Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 04.03.1998, Az.: 6 A 167/95; 6 A 173/95; 6 A 174/95
Akzessorietät des Zinszuschlages im Verhältnis zum Endgrundbetrag im Falle der Rückforderung bei nachträglichem Schadensausgleich; Grundsatz der Objektidentität bei Rückforderung von Grundbetrag und Zinszuschlag im Lastenausgleichsrecht; Gewährung von Ausgleichsleistungen für sog. Zonenschäden
Bibliographie
- Gericht
- VG Osnabrück
- Datum
- 04.03.1998
- Aktenzeichen
- 6 A 167/95; 6 A 173/95; 6 A 174/95
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1998, 32354
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGOSNAB:1998:0304.6A167.95.0A
Rechtsgrundlagen
- § 250 Abs. 3 LAG
- § 349 Abs. 4 LAG
Verfahrensgegenstand
Rückforderung von Lastenausgleich
In den Verwaltungsrechtssachen
...
hat das Verwaltungsgericht Osnabrück - 6. Kammer -
in der Sitzung vom 04. März 1998
ohne mündliche Verhandlung
durch
Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Thies,
Richter am Verwaltungsgericht Meyer,
Richter am Verwaltungsgericht Beckmann sowie
die ehrenamtlichen Richter Frau ... und Herrn ...
beschlossen:
Tenor:
Die Vorlagebeschlüsse vom 26.06.1996 werden aufrechterhalten.
Gründe
1.
Die Kammer sieht keine Veranlassung, ihren in den o.a. Beschlüssen vertretenen Rechtsstandpunkt bzgl. der Verfassungswidrigkeit des § 349 Abs. 4 LAG, soweit dieser die Rückforderung des Zinszuschlages als Bestandteil der Hauptentschädigung bei nachträglichem Schadensausgleich durch Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz zwingend vorschreibt, in Ansehung der abweichenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 19.06.1997 - 3 C 10.97 -) aufzugeben.
a)
Die spezifische Zielsetzung des Zinszuschlages gegenüber der Ausgleichsfunktion des Grundbetrages wird auch vom BVerwG anerkannt, soll jedoch wegen der Akzessorietät des Zinszuschlages im Verhältnis zum Endgrundbetrag im Falle der Rückforderung bei nachträglichem Schadensausgleich dessen rechtliches Schicksal teilen. Diesen rechtlichen Ansatz vermag die Kammer auch unter Berücksichtung der vom BVerwG dargelegten Erwägungen nicht zu teilen. Zwar trifft es zu, daß der Zinsanspruch nach § 250 Abs. 3 LAG "den Bestand eines zuerkannten Anspruchs auf den Endgrundbetrag voraussetzt". Damit ist aber nichts über den rechtlichen Bestand des Zinszuschlages nach Erfüllung des letzteren im Falle eines späteren Schadensausgleichs ausgesagt. Insbesondere kann für diese Frage nichts daraus hergeleitet werden, daß der Zinszuschlag "auch nur für den Zeitraum gewährt (wird), bis der Anspruch auf den Endgrundbetrag durch Erfüllung gemäß § 251 Abs. 1 LAG erlischt". Dies beruht allein darauf, daß die mit dem Zinszuschlag abzugeltende Wartezeit mit der Erfüllung des Grundanspruchs endet. Wenn das BVerwG daran anknüpfend feststellt, daß "nach Erfüllung des Anspruchs ein weiterer Zinszuschlag nicht mehr entstehen" könne, beinhaltet dies eine für die vorliegende Fragestellung unergiebige Selbstverständlichkeit.
b)
Soweit das BVerwG bei seiner Argumentation etwa den Fall im Auge gehabt haben sollte, daß ein Anspruch auf Hauptentschädigung zunächst bestanden hat, vor seiner Erfüllung jedoch ein anderweitiger Schadensausgleich eingetreten ist mit der Folge, daß nicht nur kein Grundbetrag mehr zu gewähren, sondern auch für einen Zinszuschlag kein Raum mehr gewesen wäre, nichts anderes aber für den Fall eines nach der Gewährung von Hauptentschädigung erfolgten anderweitigen Schadensausgleichs gelten könne, ist dem zweierlei entgegenzuhalten: Zum einen ist davon auszugehen, daß nach den historisch-politischen Gegebenheiten für den damaligen Gesetzgeber eine derartige Entwicklung nicht im Blickfeld gestanden haben dürfte. Jedenfalls gilt dies für die massenhafte Erscheinung einigungsbedingten Schadensausgleichs im Wege vermögensrechtlicher Restitution, derentwegen sich der Gesetzgeber zu den in § 349 LAG geregelten lastenausgleichsrechtlichen Konsequenzen veranlaßt gesehen hat (vgl. Gallenkamp in Kreuer/Löbach, Das Lastenausgleichsrecht und offene Vermögensfragen, 2. Aufl., Stand: Nov. 1995, § 349 LAG Rdnr. 1). - Zum anderen wäre unabhängig davon im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 251 Abs. 3 LAG eine rechtliche Verselbständigung des Zinszuschlages auch in den Fällen eines der Gewährung von Hauptentschädigung zuvorkommenden anderweitigen Schadensausgleichs in Betracht zu ziehen, da es keinen tragfähigen Grund dafür gibt, einen Lastenausgleichsberechtigten, dessen Anspruch auf Hauptentschädigung durch anderweitigen Schadensausgleich überholt wird, hinsichtlich des Ausgleichs der Wartezeit in Gestalt eines entsprechenden Zinszuschlages gegenüber dem Empfänger von Hauptentschädigung bei nachträglichem anderweitigen Schadensausgleich schlechterzustellen.
Mit vorstehenden Erwägungen wird zugleich den Ausführungen von Plogmann/Kreuer (OV spezial 1996, 366 f.) entgegengetreten.
c)
Was den das Lastenausgleichsrecht beherrschenden Grundsatz der Objektidentität angeht, den das BVerwG auch bei Rückforderung von Grundbetrag und Zinszuschlag gewahrt sieht, geht auch die Kammer davon aus, daß lastenausgleichsrechtliche Entschädigung und anderweitiger Ausgleich dasselbe Schadensobjekt betreffen müssen. Sie ist jedoch nach wie vor der Auffassung, daß es bei den vereinigungsbedingten Restitutionen an einem umfassenden, auch die besondere Funktion des Zinszuschlages abdeckenden Ausgleich und in diesem Sinne an Objektidentität fehlt, da diese ausschließlich den Ausgleich des Substanzschadens betrafen. Daran hält sie fest, weil es für die verfassungsrechtliche Beurteilung im Hinblick auf Art. 3 GG allein darauf ankommt. Die vom BVerwG auch in diesem Zusammenhang in den Vordergrund seiner Argumentation gestellte Akzessorietät sowie die sog. Kappungsgrenze gemäß § 349 Abs. 4 Satz 4 LAG ändern daran nichts, ergeben insbesondere keine im Hinblick auf das Gleichbehandlungsgebot tragfähige Rechtfertigung der unterschiedlichen Auswirkungen, die eine vollständige Rückforderung der Hauptentschädigung bei den Betroffenen hat.
d)
Den Erwägungen, durch die das BVerwG die bei den späten Empfängern der Hauptentschädigung gegebene Benachteiligung als sachlich gerechtfertigt ansieht, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen. Daß der Zinszuschlag "qualitativ etwas anderes dar (stellt) als Nutzungen, die ein Leistungsempfänger selbst gezogen hat", besagt zunächst nur, daß ihn der Gesetzgeber u.U. nicht von Verfassung wegen hätte anfänglich gewähren müssen, beantwortet jedoch nicht die Frage, wie mit einem gewährten Zinszuschlag im Falle eines nachträglichen Schadensausgleichs rückforderungsrechtlich zu verfahren ist. Insbesondere ist nicht ersichtlich, wie damit die unterschiedliche Betroffenheit von frühen und späten Hauptentschädigungsempfängern sollte plausibel gerechtfertigt werden können.
e)
Schließlich stellt das BVerwG darauf ab, daß ein Zugriff auf die von frühen Lastenausgleichsempfängern in Parallele zum Zinszuschlag gezogenen Nutzungen ausscheide, da es an einem zeitlichen Rahmen fehle und deren Ermittlung wegen Zeitablaufs praktisch ausgeschlossen sei; die Tatsache, daß bei bestimmten Leistungsempfängern nicht alle von diesen genossenen Vorteile abgeschöpft werden könnten, zwinge jedoch nicht zum Rückforderungsverzieht in den Fällen, in denen solche Hindernisse nicht bestünden. Eine solche Argumentation läuft darauf hinaus, daß die Gleichbehandlung, die der Gesetzgeber mit der Gewährung des Zinszuschlages hatte herstellen wollen, im Nachhinein auf Grund zufälliger Umstände, welche dem betroffenen Personenkreis nicht entgegengehalten werden können, entfallen soll. Sie verstößt damit ihrerseits gegen das Willkürverbot und kann bei einer am Gerechtigkeitsgedanken ausgerichteten Betrachtung keinen Bestand haben.
2.
Auch die übrige veröffentlichte Rechtsprechung enthält außer den bereits in den Vorlagebeschlüssen erörterten keine weiteren (neuen) Gesichtspunkte, die der Kammer zu einer abweichenden verfassungsrechtlichen Beurteilung Anlaß gäben.
a)
Das VG Karlsruhe (B. v. 19.09.1996 - 3 K 2518/96 - VIZ 1996, 720 = Mitt BAA 1996, 138/141 f.) stellt darauf ab, daß es sich bei dem durch frühere Auszahlung der Hauptentschädigung entstandenen Vermögensvorteil um potentielle Zinsgewinne handele, bei denen es im Einzelfalle von den privaten Anlagemöglichkeiten des einzelnen Lastenausgleichsempfängers abhänge, inwieweit dieser potentielle Vorteil in einen tatsächlichen Geldwert umgesetzt werde. Die Unterschiede, die sich daraus ergäben, daß der eine mehr, der andere weniger oder gar keinen Zinsgewinn aus der Hauptentschädigung gezogen habe, beruhten vielfach auf Zufall und den individuellen Entscheidungen des einzelnen sowie seinem persönlichen Geschick, so daß der potentielle Vorteil einer früheren Auszahlung der Hauptentschädigung zu Lasten der Betroffenen nicht pauschalierend bemessen werden könne. Dabei sei zu berücksichtigen, daß die Hauptentschädigung dem Lastenausgleichsempfänger nicht mit der Auflage erteilt worden sei, diese Leistungen als staatliche Subventionen gewinnbringend zu investieren. Sei danach eine pauschalierende Bemessung des potentiellen Anlagevorteils jedenfalls zum Nachteil der Lastenausgleichsempfänger nicht möglich, sei es nicht als evident sachwidrig anzusehen, wenn der Gesetzgeber nur die Vermögensvorteile zurückfordere, bei denen sicher sei, daß der Lastenausgleichsempfänger sie auch tatsächlich erlangt habe, also nur den Zinszuschlag.
Vorstehende Erwägungen ändern nichts an der gleichheitswidrigen Benachteiligung der Lastenausgleichsempfänger mit späterem Auszahlungszeitpunkt. Sie widersprechen dem eindeutigen Gesetzeszweck sowie dem gesetzgeberischen Ansatz der Zinszuschlagsregelung, wie er sich bei abstrakter Auslegung ergibt. Danach unterstellt der Gesetzgeber bei demjenigen, der eine längere Wartezeit bis zur Auszahlung der Hauptentschädigung hat hinnehmen müssen, entsprechende Einbußen, welche durch Gewährung des Zinszuschlages einen gewissen Ausgleich erfahren sollen. Die Ungleichheit in der Belastung, wie sie mit einem nachträglichen Entzug dieses Ausgleichs gegenüber Lastenausgleichsempfängern mit kürzerer Wartezeit verbunden ist, entfallt nicht dadurch, daß letztere im Einzelfalle den ihnen zu einem früheren Zeitpunkt gewährten Grundbetrag nicht entsprechend genutzt haben (insoweit übereinstimmend Holtz VIZ 1996, 617/618 [r. Sp.]). Ungeachtet dessen, daß für den Gesetzgeber angesichts der mit dem Zinszuschlag verfolgten Zielsetzung derartige Fallgestaltungen nicht Regelungsgrundlage waren, vermag dieser Gesichtspunkt eine Benachteiligung derjenigen, die nicht einmal die Gelegenheit zu früherer Nutzung des Grundbetrages hatten, jedenfalls nicht zu rechtfertigen. Diesem Personenkreis würde damit die bloße Möglichkeit eines nicht gewinnbringenden, vom Gesetzgeber so offensichtlich nicht unterstellten Verhaltens derjenigen entgegengehalten, denen der Grundbetrag zu einem früheren Zeitpunkt gewährt wurde. Eine derartige Argumentation erscheint unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung sachlich nicht vertretbar. Daß die Empfänger der Hauptentschädigung nicht verpflichtet waren, Gewinne zu erzielen (darauf stellen Plogmann/Kreuer OV spezial 1996, 302/303 f. ab), rechtfertigt keine andere Sicht, da der Gesetzgeber für eine darauf gerichtete, eine Bevormundung des Bürgers beinhaltende Regelung keinerlei vernünftigen Grund hatte.
b)
Soweit das VG Darmstadt (B. v. 20.02.1997 - 3 G 216/96 (2) - Mitt. BAA 1997, 81/83) darauf abstellt, daß die Gewährung von Ausgleichsleistungen für sog. Zonenschäden erst durch das 21. ÄndG LAG vom 18.09.1969 (BGBl. I S. 1232) in das Lastenausgleichsgesetz aufgenommen worden sei, läßt dies die von der Kammer angenommene verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Grundsatz unberührt, mögen danach auch kürzere Bewilligungszeiträume in Betracht zu ziehen sein. Dies gilt ungeachtet dessen, daß (erst) durch das 28. ÄndG LAG vom 27.01.1975 (BGBl. I S. 401) eine Vorverlegung des Verzinsungsbeginns vom 01.01.1970 auf den 01.01.1953 erfolgte.
c)
Bezüglich der abweichenden Rechtsprechung des VG Kassel (B. v. 29.02.1996 - 3 G 4240/95 (2) - Mitt. BAA 1996, 118/122 f.), des VG Schleswig (B. v. 30.04.1996 - 7 B 170/95 - Mitt. BAA 1996, 130/131 f.), des VG Gießen (B. v. 01.10.1996 - 9 G 1370/96 (3) - Mitt. BAA 1996, 144/146; B. v. 07.10.1996 - 9 G 622/96 (4) - Mitt. BAA 1997, 13/15; B. v. 26.08.1996 - 9 G 1026/96 (2) - Mitt. BAA 1997, 72/74), des VG Braunschweig (U. v. 21.08.1996 - 8 A 8393/95 - Mitt. BAA 1997, 10), des VG Frankfurt/M. (B. v. 23.01.1997 - 7 G 2813/96 (1) - Mitt. BAA 1997, 17/18; B. v. 28.11.1996 - 7 G 1052/96 (V) - Mitt. BAA 1997, 76/78) und des VG Berlin (B. v. 20.12.1996 - 9 A 31.96 - Mitt. BAA 1997, 80) wird auf die Gründe der Vorlagebeschlüsse sowie die vorstehenden Ausführungen verwiesen.
3.
Im Schrifttum wird schließlich die Auffassung vertreten, daß auf die Rückforderung des Zinszuschlages nicht verzichtet werden könne, weil nur auf diese Weise alle Geschädigten, die in der ehemaligen DDR Vermögensverluste erlitten hatten und nunmehr Ausgleichsleistungen erhalten, gleich behandelt würden. Es sei das Ziel des Gesetzgebers gewesen, eine vor der Wiedervereinigung bestehende Ungleichbehandlung zwischen Geschädigten, die für ihre in der DDR entzogenen Vermögenswerte Lastenausgleich hätten erhalten können, und denjenigen Geschädigten, die nach § 230 LAG wegen ihres Wohnsitzes davon ausgeschlossen gewesen seien, zu beseitigen (vgl. Holte VIZ 1996, 617/619; ders. IFLA 1995, 138/139 f.; Gallenkamp IFLA 1996, 97; Plogmann/Kreuer OV spezial 1996, 366/368). Diesbezüglich hält die Kammer an ihren Ausführungen in den Vorlagebeschlüssen fest. Daß das VermG seinerseits keinen Ausgleich oder Zuschlag für eine Wartezeit kennt, ergibt keinen Grund dafür, Lastenausgleichsberechtigte mit der Rückforderung des diesbezüglich gewährten Ausgleichs aus Anlaß vermögensrechtlicher Restiution nachträglich ungleich zu belasten, da das VermG nicht das von Holtz angesprochene Ziel der Gleichbehandlung verfolgt hat. Letzteres ergibt sich ohne weiteres daraus, daß es sich bei diesem Gesetz als Bestandteil des Einigungsvertrages im Ursprung um ein DDR-Gesetz gehandelt hat, bei dem es dem DDR-Gesetzgeber nicht darum gehen konnte, seiner Zuständigkeit entzogene Fragen des Lastenausgleichsrechts der BRD zu regeln (vgl. EVertr/Anl. II Kap. III Sachgeb. B Abschnitt I Nr. 5). Ausschließliches Anliegen des VermG war und ist es vielmehr, die mit der Teilung Deutschlands zusammenhängenden, viele Bürger in der DDR und der BRD betreffenden Vermögensfragen zu lösen. Zu diesem Zweck haben sich die Partner des Einigungsvertrages in der sog. Gemeinsamen Erklärung vom 15.06.1990 (Anl. III z. EVertr) darauf verständigt, enteignetes Grundvermögen grundsätzlich zurückzugeben, ohne daß dabei zuvor erfolgte Lastenausgleichsleistungen irgendeine Rolle gespielt haben oder in bestehende Rechtspositionen eingegriffen werden sollte.
Daß dem § 349 LAG nicht die von Holtz unterstellte Intention zugrundeliegt, "im Rahmen der Rückforderung der Hauptentschädigung als Folge der für alle Geschädigtengruppen geltenden einheitlichen Regelung der offenen Vermögensfragen im Gebiet der ehemaligen DDR alle Geschädigtengruppen gleichzubehandeln, und die Lastenausgleichsempfänger aufgrund der Rückgabe der entzogenen Vermögenswerte so zu stellen, als ob es keine Hauptentschädigung und damit auch keine Wartezeit gegeben hätte", folgt im übrigen nicht nur daraus, daß ein derartiges Regelungsanliegen im VermG an keiner Stelle erkennbar wird, sondern wird auch durch das Lastenausgleichsgesetz selbst mit der sog Kappungsgrenze gemäß § 349 Abs. 4 Satz 4 bestätigt. Danach ist die Rückforderung auf den Wert der erlangten Schadensausgleichsleistung zu begrenzen, wenn der Rückzahlungsverpflichtete nachweist, daß dieser Wert geringer ist als der Rückforderungsbetrag. Demzufolge verbleibt dem Lastenausgleichsempfänger in jedem Falle die Differenz zwischen diesem Wert und der erhaltenen Hauptentschädigung. Demgegenüber müssen sich restitutionsberechtigte Bürger der ehemaligen DDR, die keine Lastenausgleichsleistungen erhalten haben, bei eingetretenen Wertminderungen mit dem aktuellen Wert des Restitutionsobjektes zufrieden geben, auch wenn dieser hinter einer fiktiven Hauptentschädigung zurückbleibt. Dies deutet darauf hin, daß der Gesetzgeber den letztgenannten Personenkreis wenn überhaupt, so doch jedenfalls nicht in dem Sinne im Blick hatte, daß mit der getroffenen Rückforderungsregelung u.a. seine Gleichbehandlung mit anderen Restitutionsberechtigten, welche zugleich Lastenausgleich erhalten hatten, herbeigeführt werden sollte. Daß der Gesetzgeber später durch Art. 1 § 8 des Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetzes - EALG - vom 27.09.1994 (BGBl. I S. 2624) ausdrücklich eine Anrechnung der Hauptentschädigung auf die nach Maßgabe des Art. 1 § 1 EALG zu gewährende Entschädigung vorgesehen hat, rechtfertigt keine andere Würdigung, sondern führt vielmehr zu demselben Ergebnis, da dem Lastenausgleichsempfänger auch bei Gewährung einer Entschädigung wegen ausgeschlossener oder nicht verlangter Rückgabe die gewährte Hauptentschädigung in Höhe des entsprechenden Differenzbetrages verbleibt.
Meyer
Beckmann