann nicht mit dem Verweis auf die auch später noch mögliche und sinnvolle Berichterstattung verneint werden. Die Presse kann ihre Kontrolle und Vermittlungsfunktion nur wahrnehmen, wenn an den Eilrechtsschutz Auskunftsverfahren auch hinsichtlich der Aktualität einer Berichterstattung keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (BVerfG, Beschluss vom 8.9.2014 – 1 BvR 23/14, Rn. 30, juris; OVG Lüneburg, Beschluss vom 7.10.2016, a.a.O., Rn. 19, juris). Unter ihr Selbstbestimmungsrecht fällt auch die Frage, ob eine Berichterstattung zeitnah erfolgen soll (BVerfG, Beschluss vom 8.9.2014, a.a.O., Rn. 29, juris).

b.

Ein die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigender Anordnungsanspruch ist ebenfalls glaubhaft gemacht worden.

Anordnungsanspruch ist der im Hauptsachverfahren geltend gemachte Anspruch. Der Anspruch auf Mitteilung der Namen der Personen, die die Corona-Protest-Demonstrationen angezeigt haben, ergibt sich aus § 4 Abs. 1 NPresseG. Ob ein entsprechender Anspruch sich auch aus anderen Anspruchsgrundlagen ergibt, kann offenbleiben (Art. 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. f) Var. 2 DSGVO scheidet wegen Art. 6 Abs. 1 UAbs. 2 DSGVO aus, weil auch die Beantwortung von Presseanfragen zur hoheitlichen Tätigkeit zählt, BVerwG, Urteil vom 27.9.2018 – 7 C 5/17, Rn. 26, juris).

Die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 1 NPresseG ist nicht in Zweifel zu ziehen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.7.2015 1 BvR 1452/13, Rn. 12, juris). Die Europarechtskonformität ist ebenfalls nicht zweifelhaft. Dies gilt unabhängig davon, ob man die Vorschrift als Rechtsgrundlage im Sinne von Art. 6 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 lit. c) oder lit. e) DSGVO betrachtet, wobei gemäß Art. 85 Abs. 1, 2 DSGVO ohnehin der Schutz personenbezogener Daten und die Informationsfreiheit, namentlich die Verarbeitung von Daten zu journalistischen Zwecken, in Ausgleich zu bringen sind und hierbei Abweichungen auch von Kapitel II DSGVO mit dessen Art. 6 getroffen werden können.

§ 4 NPresseG ist anwendbar und die Voraussetzungen des presserechtlichen Auskunftsanspruchs liegen vor.

aa.

Die Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 NPresseG liegen vor.

Bei der Antragstellerin handelt es sich um eine Vertreterin der Presse (s.o.). Bei der Antragsgegnerin handelt es sich um eine Behörde im Sinne der Vorschrift. Es handelt sich nach dem oben zum Anordnungsgrund Gesagten bei der Nennung der Namen der Personen, die die Corona-Protest-Demonstrationen angezeigt haben, um eine Auskunft, die der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe der Presse dient.

bb.

Der Auskunftserteilung steht nicht die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 3 Var. 2 NPresseG entgegen.

Nach dieser Vorschrift kann die Auskunft verweigert werden, soweit durch sie schutzwürdige private Interessen verletzt würden. Insoweit kommen hier zum einen das Grundrecht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung und zum anderen gegebenenfalls das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit in Betracht – vorausgesetzt es bestünde die (konkrete) Gefahr von Übergriffen auf die Betroffenen bei Bekanntwerden ihrer Namen.

Widerstreitende Grundrechtspositionen sind im Wege der praktischen Konkordanz in einen schonenden Ausgleich zu bringen. Sofern - trotz aller Ausgleichsbemühungen – wie regelmäßig die gegenläufigen Grundrechtspositionen nicht jeweils voll verwirklicht werden können, ist letztlich zu entscheiden, ob dem verfassungsrechtlich aufgrund der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleisteten Informationsinteresse oder den oben genannten Interessen der Betroffenen der Vorzug zu geben ist. (BVerwG, Urteil vom 1.10.2014 – 6 C 35/13, Rn. 20 ff., juris; Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2021, a.a.O., Rn. 11-13, juris; VGH BW, Urteil vom 11.9.2013 – 1 S 509/13, Rn. 26, juris; Bay. VGH, Beschluss vom 14.5.2012 – 7 CE 12.370, Rn. 13, juris; VG Augsburg, Beschluss vom 29.1.2014 – Au 7 E 13.2018, Rn. 83, juris;). Diese umfassende Abwägung ist gerichtlich voll nachprüfbar (VGH BW, Urteil vom 11.9.2013, a.a.O., Rn. 26, juris m.w.N.).

(1)

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Personen, die die Demonstrationen angezeigt haben, steht der Auskunftserteilung an die Antragstellerin nicht entgegen, weil deren Auskunftsinteresse das Geheimhaltungsinteresse der Erstgenannten überwiegt.

(a)

Zu den sich gegenüber stehenden Grundrechtspositionen ist zunächst abstrakt Folgendes zu sagen:

(aa)

Das Auskunftsinteresse von Pressevertretern hat hohes Gewicht. Das Auskunftsbegehren unterfällt dem Schutzbereich der Pressefreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Schutz der Pressefreiheit reicht von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Der publizistischen Vorbereitungstätigkeit ist besonderes Gewicht beizulegen. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Presse in den Stand, die ihr in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wirksam wahrzunehmen (BVerwG, Urteil vom 1.10.2014 – 6 C 35/13, Rn. 22 ff., juris). Die Pressefreiheit ist grundrechtlich im Hinblick darauf besonders geschützt, dass eine freie, nicht von der öffentlichen Gewalt gelenkte Presse ein Wesenselement des freiheitlichen Staates und für eine Demokratie unentbehrlich ist (st. Rspr.; vgl. BVerfG, Urteil vom 5.8.1966 – 1 BvR 586/62 u.a. - BVerfGE 20, 162, 174; Beschluss vom 6.11.1979 – 1 BvR 81/76 - BVerfGE 52, 283, 296; zuletzt BVerwG, Urteil vom 1.10.2014, a.a.O., Rn. 26, juris; VGH BW, Urteil vom 11.9.2013, a.a.O., Rn. 28 ff., juris). Der Presse kommt neben einer Informationsfunktion insbesondere auch eine Kontrollfunktion zu (vgl. BVerfG, Beschluss vom 25.6.2009 – 1 BvR 134/03 - DVBl 2009, 1166 Rn. 62; BVerwG, Urteil vom 20.2.2013 – 6 A 2.12 – BVerwGE 146, 56 Rn. 27; Urteil vom 1.10.2014 – 6 C 35/13; Rn. 26, juris).

(bb)

Demgegenüber stehen das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG und die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG der Anzeiger von Versammlungen, welche jedem Einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung zusichern. Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt ein besonders hoher Rang zu, insbesondere seinem Menschenwürdekern.

(aaa)

Zu den anerkannten Inhalten gehören das Verfügungsrecht über die Darstellung der eigenen Person, die soziale Anerkennung sowie die persönliche Ehre. Eine wesentliche Gewährleistung ist der Schutz vor Äußerungen, die geeignet sind, sich abträglich auf das Ansehen der Person, insbesondere ihr Bild in der Öffentlichkeit, auszuwirken. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt die Person insbesondere vor verfälschenden
oder entstellenden Darstellungen, die von nicht ganz unerheblicher Bedeutung für die Persönlichkeitsentfaltung sind (st. Rspr., vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.6.2007 – 1 BvR 1783/05 – BVerfGE 119, 1, 24 m.w.N.). Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet auch das Recht, in gewählter Anonymität zu bleiben und die eigene Person nicht in der Öffentlichkeit dargestellt zu sehen (vgl. BVerfG, Urteil vom 5.6.1973 – 1 BvR 536/72 – BVerfGE 35, 202, 220). Als besondere Ausformung umfasst ist als Recht auf informationelle Selbstbestimmung die Befugnis jedes Einzelnen, über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten selbst zu bestimmen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 15.12.1983 – 1 BvR 209/83 u.a. – BVerfGE 65, 1, 41 ff.; Beschluss vom 9.3.1988 – 1 BvL 49/86 – BVerfGE 78, 77, 84).

(bbb)

Es steht jedoch nicht der gesamte Bereich des privaten Lebens unter dem absoluten Schutz des genannten Grundrechts. Wenn der Einzelne als ein in der Gemeinschaft lebender Bürger in Kommunikation mit anderen tritt, durch sein Sein oder Verhalten auf andere einwirkt und dadurch die persönliche Sphäre von Mitmenschen oder Belange des Gemeinschaftslebens berührt, können sich Einschränkungen seines ausschließlichen Bestimmungsrechts über seinen Privatbereich ergeben, soweit dieser nicht zum unantastbaren innersten Lebensbereich gehört. Dem als absolut unantastbar geschützten Kernbereich privater Lebensgestaltung der Intim- und Geheimsphäre ist die Privat- und Sozialsphäre in der Schutzintensität nachgelagert. Die Privatsphäre ist dabei zum einen thematisch und zum anderen räumlich abzugrenzen (Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2021, a.a.O., Rn. 14, juris). Hier besteht häufig lediglich ein Interesse der Öffentlichkeit an Unterhaltung, das regelmäßig nicht schützenswert ist (Bay. VGH, Beschluss vom 8.11.2021, a.a.O., Rn. 15, juris). In der Sozialsphäre dagegen hat der Einzelne die Einschränkungen hinzunehmen, die im überwiegenden Allgemeininteresse oder im Hinblick auf grundrechtlich geschützte Interessen Dritter unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit vorgenommen werden (BVerwG, Urteil vom 13.10.2020 – 2 C 41/18, Rn. 14 f., juris; VGH BW, Urteil vom 11.9.2013, a.a.O., Rn. 32, juris; VG Würzburg, Beschluss vom 13.2.2015 – W 7 E 15.81 –, Rn. 16 - 21, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dies gilt insbesondere für Daten des Einzelnen, die sein soziales Verhalten betreffen und insoweit seiner ausschließlichen Verfügungsgewalt entzogen sind (BVerwG, Urteil vom 13.10.2020, a.a.O., Rn. 15, juris). Wahre Tatsachenbehauptungen, die Vorgänge aus der Sozialsphäre benennen, müssen grundsätzlich hingenommen werden. Eine Persönlichkeitsverletzung kann in diesen Fällen nur dann erfolgen, wenn die Erteilung der Auskunft einen Persönlichkeitsschaden befürchten lässt, der außer Verhältnis zu dem Interesse an der Verbreitung der Wahrheit stünde (OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.2.2014 – 10 ME 102/13, Rn. 14, juris). Wesentlich zu berücksichtigen ist auch, ob der Betroffene für die Entstehung des Informationsinteresses der Öffentlichkeit (zumindest mit-)verantwortlich ist (OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.2.2014, a.a.O., Rn. 15, juris).

(b)

Die Gesamtabwägung führt im konkreten Fall zu einem Überwiegen des Informationsinteresses der Öffentlichkeit bzw. des Informationsanspruchs der Antragstellerin gegenüber den Rechten der Personen, die die Corona-Protest-Demonstrationen angezeigt haben.

(aa)

Zunächst ist zu berücksichtigen, dass Versammlungen im öffentlichen Raum von vornherein auf Publizität ausgelegt sind und die Öffentlichkeit in aller Regel ein legitimes Interesse daran hat, zu erfahren, wer hinter einer angezeigten Versammlung steht. Die Anzeiger der Versammlungen sind für die mediale Aufmerksamkeit mit verantwortlich.

Hier findet zudem – ohne dass es dieser Erwägung zwingend bedürfte, um den Auskunftsanspruch zu begründen – nicht nur die Versammlung im öffentlichen Raum statt. Vielmehr scheint die Versammlung auch selbst eine öffentliche zu sein. Das Niedersächsische Versammlungsgesetz kennt den Begriff der öffentlichen Versammlung im Unterschied zum Bundesversammlungsgesetz zwar nicht. Es unterscheidet lediglich zwischen Versammlungen in geschlossenen Räumen und unter freiem Himmel. Eine Versammlung ist aber letztlich öffentlich, wenn ein unbegrenzter Zustrom zu ihr möglich ist. Dies dürfte hier angesichts der angemeldeten Zahl von 2000 Personen mit Treffpunkt im Schlossgarten (E-Mail vom 14.12.2021 an die Antragstellerin) der Fall sein.

Zur Einschränkung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung in der Öffentlichkeit siehe auch: BVerwG, Urteil vom 1.10.2014 – 6 C 35/13, Leitsatz, Rn. 21, 30, juris: Recht auf Presseauskunft bezüglich der Namen von Verteidiger und Staatsanwalt in öffentlicher Verhandlung.

(bb)

Die Anzeiger der Versammlungen werden nach dem oben Gesagten durch die Erteilung der Auskunft lediglich in der Sozialsphäre des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung betroffen. Dementsprechend ist die Behauptung wahrer Tatsachen – hier die Anzeige einer Versammlung für Corona-Proteste - grundsätzlich hinzunehmen. Die Voraussetzungen für die Annahme eines Ausnahmefalles liegen nicht vor. Eine Stigmatisierung durch die Verbreitung wahrer Tatsachen droht nicht. Namentlich eine nachhaltige Schädigung im Ansehen im beruflichen und privaten Bereich ist nach hiesiger Einschätzung nicht zu befürchten. Insofern ist auch zu berücksichtigen, dass gerade das Umfeld angesichts der von den Betroffenen entfalteten Tätigkeit, die kaum verborgen bleiben dürfte, in aller Regel vor der Öffentlichkeit informiert ist. Im Übrigen reicht auch das bloße – verbreitet anzutreffende – Unverständnis für Corona-Leugner und Impfgegner für eine Stigmatisierung nicht aus, weil hieran in aller Regel keine Konsequenz im Handeln der so Empfindenden geknüpft wird.

(cc)

Demgegenüber besteht aktuell ein überragendes öffentliches Interesse an der Berichterstattung über die Corona-Protest-Demonstrationen. Dieses Phänomen steht im Zusammenhang mit dem alle anderen Ereignisse überschattenden Pandemiegeschehen. Es beherrscht seit Monaten die bundesweite und regionale Berichterstattung in allen Medien sowie die öffentliche Diskussion. Die Auskunftserteilung bezüglich der Namen derjenigen, die die Demonstration angezeigt haben, ermöglicht eine sachgerechte Berichterstattung auf objektiver Grundlage und das Verständnis der Hintergründe dieses Verhaltens, wenn auf dieser Grundlage weitere Ermittlungen unternommen werden.

(2)

Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit - wenn man es denn hier überhaupt getrennt von der Beeinträchtigung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung betrachten kann - ist nicht gefährdet. Eine Gefährdung der Betroffenen (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) durch die Preisgabe ihrer Identität ist vorliegend nicht ersichtlich. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte für beabsichtigte Übergriffe auf die Veranstalter der Demonstrationen. Eine bloß abstrakte Gefahr, ist nicht geeignet, das Informationsinteresse der Antragstellerin einzuschränken (vgl. VG Würzburg, Beschluss vom 13. Februar 2015 – W 7 E 15.81 –, Rn. 20, juris). Überdies stehen zumindest die verantwortlichen Personen, die bei der Veranstaltung auftreten, bereits im Licht der Öffentlichkeit, sodass die Bekanntgabe ihrer Namen darüber hinaus nicht zu einer unverhältnismäßigen Beeinträchtigung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung führt.

(3)

Die – gebotene – kumulierte Betrachtung der Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit sowie deren Abwägung gegen das Grundrecht der Pressefreiheit, führen zu keinem abweichenden Ergebnis.

2.

Bezüglich der Mitteilung der vollständigen Anschriften der Versammlungsanzeiger sind die Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 VwGO dagegen nicht gegeben, wohl aber hinsichtlich der Mitteilung von deren Wohnorten. Insoweit hat der Eilantrag daher nur anteilig Erfolg.

a.

Für die Mitteilung der vollständigen Anschriften fehlt es an der hinreichenden Darlegung von Umständen, die einen Anordnungsanspruch begründen. Hier geht der Ausgleich der kollidierenden Grundrechtspositionen zugunsten der Personen, die die Corona-Protest-Veranstaltungen angezeigt haben.

aa.

Ein (schützenswertes) Interesse der Öffentlichkeit an der Mitteilung der konkreten Anschriften der Betroffenen ist nicht ersichtlich.

bb.

Auch ein Interesse der Pressevertreter selbst an der Mitteilung der Anschrift dürfte nach hiesiger Einschätzung zumindest dann nicht gegeben sein, wenn den Betroffenen – wie hier – von der Antragstellerin der Kontakt mit den Pressevertretern angeboten worden ist und diese darauf nicht reagiert haben. Dies bedarf aber letztlich keiner Entscheidung. Die Antragstellerin hat jedenfalls im Anschluss an die entsprechende Mitteilung der Beklagten in ihrer Antragserwiderung nicht hinreichend dargelegt, wofür sie die Anschriften benötigt, bspw. für Recherchen im (Wohn-)Umfeld der Versammlungsanzeiger.

b.

Allerdings betrachtet die Kammer das Begehren, den Wohnort der Anzeiger der Versammlung mitzuteilen, als Minus zu dem Antrag auf Mitteilung der vollständigen Anschrift. Insoweit hat der Eilantrag Erfolg.

aa.

Der die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigende Anordnungsanspruch liegt vor.

Hier überwiegt nach Auffassung der Kammer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit das schützenswerte Interesse der Betroffenen mit hoher Wahrscheinlichkeit. So ist es bereits in der journalistischen Berichterstattung üblich, dass Personen mit Namen und Wohnort angegeben werden. Dies dient namentlich dem Informationsinteresse der Einwohner des Versammlungsortes, weil nur so erkennbar ist, ob „Fremde“ entsprechende Versammlungen anzeigen oder ob der Anzeiger ein Einheimischer ist. Die für die Betroffenen nur potentiell nachteilige Lokalisierbarkeit im Sinne einer Grundlage für die Ermittlung ihrer Adressen ist gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit geringer zu gewichten.

Da die Nennung von Name und Wohnort in der Berichterstattung üblich ist, bedarf es keiner substantiierten Darlegung, wozu der Wohnort genutzt wird. Dies wäre freilich nicht schädlich gewesen, zumal die Mitteilung des Wohnortes zumindest nicht zwingend zu sein scheint (siehe VG Würzburg, Beschluss vom 13.2.2015, a.a.O., Tenor und Rn. 2, juris: nur Auskunft über Namen begehrt).

bb.

Hinsichtlich des die Vorwegnahme der Hauptsache rechtfertigenden Anordnungsgrundes wird auf die Ausführungen zu den Namen der Anzeiger verwiesen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Da sich bezüglich des Begehrens auf Mitteilung der Anschrift wegen aller den Wohnort überschießenden Angaben ein Teilunterliegen ergibt, geht die Kammer von einer Kostenquote von ¾ zu ¼ aus.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG. Wegen der Vorwegnahme der Hauptsache ist eine Streitwertreduzierung im Eilverfahren nicht angezeigt.