Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.11.2017, Az.: 6 W 190/17
Anforderungen an die Begründung der Festsetzung der Nachlasspfleger Vergütung
Bibliographie
- Gericht
- OLG Celle
- Datum
- 29.11.2017
- Aktenzeichen
- 6 W 190/17
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2017, 34752
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Hannover - 18.10.2017 - AZ: 57 VI 4358/17
Rechtsgrundlagen
- BGB § 1915 Abs. 1
- FamFG § 38 Abs. 3 S. 1
- FamFG § 69 Abs. 1 S. 2
Fundstellen
- FGPrax 2018, 30
- Rpfleger 2018, 272-273
- ZEV 2018, 109
Amtlicher Leitsatz
Formelhafte "Begründungen" bei Festsetzung der Nachlasspflegervergütung, die ungeprüft die Angaben im Festsetzungsantrag übernehmen, genügen nicht den Anforderungen des § 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG. In einem solchen Fall kann eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG erfolgen. Eines Antrages auf Zurückverweisung bedarf es nicht.
Tenor:
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 2. November 2017 werden der Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 18. Oktober 2017, mit dem das Amtsgericht zugunsten des Beschwerdegegners für dessen Tätigkeit als Ersatznachlasspfleger einen Betrag von 736,91 € festgesetzt hat, sowie der Nichtabhilfebeschluss vom 7. November 2017 aufgehoben.
Dem Amtsgericht wird aufgegeben, über einen Vergütungsantrag des Beschwerdegegners unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Gründe
Der als Beschwerde nach §§ 58 ff. FamFG auszulegende "Widerspruch" des Beschwerdeführers hat Erfolg. Die Festsetzung der Vergütung des Beschwerdegegners ist rechtsfehlerhaft erfolgt.
Der Senat versteht die Beschwerde des Beschwerdeführers, der ersichtlich juristischer Laie ist, nicht im Sinne einer Beschränkung dahingehend, dass sie sich nur gegen die Mehrkosten richtet, die durch die Beauftragung des Beschwerdeführers als Ersatznachlasspfleger entstanden sind. Insoweit hätte die Beschwerde auch keinen Erfolg. Der Senat geht vielmehr davon aus, dass der Beschwerdeführer sich insgesamt dagegen wendet, dass über die bereits entstandenen Kosten, die zugunsten der Nachlasspflegerin Frau A. festgesetzt wurden, der Nachlass mit weiteren Kosten belastet wird.
1. Nach den §§ 1915 Abs. 1 Satz 2, 1836 Abs. 1 BGB richtet sich die Höhe der Vergütung des Berufspflegers eines Nachlasses, der - wie hier - vermögend und nicht mittellos ist, nach den für die zu führenden Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnissen des Pflegers sowie nach dem Umfang und der Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte. Dazu hätte das Amtsgericht auf der Grundlage entsprechender Angaben des Beschwerdegegners Feststellungen treffen müssen. Dies ist nicht geschehen; die für die Festsetzung gegebene "Begründung" trägt die Festsetzung nicht. Der Nichtabhilfebeschluss vom 7. November 2017 beinhaltet keine weiterreichende Begründung.
In seinem Vergütungsantrag vom 18. September 2017 hat der Beschwerdegegner den Schwierigkeitsgrad mit "schwer" angegeben. Eine Begründung dafür hat er nicht gegeben (und hat das Amtsgericht auch nicht verlangt), und es ist dem Senat auch nicht ersichtlich, warum vorliegende Sache "schwer" gewesen sein sollte. Im Vergütungsantrag vom 11. August 2017 hatte der Beschwerdegegner die Sache auch noch als "mittel bis schwer" bezeichnet.
Gleichermaßen unklar ist dem Senat, welche für vorliegende Sache bedeutsamen Fachkenntnisse der Beschwerdegegner aufzuweisen hat. Dazu ergibt sich weder etwas aus dem Vergütungsantrag des Beschwerdegegners noch aus der Begründung des Amtsgerichts.
Damit ist die Festsetzung einer Stundenvergütung von 90 € im Wesentlichen ohne Begründung. Ob überhaupt ein solcher Stundensatz in Betracht kommt, lässt der Senat offen. Er ist bislang von einem maximalen Stundensatz in Höhe des doppelten Betrages nach § 3 Abs. 1 VBVG ausgegangen, soweit - wie offenbar auch hier - der Nachlasspfleger nicht Rechtsanwalt ist.
2. Der Senat hat den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.
§ 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG steht dem nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf das Beschwerdegericht, das nach § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG grundsätzlich in der Sache selbst zu entscheiden hat, die Sache unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und des Verfahrens nur dann an das Gericht des ersten Rechtszugs zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat.
Die Vorschrift wird nicht eng ausgelegt. Eine Zurückverweisung kann auch erfolgen, wenn ein nach § 7 FamFG am Verfahren zu Beteiligender fehlerhaft nicht hinzugezogen worden ist (vgl. OLG Rostock, 11 UF 111/14, Beschluss vom 4. Juli 2014, zit. nach juris, m. w. N.); auch in einem solchen Fall ist zwar eine Entscheidung ergangen, aber sie ist in einer solchen Weise fehlerhaft, dass zurückzuverweisen ist. Auch das Fehlen einer Begründung einer Entscheidung im ersten Rechtszug kann Grundlage einer Zurückverweisung sein (vgl. OLG Hamm, 15 W 200/10, Beschluss vom 10. Mai 2010, zit. nach juris).
Vorliegend hat das Ausgangsgericht zwar der Form nach eine Entscheidung getroffen. Diese aber enthält nur eine scheinbare, weitgehend formelhafte und zu den wesentlichen Grundlagen der Festsetzung gar keine Begründung, was umso erstaunlicher ist, als der Beschwerdeführer bereits vor der erfolgten Festsetzung, nämlich mit Schreiben vom 28. September 2017, hatte erkennen lassen, dass er mit der vom Beschwerdegegner beantragten Festsetzung nicht einverstanden ist. § 38 Abs. 3 Satz 1 FamFG ist nicht entsprochen, ein Fall einer ausnahmsweisen Entbehrlichkeit einer Begründung nach § 38 Abs. 4 FamFG liegt nicht vor. Von dieser einfachgesetzlichen Verpflichtung abgesehen sind angreifbare gerichtliche Entscheidungen auch von Verfassungs wegen immer zu begründen (Art. 20 Abs. 3 GG), wobei formelhafte Begründungen unzulässig sind (vgl. BVerfG, 1 BvR 2015/02, Beschluss vom 21. November 2002; OLG Hamm, 23 W 527/90, Beschluss vom 8. Oktober 1990, je zit. nach juris).
Der Senat verkennt dabei nicht die Verfahrensbeschleunigungsfunktion des § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Eine Beschleunigung träte aber noch nicht dadurch ein, dass der Senat diejenigen Verfahrenshandlungen vornähme, die an sich dem erstinstanzlichen Gericht obliegen und die wegen der Sachnähe und der Kenntnis der örtlichen Verhältnisse das Ausgangsgericht wahrscheinlich auch effektiver vornehmen kann. Schließlich ist zu bedenken, dass es nicht der Sinn des § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG ist, den Beteiligten eine Tatsacheninstanz zu nehmen.
Aus dem Vergleich von § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG mit § 69 Abs. 1 Satz 3 FamFG ergibt sich, dass vorliegend ein Antrag auf Zurückverweisung nicht erforderlich ist (ebenso OLG Zweibrücken, 6 UF 14/11, Beschluss vom 17. Februar 2011, zit. nach juris).
3. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen (§ 70 FamFG).