Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 25.05.1993, Az.: 18 W 7/93
Eheschließung; Wahlrecht; Gemeinsamer Ehename; Nichtehelich geborenes Kind
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 25.05.1993
- Aktenzeichen
- 18 W 7/93
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1993, 15494
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGCE:1993:0525.18W7.93.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Verden - 26.03.1992 - AZ: 11 III 84/91
- LG Verden - 04.12.1992 - AZ: 2 T 330/92
Rechtsgrundlagen
- § 1355 BGB
- § 1616 BGB
- § 1719 S. 1 BGB
- § 1720 BGB
Fundstellen
- FamRZ 1993, 1484-1485 (Volltext mit amtl. LS)
- NJW 1993, 2690 (Volltext mit red. LS)
Hinweis
Hinweis:
Diese Entscheidung erging vor Inkrafttreten der Änderung des Namensrechtes durch das FamNamRG vom 16. 12. 1993 (BGBL. I S. 2054).
Redaktioneller Leitsatz
Redaktioneller Leitsatz:
Bis zum Zeitpunkt der Eheschließung steht den Eltern für ein nichtehelich geborenes Kind ein Wahlrecht des gemeinsamen Ehenamens des durch die Eheschließung legitimierten Kindes (§ 1719 S. 1 BGB) zu.
Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle hat
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ... sowie
die Richter am Oberlandesgericht ... und ...
am 25. Mai 1993
beschlossen:
Tenor:
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 werden der Beschluß des Amtsgerichts Verden vom 26. März 1992 und der Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 4. Dezember 1992 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Amtsgericht Verden zurückverwiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Eltern des am ... nichtehelich geborenen ... der Beklagte zu 2 aufgrund Vaterschaftsanerkenntnisses vom 24. April 1990. Sie haben am ... geheiratet, jedoch keinen gemeinsamen Ehenamen bestimmt. Vielmehr führen sie ihre bisherigen Familiennamen fort. Der Legitimationsrandvermerk mit dem Hinweis, daß das Kind weiterhin den Familiennamen ... führt, wurde am 11. Juni 1991 dem Geburtsantrag beigeschrieben. Am 15. November 1991 wurde der gemeinsame Sohn ... geboren. Eine Beurkundung der Geburt ist bisher nicht erfolgt, da die Beteiligten zu 1 und 2 eine gemeinsame Erklärung zur. Festlegung des Familiennamens des Kindes nicht abgegeben haben. Zur Begründung haben sie ausgeführt, daß beide Kinder denselben Familiennamen haben sollen, und zwar ...
Am 27. November 1991 wurde vom Beteiligten zu 3 eine Abstammungsurkunde auf den Namen ... ausgestellt. Unter dem 12. Dezember 1991 haben die Beteiligten zu 1 und 2 beim Amtsgericht Verden beantragt, das beteiligte Standesamt zu 3 anzuweisen, den Familiennamen ... einzutragen und eine dahingehende Abstammungsurkunde auszustellen. Mit Beschluß vom 26. März 1992 hat das Amtsgericht den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde wurde durch Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden am 4. Dezember 1992 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2.
II.
1.
Die weitere Beschwerde ist statthaft sowie formgerecht eingelegt worden (§§ 48 Abs. 1, 49 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 PStG, 27, 29 FGG). Dasselbe gilt auch für die Erstbeschwerde. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten zu 1 und 2 ergibt sich bereits aus der Zurückweisung ihrer Erstbeschwerde.
2.
In der Sache selbst hält die angefochtene Entscheidung der dem Senat allein möglichen rechtlichen Nachprüfung (§§ 27 FGG, 550 ZPO) nicht stand.
a)
Das nichtehelich geborene Kind ... ist infolge der Legitimation durch die Eheschließung der Beteiligten zu 1 und 2 am ... gemäß § 1719 Satz 1 BGB ehelich geworden. Diese Wirkungen sind kraft Gesetzes eingetreten.
b)
Namens rechtlich wird das legitimierte Kind einem in der Ehe geborenen Kind gleichgestellt und erhält grundsätzlich im Wege der Namensänderung den Familiennamen der Eltern (§§ 1355, 1616 BGB).
c)
Vorliegend aber haben sich die Beteiligten zu 1 und 2 bei ihrer Eheschließung nicht auf einen gemeinsamen Familiennamen als Ehenamen geeinigt. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1991 (FamRZ 1991, 535), durch die § 1355 Abs. 2 Satz 2 BGB für verfassungswidrig erklärt worden ist, bedeutet dies, daß die Ehegatten ihren vor der Eheschließung geführten Namen weiter behalten. Das Bundesverfassungsgericht hat weiter ausgeführt, daß bis zur gesetzlichen Neuregelung den Eltern eines (ehelichen) Kindes ein Wahlrecht bezüglich des Familiennamen des Kindes zusteht (Name der Mutter, Name des Vaters oder Doppelname).
d)
Amtsgericht und Landgericht ist zuzugeben, daß der Leitsatz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 5. März 1991 nur den Fall der Namensführung ehelich geborener Kinder betrifft. Die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Grundsätze lassen sich jedoch auch auf vorehelich geborene Kinder, die durch die Eheschließung legitimiert wurden, übertragen.
Das Gebot der Gleichbehandlung erfordert es, die Namensführung eines legitimierten Kindes nicht anders zu regeln als die eines ehelich geborenen Kindes. Die sich aus § 1616 BGB ergebende Gleichbehandlung hinsichtlich der Namensführung soll die Familienzusammengehörigkeit deutlich machen und fördern. Dieser Gesichtspunkt ist aber in gleicher Weise bedeutsam, wenn die Eltern keinen gemeinsamen Ehenamen führen. Wenn nach der Entscheidung des BVerfG § 1616 BGB mit der Maßgabe anzuwenden ist, daß den Eltern hinsichtlich des Familiennamens des Kindes ein Wahlrecht zusteht, dann wirkt das auch auf die Namensregelung für legitimierte Kinder zurück, für die über § 1719 S. 1 BGB der § 1616 BGB in gleicher Weise anwendbar ist. Eine unterschiedliche Behandlung ehelicher und nichtehelicher Kinder würde eine unzulässige Diskriminierung nichtehelicher Kinder bedeuten, denn diese müßten bei Fehlen eines gemeinsamen Ehenamens der Eltern grundsätzlich den Namen der Mutter weiterführen, während für eheliche Kinder nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein Wahlrecht besteht. Damit aber würde die Integration eines nichtehelichen Kindes in die Familie zumindest erschwert, wenn nicht gar unterlaufen. Eine unterschiedliche Behandlung würde darüber hinaus den Grundsätzen des Art. 6 Abs. 5 GG zuwiderlaufen (wie hier auch OLG Düsseldorf, StAZ 1993, 47).
Für die Zuerkennung eines Wahlrechts der Eltern spricht auch, daß Ehegatten einer gemischt-nationalen Ehe, von denen einer Deutscher ist, ein Wahlrecht bezüglich des Familiennamen des Kindes zusteht (Art. 220 Abs. 5 Satz 1 EGBGB). Der Senat hat schon durch Beschluß vom 26.11.1990 (StAZ 1991, 192) entschieden, daß Art. 220 Abs. 5 Satz 1 EGBGB auch bei einem nichtehelich geborenen, durch nachfolgende Ehe legitimierten Kind entsprechend abzuwenden ist (sowohl auch Hepting-Gaaz PStG § 31 Rdn. 30. unter Hinweis auf § 21 Rdn. 246; zustimmend zum Senatsbeschluß: Palandt-Heldrich, BGB, 52. Aufl. Art. 10 EGBGB Rdn. 32 ff; die kritische Anm. von Samtleben, StAZ 1991, 314, bezieht sich nicht auf diese Problematik).
e)
Eine andere Frage hingegen ist es, bis zu welchem Zeitpunkt dieses Wahlrecht von den Eltern ausgeübt werden kann. Die Ausübung des Wahlrechts vor der Beurkundung der Geburt scheidet in Fällen der vorliegenden Art zwangsläufig aus.
Da mit der Eheschließung - wie bereits ausgeführt - kraft Gesetzes die Legitimation eintritt, ist den Eltern die Ausübung des Wahlrechts bis zur Eheschließung zuzugestehen (vgl. auch Senatsbeschluß v. 26.11.1990, a.a.O.).
f)
Ob die Beteiligten zu 1 und 2 eine ausdrückliche Wahl zum Kindesnamen getroffen haben, vermag der Senat aufgrund der bisher feststehenden Tatsachen nicht abschließend zu entscheiden. Dazu sind weitere Ermittlungen notwendig, insbesondere eine Klärung des Inhalts der Gespräche der Beteiligten zu 1 und 2 mit den jeweiligen Standesbeamten bei der Bestellung des Aufgebots. Sollte eine entsprechende Bestimmung nur deswegen nicht ausdrücklich aufgenommen worden sein, weil der Standesbeamte sich - fälschlicherweise - zur Entgegennahme einer solchen Bestimmung rechtlich nicht in der Lage gesehen hat, so muß die Bestimmung nachgeholt worden können.
3.
Die aufgezeigten Gesetzesverletzungen, auf denen die Entscheidung der Vorinstanzen beruhen, nötigen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen. Da weitere Ermittlungen erforderlich sind, die der Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht ausführen darf, ist es zweckmäßig, die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen (Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 13. Aufl., § 27 Rdn. 66 ff). Eine Aufhebung auch des Beschlusses des Amtsgerichts und eine Zurückverweisung an das Amtsgericht scheint deshalb geboten, weil beide Entscheidungen auf dem gleichen Rechtsverstoß beruhen. Darüber hinaus sind die notwendigen Ermittlungen auch zweckmäßigerweise vom Amtsgericht vorzunehmen.
4.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, vielmehr wird darüber das Amtsgericht bei der erneuten Prüfung und Entscheidung zu befinden haben.