Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 12.05.2016, Az.: 1 Ws 97/16

Zumutbarkeit einer sog. Abstinenzweisung bei einem langjährig drogenabhängigem Verurteilten

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
12.05.2016
Aktenzeichen
1 Ws 97/16
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2016, 29592
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2016:0512.1WS97.16.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Göttingen - 23.03.2016 - AZ: 55 StVK 18/16

Amtlicher Leitsatz

1. Die Überprüfung von im Rahmen der Führungsaufsicht angeordneten Weisungen durch das Beschwerdegericht beschränkt sich auf eine Prüfung der Gesetzmäßigkeit. Eine getroffene Anordnung ist nicht nur rechtswidrig, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen ist, sondern auch dann, wenn sie unverhältnismäßig oder unzumutbar ist.

2. Bei Personen, die eine langjährige, nicht erfolgreich therapierte Suchtmittelabhängigkeit (hier: betreffend Heroin) aufweisen, hat die Prüfung der Zumutbarkeit besonders sorgfältig zu erfolgen (vgl. OLG Celle, 2 Ws 228/09, Beschluss vom 16.10.2009).

3. Für eine rechtsstaatlich einwandfreie Erteilung einer Abstinenzweisung ist es unerlässlich, dass die Strafvollstreckungskammer die für ihre Entscheidungsfindung insoweit maßgeblichen Tatsachen feststellt, diese in der Begründung ihrer Entscheidung mitteilt und sich mit der Frage der Zumutbarkeit auseinandersetzt.

4. Der generelle Verdacht, dass die enthemmende Wirkung des Alkohols die Gefahr begründet, auch wieder Betäubungsmittel zu konsumieren, trägt eine Alkoholabstinenzweisung für sich genommen nicht, weil es an einem hinreichend konkreten, durch wissenschaftliche Erkenntnisse gesicherten Beleg für einen derartigen Zusammenhang zwischen Alkholkonsum und Drogenmissbrauch bislang fehlt.

5. Zu den Bestimmtheitsanforderungen an eine Aufenthaltsweisung.

Tenor:

Auf die Beschwerde des Verurteilten wird der Beschluss der Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen vom 23.03.2016 insoweit aufgehoben, als

der Verurteilte unter Ziff. 3. angewiesen wurde, sich bei dem Bewährungshelfer nach seiner Entlassung aus der Strafhaft persönlich in dessen Sprechstunde vorzustellen; in der Folgezeit bestimme sich die Kontakthaltung zum Bewährungshelfer nach dessen näherer Weisung,

und der Verurteilte unter Ziff. 4. d) bis f) angewiesen wurde,

d) keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, solange Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird,

e) sich Alkohol- und Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind,

f) sich nach näherer Absprache mit seiner Bewährungshelferin bei einer Ärztin oder einem Arzt vorzustellen, eine ambulante Drogentherapie durchzuführen, diese nicht eigenmächtig oder gegen den Rat der Ärzte zu beenden und im Abstand von 4 Monaten regelmäßig über den Sachstand durch Vorlage eines Attestes zu berichten.

Im Übrigen wird die Beschwerde verworfen.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen zurückverwiesen.

Gründe

I.

Der seit seinem 14. Lebensjahr drogenabhängige (Heroin) Verurteilte hat eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und 9 Monaten aus dem Urteil des Amtsgerichts U. vom 24.04.2013, Az.: 203 Ls 2103 Js 31188/12, wegen Diebstahls in 10 Fällen, besonders schweren Diebstahls in 5 Fällen, vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz und Beleidigung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte verbüßt. In dem genannten Urteil war auch die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden. Vom 21.08.2013 bis 06.03.2014 befand sich der Verurteilte im Maßregelvollzug in der Klinik in L. Aufgrund mangelnder Therapiemotivation des Verurteilten erklärte das Landgericht L. mit Beschluss vom 28.02.2014 (153 StVK 14/14) die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt für erledigt und der Verurteilte befand sich seitdem im Strafvollzug. Das Strafende in dieser Sache war auf den 30.04.2016 notiert.

Mit Beschluss vom 23.03.2016, auf welchen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat die 55. kleine Strafvollstreckungskammer des Landgerichts G. nach Anhörung des Verurteilten festgestellt, dass nach vollständiger Verbüßung der Gesamtfreiheitsstrafe Führungsaufsicht eintreten wird. Die Dauer der Führungsaufsicht wurde auf 3 Jahre festgesetzt und die Führungsaufsicht näher ausgestaltet. Unter Ziff. 3. wurde der Verurteilten einem Bewährungshelfer unterstellt. Unter Ziff. 4. wurden dem Verurteilten neben den üblichen Wohnort- und Arbeitsstellen-Meldepflichten unter lit. c) bis f) aufgegeben, sich nicht an drogenszenetypischen Orten aufzuhalten, er wurde angewiesen, keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen sowie sich Alkohol- und Suchtmittelkontrollen zu unterziehen, die nicht mit einem körperlichen Eingriff verbunden sind. Weiterhin wurde dem Verurteilten aufgegeben, eine ambulante Drogentherapie durchzuführen.

Gegen diesen am 01.04.2016 zugestellten Beschluss hat der Verurteilte mit Schreiben vom 03. April 2016 (Bl. 250 Bd. II), auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird, Beschwerde eingelegt. In der Sache hat sich der Verurteilte, welcher ausdrücklich die Weisungen aus Ziff. 4. a) und b) des Beschlusses akzeptiert, gegen die Weisungen aus Ziff. 4. c) bis f) gewandt. Die Weisungen zu Ziff. 4.) c) und d) seien zu ungenau. Aus Ziff. 4. e) ergebe sich nicht, wie häufig er Urin-Kontrollen abgeben müsse. Außerdem werde nicht berücksichtigt, dass er im Rahmen seines Substitutionsprogrammes bereits Urinkontrollen durchführen lassen müsse. Hinsichtlich der Weisung aus Ziff. 4. f) hat der Verurteilte darauf hingewiesen, dass nicht berücksichtigt würde, dass er schon im Rahmen seines Methadonprogrammes an Gesprächen teilnehmen müsse und dort auch medizinisch betreut werde. Außerdem ist er der Ansicht, dass solche Gespräche nicht nur von Ärzten sondern auch von Psychologen o. ä. geführt werden könnten, was der Beschluss ebenfalls nicht berücksichtige.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt (Bl. 1254 ff. Bd. II VH), auf die Beschwerde des Verurteilten den Beschluss des Landgerichts G. vom 23.03.2016 hinsichtlich der Weisungen zu Nr. 4 c), 4 e) und 4 f) der Beschlussformel aufzuheben, die weitergehende Beschwerde als unbegründet zu verwerfen und die Sache im Umfang der Aufhebung an das Landgericht G. zurückzuverweisen.

Die Weisung zu Ziff. 4. c) sei zu unbestimmt, die Kontrollweisung zu Ziff. 4 e) sei rechtswidrig, da weder die Häufigkeit der Kontrollen noch die Kontrollstelle in der Weisung genannt seien. Hinsichtlich der Ziff. 4 f) könne nicht festgestellt werden, ob es sich hierbei um eine Weisung gem. § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StGB oder eine Vorgabe zur Lebensführung gem. § 68 b Abs. 2 StGB handele, im Übrigen sei auch diese als Weisung zu unbestimmt. Die Weisung aus Ziff. 4. d) sei demgegenüber von Gesetzes wegen nicht zu beanstanden.

II.

1. Gegen die Ausgestaltung der Führungsaufsicht, insbesondere die Weisungen aus Ziff. 3.) und 4.), ist die (einfache) Beschwerde statthaft (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 S. 1 StPO), formgerecht eingelegt (§ 306 Abs. 1 StPO) und im Übrigen auch zulässig.

Die fehlende Abhilfeentscheidung des Landgerichts G. hindert eine Entscheidung des Beschwerdegerichts nicht (Meyer-Goßner in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl. 2016, § 306 Rn. 10).

2. In der Sache hat die Beschwerde zu einem großen Teil zumindest vorläufig Erfolg.

Die beanstandeten Weisungen zur Abstinenz und Therapie, also insoweit die Weisungen gem. Ziff. 4. d) bis f) sowie die Kontakthaltungspflicht zum Bewährungshelfer (Ziff. 3.), waren aufzuheben.

Der Senat hat lediglich die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung zu überprüfen (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 S. 2 StPO). Die Rechtswidrigkeit einer im Rahmen der Führungsaufsicht getroffenen Anordnung liegt vor, wenn sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, oder wenn sie sonst die Grenzen des dem erstinstanzlichen Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (OLG Hamm, 1 Ws 176/14 vom 08.05.2014, zitiert nach juris). Ansonsten verbleibt es bei dem Grundsatz, die mit Führungsaufsichtsanordnungen verbundenen Ermessensentscheidungen der ersten Instanz zu überlassen (OLG Dresden, Beschluss vom 06.09.2007, 2 Ws 423/07, Rn. 7, zitiert nach juris).

a) Gemessen hieran hat die Weisung, keine alkoholischen Getränke oder andere berauschende Mittel zu sich zu nehmen, solange Gründe für die Annahme vorhanden sind, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird (Ziff. 4. d)), keinen Bestand.

Die Weisung beruht auf § 68 b Abs. 1 Nr. 10 StGB. Eine Weisung gem. § 68 b Abs. 1 Nr. 10 StGB darf nur erteilt werden, wenn sie für den Verurteilten zumutbar ist. Dieses ist zumindest bei Personen, die langjährige, nicht erfolgreich therapierte Suchtmittelabhängigkeit aufweisen, fraglich (vgl. OLG Celle, 2 Ws 228/09, vom 16.10.2009, zitiert nach juris). Im Rahmen der Weisungen der Führungsaufsicht sind an die Zumutbarkeit insbesondere deshalb erhöhte Anforderungen zu stellen, weil Verstöße hiergegen im Rahmen der Führungsaufsicht zusätzlich zu der bereits verbüßten Strafe mit weiterer Strafe bedroht sind und zwar unabhängig davon, ob der Rauschmittelkonsum zu einer sonstigen weiteren Straftat geführt hat. Für eine rechtsstaatlich einwandfreie Erteilung dieser Weisung ist es unerlässlich, dass die Strafvollstreckungskammer die für ihre Entscheidungsfindung maßgeblichen Tatsachen feststellt und in der Begründung ihres Beschlusses mitteilt. Verstößt sie gegen dieses Gebot, ist der Beschluss aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen (OLG Braunschweig, 1 Ws 333/13, vom 18.11.2013).

Die Strafvollstreckungskammer hat in dem angefochtenen Beschluss die ihrer Entscheidung zugrundeliegenden Tatsachen zur Zumutbarkeit der erteilten Weisung zu Ziff. 4. d) nicht dargelegt. Dieses wäre jedoch bei dem seit langem drogen- und alkoholabhängigen Verurteilten erforderlich gewesen. Dieses gilt umso mehr, weil die letzte Unterbringung des Verurteilten in einer Entziehungsanstalt aufgrund mangelnder Mitarbeit für erledigt erklärt werden musste und auch im Rahmen des sich an die Unterbringung anschließenden Strafvollzuges keine Aufarbeitung der Suchtproblematik stattgefunden hat. Der Verurteilte hat im Rahmen des Strafvollzuges weder an dem "Rückfall-Prophylaxetraining" teilgenommen noch waren die von ihm im Vollzug abgegebenen Urinproben ausnahmslos negativ. Im September 2015 enthielt eine Urinprobe Benzodiazepine. Zwar befindet sich der Verurteilte im Methadonprogramm und unterliegt insoweit ebenfalls einem Verbot von Beikonsum. Im Hinblick auf die Strafbewehrtheit der Weisung, hätte die Strafvollstreckungskammer jedenfalls die Zumutbarkeit dieser Weisung darlegen und begründen müssen.

b) Im Übrigen dürfen Abstinenz- und Kontrollweisungen gem. § 68 b Abs. 1 Nr. 10 StGB nur dann erteilt werden, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Grund für die Annahme besteht, dass der Konsum solcher Mittel zur Begehung weiterer Straftaten beitragen wird. Dieses ist zumindest für die Alkohol-Abstinenz-Weisung fraglich. Die Taten, welcher der Verurteilung des Amtsgerichts U. vom 24.04.2013 zugrunde lagen, beruhten ausweislich der Urteilsgründe auf der Drogenabhängigkeit des Verurteilten und dienten der Geldbeschaffung zur Befriedigung der Drogensucht. Die Strafvollstreckungskammer hat in dem angefochtenen Beschluss nicht ausreichend mitgeteilt, auf welche Feststellungen und welche Erwägungen sich die von ihr in Bezug auf Alkohol getroffenen Anordnungen stützen. Es sind keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass bei dem Verurteilten auch allein wegen des Konsums von Alkohol die Gefahr zukünftiger weiterer Straftaten besteht. Vor dem Hintergrund, dass die Anlasstaten lediglich der Finanzierung des Betäubungsmittelkonsums sowie der Befriedigung der Drogensucht dienten, hätte es einer näheren Begründung durch die Strafvollstreckungskammer bedurft, warum sie auch eine Alkoholabstinenz für erforderlich erachtet. Dieses gilt vorliegend umso mehr, weil nicht einmal die Justizvollzugsanstalt im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Anordnung des Eintritts der Führungsaufsicht (Bl. 229 ff. Bd. II VH) die Erteilung einer Weisung gem. § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB für erforderlich erachtete.

Ein genereller Verdacht, dass die enthemmende Wirkung des Alkohols die Gefahr, wieder Betäubungsmittel zu konsumieren, erhöht, ist ebenfalls nicht begründbar und nicht geeignet, die Alkoholabstinenzweisung nach Maßgabe des § 68 b Abs. 1 Nr. 10 StGB zu rechtfertigen. Zwar mag in Einzelfällen ein Zusammenhang bestehen, jedoch entbehrt die Annahme, der Konsum bestimmter, zumal grundsätzlich legaler Substanzen wie Alkohol befördere auch den Missbrauch anderer Rauschmittel, einer hinreichend konkreten, durch wissenschaftliche Erkenntnisse gesicherten Tatsachengrundlage (OLG Braunschweig, 1 Ws 333/13, vom 18.11.2013; OLG Köln, 2 Ws 776/12, vom 22.11.2012, Rn. 29 zitiert nach juris).

c) Die Weisung zu Ziff. 4. f) ist zu unbestimmt, sie beruht auf § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 11 StGB. Hiernach kann dem Verurteilten aufgegeben werden, sich regelmäßig einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer forensischen Ambulanz vorzustellen. Gerichtlich festgestellt werden müssen in der Weisung, soll sie strafbewehrt sein, bei welcher Person oder Einrichtung die Vorstellung erfolgen soll, deren Zweck, wie häufig sie zu erfolgen hat, wie lange die Weisung gelten soll und wie deren Erfüllung nachzuweisen ist (vgl. OLD Dresden, 2 Ws 423/07, vom 06.09.2007 Rn. 15, OLG Hamm, 1 Ws 176/14 vom 08.05.2014, zitiert nach juris). Will das erkennende Gericht dem Verurteilten Vorgaben zu seiner Lebensführung machen, hätte eine Weisung nach § 68 b Abs. 2 S. 1 StGB verhängt werden müssen. Dieses ist ersichtlich in dem angefochtenen Beschluss jedoch nicht geschehen (siehe Beschluss S. 7 letzter Absatz). Die Weisung aus Ziff. 4. f) genügt diesen Anforderungen nicht, es wird weder der behandelnde Arzt noch die Häufigkeit der Vorstellungen bestimmt.

d) Aus den genannten Gründen hat auch die Weisung zu Ziff. e), welche auf § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB beruht, keinen Bestand.

e) Auch die Weisung in Ziff. 3. - zweiter Satz - ist aus den genannten Gründen zu unbestimmt, sie beruht auf § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 StGB. Auch im Rahmen der Weisung gem. § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 7 StGB hat das Gericht die Häufigkeit der Meldezeiten konkret zu bestimmen. Hieran fehlt es.

f) Die beanstandete Weisung zu Ziff. 4. c): "sich nicht an drogenszenetypischen Orten aufzuhalten, die ihm (dem Verurteilten) Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten könnten," begegnet demgegenüber keinen rechtlichen Bedenken.

Das grundlegende Rechtsstaatsprinzip, das in § 68 b Abs. 1 Satz 2 StGB noch einmal klarstellend aufgenommen wurde, gebietet, die Vorhersehbarkeit, Bestimmtheit und Klarheit von Regelungen gerade bei Maßnahmen im Bereich des Strafrechts. Entsprechend ist das Gericht zur genauen Bestimmung des verbotenen oder verlangten Verhaltens verpflichtet. Dieses hat im Hinblick auf § 145a StGB besondere Bedeutung, weil der Verstoß gegen Weisungen des Maßnahmekatalogs nach § 68 b Abs. 1 Satz 1 StGB strafbewehrt ist.

Die Weisung zu Ziff. 4 c) genügt dem Bestimmtheitserfordernis des Art. 103 Abs. 2 GG. Diesem ist dann Genüge getan, wenn die betreffende Weisung eindeutig und so fest umrissen ist, wie dies von dem Tatbestand einer Strafnorm zu verlangen ist. Dem Betroffenen muss mit der Weisung unmittelbar verdeutlicht werden, welches Tun oder Unterlassen von ihm erwartet wird, so dass er sein Verhalten danach ausrichten kann (BGH, Urteil vom 07.02.2013, 3 StR 486/12, Rn. 4 zitiert nach juris). Da eine enumerative Aufzählung aller denkbaren Orte, die dem Verurteilten Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, regelmäßig nicht möglich oder tunlich ist, muss es grundsätzlich ausreichen, solche Örtlichkeiten, deren Aufsuchen dem Verurteilten untersagt werden soll, ihrer Art nach zu bezeichnen, denn anderenfalls würde § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB weitgehend leerlaufen (KG Berlin vom 22.01.2014, 2 Ws 14/14, Rn. 10 zitiert nach juris). Im vorliegenden Fall sind die Orte, welche der Verurteilte nicht aufsuchen soll, mit dem Worten "drogenszenetypische Orte, die dem Verurteilten Gelegenheit und Anreiz zu weiteren Straftaten bieten könnten", hinreichend bestimmt umschrieben. Aus der gewählten Formulierung wird deutlich, dass hiermit Orte gemeint sind, an welchen sich typischer Weise eine größere Anzahl von Betäubungsmittelkonsumenten oder -verkäufern aufhalten, und es regelmäßig und häufig zu Erwerbs- oder Handelsgeschäften kommt oder Betäubungsmittel konsumiert werden. Das Wort "Szene" ist ein Begriff der jüngeren Umgangssprache und steht für einen sozialen Bereich (Gruppe oder Gemeinschaft), "in dem sich etwas abspielt". Dieses Wort kann auch mit dem Wort "Milieu" gleichgesetzt werden. Durch die Verwendung dieses Wortzusatzes wird anschaulich klargestellt, dass lediglich solche Plätze von dem Verbot umfasst sein sollen, an welchen sich Betäubungsmittelkonsumenten oder -verkäufer in strafrechtlich-relevanter Weise aufhalten bzw. zu dem bestimmten gemeinsamen Zweck - hier: illegaler Drogenerwerb oder -konsum - zusammenfinden. Durch den Wortbestandteil "Szene" ist nach Ansicht des Senats auch hinreichend konkretisiert, dass mit der Weisung zu Ziff. 4. c) gerade nicht - wie vom Beschwerdeführer eingewandt - solche Orte gemeint sind, zu welchen sich Suchtabhängige regelmäßig begeben, um aufgrund ihrer Sucht therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen, also Drogenberatungsstellen oder Substitutions-Praxen. Dass von dem erteilten Verbot solche Orte ausgenommen sein sollen, an welchen sich viele Betäubungsmittel-Süchtige zur Aufarbeitung ihrer Sucht (z. B. ambulante Therapiestellen oder Hilfsorganisationen) aufhalten, wird darüber hinaus auch durch den Nebensatz: "die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten könnten", verdeutlicht. Dieser Nebensatz verdeutlicht neben dem Wortbestandteil "Szene" erneut, dass nur solche Orte von dem Weisungsverbot umfasst sein sollen, an denen es typischerweise - also mit einem überwiegenden Schwerpunkt - zu strafbewehrtem Verhalten in Bezug auf Betäubungsmittel kommt.

g) Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass sich die Strafvollstreckungskammer auch mit der Frage auseinanderzusetzen haben dürfte, wer die Kosten für die Befolgung der ggf. erneut auszusprechenden Weisungen nach § 68 b Abs. 1 Nr. 10 und 11 StGB zu tragen hat, wobei im vorliegenden Fall die Besonderheit besteht, dass sich der Verurteilte schon aufgrund des Methadonprogrammes entsprechender Kontrollen und Beratungsgesprächen unterziehen muss. Der Senat geht davon aus, dass Kosten der Abstinenzkontrolle keine Kosten der Vollstreckung sondern des Verfahrens i. S. v. §§ 464, 465 StPO sind, weil Weisungen nach § 68 b StGB nicht vollstreckt werden können (OLG Braunschweig, 1 Ws 333/13, vom 18.11.2013). Vielmehr ist über die Kostentragung betreffend die Abstinenzkontrollen im Wege einer Annexentscheidung zur Weisungsanordnung nach § 68 b Abs. 1 S. 1 Nr. 10 StGB zu entscheiden. Dabei sind einerseits das Veranlasserprinzip und andererseits der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Maßstab der Zumutbarkeit entsprechend § 68 Abs. 3 StGB sowie das öffentliche Interesse an der Durchführung der Kontrollen zu berücksichtigen (OLG Braunschweig a. a. O.).

g) Die Entscheidung über die Kosten der Beschwerde war dem Landgericht vorzubehalten, weil das endgültige Schicksal des Rechtsmittels derzeit noch nicht abgesehen werden kann.