Verwaltungsgericht Lüneburg
Urt. v. 15.09.2011, Az.: 2 A 125/09

Abwägung; private Grünfläche; Rüge

Bibliographie

Gericht
VG Lüneburg
Datum
15.09.2011
Aktenzeichen
2 A 125/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2011, 45280
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Rüge eines Abwägungsmangels im Sinne von § 215 BauGB kann auch in einem an das Verwaltungsgericht adressierten Schriftsatz im Rahmen einer auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines planungsrechtlichen Bauvorbescheides gerichteten Verpflichtungsklage erhoben werden, wenn die Gemeinde, die Planungsträger ist, an dem Gerichtsverfahren im Wege der Beiladung beteiligt ist.

2. Ein qualifizierter Bebauungsplan erfordert nicht zwingend Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung, die auch eine Regelung über die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen einschließen.

3. Ein mangelndes Sachbescheidungsinteresse des Bauantragstellers im Hinblick auf einen fehlenden Willen zur Errichtung des Bauvorhabens ist nur in Ausnahmefällen wie etwa reinen Schikane-Anträgen anzunehmen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines Gewächshauses und einer Gartenlaube.

Der Kläger ist Eigentümer der Flurstücke 57/73 bis 57/77 (ehemals 57/44, 57/45, 57/48, 57/49, 57/66, 57/21, 57/23 und 57/25) der Gemarkung B., Flur C.. Das an der kurzen, in östwestlicher Richtung verlaufenden Straße „D. E.“ gelegene Flurstück 57/73 ist bereits seit längerem mit einem Wohnhaus des Klägers bebaut (D. E. Nr. F.). Das Flurstück 57/77 schließt sich östlich an. Die Flurstücke 57/74, 57/75 und 57/76 liegen nördlich davon im rückwärtigen Bereich zwischen dem Wohnhaus des Klägers und den angrenzenden Hausgrundstücken an den Straßen „G. Weg“ und „H.“.

Die rückwärtigen Flurstücke 57/74, 57/75 und 57/76 (nach damaliger Bezeichnung 57/66, 57/21, 57/23 und 57/25) lagen ursprünglich im Geltungsbereich des 1991 beschlossenen und bekannt gemachten Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“, der für diese Flächen ein allgemeines Wohngebiet (WA) festsetzte. Ziffer 4 der textlichen Festsetzungen regelte eine hintere Baugrenze „für Wohnhäuser“ im Abstand von 40 m zur tatsächlichen Straßengrenze. Mit einer am 7. November 2011 ortsüblich bekannt gemachten Satzung beschloss der Rat der Beigeladenen die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 4 „B. Mitte“. U.a. wurde die textliche Festsetzung Nr. 4 zur rückwärtigen Baugrenze um den folgenden Satz ergänzt: „Eine Bebauung in zweiter Reihe kann im Einzelfall auf Antrag durch den Rat der Gemeinde geprüft werden.“

Die übrigen Flurstücke des Klägers lagen im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 2 „E.“ und waren ebenfalls als allgemeines Wohngebiet überplant.

Im Frühjahr 2002 stellte der Kläger beim Beklagten einen Bauantrag für die Errichtung eines (weiteren) Einfamilienhauses auf dem rückwärtigen Flurstück 57/66, das den größten Teil des heutigen Flurstücks 57/76 umfasst. Die Beigeladene erteilte ihr Einvernehmen und der Beklagte erteilte mit Bescheid vom 29. April 2002 die Baugenehmigung.

Mit einem am 21. Juni 2002 beim Beklagten eingegangenen Bauantrag begehrte der Kläger anstelle des soeben genehmigten Einfamilienhauses die Zulassung eines Zweifamilienhauses an gleicher Stelle.

Daraufhin fasste der Verwaltungsausschuss der Beigeladenen am 8. Juli 2002 den Beschluss zur Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 2 „E.“ 1. Änderung mit Teilaufhebung des Bebauungsplanes Nr. 4 „B. Mitte“. Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 beantragte die Beigeladene ferner die Rückstellung des Bauantrages. Mit einem weiteren Schreiben vom 18. Juli 2002 stimmte sie der Verwirklichung des Bauvorhabens unter der Voraussetzung zu, dass die Errichtung des Zweifamilienhauses auf einem mindestens 1.300 qm großen Grundstück dauerhaft rechtlich abgesichert werde. Mit Bescheid vom 7. August 2002 erteilte der Beklagte die Baugenehmigung.

Am 20. August 2003 beschloss der Rat der Beigeladenen den Bebauungsplan Nr. 2 „E.“ 1. Änderung und Teilaufhebung des Bebauungsplanes Nr. 4 „B. Mitte“. Die ortsübliche Bekanntmachung erfolgte am 26. September 2003 im Amtsblatt für den Landkreis Harburg. Das Gebiet dieser Planänderung bestand - abgesehen von einem Teilstück der öffentlichen Straße „D. E.“ - ausschließlich aus den gesamten Flurstücken des Klägers. In der Planzeichnung stellte die Beigeladene die rückwärtigen Flurstücke 57/74 und 57/75 als „private Grünfläche“ dar und regelte dazu in Ziffer 6 der textlichen Festsetzungen: „Die private Grünfläche ist von jeder Bebauung freizuhalten.“ Die Überplanung als private Grünfläche ist die einzige Festsetzung dieser Art im Plangebiet und findet auch bei den benachbarten Hausgrundstücken, die nach wie vor im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 4 „B. Mitte“ liegen, keine Entsprechung. Die weiteren Grundstücksflächen des Klägers wurden – in Übereinstimmung mit dem bisherigen Planinhalt des Bebauungsplans Nr. 2 – als allgemeines Wohngebiet überplant.

In der Planbegründung heißt es zu Anlass und Ziel des Bebauungsplanes, dass die Beigeladene in den letzen Jahren ihre Bebauungspläne Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 geändert habe. „Zugelassen wurde hierdurch – in städtebaulich verträglichen Bereichen – u.a. eine Bebauung in zweiter Reihe (Hinterhofbebauung).“ Im Weiteren führt die Planbegründung aus:

„Die südlichen Flächen des Änderungsbereiches liegen innerhalb des B-Planes Nr. 2 „E.“; die nördlichen im Geltungsbereich des B-Planes Nr. 4 „B. Mitte“. Diese nördlich gelegenen Flurstücke (75/74, 57/75 und 57/76) werden durch den B-Plan als allgemeines Wohngebiet ausgewiesen. Aufgrund der festgesetzten Baugrenze (40 m von der Straßenbegrenzungslinie) und der fehlenden Erschließungsmöglichkeiten wären diese Grundstücke von der Straße „H.“ aus nicht bebaubar. Es handelt sich um „gefangene Flächen“. Aufgrund der Eigentümeridentität sind diese Grundstücke über „D. E.“ erschlossen.

Der Eigentümer der Fläche im Bereich der 1. Änderung plante daher eine Hinterhofbebauung im Bereich des B-Planes Nr. 4 „B. Mitte“ mit einer Erschließung des Grundstückes über die Straße „D. E.“ und die sich im B-Plan Nr. 2 „E.“ befindlichen Grundstücke.

Die Gemeinde Mechtersen möchte – in Anlehnung an die bereits geänderten B-Pläne – diese Grundstücke dem B-Plan Nr. 2 „E.“ zuordnen.

Das Bauvorhaben wurde zwischenzeitlich genehmigt.“

Zur Festsetzung der privaten Grünfläche heißt es unter Punkt 4.3 der Planbegründung („Sonstige Festsetzungen“):

„Im Norden des Plangebiets wird, entsprechend der bisherigen Nutzung und den Festsetzungen des bislang rechtsverbindlichen B-Plans Nr. 4 „B. Mitte“, eine private Grünfläche festgesetzt. Eine weitere Verdichtung der Bebauung ist in diesem „Innenhof“ nicht gewünscht. Durch diese Festsetzung sollen eine 3. Bautiefe von „D. E.“ und evtl. Probleme mit der Erschließung sowie Konflikte mit der benachbarten Bebauung an den Straßen „H.“, „G. Berg“ und „D. E.“ vermieden werden.

Der Innenbereich soll, entsprechend den Festsetzungen auch im übrigen Bereich der Gemeinde Mechtersen, als Freifläche erhalten bleiben.

Aus diesem Grund wird festgesetzt, dass die private Grünfläche von jeglicher Bebauung (Garagen, Nebenanlagen, etc.) freizuhalten ist.“

Sowohl im Rahmen der vorgezogenen Bürgerbeteiligung am 8. Mai 2003 als auch mit zwei Schreiben vom 5. Juni und 6. August 2003 erhob der Kläger Einwendungen gegen die beabsichtigte „Umwandlung von Bauland in Grünland“ durch den Bebauungsplan Nr. 2 „Hainbuchenfeld“ 1. Änderung, die einen unzulässigen Eingriff in sein Eigentumsgrundrecht darstelle.

Ferner stellte der Kläger bereits im März 2003 einen Bauantrag für die Errichtung einer Doppelgarage mit Geräteraum auf den Flurstücken 57/4 und 57/5. Die Beigeladene beantragte zunächst die Rückstellung des Bauantrages. Nach Abschluss des Bauleitplanungsverfahrens lehnte der Beklagte die Genehmigung des Vorhabens mit Bescheid vom 16. Dezember 2003 ab. Es widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 „E.“ 1. Änderung. Nach erfolglosem Widerspruch erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Lüneburg (2 A 69/04) und rügte in seinem gerichtlichen Vorbringen, dass die 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 aufgrund materieller Rechtsfehler unwirksam sei. Das Verwaltungsstreitverfahren wurde durch einen Vergleich zwischen den Beteiligten bezüglich des Standortes und der Größe der Garage erledigt. Auf dieser Grundlage erteilte der Beklagte dem Kläger eine Baugenehmigung für das Vorhaben.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2006 stellte der Kläger bei der Beigeladenen einen Antrag auf Gewährung einer Entschädigung nach § 44 Abs. 3 BauGB. In dem Schreiben heißt es u.a. sinngemäß, dass der erkennende Einzelrichter in der Verwaltungsstreitsache zu 2 A 69/04 geäußert habe, dass vor der Festsetzung einer privaten Grünfläche eine Bebauung der betroffenen Flächen mit einem Nebengebäude zulässig gewesen sei und gegen die Begründung der Planänderung rechtliche Bedenken bestünden. Ferner stellte der Kläger mit Schreiben vom 11. Januar 2007 bei der Beigeladenen einen Antrag auf Rücknahme aller Festsetzungen und Bauvorschriften der Planänderung, die nur für sein Grundstück gelten würden. Nach seiner Erkenntnis habe die Festsetzung der privaten Grünfläche nur dazu gedient, den beantragten Garagenneubau abzulehnen. Warum sei die Festsetzung allein für sein Grundstück beschlossen worden?

Mit Schreiben vom 13. Februar 2008 stellte der Kläger, adressiert an den Rat der Beigeladenen, eine Bauvoranfrage für die Errichtung eines Gewächshauses und einer Gartenlaube auf dem Flurstück 57/74, die den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites darstellt.

Nachdem die Beigeladene das Schreiben an den Beklagten weitergeleitet und dieser dem Kläger den Eingang der Bauvoranfrage bestätigt hatte, teilte der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 28. April 2008 mit, dass er mit der Bauvoranfrage lediglich habe in Erfahrung bringen wollen, ob die Beigeladene hierzu ihre Zustimmung geben werde. Er bitte daher darum, der Beigeladenen die Bauvoranfrage zur Bearbeitung zurücksenden. Daraufhin teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass das Bauvoranfrageverfahren kostenfrei eingestellt werde. Mit Schreiben vom 26. August 2008 bat der Kläger den Beklagten, die Verfahrenseinstellung aufzuheben und ihm umgehend einen Bescheid gemäß BauGB zukommen zu lassen, da die Beigeladene ihm mitgeteilt habe, dass sie eine Stellungnahme zu der Bauvoranfrage wegen der Verfahrenseinstellung durch den Beklagten nicht für erforderlich halte.

Mit Schreiben vom 3. November 2008 teilte die Beigeladene dem Beklagten auf Anfrage mit, dass sie ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben nicht erteile.

Durch Bescheid vom 5. Januar 2009 lehnte der Beklagte die Bauvoranfrage ab, da sie dem Bebauungsplan Nr. 2 „E.“ 1. Änderung widerspreche, nach dem das betroffene Flurstück eine von jeglicher Bebauung freizuhaltende private Grünflächen sei. Auf diese Rechtsposition stützte der Beklagte auf den Widerspruch des Klägers auch den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2009, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 19. Februar 2009 zugestellt wurde.

Gegen die Ablehnung seiner Bauvoranfrage hat der Kläger am 19. März 2009 Klage erhoben. Er trägt vor:

Die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 2 „B. Mitte“ 1. Änderung könnten dem Vorhaben nicht entgegengehalten werden, da sie rechtswidrig und unwirksam seien. Die Rechtauffassung des Beklagten, dass die Wirksamkeit eines Bebauungsplanes exklusiv im Normenkontrollverfahren überprüft werden könne, sei unzutreffend. Ein Bebauungsplan sei eine untergesetzliche Rechtsnorm, die für ein Gericht nur verbindlich sei, wenn sie rechtmäßig und wirksam sei, was das Gericht zu prüfen habe. Das Recht zur Überprüfung des Bebauungsplanes habe er auch nicht durch den Abschluss des Vergleichs im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu 2 A 69/04 verwirkt, weil nach dem Inhalt des Vergleichs ein Vorhaben genehmigt worden sei, das den Festsetzungen des Bebauungsplanes nicht entspreche.

Die Planänderung habe praktisch ausschließlich dazu gedient, die private Grünfläche auf einem Teil seines Grundstücks festzusetzen. Ein Bebauungsplan, der ausschließlich den Zweck einer derartigen Festsetzung auf einem einzelnen Privatgrundstück habe, sei äußerst ungewöhnlich. Im Hinblick darauf, dass in dem den größten Teil der Ortslage umfassenden Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr.4 „B. Mitte“, in dem das Baugrundstück zuvor gelegen habe, nirgends eine vergleichbare private Grünfläche festgesetzt worden sei, müsse die Erforderlichkeit der Bauleitplanung bezweifelt werden. Jedenfalls bedürfe eine derartige Planung einer besonderen städtebaulichen Begründung, wenn es sich nicht um eine willkürliche Einzelfallregelung handeln solle. Ein städtebauliches Konzept hinter der Festsetzung sei aber nicht ersichtlich.

Die Planänderung sei auch abwägungsfehlerhaft.

Nach der Planbegründung solle sie einer „Verdichtung“ der Bebauung entgegenwirken. Zur Verhinderung einer Verdichtung der Bebauung sei die Festsetzung von Grundflächenzahlen und Geschossflächenzahlen das geeignete städtebauliche Mittel. Im gesamten großen Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 4 „Mechtersen Mitte“ seien aber keine Grundflächen festgesetzt. Er lege lediglich Grundstücksmindestgrößen fest, die aber nichts über Anzahl und Größe der zulässigen Gebäude und Nebengebäude besagen würden. Daher sei im gesamten Bereich des Bebauungsplanes Nr. 4 eine Verdichtung der Bebauung praktisch uneingeschränkt zulässig. Warum dann ausgerechnet auf seinem Grundstück eine rückwärtige Grundstücksfläche freigehalten werden müsse, sei nicht nachvollziehbar und nicht ausreichend begründet.

Auch die Begründung der Planänderung mit der Vermeidung einer Belastung der Wohnbevölkerung durch zusätzlichen Kfz-Verkehr sei nicht nachvollziehbar, da sich schon zum Zeitpunkt der Planaufstellung auf dem Flurstück 57/76 genehmigte Stellplätze mit einer Zuwegung befunden hätten und die Errichtung von Nebenanlagen auf den rückwärtigen Grundstücksflächen nicht dazu führe, dass zusätzlicher Kraftfahrzeugverkehr in diesem rückwärtigen Bereich entstehe.

Ein besonders schwerwiegender Abwägungsfehler liege darin, dass die Beigeladene bei ihrer Planung von einer falschen Beurteilung der bisher zulässigen baulichen Nutzung der betroffenen Fläche ausgegangen sei. Die Einschätzung, die Fläche sei auch nach den bisherigen Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 4 nicht bebaubar gewesen, sei eindeutig falsch. Die nach diesem Plan geltende ursprüngliche Baugrenze im Abstand von 40 m zur Straßengrenze habe nur für Wohnhäuser gegolten. Daher seien Nebengebäude und insbesondere Nebenanlagen im Sinne des § 14 BauNVO unbeschränkt zulässig gewesen. Zudem habe durch die vor Inkraftreten der Bebauungslanes Nr. 2 „E.“ 1. Änderung beschlossene 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 4 gerade die Bebauung in zweiter Reihe ermöglicht werden sollen. Damit seien die Baumöglichkeiten erweitert, nicht aber eingeschränkt worden. Von einer Zulässigkeit von Nebenanlagen im hinteren Grundstücksbereich nach altem Planungsstand sei auch die Beigeladene selbst ausgegangen, da andernfalls ihr Zurückstellungsantrag hinsichtlich des Bauantrages für die Garage überflüssig gewesen sei. Es könne auch keine Rede davon sein, dass die Umplanung erforderlich gewesen sei, um die Errichtung des weiteren Wohnhauses auf dem heutigen Flurstück 57/76 zu ermöglichen. Bereits nach der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 4 „B. Mitte“ sei eine Wohnbebauung hinter der in diesem Plan geregelten rückwärtigen Baugrenze ausnahmsweise zulässig gewesen. Auf dieser Grundlage seien die Baugenehmigungen erst für das Einfamilienhaus und dann für das Zweifamilienhaus bereits vor der 1. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 2 „E.“ erteilt worden.

Zudem habe die Beigeladene verkannt, dass sie bei der Überplanung eines bereits bestehenden Baugebiets nicht so frei sei wie bei der erstmaligen Planung. Der Vertrauensschutz der Eigentümer in eine bisher zulässige Grundstücksnutzung könne nur durch gewichtige städtebauliche Gründe überwunden werden.

Ferner habe die Beigeladene in der Bauleitplanung nicht hinreichend die von ihm - dem Kläger - vorgetragenen Belange berücksichtigt und abgewogen. Er habe im Planungsverfahren erläutert, dass er im betroffenen Grundstücksbereich eine Garage errichten wolle, die er an anderer Stelle nicht ohne Beseitigung alten Baumbestandes errichten könne. Soweit die Gemeinde hierzu ohne Begründung behauptet habe, das Grundstück sei groß genug, habe sie sich offensichtlich nicht mit den örtlichen Verhältnissen vertraut gemacht und die Anregung nicht ernsthaft geprüft. Dies sei umso gravierender, als es sich um die einzige bedeutsame Festsetzung gehandelt habe, die im Planungsverfahren Gegenstand der Abwägung hätte sein müssen. Für die von der Beigeladenen beabsichtigte Verhinderung einer Bebauung in „dritter Reihe“ habe es der Festsetzung der privaten Grünfläche nicht bedurft. Hierfür hätte die Festsetzung einer Baugrenze genügt.

Infolge der Unwirksamkeit des neuen Bebauungsplanes richte sich die Beurteilung des Vorhabens nach den Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 4 „B. Mitte“, nach denen es zulässig sei.

Schließlich gebe es keine Grundlage dafür, an seiner ernsthaften Absicht zur Realisierung des Bauvorhabens zu zweifeln. Sein zu einem Zeitpunkt, zu dem er noch nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, verfasstes Schreiben vom 28. April 2008, mit dem er den Beklagten gebeten habe, seine Bauvoranfrage ohne Bescheidung an die Beigeladene zurückzugeben, habe auf rechtsirrigen Annahmen zu verwaltungsrechtlichen Zuständigkeits- und Verfahrensfragen beruht.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 5. Januar 2009 und den Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm den beantragten Bauvorbescheid zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er bezieht sich zu seiner Rechtsverteidigung auf die Begründung der angegriffenen Bescheide. Ergänzend trägt er vor:

Die Verwerfung der Regelungen eines Bebauungsplanes stehe der unteren Bauaufsichtsbehörde im Rahmen eines Bauvoranfrageverfahrens nicht zu. Da der Kläger ein Normenkontrollverfahren gegen den Bebauungsplan nicht angestrengt habe, müsse er nun hinnehmen, dass er sein Vorhaben nicht verwirklichen könne. Zudem habe der Kläger sein Recht auf Prüfung des Bebauungsplanes durch den in dem Verwaltungsgerichtsverfahren zu 2 A 69/04 geschlossenen Vergleich verwirkt. Es sei auch fraglich, ob es ihm wirklich um die Verwirklichung des beantragten Vorhabens gehe. Mit der Errichtung der im selben Grundstücksbereich genehmigten Garage habe er bis heute nicht begonnen. Er habe auf die Eingangsbestätigung seiner Bauvoranfrage zunächst mit Schreiben vom 28. April 2008 erklärt, dass er lediglich in Erfahrung habe bringen wollen, ob die Beigeladene einem Bauantrag ihre Zustimmung geben werde. Erst auf eine erneute Bauvoranfrage des Klägers sei das Verwaltungsverfahren dann durchgeführt worden. Insbesondere die Erklärung im Schreiben vom 28. April 2008 erwecke den Anschein, es gehe dem Kläger lediglich darum, die Festsetzungen des Bebauungsplanes „beseitigen zu lassen“, um eventuell andere Ansprüche, z. B. Schadenersatzforderungen, bei der Gemeinde anzumelden.

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor:

Die 1. Änderung des Bebauungsplanes 2 sei beschlossen worden, um eine Bebauung in zweiter Reihe zu ermöglichen und die Grundstücke, welche vorher im Geltungsbereich der zwei Bebauungspläne lagen, einheitlich dem Bebauungsplan Nr. 2 zuzuordnen. Ziel der Planung sei des Weiteren eine Freihaltung der hinteren Bereiche gewesen („Innenhof“). Anlass für die Aufstellung dieses Bebauungsplanes mit örtlicher Bauvorschrift über die Gestaltung sei der ursprüngliche Wunsch des Klägers gewesen, auf dem ehemaligen Flurstück 57/66 ein Einfamilienhaus zur Eigennutzung (Altenteil) zu errichten. Aufgrund der Festsetzung einer hinteren Baugrenze für Wohnhäuser von 40 m im Bebauungsplan Nr. 4 wäre das Grundstück seinerzeit nicht bebaubar gewesen. Zudem habe das geplante Vorhaben auch der örtlichen Bauvorschrift über die Gestaltung widersprochen. Aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (Zuordnung zu zwei Bebauungsplänen, Erschließung des Grundstücks zur Straße „D. E.“, Prägung durch vorhandene Bebauung) habe sie den Änderungsbeschluss gefasst und die überplanten Grundstücke dem Bebauungsplan Nr. 2 zugeordnet. Zugleich habe sie die Freihaltung der „Freiräume“ im Innenhof – entsprechend der damaligen Nutzung - sicherstellen wollen. Diese Festsetzung sei analog zu den Planungszielen des Bebauungsplanes Nr. 4 erfolgt. Durch die festgesetzte private Grünfläche habe sie bewusst Einfluss auf die Bebauungsdichte und das Maß der baulichen Nutzung genommen, um den dörflichen Charakter der Gemeinde mit den großen Grundstücken, nicht bebauten Flächen, Grünflächen etc. zu erhalten.

Die Ortslage der Gemeinde Mechtersen sei nahezu vollständig mit einfachen Bebauungsplänen überplant. Nur in Teilbereichen gebe es bisher qualifizierte Bebauungspläne. In den meisten Bereichen seien auch heute noch einfache Bebauungspläne ausreichend. In diesen Bereichen genüge die Festsetzung der Bautiefe von 40 m, um eine einzeilige Bebauung entlang der Straße zu gewährleisten. Zudem seien die bestehenden landwirtschaftlichen Betriebe auf diese Weise nicht übermäßig in ihrem Bestand und ihrer Entwicklung eingeschränkt oder behindert worden. Diese Festsetzungen reichten hingegen in den nur zu Wohnzwecken genutzten Gebieten, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verdichtung und äußeren Gestaltung, nicht mehr aus. Daher überplane sie diese Bereiche zur Erhaltung des Charakters und des Ortsbildes der ländlichen Siedlung inzwischen mit qualifizierten Bebauungsplänen.

Der Kläger verhalte sich widersprüchlich, wenn er einerseits im Hinblick auf die Errichtung eines weiteren Wohnhauses gegen die Zuordnung der Flächen zum Bebauungsplan Nr. 2 keine Bedenken geäußert habe, sich aber bei der Errichtung von Nebenanlagen auf die Festsetzungen des Bebauungsplanes Nr. 4 berufe. Die Grundstücke seien auch zu seinem Nutzen, etwa hinsichtlich der Gebäudegestaltung, dem Bebauungsplan Nr. 2 zugeordnet worden. Alle von ihm in den letzten Jahren beantragten Vorhaben wären ohne die Planänderung nicht möglich gewesen. Der Hinweis des Klägers auf die Erhaltung des Baumbestandes sei nicht nachvollziehbar, da er selbst in seinen beiden Bauanträgen für das weitere Wohnhaus auf deren Lage keine Rücksicht genommen habe. Eine dritte Bautiefe, die einen stärkeren Kfz-Verkehr und damit eine Belastung der Nachbarn verursache, sei städtebaulich nicht erwünscht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten und der Beigeladenen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der angegriffene Versagungsbescheid und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in eigenen Rechten, weil dieser einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheides für die Errichtung eines Gewächshausees und einer Gartenlaube auf dem Flurstück 57/74 der Gemarkung B., Flur C., hat.

Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 NBauO ist für eine Baumaßnahme auf Antrag (Bauvoranfrage) über einzelne Fragen, über die im Baugenehmigungsverfahren zu entscheiden wäre und die selbstständig beurteilt werden können, durch Bauvorbescheid zu entscheiden. Gegenstand einer Bauvoranfrage kann auch die Zulässigkeit einer Baumaßnahme nach Bauplanungsrecht sein (sog. Bebauungsgenehmigung).

Der Anspruch des Klägers auf Erteilung der Bebauungsgenehmigung ergibt sich aus § 30 Abs. 1 BauGB. Danach ist ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Die beiden Vorhaben widersprechen nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 2 „E.“ 1. Änderung über eine von jeder Bebauung freizuhaltende private Grünfläche, da diese unwirksam sind (1.). Infolgedessen fällt das in Rede stehende Flurstück wieder in den Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“ in der Fassung der 1. Änderung, nach dessen Festsetzungen die beiden Vorhaben planungsrechtlich zulässig sind (2.). Ferner fehlt der Bauvoranfrage des Klägers auch nicht das Sachbescheidungsinteresse, da sie nicht als rechtlich unzulässiger „Scheinantrag“ zu qualifizieren ist (3.).

1. Der Bauvoranfrage steht nicht die Festsetzung einer von jeder Bebauung freizuhaltenden privaten Grünfläche durch den Bebauungsplan Nr. 2 „Hainbuchenfeld“ 1. Änderung, entgegen, da die diesbezüglichen Regelungen im Bebauungsplan unwirksam sind.

a) Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten muss der Kläger den Inhalt des Bebauungsplans Nr. 2 „E.“ 1. Änderung, nicht deshalb als rechtswirksam gegen sich gelten lassen, weil er keinen Normenkontrollantrag nach § 47 VwGO gegen diesen Bebauungsplan gestellt hat. Die Verwaltungsgerichte haben die Gültigkeit eines Bebauungsplanes in jedem Anfechtungs- und Verpflichtungsstreit inzident zu prüfen, in denen es auf die Wirksamkeit dieser Satzung entscheidungserheblich ankommt (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 99. Ergänzungslieferung 2011, § 10 Rdnr. 354). Diese Inzidentkontrolle ist auch dann noch statthaft und geboten, wenn die Frist zur Einlegung einer Normenkontrollklage nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zwischenzeitlich abgelaufen ist (BVerwG, Beschl. v. 1.2.2010 - 4 BN 50.09 -, BauR 2010, 903).

b) Der Kläger hat die Möglichkeit zur inzidenten Überprüfung der Wirksamkeit des Bebauungsplans auch nicht durch den Abschluss des Vergleichs im Klageverfahren zu 2 A 69/04 verwirkt. Der im Beschluss des Gerichts vom 15. Mai 2006 festgehaltene Vergleich enthält keinerlei Regelungen, die darauf hinweisen, dass der Kläger die Festsetzung der privaten Grünfläche durch den Bebauungsplan anerkennt und/oder auf weitere Bauanträge, die diese Fläche betreffen, für die Zukunft verzichtet. Vielmehr ist Gegenstand des Vergleichs die Erteilung einer Baugenehmigung auf den beiden Flurstücken, die als private Grünfläche überplant sind. Damit ist in der Sache nicht der Kläger von seiner Rechtsauffassung abgerückt, dass die Überplanung als von jeder Bebauung freizuhaltende Grünfläche unwirksam sei, sondern im Gegenteil haben der Beklagte und die Beigeladene weitgehend nachgegeben und lediglich geringfügige Veränderungen hinsichtlich der Dimension und Lage des Baukörpers im Vergleich zum ursprünglichen Bauantrag erwirkt.

c) Die Festsetzung einer von jeder Bebauung freizuhaltenden privaten Grünfläche durch den Bebauungsplan Nr. 2 „E.“ 1. Änderung ist abwägungsfehlerhaft.

aa) Für die Abwägung ist nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan oder die Satzung maßgebend. Auf den am 18. September 2003 vom Rat der Beigeladenen beschlossenen Bebauungsplan findet somit der seinerzeit geltende § 1 Abs. 6 BauGB Anwendung, der wortgleich mit dem heutigen § 1 Abs. 7 BauGB regelt, dass bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen sind. Die von der Gemeinde vorzunehmende Abwägung der öffentlichen und privaten Belange ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbar (grundlegend: BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - IV C 105.66 -, BVerwG 34, 301). Das Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattgefunden hat oder wenn in die Abwägung Belange nicht eingestellt worden sind, die nach Lage der Dinge in sie hätten eingestellt werden müssen. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entschieden hat.

bb) Die Beigeladene hat das Eigentümerinteresse des Klägers an der Erhaltung der nach dem bisherigen Planungsstand zulässigen baulichen Nutzungsmöglichkeiten nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht in der Abwägung berücksichtigt.

Besteht nach der vor der Überplanung bestehenden Rechtslage ein Recht zur Bebauung, kommt der normativen Entziehung derselben erhebliches Gewicht zu, das sich im Rahmen der Abwägung auswirken muss. Beim Erlass eines Bebauungsplans müssen daher im Rahmen der planerischen Abwägung das private Interesse am Erhalt bestehender baulicher Nutzungsrechte mit dem öffentlichen Interesse an einer städtebaulichen Neuordnung des Plangebiets abgewogen werden. Dabei ist in die Abwägung einzustellen, dass sich der Entzug der baulichen Nutzungsmöglichkeiten für den Betroffenen wie eine (Teil-)Enteignung auswirken kann (BVerwG, Kammerbeschl. v. 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 -, NVwZ 2003, 227 m.w.N.). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die bauliche Nutzbarkeit eines Grundstücks nicht insgesamt aufgehoben wird, sondern substantielle Nutzungsmöglichkeiten für Teilflächen verbleiben (so, ebenfalls zur Festsetzung einer privaten Grünfläche: Nds. OVG, Urt. v. 24.11.2010 - 1 KN 266/07 -, DVBl 2011, 292 = BauR 2011, 634 = NuR 2011, 359).

Bei der Abwägung hat die Beigeladene das von Art. 14 GG geschützte Interesse des Klägers an der baulichen Nutzung seines Grundstücks fehlerhaft bewertet, weil sie zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass die mit der privaten Grünfläche überplanten Flurstücke bereits nach dem bisherigen Bebauungsplan nicht bebaubar gewesen seien. Hierzu führt die Planbegründung aus, dass die private Grünfläche „entsprechend der bisherigen Nutzung und den Festsetzungen des bislang rechtsverbindlichen B-Planes Nr. 4“ festgesetzt worden sei. In den Abwägungsvorschlägen der Beigeladenen mit Stand vom 11. August 2003 (Beiakte H, Bl. 187 ff) heißt es: „Die Flurstücke 57/74, 57/75 und 57/76 waren bislang nicht bebaubar. (…) Nach dem derzeitigen Rechtsstand handelt es sich um Gartenland, das aufgrund der Festsetzungen des B-Planes Nr. 4 „B. Mitte“ nicht bebaubar ist (Bebauungstiefe für Wohngebäude max. 40 m von der Straßenbegrenzungslinie).“

Diese rechtliche Einschätzung ist unzutreffend, da die genannten Flurstücke nach den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“ zumindest mit Nebenanlagen ohne planungsrechtliche Einschränkungen hätten bebaut werden können. Zwar regelt dessen textliche Festsetzung Nr. 4 eine hintere Baugrenze von 40 m zur tatsächlichen Straßengrenze, die hinsichtlich des heutigen Flurstücks 57/74 unstreitig überschritten ist. Diese Festsetzung gilt jedoch ausdrücklich nur für „Wohnhäuser“. Auch nach der Planbegründung bezieht sich die festgesetzte Bebauungstiefe ausdrücklich auf Wohnhäuser; sie soll in Verbindung mit der festgesetzten Mindestgrundstücksgröße für Wohnhäuser von 1.200 m² dafür sorgen, dass nach Möglichkeit keine Gebäude in zweiter Bautiefe errichtet werden, da dies erfahrungsgemäß Probleme bezüglich der Erschließung bringe (S. 4 der Planbegründung). Formulierung und Begründung der textlichen Festsetzung stellen somit klar, dass diese ausschließlich dazu dient, eine Errichtung von Wohnhäusern in zweiter Baureihe zu verhindern und somit gerade keine Beschränkungen für die Errichtung von Nebenanlagen im rückwärtigen Grundstücksbereich beinhaltet. Hinzu kommt, dass die Beigeladene mit der im Herbst 2001 beschlossenen 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“ die textliche Festsetzung Nr. 4 hinsichtlich der Einhaltung der hinteren Baugrenze für Wohnhäuser aufgeweicht hat, indem sie einen ergänzenden Satz angefügt hat, nach dem eine Bebauung in zweiter Reihe im Einzelfall auf Antrag durch den Rat der Gemeinde geprüft werden kann. Daher war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 2 „E.“ 1. Änderung selbst die Errichtung eines Wohnhauses auf den Flurstücken, die als Grünfläche überplant worden sind, nicht gänzlich ausgeschlossen.

cc) Darüber hinaus hat die Beigeladene in der Begründung des Bebauungsplans Nr. 2 „E.“ 1. Änderung und den zugrunde liegenden Abwägungsvorschlägen vom 11. August 2003 keine öffentlichen Belange angeführt, die gewichtig genug sind, um sich gegen die von Art. 14 geschützte Erhaltung der bestehenden Grundstücksnutzungsmöglichkeiten durchzusetzen. Diesen Unterlagen lässt sich lediglich entnehmen, dass eine weitere Verdichtung der Bebauung in diesem „Innenhof“ nicht erwünscht sei; eine dritte Bautiefe von der Straße „D. E.“ aus und eventuelle Probleme mit der Erschließung sowie Konflikte mit der benachbarten Bebauung aufgrund einer Belastung durch zusätzlichen Kfz-Verkehr hätten vermieden werden sollen. Erschließungsprobleme bei einer dritten Bautiefe entstehen vorrangig bei einer Wohnbebauung in dritter Baureihe und tragen daher nicht ohne Weiteres eine planerische Festsetzung, die auch die Errichtung von Nebenanlagen im rückwärtigen Grundstücksbereich gänzlich ausschließt. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Vermeidung von Kfz-Verkehr im rückwärtigen Grundstücksbereich. Dieser Belang erfordert keine Festsetzung, die auch eine Errichtung von Nebenanlagen ausschließt, welche keinen Fahrzeugverkehr auf den rückwärtigen Flächen auslösen.

dd) Im Übrigen wird aus den Abwägungsunterlagen auch nicht ersichtlich, warum die Beigeladene ausschließlich für die Grundstücksflächen des Klägers einen entsprechenden Willen gebildet hat, die rückwärtigen Grundstücksflächen von jeglicher Bebauung freizuhalten, während die angrenzenden Nachbargrundstücke am „H.“ und „G. Weg“ nicht entsprechend überplant worden sind. Da die Gemeinde bei der Bauleitplanung auch an den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden ist, darf sie nicht ohne sachlichen Grund einem einzelnen Grundstückseigentümer bauliche Nutzungsmöglichkeiten entziehen, die seinen Grundstücksnachbarn erhalten bleiben. Den in der Planbegründung und den Abwägungsvorschlägen niedergelegten Erwägungen vermag die Kammer nicht zu entnehmen, welche städtebaulichen Gesichtspunkte aus Sicht der Beigeladenen dafür gesprochen haben, ausschließlich die rückwärtigen Grundstücksflächen des Klägers als von jeglicher Bebauung freizuhaltende private Grünfläche zu überplanen, obwohl etwa ein unmittelbar angrenzendes Nachbargrundstück (Flurstück 57/52, Dachtmisser Weg Nr. 8) vergleichbar tief in den rückwärtigen Blockinnenbereich hineinragt.

d) Die Abwägungsfehler, unter denen die Festsetzung der privaten Grünfläche durch den Bebauungsplan Nr. 2 „E.“ 1. Änderung, leidet, sind auch erheblich, weil sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB in der hier maßgeblichen, seit dem 3. August Juli 2001 geltenden Fassung).

aa) Durch das Merkmal der „Offensichtlichkeit“ soll die verwaltungsgerichtliche Überprüfung auf die Fälle beschränkt werden, in denen erklärtermaßen und offen erkennbar unsachliche Erwägungen der Gemeindevertretung in die Abwägung eingeflossen sind. Entsprechend dieser Zielsetzung darf vom Gericht dann ein Mangel im Abwägungsvorgang angenommen werden, wenn konkrete Umstände positiv und klar auf einen solchen Mangel hindeuten; es genügt hingegen nicht, wenn - negativ - nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Abwägungsvorgang an einem Mangel leidet, beispielsweise wenn Planbegründung und Aufstellungsvorgänge keinen ausdrücklichen Hinweis darauf enthalten, dass sich der Plangeber mit bestimmten Umständen abwägend befasst hat (BVerwG, Beschl. v. 29.1.1992 - 4 NB 22.90 -, NVwZ 1992, 662). Hier ergibt sich aus der Begründung des Bebauungsplans und den zugrundeliegenden Abwägungsvorschlägen, dass der Rat der Beklagten bei Satzungsbeschluss davon ausgegangen ist, dass die als Grünfläche überplanten Grundstücksflächen des Klägers bereits nach bisherigem Planungsstand nicht bebaubar gewesen seien. Die fehlerhafte Bewertung des auf dem Eigentumsgrundrecht fußenden privaten Interesses des Klägers am Erhalt bestehender baulicher Nutzungsmöglichkeiten ist daher positiv und klar dokumentiert.

bb) Um den Einfluss des Mangels auf das Abwägungsergebnis bejahen zu können, genügt es, wenn nach den Umständen des Einzelfalls die konkrete Möglichkeit eines solchen Einflusses besteht, d.h., wenn Anhaltspunkte z.B. in den Planungsunterlagen oder sonst erkennbare oder nahe liegende Umstände darauf hindeuten, dass ohne den Fehler anders geplant worden wäre (BVerwG, Urt. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33). Wäre der Beigeladenen bewusst gewesen, dass die rückwärtigen Grundstücksflächen des Klägers nach dem bisherigen Bebauungsplan mit Nebenanlagen unbeschränkt und mit einem Wohnhaus zumindest nach Maßgabe der Ausnahmeregelung, die der textlichen Festsetzung Nr. 4 des Bebauungsplanes Nr. 4 B. Mitte durch dessen 1. Änderung angefügt worden ist, hätten bebaut werden können, hätte sie dem Bestandsinteresse des Klägers in ihrer Abwägung ein deutlich größeres Gewicht einräumen müssen. Es ist naheliegend, dass sie bei ausreichender Beachtung des durch Art. 14 GG vermittelten Bestandsschutzes und um einer willkürlichen Benachteiligung gegenüber anderen Hausgrundstücken in der näheren Umgebung vorzubeugen, die Planung mit einem anderen Ergebnis abgeschlossen hätte, sei es, dass sie auf die Festsetzung der Grünfläche verzichtet hätte, sei es, dass sie das Plangebiet geändert und in die von jeder Bebauung freizuhaltende Grünfläche auch die rückwärtigen Bereiche der Nachbargrundstücke einbezogen hätte.

e) Der Kläger hat die Mängel der Abwägung auch rechtzeitig schriftlich gegenüber der Beigeladenen gerügt.

Maßgebend ist insoweit für den am 18. September 2003 vom Rat der Beigeladenen beschlossenen Bebauungsplan § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in der seit dem 1. Januar 1998 geltenden Fassung, wie sich aus der Übergangsvorschrift in § 233 Abs. 2 Satz 3 BauGB ergibt. Danach werden Mängel der Abwägung unbeachtlich, wenn sie nicht innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung der Satzung schriftlich unter Darlegung des den Mangel begründenden Sachverhalts geltend gemacht worden sind. Die Rüge nach § 215 BauGB ist eine an die Gemeinde adressierte einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung (Stock in Ernst/Zinkahn u.a., aaO, § 215 Rdnr. 30). Einwendungen und Rügen, die vor dem Beschluss der Gemeinde über den Bebauungsplan als Satzung eingehen, können allerdings nicht als Geltendmachung von Mängeln der Abwägung nach § 215 BauGB gewertet werden (Nds. OVG, Beschl. v. 26.3.1998 - 1 K 2914/96 -, NVwZ-RR 1998, 548). Daher kann das Vorbringen des Klägers im Rahmen der frühzeitigen Bürgerbeteiligung und in seinen Einwendungsschreiben vom 5. Juni und 6. August 2003 nicht als rechtzeitige Rüge im Sinne von § 215 BauGB angesehen werden.

Eine Rüge kann aber auch in einem an das Verwaltungsgericht gerichteten Schriftsatz innerhalb eines Verfahrens, an dem die Gemeinde förmlich beteiligt ist, wirksam erhoben werden (VGH Kassel, Urt. v. 22.10.1991 - 4 N 670/88 -, BRS 52 Nr. 31; OVG Weimar, Urt. v. 3.5.1995 - 1 C 7/92 -, BRS 57 Nr. 40; OVG Münster, Urt. v. 13.2.1997 - 7 a D 115/94.NE -, BRS 59 Nr. 47; dieser Auffassung zuneigend: BVerwG, Beschl. v. 18.6.1982 - 4 N 6/79 -, BRS 39 Nr. 28 = NVwZ 1983, 347; zu § 155 a BauGB 1979: Nds. OVG, Urt. v. 10.1.1980 - 1 OVG C 7/79 -, OVGE 35, 431, 433 f.). Diese Auffassung ist zwar anhand von Normenkontrollanträgen nach § 47 VwGO entwickelt worden, deren Gegenstand jeweils der Bebauungsplan war, auf den sich die Rüge nach § 215 BauGB bezog. Die Kammer sieht jedoch keine rechtlichen Gesichtspunkte, die ausschlaggebend dagegen sprechen, diese Rechtsprechung auf Verpflichtungsklagen, deren Gegenstand die Ablehnung einer Baugenehmigung oder planungsrechtlichen Bauvoranfrage ist, zu übertragen. An derartigen Verwaltungsstreitsachen ist die planende Gemeinde, auch soweit sie nicht gleichzeitig Baugenehmigungsbehörde und damit ohnehin die Beklagte ist, im Wege der notwendigen Beiladung zu beteiligen, da eine zusprechende Entscheidung des Gerichts ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB ersetzen würde. Der beigeladenen Gemeinde werden aufgrund ihrer Beteiligtenstellung vom Gericht die Schriftsätze des Klägers mit den darin enthaltenen Rügen von Abwägungsmängeln zugestellt und ihr wird im Rahmen des Verfahrens Gelegenheit zu geben, dazu in der Sache Stellung zu nehmen. Es kann also keine Rede davon sein, dass die Gemeinde den Inhalt der Rüge nur zufällig und in einer Weise erfährt, die ihr keinen Anlass geben muss, diese inhaltlich zu prüfen. Hiervon ausgehend sind die Schriftsätze des Klägers vom 19. März 2009 im vorliegenden Verfahren und vom 16. August 2004 im früheren Klageverfahren zu 2 A 69/04, die beide innerhalb der Frist von sieben Jahren nach Bekanntmachung des Bebauungsplanes der Beigeladenen zur Kenntnis gegeben worden sind, als rechtzeitige Rügen der Abwägungsmängel einzuordnen. Die Kammer hat auch keinen Zweifel daran, dass sie inhaltlich den entscheidungsrelevanten Sachverhalt und die maßgeblichen rechtlichen Gesichtspunkte in einer Weise darstellen, der der Beigeladenen begründeten Anlass gegeben hat, in die Prüfung einer Fehlerbehebung einzutreten (vgl. zu den inhaltlichen Anforderungen an die Darlegung der Abwägungsmängel BVerwG, Beschl. v. 8.5.1995 - 4 NB 16.95 -, NVwZ 1996, 372).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger sich innerhalb der siebenjährigen Frist nach der Bekanntmachung des Bebauungsplans auch noch mehrfach schriftlich direkt an die Beigeladene gewandt und die Festsetzung der privaten Grünfläche als unzulässige Einschränkung seiner Grundstücksnutzung kritisiert hat, so in seinen Schreiben vom 7. Dezember 2006 und 11. Januar 2007.

2. Ist die Überplanung des in Rede stehenden Flurstücks als private Grünfläche unwirksam, so leben die früheren Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“ in der Fassung der 1. Änderung wieder auf, nach denen die beiden Vorhaben - das Gewächshaus und die Gartenlaube - genehmigungsfähig sind.

aa) Ist eine Regelung durch Bebauungsplan unwirksam, so lebt der vorherige Bebauungsplan wieder auf, wenn ihn der Rat der planenden Gemeinde im Zusammenhang mit dem Satzungsbeschluss für den neuen Plan nicht unbedingt aufgehoben hat. Der neue Plan verdrängt den alten Plan dann nur im Falle seiner Wirksamkeit (Nds. OVG, Urt. v. 24.11.2010 - 1 LB 96/09 -, Veröffentlichung nicht bekannt). So verhält es sich hier, da die Beigeladene im Zusammenhang mit dem Beschluss des neuen Bebauungsplans Nr. 2 „E.“ 1. Änderung, keinen gesonderten Beschluss zur Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“ getroffen hat. Sie hat diese Entscheidung lediglich inzident mit dem Beschluss des neuen Bebauungsplans getroffen, wie sich auch aus der Anfügung an die Bezeichnung des neuen Plans „mit Teilaufhebung des Bebauungsplans Nr. 4“ ergibt.

bb) Die beiden Vorhaben sind nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“ 1. Änderung planungsrechtlich zulässig. Dieser Bebauungsplan regelt zwar eine hintere Baugrenze. Diese gilt aber, wie die Kammer bereits ausgeführt hat (siehe oben 1.c)bb)), nur für Wohnhäuser, so dass die Errichtung von Nebenanlagen hinter der Baugrenze unbeschränkt zulässig ist.

Die Gegenstände der Bauvoranfrage sind nicht ergänzend daran zu messen, ob sie sich nach den Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Entgegen der Rechtsauffassung der Beigeladenen, die auch der Beklagte in seinem Ablehnungsbescheid hinsichtlich des Bauantrages für die Garage vom 16. Dezember 2003 vertreten hat, handelt es sich bei dem Bebauungsplan Nr. 4 „B. Mitte“ nicht um einen einfachen, sondern um einen qualifizierten Bebauungsplan, so dass eine ergänzende Anwendung des § 34 Abs. 1 BauGB über die Verweisung in § 30 Abs. 3 BauGB ausscheidet.

(1.) Ein qualifizierter Bebauungsplan ist nach § 30 Abs. 1 BauGB ein Bebauungsplan, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält. Diese Voraussetzungen erfüllt der Bebauungsplan Nr. 4 „B. Mitte“. Daran ändert nichts, dass er keine erschöpfenden Regelungen über das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen trifft. Zwar regelt der Plan hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nur die Höchstzahl der Vollgeschosse und die maximale Traufhöhe, trifft also keine Festsetzungen zur Grundflächenzahl oder Größe der Grundflächen. Ferner regelt er hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflächen nur eine rückwärtige Baugrenze, aber keine seitlichen und vorderen Baugrenzen. Eine erschöpfende Regelung zu den in § 30 Abs. 1 BauGB aufgeführten Kriterien ist aber auch nicht erforderlich, damit ein qualifizierter Bebauungsplan vorliegt. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 12. Januar 1968 (- IV C 167/65 -, BVerwGE 29, 49, 51) im Hinblick auf Festsetzungen über die überbaubaren Grundstücksflächen klargestellt und hierzu ausgeführt:

§ 30 BBauG verlangt keine Festsetzung der überbaubaren Grundstücksflächen, sondern nur eine Festsetzung über die überbaubaren Grundstücksflächen. Das Gesetz macht demnach das Vorliegen eines qualifizierten Bebauungsplanes nicht davon abhängig, daß die überbaubaren Flächen nach allen vier Seiten durch Baugrenzen oder Baulinien bestimmt werden. Ist dies richtig, so läßt sich kein überzeugender Grund dafür ersehen, weshalb nicht auch die Festsetzung lediglich einer Baulinie oder Baugrenze für die Anwendbarkeit des § 30 BBauG ausreichen sollte. Diese Folgerung wird auch durch § 9 Abs. 1 BBauG nahegelegt. In Bebauungsplänen sind Festsetzungen nur zu treffen, "soweit es erforderlich ist". Der Sinn dieser Einschränkung besteht offenbar darin, daß die Baufreiheit immer dann den Vorrang genießen soll, wenn es aus übergeordneten öffentlichen Interessen einer Beschränkung nicht bedarf. Dieser, im übrigen auch unmittelbar aus Art. 14 Abs. 1 GG ableitbare Grundsatz spricht gegen eine Auslegung des § 30 BBauG, die zumindest im praktischen Ergebnis darauf hinauslaufen könnte, daß um seiner Anwendbarkeit willen Festsetzungen getroffen werden, für die ein öffentliches Interesse nicht besteht.“

Die Kammer sieht keine Gesichtspunkte, die dagegen sprechen, diese Rechtsprechung auch auf Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung zu übertragen und folgt daher nicht der Literaturauffassung, nach der ein qualifizierter Bebauungsplan bereits dann nicht vorliegen soll, wenn die Festsetzungen im Plan über das Maß der baulichen Nutzung bei Gebäuden nicht „dreidimensional“ sind (so Söfker in Ernst/Zinkahn u.a., aaO, § 30 Rdnr. 16 a; wie hier: VGH Mannheim, Urt. v. 24.8.1990 - 8 S 1504/90 -, in juris; VG Hamburg, Beschl. v. 27.2.1995 - 4 VG 2487/94 -, in juris). Daran ändert auch die Regelung in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO nichts, nach der bei Festsetzungen des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen festzusetzen ist. Diese Regelung bezweckt nicht die Konkretisierung des Begriffs des qualifizierten Bebauungsplans im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB, sondern dient anderen, insbesondere bodenschutzrechtlichen Gründen (dies konzediert auch Söfker, aaO).

Das heißt allerdings nicht, dass ein Bebauungsplan, der das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen nicht erschöpfend regelt, stets ein qualifizierter Bebauungsplan ist. Erforderlich ist in diesem Fall, dass nach dem Willen des Planungsträgers die beschränkten Festsetzungen als erschöpfende Regelungen gewollt sind. Dies ist im Allgemeinen dann ohne weiteres zu bejahen, wenn es sich nicht um einen älteren Bebauungsplan handelt, der bereits vor dem Inkrafttreten des früheren Bundesbaugesetzes aufgestellt worden ist und wenn es auch sonst an Anhaltspunkten fehlt, dass mit ihm eine abschließende Regelung nicht getroffen werden sollte (BVerwG, aaO, 52).

(2.) Die Kammer vermag der Begründung des Bebauungsplans Nr. 4 „B. Mitte“ keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Beigeladene mit dessen Festsetzungen keine abschließende Regelung über das Maß der Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen treffen wollte. Hierfür spricht als Indiz bereits, dass in der Einleitung der Begründung der 1. Änderung dieses Bebauungsplans der Begriff des qualifizierten Bebauungsplans anhand des Wortlautes von § 30 Abs. 1 BauGB erläutert wird. Dies wäre überflüssig gewesen, wenn der Bebauungsplan nach dem Willen der Beigeladenen nur ein einfacher Bebauungsplan hätte sein sollen. Zudem ergeben sich weder aus dieser Planbegründung noch aus der ursprünglichen Begründung des Bebauungsplans anderweitige Hinweise darauf, dass das Planungskonzept nach dem Willen der Beigeladenen nicht abschließend sein sollte und daneben ergänzend §§ 34, 35 BauGB zur Anwendung kommen sollten. Wesentliche Intention für die Aufstellung des Bebauungsplans war es nach dessen ursprünglicher Begründung, „zu erreichen, dass sich neue Gebäude in das Ortsbild einfügen, alte Gebäude in ihren baulichen Proportionen erhalten bleiben und Durchblicke über die landwirtschaftlich genutzten Blockinnenbereiche auch weiterhin gesichert werden“. Das in der Planbegründung noch mehrfach geäußerte städtebauliche Ziel, die landwirtschaftlich genutzten Blockinnenbereiche freizuhalten und vom Straßenrand aus möglichst Durchblicke auf diese Flächen freizuhalten, sollte durch die Festlegung der hinteren Baugrenze von 40 m sowie durch die Mindestgröße der Baugrundstücke für Wohngebäude von 1.200 m² erreicht werden:

„Darum wird im Bebauungsplan eine Tiefe der Baugrundstücke von 40 m ausgewiesen, wodurch sich Mindestbreiten von 30 m ergeben, da die Baugrundstücke mindestens 1.200 m² aufweisen müssen. (…) Die Gemeinde möchte auch weiterhin keine verdichtete Bebauung in diesem Bereich zulassen, die dieses Bild zerstören könnte. Deshalb ist festgesetzt, dass die Baugrundstücke (gem. § 19 Abs. 3 Baunutzungsverordnung) pro Wohnhaus eine Mindestgröße von 1.200 m² betragen müssen.“

Ferner wird die hintere Baugrenze damit begründet, dass im Plangebiet bereits Gebäude in zweiter Bautiefe errichtet worden seien, womit erfahrungsgemäß Probleme bezüglich der Erschließung verbunden seien. Aufgrund der Festsetzung der Baugrenze von höchstens 40 m zur tatsächlichen Straßenbegrenzung in Verbindung mit der Mindestgrundstücksgröße pro Wohnhaus ergebe sich nach dem Planinhalt kaum die Möglichkeit, Gebäude in zweiter Bautiefe zu errichten.

Hinweise, die eine ergänzende Anwendung von § 34 Abs. 1 BauGB bei der Errichtung von Nebenanlagen hinter der rückwärtigen Baugrenze intendieren, finden sich in der Planbegründung nicht. Die Kammer geht daher davon aus, dass es die Beigeladene für die Erreichung ihrer städtebaulichen Ziele nicht als erforderlich ansah, die Errichtung von Nebenanlagen zu reglementieren. Dafür spricht auch, dass die unkontrollierte Errichtung von Nebenanlagen in den landwirtschaftlich genutzten Blockinnenbereichen nach dem Inhalt des Bebauungsplanes Nr. 4 bereits anderweitig verhindert wird. Zum Teil werden diese Flächen als Flächen für die Landwirtschaft ausgewiesen; zum Teil liegen sie gar nicht im Plangebiet, sondern bilden eine von den Geltungsbereichen der Bebauungspläne Nr. 4 und Nr. 5 umschlossene „Außenbereichsinsel“, auf deren Gebiet die Errichtung von Nebenanlagen den restriktiven Vorgaben des § 35 BauGB unterliegt. Zudem liegen die Grundstücksflächen des Klägers ohnehin in einiger Entfernung von den landwirtschaftlich genutzten Blockinnenbereichen, so dass es insbesondere für diesen Teil des Plangebietes an Anhaltspunkten fehlt, dass die Beigeladene gerade hier eine ergänzende Anwendung von § 34 Abs. 1 BauGB gewünscht haben könnte, um eine „Verriegelung“ von Durchblicken auf die landwirtschaftlichen Flächen zu verhindern.

cc) Ergänzend weist die Kammer darauf hin, dass Einiges dafür spricht, dass die Bauvor-anfrage auch dann genehmigungsfähig wäre, wenn man den Bebauungsplan Nr. 4 „B. Mitte“ als einfachen Bebauungsplan einordnet und daher die Vorhaben ergänzend auch an § 34 Abs. 1 BauGB misst. Nach dem vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung überreichten Luftbild von 2004 und dem auf Google Maps veröffentlichten Luftbild lässt sich eine faktische rückwärtige Baugrenze, hinter die der geplante Standort für Gartenlaube und Gewächshaus zurückfallen würde, jedenfalls nicht feststellen. Dafür ist die Bebauung im Carré zwischen „G. Weg“, der sehr kurzen Straße „D. E.“ und dem schlangenförmig gewundenen „I.“ zu unregelmäßig. Zudem ist auf den beiden Luftbildern zu sehen, dass auf mehreren Hausgrundstücken in der näheren Umgebung ebenfalls Nebenanlagen im rückwärtigen Grundstücksbereich errichtet worden sind.

3. Soweit der Beklagte Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Bauvoranfrage des Klägers geäußert hat, führt das nicht dazu, dass der Kläger keinen Anspruch auf deren Bescheidung hat. Der Kläger hat den Beklagten zwar mit Schreiben vom 28. April 2008 gebeten, die Bauvoranfrage nicht weiter zu bearbeiten und zur Bearbeitung an die Beigeladene zurückzusenden, da er mit der Voranfrage nur habe in Erfahrung bringen wollen, ob die Beigeladene der Voranfrage ihre Zustimmung erteilen werde. Dieses Schreiben zeigt aber lediglich fehlerhafte Vorstellungen des seinerzeit anwaltlich noch nicht beratenen Klägers über die Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Gemeinde und unterer Bauaufsichtsbehörde hinsichtlich der Prüfung und Bescheidung von Bauvoranfragen. Mit seinem weiteren Schreiben vom 26. August 2008 hat der Kläger auch unmissverständlich klargestellt, dass er eine Bescheidung der Bauvoranfrage durch den Beklagten wünscht.

Im Übrigen wäre es auch nicht per se rechtsmissbräuchlich, wenn der Kläger die Bauvor-anfrage - wie der Beklagte annimmt - hauptsächlich mit der Intention gestellt hätte, die Bebaubarkeit des Grundstücks „auszutesten“. Das Sachbescheidungsinteresse für die Erteilung einer Baugenehmigung wird im Allgemeinen nur dann abgelehnt, wenn der Verwirklichung des Vorhabens rechtliche oder tatsächliche Hindernisse entgegenstehen, die sich schlechthin nicht ausräumen lassen (Große-Suchsdorf/Lindorf/Schmaltz/Wiechert, NBauO, 8. Aufl., § 75 Rdnr. 24 m.w.N.). Dieser Fall liegt hier nicht vor. Ferner folgt aus der Erteilung einer Baugenehmigung lediglich ein Recht, nicht aber eine Pflicht des Genehmigungsinhabers, von ihr Gebrauch zu machen und das Vorhaben zu errichten (Große-Suchsdorf, aaO, Rdnr. 21). Ein mangelndes Sachbescheidungsinteresse des Bauantragstellers im Hinblick auf einen fehlenden Willen zur Verwirklichung des Vorhabens wird sich daher nur in Ausnahmefällen annehmen lassen, etwa wenn es sich um einen reinen Schikane-Antrag handelt, mit dem der Antragsteller ausschließlich den Zweck verfolgt, der Bauaufsichtsbehörde die mit der Prüfung des Bauantrags verbundene Arbeit aufzubürden, obwohl er eine Verwirklichung des Vorhabens keinesfalls beabsichtigt.

Die Kostenentscheidungen beruhen auf § 154 Abs. 1, Abs.1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 a Abs. 1 iVm § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO).