Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 26.11.2020, Az.: 11 K 12/20
Berechtigung zur Erhöhung des Pachtentgelts für einen Boxenlaufstall auf Mindestbemessungsgrundlage nach UStG
Bibliographie
- Gericht
- FG Niedersachsen
- Datum
- 26.11.2020
- Aktenzeichen
- 11 K 12/20
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2020, 70511
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Verfahrensgang
- nachfolgend
- BFH - AZ: V R 49/20
Rechtsgrundlage
- § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 UStG
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Beklagte das zwischen dem Kläger und der C D GbR (GbR) vereinbarte Pachtentgelt für einen Boxenlaufstall unter Berücksichtigung einer Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) in den Streitjahren 2014 bis 2017 und Januar 2018 erhöhen durfte.
Der Kläger unterhielt in G, H-Weg 1 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Zum xx. Juli 2012 gründete er zusammen mit seinem Sohn H die GbR. Am Gesellschaftskapital sind der Kläger zu 70 v. H. und H zu 30 v. H. beteiligt. Den gesamten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb verpachtete der Kläger an die GbR eisern, d. h. inklusive des gesamten toten und lebenden Inventars. Der verpachtete Betrieb des Klägers ist seitdem in den Jahresabschüssen der GbR als sein Sonderbetriebsvermögen erfasst. Die GbR ist mit ihrem eigenen landwirtschaftlichen Betrieb unternehmerisch tätig, wobei ihre Schwerpunkte auf den Bereichen der Milcherzeugung und der Schweinemast liegen. Die GbR versteuert ihre Umsätze nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 Abs. 1 UStG.
Im Jahr 2014 errichtete der Kläger auf seinem Grundstück einen Boxenlaufstall mit 65 Milchviehplatzen mit einem Investitionsvolumen von etwa 700.000 €. Diesen Stall verpachtete er an die GbR mit Vertrag vom xx. März 2014 für einen jährlichen Pachtzins in Höhe von netto 45.000 €. Verpachtet wurden das Teilgrundstück, auf dem der Boxenlaufstall stand, das Gebäude und sämtliches Inventar (insbesondere Melkroboter u. s. w.). Dabei verzichtete er gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 UStG auf die Steuerbefreiung für die Verpachtung nach § 4 Nr. 12 a UStG. Die in den Rechnungen über die Anschaffungskosten offen ausgewiesene Umsatzsteuer machte er als Vorsteuer geltend.
Im März 2018 führte der Beklagte beim Kläger eine Außenprüfung durch, die die Jahre 2012 bis 2015 umfasste. Daran schloss sich eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung an für den Zeitraum 2016 bis Januar 2018. Der Außenprüfer griff den Sachverhalt um die Errichtung und die Verpachtung des Boxenlaufstalls auf und traf hierzu folgende umsatzsteuerlichen Feststellungen:
1. Die Verpachtung vom Kläger an die GbR stelle eine sonstige Leistung an nahestehende Personen dar (Hinweis auf Abschn. 10.7.Abs. 1 Satz 2 UStAE). Das vereinbarte Entgelt von jährlich 45.000 € netto müsse deshalb anhand der Mindestbemessungsgrundlage in § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG überprüft werden. Da ein marktübliches Entgelt für einen derartigen, auf die individuellen Bedürfnisse der Pächterin zugeschnittenen Stalls nicht ermittelbar sei, müsse die Ersatzbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG herangezogen werden.
2. Die Herstellungskosten für den Boxenlaufstall inklusive der Betriebsvorrichtungen ermittelte der Außenprüfer mit 700.000 €, wobei diese Herstellungskosten dem Kläger mit offen ausgewiesener Umsatzsteuer in Rechnung gestellt worden seien und dieser die Vorsteuer geltend gemacht habe. Diese Herstellungskosten seien nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 UStG auf 10 Jahre zu verteilen, mithin betrage die Bemessungsgrundlage abgerundet 66.000 €.
3. Der Außenprüfer erhöhte die Umsätze des Klägers zum allgemeinen Steuersatz um jährlich 21.000 €. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Tz. 14 und Anlage 1 des Berichts des Beklagten vom xx. März 2018 über die Außenprüfung zur StNr. xxx; AD-Nr. xxx und Tz. 13 und Anlage 1 des Berichts des Beklagten über die Umsatzsteuer-Sonderprüfung zur StNr. xxx; AD-Nr. xxx hingewiesen.
Der Beklagte folgte der Auffassung seines Außenprüfers und erließ am xx. März 2018 Umsatzsteuerbescheide für 2014 und 2015 sowie - aus Vereinfachungsgründen - Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für Dezember 2016 und 2017 und Januar 2018.
Gegen diese Verwaltungsakte erhob die Klägerin am xx. April 2018 Einspruch. Zur Begründung trug sie vor, es gäbe einen Marktpreis für die Verpachtung von Rindviehställen. Als Nachweis werde ein Pachtvertrag über Stallgebäude zwischen S (Verpächter) und B (Pächter) aus dem Jahr 2015 vorgelegt. In diesem Pachtvertrag seien Stallgebäude mit 80 Milchvieh-/Jungviehplätzen, 1000 Bullenmastplätzen und 45 Kälberaufzuchtplätzen für jährlich16.533 € verpachtet worden. Der Boxenlaufstall seien 1990, die Jungviehställe 2010 errichtet worden. Aus Unterlagen zu einem Referat des B (Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Bezirksstelle M) auf der Fachtagung der Landwirtschaftskammer zum Sachverständigenwesen und zur Unternehmensberatung mit dem Titel "Pachtpreisermittlung für Ställe - Prüfung der Wirtschaftlichkeit; Pacht versus Neubau" sei ersichtlich, dass der vereinbarte Pachtzins zwischen dem Kläger und der GbR über dem ortsüblichen Marktpreis liege.
Zudem komme der Ansatz der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG nur in Ausnahmefällen in Betracht, wenn das vereinbarte Entgelt so niedrig sei, dass es nicht mehr als ernsthafte Gegenleistung für die erbrachte Leistung oder sonstige Leistung angesehen werden könne. Wenn das vereinbarte Entgelt 10 v. H. des fremdüblichen Preises überschreite, stehe die fragliche Leistung einer entgeltlichen näher als einer unentgeltlichen (Hinweis auf Zaisch; in Leingärtner, Besteuerung der Land- und Forstwirte, Kapitel 67 Rdnr. 57). Aus einem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 26. Januar 2012 6 K 1664/09 sei abzuleiten, dass nur ein gravierendes, ins Auge springendes Abweichen des vereinbarten Entgelts vom ortsüblichen die Anwendung des § 10 Abs. 5 UStG rechtfertigen könne. Das FG Düsseldorf habe in einem Eilverfahren überdies erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Ansatzes der Mindestbemessungsgrundlage geäußert, wenn das vereinbarte Entgelt zwar unterhalb des ortsüblichen Preises liege, dieser sich aber auch unter der Mindestbemessungsgrundlage bewege. Die Anwendung der Mindestbemessungsrundlage scheide aus, wenn der Unternehmer seine erbrachte Leistung am Maßstab des marktüblichen Entgelts versteuere. In einem gleichgelagerten Parallelverfahren vor dem Niedersächsischen Finanzgericht 16 K 167/13 sei dieses durch eine außergerichtliche Einigung der Beteiligten abgeschlossen worden, die die Höhe des ortüblichen Pachtzinses einvernehmlich geschätzt hätten.
Während des Einspruchsverfahrens wies der Beklagte auf das Urteil des BFH vom xx. März 2018 V R 35/17 hin, wonach eine Option des Klägers zur Steuerpflicht für seine Pachtumsätze nicht möglich sei, weil die GbR ihre Umsätze der Durchschnittsbesteuerung unterwerfe. Dem Vorschlag, das Einspruchsverfahren bis zu einer Entscheidung der Finanzverwaltung über die Anwendung des Urteils über den Einzelfall hinaus entgegen Abschn. 9.2. Abs. 2 UStAE ruhen zu lassen, stimmte der Kläger nicht zu.
Am xx. Juli 2018 und xx. Mai 2019 erließ der Beklagte Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre 2016 und 2017.
Die Rechtsbehelfe hatten keinen Erfolg. Im Einspruchsbescheid vom xx. Dezember 2019 führte der Beklagte zur Begründung aus, der Verpachtungsumsatz des Klägers werde unstreitig an eine nahe Angehörige, die GbR, erbracht, weil deren Gesellschafter der Kläger selbst und sein Sohn seien. § 10 Abs. 5 UStG sei schon deshalb anzuwenden, weil die Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG den vereinbarten Pachtzins übersteige. Die Existenz und die Höhe des marktüblichen Entgelts als Minderung der Bemessungsgrundlage sei vom Kläger nachzuweisen (Hinweis auf Abschn. 10.7. Abs. 1 Satz 11 UStAE). Als marktübliches Entgelt sei der gesamte Betrag zu verstehen, den ein Leistungsempfänger an einen Unternehmer unter Berücksichtigung der Handelsstufe zahlen müsse, um die betreffende Leistung zu erhalten. Nach der Gesetzesbegründung sei dies die von einem Dritten üblicherweise aufzubringende Gegenleistung (BR-Drs. 184/14, S. 89).
Der vorgelegte Pachtvertrag vom xx. Juni 2015 zwischen S und B sei als Nachweis ungeeignet, weil die dort verpachteten Stallungen nach Alter, Größe, Ausstattung, Instandhaltungszustand und Belegenheit nicht mit dem streitgegenständlichen Boxenlaufstall vergleichbar seien. Im Übrigen könne ein üblicher Pachtzins bei derartigen individuell maßgeschneiderten Objekten kaum ermittelt werden. Das vom Kläger angeführte Referat über die Pachtpreisermittlung für Ställe vom xx. Mai 2017 des Herrn B habe vom Beklagten nicht beschafft werden können. In einem Aufsatz vom xx. Oktober 2017 halte Herr B einen Nettopreis von 8 v. H. der Bausumme als Pachtzins für angemessen. Wolle der Steuerpflichtige noch Gewinn machen, müsse dieser Prozentsatz noch gesteigert werden. Zudem handele es sich um einen ersten Anhaltspunkt, nicht aber um einen sicheren Nachweis. Die Beschränkung der Mindestbemessungsgrundlage auf ein ortsübliches Entgelt ergebe sich bereits aus dem Gesetz. Eine weitergehende Begrenzung des Ansatzes der Mindestbemessungsgrundlage nur in den Fällen, wenn das vereinbarte Entgelt so niedrig sei, dass es nicht mehr als ernsthafte Gegenleistung angesehen werden könne, lasse sich der Vorschrift aber nicht entnehmen. Soweit der Kläger Entscheidungen des FG Düsseldorf und des BFH zitiere, würden diese nur die Begrenzung der Mindestbemessungsgrundlage auf das marktübliche Entgelt fordern. Die Höhe des marktüblichen Entgelts habe der Kläger aber nicht nachgewiesen. Der Ausgang des Klageverfahrens 11 K 167/13 beim niedersächsischen Finanzgerichts sei dem Beklagten nicht bekannt.
Ein Ruhen des Einspruchsverfahrens im Hinblick auf erwartete abgestimmte Reaktionen der Finanzverwaltung zum Urteil des BFH vom 1. März 2018 V R 35/17 sei ohne Zustimmung des Klägers nicht zulässig.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der vereinbarte Pachtzins sei ortüblich. Der Kläger habe diesen kalkulatorisch anhand der Herstellungskosten für den Stall und die Betriebsvorrichtungen ermittelt, wobei er eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 33,33 Jahren bei dem Gebäude und eine zwischen 12 und 16 Jahren für die Betriebsvorrichtungen zugrunde gelegt habe. Die Kosten in Höhe von 26.000 € habe er dann um die angefallenen Zinsaufwendungen erhöht. Bereits ab dem Wirtschaftsjahr 2015/16 habe er einen Jahresüberschuss aus der Verpachtung erzielt, wenn man die in Anspruch genommene Sonderabschreibung außer Betracht lasse. Mit dem Pachtentgelt habe er - bezogen auf die Investitionssumme von 700.000 € eine Umsatzverzinsung von jährlich 6,62 v. H. erzielt, ein üblicher Wert.
Als weiteren Nachweis legte der Kläger mit Schreiben vom xx. Juni 2020 einen anonymisierten Pachtvertrag aus dem Mandantenkreis seiner Prozessbevollmächtigten vor. Pachtgegenstand sei ein Boxenlaufstall mit insgesamt 64 Liegeboxen und Spaltenbodenfläche für etwa 80 Tiere. Mitverpachtet würden die Stalleinrichtung, der Güllelagerraum und ein Lagerplatz für Silage. Das Pachtverhältnis begann nach dem Vertrag am xx. Oktober 2014 und war auf 12 Jahre abgeschlossen. Als Pachtzins wurden jährlich 15.126,05 € zuzüglich 19 v. H. Umsatzsteuer vereinbart. Die Marktverhältnisse, die beim Abschluss des vorgelegten Vertrages geherrscht hätten, seien übertragbar auf die Verhältnisse im Streitfall. Die Verpachtung sei dort an einen Fremden erfolgt.
Der Kläger beantragt,
die Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2017 vom xx. März 2018, xx. Juli 2018 und xx. Mai 2019 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom xx. Dezember 2019 zu ändern und die Umsatzsteuer 2014 um 3.300 € und für 2015 bis 2017 um jeweils 4.000 € herabzusetzen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seiner im Einspruchsbescheid geäußerten Rechtsansicht fest. Ergänzend teilt er mit, es gäbe keinen Markt für die Verpachtung neu errichteter Ställe, das die betroffenen Objekte in aller Regel auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Betreibers zugeschnitten seien. Ein Marktpreis sei damit nicht hinreichend sicher feststellbar. Auch der BFH habe entschieden, dass eine ertragsorientierte Schätzung einer ortüblichen Pachte unzulässig sei (Hinweis auf BFH, Urteil vom 10. Oktober 2018 IX R 30/17, BStBl. II 2019, 200).
Das Gericht hat Beweis erhoben über die Höhe des monatlichen ortsüblichen Pachtzinses für den am xx. März 2014 vom Kläger auf dem Grundstück in G errichteten Boxenlaufstall mit 65 Milchrindviehplätzen zuzüglich des verpachteten Inventars für den Zeitraum vom xx. März 2014 bis zum xx Januar 2018 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Landwirtschaftlichen Sachverständigen und Betriebsberaters B. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf dessen Gutachten vom 15. August 2020 verwiesen.
Der Beklagte hat gegen das vorgelegte Gutachten methodische Einwände erhoben. Die vom Sachverständigen vorgenommene durch eine Kombination der mitgeteilten Verpächterrendite und dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis des Pächters. Diese Kombinationsmethode entspreche nicht den Vorgaben des BFH zur Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete. Eine ertragsorientierte Pachtwertmethode und unwesentliche Abwandlungen dieser Methode wie die indirekte Vergleichsmethode seien generell nicht geeignet, weil sie auf statistischen Annahmen beruhten und die örtlichen Verhältnisse nicht hinreichend berücksichtigten. Dies decke sich mit den Vorgaben in Art. 72 Abs. 2 MwStSystRL, nach denen die Ausgaben des Steuerpflichtigen als Normalwert anzusetzen seien, wenn keine vergleichbare Erbringung von Dienstleistungen ermittelt werden könne. Ohne entsprechende Vergleichsfälle komme eine Einschätzung eines sach- und ortskundigen Gutachters nicht in Betracht. Die vom Gutachter aufgelisteten verpachteten anderen Milchviehställe gehörten nicht zum örtlichen Markt, weil sie sich noch nicht einmal im Landkreis V befänden. Bei Milchviehställen sei nach Auffassung des Gutachters wegen der Verschiedenheit der Ställe eine direkte Vergleichbarkeit auch problematisch. Letztlich habe der Gutachter nicht die erforderlichen hinreichenden Kenntnisse der konkreten örtlichen Marktsituation, weil es keine tauglichen Vergleichsfälle gebe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben des Beklagten vom xx. September 2020 verwiesen.
In der mündlichen Verhandlung am xx. November 2020 hat das Gericht den Sachverständigen zu den von ihm bei der Erstellung des Gutachtens angewandten Ermittlungsmethoden und der Bestimmung des von ihm zugrunde gelegten Marktes befragt. Er äußerte sich zudem auch über den prozentualen Anteil des Pachtentgelts für das verpachtete Inventar am Gesamtpachtzins. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 26. November 2020 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Die Umsatzsteuerbescheide 2014 bis 2017 vom xx. März 2018, xx. Juli 2018 und xx. Mai 2019 in Gestalt des Einspruchsbescheids vom xx. Dezember 2019 sind rechtswidrig und verletzen der Kläger insoweit in seinen Rechten, als der Beklagte für die vom Kläger erbrachte Verpachtung in den Streitjahren nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG eine höhere Bemessungsgrundlage als das vereinbarte Entgelt angesetzt hat (1.). Das Urteil des BFH vom 1. März 2018 V R 35/17 (BFH/NV 2018, 801) zur Frage, ob ein Steuerpflichtiger, der ein Grundstück an einen Landwirt verpachtet, der seine Umsätze gemäß § 24 Abs. 1 UStG nach Durchschnittssätzen versteuert, wirksam auf die Steuerfreiheit seiner Verpachtungsumsätze verzichten kann, führt im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis (2.).
1. Nach § 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG ist § 10 Abs. 4 UStG für Lieferungen und sonstige Leistungen, die Einzelunternehmer an ihnen nahestehende Personen ausführen § 10 Abs. 4 UStG entsprechend anzuwenden, wenn die Bemessungsgrundlage nach Absatz 4 das Entgelt nach § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG übersteigt; der Umsatz ist jedoch höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen. § 10 Abs. 5 Satz 1 2. Hs. UStG gilt zwar erst für Zeiträume ab dem 31. Juli 2014, jedoch hat er nur deklaratorischen Charakter, als sich die Grenze des marktüblichen Entgelts auch aus dem vorrangigen Art. 395 Abs. 1 MwStSystRL und Art. 80 Abs. 1 MwStSystRL im Wege europarechtskonformer Auslegung ergab (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 2. August 2019 9 K 3145/17, EFG 2019, 1719 = Juris Rdnr. 29 m. w. N.).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die vom Kläger an die GbR erbrachte Verpachtung des Boxenlaufstalls in den Streitjahren an eine ihm nahestehende Person erfolgt ist. Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Gesellschaft im Verhältnis zu einem Einzelunternehmer jedenfalls dann als nahestehende Person anzusehen, wenn deren Gesellschafter je zur Hälfte der volljährige Sohn und die Ehefrau des Einzelunternehmers sind (BFH, Beschluss vom 13. Dezember 1995 XI R 8/86, BStBl. II 1997, 840). Eine GmbH als Leistungsempfängerin fällt unter den Personenkreis, wenn der die Leistung ausführende Einzelunternehmer zu 2/3 am Kapital beteiligt und damit Mehrheitsgesellschafter ist (BFH, Beschluss vom 31. März 2008 XI B 208/06, BFH/NV 2008, 1217 = Juris Rdnr. 3). Für die Beurteilung eines Leistungsempfängers als nahestehende Person ist hinreichend, dass der Leistunde an der die Leistung empfangenden Gesellschaft beteiligt ist und für beide am Leistungsaustausch Beteiligte von einem Gleichklang der Interessenlagen auszugehen ist. Im Streitfall ist der Kläger zu 70 v. H. am Gesellschaftsvermögen beteiligt, der Rest wird von seinem volljährigen Sohn gehalten.
Der Ansatz der nach den bei der Verpachtung entstandenen Ausgaben in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG scheidet im Streitfall aus, weil der zwischen dem Kläger und der GbR vereinbarte Pachtzins das marktübliche Entgelt sogar übersteigt. Entgegen der Ansicht des Beklagten kann auch im konkreten Fall ein marktübliches Entgelt bestimmt werden, der Senat macht sich insoweit das Gutachten des Sachverständigen zu eigen.
§ 10 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 UStG beruht auch auf Art. 80 Abs. 1 MwStSystRL, wonach zur Vorbeugung von Steuerhinterziehung oder -umgehung die Mitgliedstaaten Maßnahmen treffen können, um sicherzustellen, dass die Steuerbemessungsgrundlage für die Lieferungen von Gegenständen oder für Dienstleistungen, an Empfänger, zu denen familiäre oder andere enge persönliche Bindungen, Bindungen aufgrund von Leitungsfunktionen oder Mitgliedschaften, sowie eigentumsrechtliche, finanzielle oder rechtliche Bindungen gemäß der Definition des Mitgliedstaates, bestehen, der Normalwert ist und der Erwerber oder Dienstleistungsempfänger nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt ist. Als Normalwert gilt nach Art. 72 Abs. 1 MwStSystRL der gesamte Betrag, den ein Empfänger einer Lieferung oder ein Dienstleistungsempfänger auf derselben Absatzstufe, auf der die Lieferung der Gegenstände oder die Dienstleistung erfolgt, an einen selbständigen Lieferer oder Dienstleistungsempfänger in dem Mitgliedstaat, in dem der Umsatz steuerpflichtig ist, zahlen müsste, um die betreffenden Gegenstände oder Dienstleistungen zu diesem Zeitpunkt unter den Bedingungen des freien Wettbewerbs zu erhalten. Für die Ermittlung des marküblichen Entgelts ist zunächst darauf abzustellen, auf welcher Handelsstufe sich der Erwerber des Liefergegenstands oder der empfangenen Dienstleistung sich im Verhältnis zu leistenden Unternehmer befindet. Bei Lieferungen an Endverbraucher sind vergleichbare Umsätze heranzuziehen, Sonderkonditionen für einzelne Großkunden oder Mitarbeiterrabatte bleiben außer Betracht (BFH, Beschluss vom 17. November 2015 XI B 52/15, BFH/NV 2016, 431 = Juris Rdnr. 26). Die Finanzverwaltung und ihr folgend Teile der Rechtsprechung fordern darüber hinaus, dass am konkreten Ort der Leistungserbringung ein entsprechender Markt bestehen muss, um unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse dort einen Marktpreis bestimmen zu können (Abschn. 2.5. Abs. 23 Satz 6 UStAE und FG Baden-Württemberg, Urteil vom 2. August 2019 9 K 3145/17, EFG 2019, 1719 = Juris Rdnr. 29 m. w. N. aus der Kommentarliteratur). Auch der BFH stellt bei der Ermittlung der ortsüblichen Miete in § 21 Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) auf den Verkehrswert der Überlassung von Wohn- oder Geschäftsräumen als Hauptleistung ab, der wesentlich von den örtlichen Besonderheiten abhänge (Urteil vom 10. Oktober 2018 IX R 30/17, BStBl. II 2019, 200).
Entgegen der Auffassung von Teilen der Rechtsprechung, der Finanzverwaltung und der Fachliteratur ist eine Begrenzung des Merkmals des marktüblichen Entgelts auf die vergleichbaren konkreten Verhältnisse am Leistungsort nach europarechtskonformer Auslegung unter Beachtung des Art. 72 Abs. 1 MwStSystRL nicht generell zulässig. Bei der Regelung der Mindestbemessungsgrundlage in § 10 Abs. 5 UStG handelt es sich um eine Sondermaßnahme zur Verhütung von Steuerhinterziehungen und -umgehungen. Die nationale Regelung ist deshalb eng auszulegen und darf nur insoweit Anwendung finden, als dies für die Erreichung des Ziels, der Gefahr der Steuerhinterziehung oder -umgehung entgegenzuwirken, unbedingt erforderlich ist (BFH, Urteil vom 7. Oktober 2010 V R 4/10, BStBl. II 2016, 181). Art. 72 Abs. 1 MwStSytRL stellt bei der Definition des Normalwerts darauf ab, welchen Betrag der Empfänger auf derselben Absatzstufe in dem Mitgliedstaat zahlen müsste. Eine Reduzierung des Kreises vergleichbarer Leistungen auf solche, die am Ort der konkreten Leistungserbringung am örtlichen Markt angeboten werden, folgt aus dieser Bestimmung nicht. Eine derartige Beschränkung würde den leistenden Unternehmer, der die Feststellungslast für diesen Umstand zu tragen hat, übermäßig belasten.
Zur Überzeugung des Senats ist bei der Frage, welcher Umkreis bei der Ermittlung vergleichbarer Leistungen für ein marktübliches Entgelt herangezogen werden kann, nicht generalisierend auf die Verhältnisse vor Ort abzustellen. Vielmehr ist zu prüfen, welche Umstände bei der Preisfindung nach der Art der angebotenen Leistung prägend sind und danach der Kreis der vergleichbaren Leistungen zu bestimmen. So bestimmt das Finanzgericht Münster bei der Ermittlung eines marktüblichen Entgelts für Wärmelieferungen aus dem Betrieb einer Biogasanlage eine wissenschaftliche Untersuchung heran und legt den dort ermittelten durchschnittlichen Arbeitspreis von Wärme aus Biogas-Anlagen für das gesamte Bundesgebiet als bereinigten Mittelwert zugrunde (Finanzgericht Münster Urteil vom 1. Oktober 2019 15 K 1050/16 U, EFG 2019, 1930 = Juris Rdnr. 57). Diese Vorgehensweise rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass für einen privaten Endverbraucher von Wärme die Person des leistenden Unternehmers letztlich egal ist, Hauptsache, der Abnehmer befindet sich in hinreichender Nähe zum Produktionsstandort und ist an das Fernwärmenetz angeschlossen. Die Angebotssituation ist von den konkreten örtlichen Verhältnissen insoweit entkoppelt, als überhaupt nur ein örtlicher Anbieter zur Verfügung stehen muss. Auch die Finanzverwaltung lässt es in Abschn. 2.5. Abs. 23 Satz 9 UStAE im Übrigen zu, den bundeseinheitlich ermittelten Fernwärmepreis des jeweiligen Vorjahres als Schätzungsgrundlage zu verwenden, allerdings systemfremd zur Ermittlung der Selbstkosten (vgl. dazu auch FG Münster, Urteil vom 1. Oktober 2019 15 K 1050/16 U, Juris Rdnr. 58).
Der Senat ist nach Würdigung insbesondere der Erläuterungen, die der Sachverständige zu seinem Gutachten in der mündlichen Verhandlung gegeben hat, davon überzeugt, dass bei der Ermittlung des marktüblichen Entgelts nicht allein auf die Marktverhältnisse vor Ort abzustellen ist. Maßgebend sind vielmehr die Regionen, in denen sich entsprechende Rinderställe befinden und die hinsichtlich der Futterlage, die für die Preisfindung wesentlich ist, vergleichbar sind. Der Gutachter hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass die Boxenlaufställe im Wesentlichen gleich konzipiert werden und für den Preis nur entscheidend ist, wie gut die dort untergestalten Rinder mit Futter versorgt werden können. Er hat dargestellt, dass er nur Gebiete mit gleicher Futterlage für seine Vergleichsmieten herangezogen hat und deshalb nicht von ortsüblichen Pachten, sondern von regionalüblichen gesprochen. Der Senat schließt sich deshalb der Ermittlung der marktüblichen Pacht in Höhe von 325 € pro Stallplatz an. Würde man demgegenüber mit dem Beklagten vergleichbare Stallanlagen vor Ort zur Ermittlung fordern, würde die Begrenzung auf das marktübliche Entgelt praktisch leerlaufen, weil sich derartige vergleichbare Anlagen nur in den seltensten Fällen finden ließen. Der Zielsetzung der Norm, Fälle der Steuerhinterziehung und -umgehung zu verhindern, wird es dagegen bereits dann gerecht, wenn durch ein Sachverständigengutachten wie im Streitfall die für den leistenden Unternehmer und den Erwerber entscheidenden Parameter - hier die Futterlage - ermittelt wird und dann vergleichbare Fälle herangezogen werden. Da der durch den Sachverständigen ermittelte marktübliche Pachtzins niedriger als das vereinbarte Entgelt ist, ist dieses - wie durch den Kläger geschehen - bei der Bemessung der Umsatzsteuer nach § 10 Abs. 5 Satz 2 UStG anzusetzen.
2. Die Berücksichtigung der Rechtsansicht des BFH in seinem Urteil vom 1. März 2018 V R 35/17, BFH/NV 2018, 801 führt im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis. Entgegen Abschn. 9.2. Abs. 2 UStAE ist ein Verzicht auf die Steuerbefreiung in § 4 Nr. 12 a UStG gemäß § 9 Abs. 1 und 2 UStG durch den Verpächter nicht möglich, wenn er ein Grundstück an einen anderen Landwirt, der seine Umsätze nach § 24 UStG versteuert, verpachtet. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, wäre die durch den Ausweis offener Umsatzsteuer im Pachtvertrag erklärte Option des Klägers unwirksam, die Pachterlöse - zumindest soweit sie die Verpachtung des Gebäudes und des Grund und Bodens betreffen - nach § 4 Nr. 12 a UStG steuerbefreit und die mit diesen Ausgangserlösen in Zusammenhang stehenden Umsatzsteuerbeträge für entsprechende Aufwendungen nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht abzugsfähig. Der Berücksichtigung dieser Rechtsprechung steht aber für das Jahr 2014 § 176 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) entgegen; in den übrigen Jahren entsteht wegen der Steuerbefreiung seiner Umsätze für den Kläger keine erhöhte Umsatzsteuer, die im Wege der Kompensation zu berücksichtigen wäre.
Nach § 176 Abs. 2 AO darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass eine allgemeine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung, einer obersten Bundes- oder Landesbehörde von einem obersten Gerichtshof des Bundes als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet worden ist. Die Vorschrift bindet auch die Finanzgerichte, sofern ein Änderungsbescheid Verfahrensgegenstand ist. Hat das Finanzamt den Steuerbescheid aus Gründen geändert, die das Finanzgericht für unzutreffend hält, so gilt auch für die Entscheidung des Gerichts weiterhin die gesetzliche Verpflichtung, bei der Änderung des Verwaltungsaktes im Rahmen des § 176 AO Vertrauensschutz zu gewähren. Eine Kompensation der vom Finanzamt rechtsirrtümlich durch die Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung vorgenommenen Erhöhung der Steuerfestsetzung durch Rechtsfehler infolge einer geänderten Rechtsprechung des BFH, mit der eine angewandte Verwaltungsvorschrift nach Erlass des Erstbescheids für rechtswidrig erklärt wird, ist nicht zulässig (BFH, Urteil vom 28. Mai 2002 IX R 86/00, BStBl. II 2002, 840, 841).
Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass ist eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, die das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Länder auf der Grundlage des § 21 a Abs. 1 Finanzverwaltungsgesetz erlassen hat. Sein Urheber ist eine oberste Bundesbehörde. Mit dem Urteil des BFH vom 1. März 2018 V R 35/17 hat ein oberster Gerichtshof des Bundes die Verwaltungsvorschrift in Abschn. 9.2 Abs. 2 UStAE für mit dem Gesetz unvereinbar erklärt, indem er seine Rechtsansicht zur Optionsmöglichkeit mit nach seiner Meinung zutreffenden Zitaten aus der Fachliteratur belegt und sodann die Verwaltungsvorschrift mit "a. M." anführt (Urteil vom 1. März 2018 V R 35/17, Juris Rdnr. 15). Damit hat das Gericht seine Auffassung ausdrücklich in einen Gegensatz zu der der Finanzverwaltung gestellt, was zur Anwendung des § 176 Abs. 2 AO genügt (BFH, Urteil vom 27. August 2014 II R 43/12, BStBl. II 2015, 241, 244 m. w. N.).
§ 176 Abs. 2 AO gilt nur bei der Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden, setzt somit als Ausgangspunkt die Existenz eines Erstbescheides voraus. Eine Umsatzsteuererklärung, die bei ihrem Eingang beim Finanzamt nach § 168 Satz 1 AO zu einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung führt, stellt im Umkehrschluss aus § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Satz 2 AO im Bereich des § 176 Abs. 2 AO einen Erststeuerbescheid dar (BFH, Urteile vom 28. September 1987 VIII R 154/86, BStBl. II 1988, 40; vom 2. November 1989 V R 56/84, BStBl. II 1990, 253). Die gilt allerdings nach § 168 Satz 2 AO in dem Fall, dass durch die Anmeldung zu einer Herabsetzung der bisher zu entrichtenden Steuer führt, wenn der Beklagte der Umsatzsteuererklärung zustimmt. Im Streitfall sind folgende Umsatzsteuererklärungen beim Beklagten eingegangen:
Streitjahr Datum des Eingangs für 2014 (keine Zustimmung erforderlich) 10. März 2016 für 2015 (keine Zustimmung erforderlich) 28. Februar 2017 für 2016 (erforderliche Zustimmung nicht erteilt) 18. April 2018 für 2017 (erforderliche Zustimmung nicht erteilt) 04. April 2019 Für die Jahre 2016 und 2017 ist § 176 Abs. 2 AO schon deshalb nicht einschlägig, weil bei Erlass der beiden angefochtenen Umsatzsteuerbescheide am 11. Juli 2018 und 16. Mai 2019 keine wirksamen Steuerfestsetzungen durch die Umsatzsteuererklärungen vorlagen, mithin Erstbescheide der gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Zudem wurde die maßgebliche Entscheidung zur Gesetzeswidrigkeit der Verwaltungsvorschrift nach den Erkenntnissen des Gerichts im Mai 2018 in ersten Zeitschriften veröffentlicht, nämlich in der Umsatzsteuer-Rundschau und in BFH/NV. Da nicht auf das Datum des Urteils, sondern auf seine Veröffentlichung abzustellen ist (BFH, Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 3/06, BStBl. II 2009, 203, 205) sind auch die zeitlichen Voraussetzungen des § 176 Abs. 2 AO für die Streitjahr 2017 nicht erfüllt.
Für das Streitjahr 2014 würde die Berücksichtigung der Steuerbefreiung für die erzielten Umsätze des Klägers zu einem erheblichen Nachteil im Vergleich zur erstmals durch die Umsatzsteuererklärung festgesetzten Steuer führen. Zwar würden die erbrachten Verpachtungsleistungen nicht mehr mit Umsatzsteuer belastet werden, jedoch müsste im Gegenzug nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG der Vorsteuerabzug auf die Aufwendungen zur Errichtung des Stalls und der Betriebsvorrichtungen storniert werden. Die steuerliche Belastung durch den Wegfall der Vorsteuer ist aber etwa doppelt so hoch wie die Entlastung durch den Wegfall der steuerpflichtigen Umsätze. Diese Konsequenz tritt auch dann wenn auch in gemilderter Form ein, wenn man entgegen der Auffassung des Niedersächsischen Finanzgerichts im Urteil vom 11. Juni 2020 11 K 24/19, Juris die Auffassung vertritt, die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen stelle eine eigenständige sonstige Leistung dar, die nach § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG in jedem Fall der Umsatzsteuerpflicht unterfällt. Im konkreten Streitfall ist deshalb nicht zu entscheiden, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen die Mitverpachtung der Betriebsvorrichtungen mit der Verpachtung des Stalls eine einheitliche steuerfreie Leistung darstellt.
Für die übrigen Jahre führt die Steuerbefreiung der Verpachtungsumsätze dagegen nicht zu einer Steuerfestsetzung zuungunsten des Klägers. In diesen Jahren entfielen zunächst die Umsatzsteuerbeträge auf die steuerfrei erbrachten Verpachtungsleistungen (ggf. gekürzt um 27,5 v. H. als geschätzter Anteil des Gesamtentgelts für die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen). Zulasten des Klägers müssten die in den Streitjahren geltend gemachten Vorsteuerbeträge ganz oder anteilig um 27,5 v. H. gekürzt werden, die aber mit Beträgen zwischen jährlich 140 und 400 € im Vergleich zur Umsatzsteuer auf die erbrachten Leistungen nur marginal sind.
Eine Berichtigung der im Jahr 2014 wegen der Errichtung des Boxenlaufstalls berücksichtigten Vorsteuerbeträge in den Jahren 2015 bis 2017 nach § 15 a Abs. 1 UStG scheidet dagegen aus.
Nach § 15 a Abs. 1 Sätze 1 und 2 UStG ist eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsgutes entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen, wenn sich bei diesem Wirtschaftsgut die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse innerhalb des bei Grundstücken maßgeblichen Berichtigungszeitraums von zehn Jahren ändern. Nach der Rechtsprechung des BFH liegt eine Änderung der für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse auch dann vor, wenn sich diese nicht in tatsächlicher Hinsicht geändert haben, sondern wenn sich bei tatsächlich gleichbleibenden Verwendungsumsätzen die rechtliche Beurteilung der Verwendungsumsätze, die der Gewährung des Vorsteuerabzugs im Abzugsjahr zugrunde lag, in einem der Folgejahre als unzutreffend erweist, sofern die Steuerfestsetzung für das Abzugsjahr bestandskräftig und unabänderlich ist (BFH, Urteil vom 23. Oktober 2014 V R 11/12, BStBl. II 2015, 973 = Juris Rdnr. 30 m. w. N.; ständige Rechtsprechung).
Mit Urteil vom 11. April 2018 C-532/16, UR 2018, 526 hat der EuGH allerdings entschieden, dass eine derartige Interpretation der nationalen Berichtigungsvorschrift mit Art. 187 bis 189 MwStSystRL nicht vereinbar wäre, weil von diesen Vorschriften die Konstellation, dass von Anfang an kein Abzugsrecht hinsichtlich der in Rechnung gestellten Umsatzsteuer bei bezogenen Eingangsleistungen bestand, nicht umfasst wird. In derartigen Fällen können Berichtigungen nur auf nationalen Regelungen, die ihre europarechtliche Grundlage in Art. 184 MwStSystRL finden. Im deutschen Umsatzsteuerrecht gibt es keine Regelung, die eine nachträgliche Korrektur eines zu Unrecht gewährten Vorsteuerabzugs mit Wirkung im Moment der Entdeckung des Rechtsirrtums ermöglicht.
Eine Minderung der festgesetzten Umsatzsteuer in den Streitjahren 2015 bis 2017 über das Klagebegehren des Klägers hinaus ist nach § 96 Abs. 1 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht zulässig.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Nebenentscheidungen folgen aus § 151 Abs. 1 und 3 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war nach § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig zu erklären.
Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen, um die Rechtsfrage, unter Berücksichtigung welchen Maßstabs das marktübliche Entgelt zu bestimmen ist, höchstrichterlich zu klären.