Verwaltungsgericht Stade
Urt. v. 31.08.1998, Az.: 6 A 1797/97
Untersagung der Fortsetzung eines Handwerksbetriebes ; Bewilligung zur Eintragungen die Handwerksrolle in Ausnahmefällen
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 31.08.1998
- Aktenzeichen
- 6 A 1797/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 19450
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:1998:0831.6A1797.97.0A
Rechtsgrundlagen
- § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO
- § 16 Abs. 3 HandwO
- § 7 Abs. 1 HandwO
- § 9 HandwO
- § 8 HandwO
- § 1 EWG/EWR HwV
Fundstelle
- GewArch 1999, 120-121
Verfahrensgegenstand
Untersagung der Fortsetzung eines Handwerksbetriebes
Prozessführer
Herr ...
Prozessgegner
Landkreis Osterholz,
vertreten durch den Oberkreisdirektor, Osterholzer Straße 23, 27711 Osterholz-Scharmbeck.
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Zeit- und Geldmangel sowie starke berufliche Inanspruchnahme auf Seiten eines Antragstellers reichen alleine nicht aus, um einen Ausnahmefall nach § 8 HanwO zu begründen. Denn eine Meisterprüfung bringt für jeden Bewerber besondere Schwierigkeiten zeitlicher und finanzieller Art mit sich. Der Zwang, die Lebensführung einzuschränken, führt deshalb in aller Regel zu keinem Ausnahmefall des § 8 Abs. 1 HandwO.
- 2.
Die EWG/EWR - Handwerk - VO ist mit höherrangigem Verfassungsrecht, insbesondere mit Art. 3 GG vereinbar ist. Die Ungleichbehandlung der EG-Angehörigen, die ihren Handwerksberuf in Deutschland ausüben, ist deswegen gerechtfertigt, weil ihnen im Regelfall die Möglichkeit offensteht, die Meisterprüfung abzulegen, den in anderen Mitgliedstaaten tätigen Handwerkern aber nicht.
In der Verwaltungsrechtssache
hat die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Stade
auf die mündliche Verhandlung vom 31. August 1998
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Gärtner,
die Richter am Verwaltungsgericht Leiner und Wermes
sowie die ehrenamtlichen Richter ... und ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Kostenbetrages abwenden, sofern nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die ihm vom Beklagten untersagte Fortsetzung seines Handwerksbetriebes Sanitärinstallation und Klempnerei.
Der 1960 auf .../Spanien geborene Kläger - verheiratet, Vater von fünf Kindern - ist spanischer Staatsangehöriger. In der Bundesrepublik Deutschland absolvierte er eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur, die er am 19. Januar 1981 erfolgreich mit der Gesellenprüfung abschloß. In der Folgezeit arbeitete er - unterbrochen durch einen achtmonatigen Aufenthalt auf ... im Jahre 1988 - in diesem Beruf als Kundendienstmonteur.
Am 06. Februar 1990 machte er sich mit dem Gewerbe Sanitärinstallation und Klempnerei selbständig, das er am 22. Februar 1990 bei der Gemeinde ... als Gewerbe anmeldete. Zunächst war in diesem Betrieb auch der Bruder des Klägers tätig, der über eine Ausbildung als Diplom - Ingenieur im Bereich Betriebs- und Versorgungstechnik verfügt. Bis zum Ausscheiden des Bruders aus dem Betrieb des Klägers im Jahre 1993 war der Betrieb des Klägers auch in der Handwerksrolle der Handwerkskammer Lüneburg - Stade eingetragen. Nach dem Ausscheiden des Bruders führte der Kläger seinen Betrieb allein weiter, der im Juli 1993 in der Handwerksrolle gelöscht wurde.
In der Folgezeit setzte der Kläger seine geschäftlichen Aktivitäten in seinem Betrieb fort, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein oder einen Antrag auf Eintragung bzw. einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle gestellt zu haben. Entsprechende Auskunftsersuchen der Handwerkskammer Lüneburg-Stade blieben erfolglos. Die Handwerkskammer trat daraufhin Ende Februar 1995 an den Beklagten heran und bat, ein angemessenes Bußgeld zu verhängen, das der Beklagte mit Bescheid vom 15. Mai 1995 erließ.
Nachdem die Handwerkskammer Lüneburg-Stade daraufhin am 27. Juni 1995 mitgeteilt hatte, dass eine Handwerksrolleneintragung nicht bestehe, leitete der Beklagte ein Gewerbeuntersagungsverfahren nach § 35 GewO gegen den Kläger ein. Unter Hinweis auf die fehlende Eintragung in die Handwerksrolle und gegenüber dem Finanzamt ... bestehende Beitragsrückstände gab der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 25. Oktober 1995 Gelegenheit, zu der beabsichtigten Gewerbeuntersagung Stellung zu nehmen. Daraufhin erschien der Kläger am 20. November 1995 beim Beklagten und versprach, sich umgehend wegen einer Ausnahmebewilligung mit der Handwerkskammer in Verbindung zu setzen.
Unter dem 08. Dezember 1995 beantragte der Kläger bei der Kreishandwerkerschaft ..., ihm eine Ausübungsberechtigung nach § 7a HandwO zu erteilen. Die Kreishandwerkerschaft und die Handwerkskammer Lüneburg - Stade leiteten den Antrag an die Bezirksregierung Lüneburg mit dem Hinweis weiter, dass dem Kläger zuzumuten sei, die Meisterprüfung zu absolvieren.
Mit Bescheid vom 24. Januar 1997 lehnte die Bezirksregierung Lüneburg den Antrag des Klägers auf Erteilung der Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle mit dem Gas- und Wasserinstallateur-, dem Klempner- sowie dem Zentralheizungs- und Lüftungsbauer-Handwerk mit der Begründung ab, dass im Fall des Klägers ein Ausnahmefall, in dem die Ablegung der Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung für den Antragsteller eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, nicht vorliege. Unter Berücksichtigung des Alters des Klägers und seiner zeitlichen und finanziellen Belastung sei es ihm zuzumuten, sich der Meisterprüfung zu unterziehen. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch nicht ein.
Nachdem die Handwerkskammer Lüneburg-Stade dem Beklagten am 11. März 1997 mitgeteilt hatte, dass die Ausnahmebewilligung bestandskräftig nicht erteilt worden sei, gab der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 09. April 1997 Gelegenheit, zu der von dem Beklagten beabsichtigten Untersagung des Gewerbes "Sanitärinstallation und Klempnerei" Stellung zu nehmen.
Mit Bescheid vom 23. Mai 1997 untersagte der Beklagte dem Kläger, sein Gewerbe "Sanitärinstallation und Klempnerei in ... fortzusetzen, und drohte dem Kläger für den Fall der Nichtbefolgung ein Zwangsgeld in Höhe von 2000 DM an. Die weitere Ausübung seines Handwerksbetriebs müsse dem Kläger untersagt werden, da er dieses eintragungspflichtige Handwerk betreibe, ohne in die Handwerksrolle eingetragen zu sein und ohne die Voraussetzungen für eine Eintragung zu besitzen. Mit seinem Sanitärinstallations- und Klempnereihandwerk könne er nicht in die Handwerksrolle eingetragen werden, weil er weder die Meisterprüfung in diesem Handwerk bestanden habe noch über eine Ausnahmebewilligung verfüge. Die Untersagung sei notwendig, um ordnungsgemäße Zustände und den Schutz der übrigen Handwerksbetriebe, die ihr Handwerk ordnungsgemäß ausübten, wieder herzustellen. Gegen diesen wie auch gegen den dem Bescheid beigefügten Kostenfestsetzungsbescheid über 309,00 DM erhob der Kläger Widerspruch mit der Begründung, dass er innerhalb der Europäischen Gemeinschaft ungleich behandelt werde. Handwerker anderer europäischer Staaten, die Mitglied der Europäischen Gemeinschaft seien, könnten in jedem anderen Mitgliedsland auch ohne Meisterprüfung ihrem Handwerk nachgehen, wenn sie eine gewisse Zeit der beruflichen Erfahrung nachweisen könnten. Wenn er in Spanien seine Ausbildung absolviert hätte und dort 3 Jahre in diesem Beruf tätig gewesen wäre, hätte ihm die Ausübung seines Handwerks in der Bundesrepublik Deutschland nicht verwehrt werden können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06. Oktober 1997 wies die Bezirksregierung Lüneburg den Widerspruch des Klägers gegen die Untersagungsverfügung im wesentlichen mit der Begründung zurück, dass der Kläger weder in die Handwerksrolle eingetragen sei noch die Voraussetzungen, nach denen eine Eintragung in die Handwerksrolle möglicherweise vorzunehmen wäre, erfülle.
Auch unter Berücksichtigung von § 9 HandwO in Verbindung mit der EWG/EWR-Handwerk-Verordnung sei eine Eintragung in die Handwerksrolle nicht möglich, denn der Kläger habe seine Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland absolviert und sei auch hier tätig gewesen, so dass diese Verordnung auf den Kläger nicht anzuwenden sei. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung sei zudem bestandskräftig abgelehnt worden.
Dagegen hat der Kläger mit einem am 06. November 1997 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben, mit der er unter Vertiefung seines Vorbringens im Widerspruchsverfahren im wesentlichen ergänzend geltend macht, dass er im Verhältnis zu Konkurrenten aus dem Ausland, die in der Bundesrepublik Deutschland einer vergleichbaren Erwerbstätigkeit nachgehen wollen, benachteiligt würde. Da ausländischen Mitkonkurrenten mit entsprechenden im Ausland erworbenen beruflichen und fachlichen Qualifikationen die Ausübung eines entsprechenden Gewerbes in der Bundesrepublik Deutschland nicht versagt würde, könne nicht zu seinen Lasten gewertet werden, wo er seine Ausbildung bzw. praktischen Erfahrungen erworben habe. Ein Mitbewerber aus einem europäischen Vertragsstaat werde besser beurteilt als ein Handwerker mit ausländischer Staatsangehörigkeit, der seine Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland absolviert habe. Dieses Ergebnis verstoße gegen die Prinzipien des EG-Vertrages. Soweit ein Diskriminierungsverbot auch für die gewerblich tätigen Mitglieder der Vertragsstaaten in der Bundesrepublik gelte, müsse dies im Umkehrschluß natürlich auch für die Handwerker im eigenen Lande gelten. Der EuGH habe die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit in einem Mitgliedsstaat trotz Fehlens der dort geforderten Qualifikationsvoraussetzungen als zulässig angesehen, wenn dieser nach den Bestimmungen seines Staates die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten für die tatsächliche Ausübung der betreffenden Tätigkeit besitzt. Wenn er seine in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübte Berufstätigkeit in Spanien absolviert hätte, hätte er ohne weiteres die Qualifikation zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit als Installateur in der Bundesrepublik Deutschland ohne Meisterbrief erfüllt. Allein die Tatsache, dass er seine Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland, die im Vergleich zur Ausbildung in Spanien als höherwertiger einzustufen sei, abgeschlossen habe, könne keine Rechtsgrundlage dafür bieten, dass er anders zu beurteilen wäre. Die europarechtlichen Regelungen zielten darauf ab, in den Mitgliedsstaaten eine größtmögliche Harmonisierung und Liberalisierung bei der Aufnahme von entsprechenden Tätigkeiten zu schaffen, ohne dass aufgrund ihres Aufenthaltsortes oder ihrer Staatsangehörigkeit ein Unterschied in der Behandlung gemacht werden dürfe.
Da die angefochtene Entscheidung des Beklagten mit grundlegenden Prinzipien des europäischen Rechts kollidiere, sei sie als nichtig einzustufen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23. Mai 1997 sowie den Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg vom 06. Oktober 1997 aufzuheben,
ferner,
die Hinzuziehung des Prozeßbevollmächtigten des Klägers für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er vertritt unter Bezugnahme auf die angefochtenen Bescheide den Standpunkt, dass die Entscheidung nicht gegen europäisches Recht verstoße. Im übrigen seien die Ausführungen des Klägers im Zusammenhang mit dem Nachweis bzw. mit der Anerkennung einer beruflichen Qualifikation, die auf die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung abzielten, nicht relevant, denn die Versagung einer Ausnahmebewilligung von der Eintragung in die Handwerksrolle sei bestandskräftig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 23. Mai 1997 und der Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung Lüneburg sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, wie es für eine erfolgreiche Klage gem. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO erforderlich wäre.
Der Beklagte hat seine Untersagungsverfügung zu Recht auf § 16 Abs. 3 HandwO (in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Dezember 1965 (BGBl. I 1966, S. 1) - mit späteren Änderungen -) gestützt. Danach kann die zuständige Behörde - hier der Beklagte - von Amts wegen oder auf Antrag der Handwerkskammer die Fortsetzung des Betriebes untersagen, wenn der selbständige Betrieb eines Handwerks als stehendes Gewerbe entgegen den Vorschriften der Handwerksordnung ausgeübt wird.
Diese Voraussetzung ist im Fall des Klägers zu bejahen, denn er betrieb jedenfalls zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides seinen Sanitärinstallateur- und Klempnereibetrieb, ohne nach § 7 Abs. 1 HandwO oder gem. §§ 8, 9 HandwOüber eine Ausnahmebewilligung in Verbindung mit § 7 Abs. 3 HandwO in die Handwerksrolle eingetragen zu sein. Eine entsprechende Ausnahmebewilligung gem. §§ 8, 9 HandwO ist dem Kläger mit bestandskräftigem Bescheid der Bezirksregierung vom 24. Januar 1997 versagt worden. Bereits von daher kann sich der Kläger im vorliegenden Fall, in dem allein die angefochtene Untersagungsverfügung den Streitgegenstand darstellt, nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm eine Ausnahmebewilligung gem. §§ 8, 9 HandwO zusteht, denn diesem Ansinnen steht bereits die Bestandskraft dieser Ablehnung durch die Bezirksregierung Lüneburg entgegen.
Aber auch in der Sache steht dem Kläger weder eine Ausnahmebewilligung gem. § 8 HandwO zu noch gem. § 9 HandwO.
Gem. § 8 Abs. 1 S. 1 HandwO ist in Ausnahmefällen eine Bewilligung zur Eintragungen die Handwerksrolle (Ausnahmebewilligung) zu erteilen, wenn die zur selbständigen Ausübung des von dem Antragsteller zu betreibenden Handwerks notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten nachgewiesen sind. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 HandwO liegt ein Ausnahmefall vor, wenn die Ablegung der Meisterprüfung zum Zeitpunkt der Antragstellung oder danach für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde. Einen solchen Ausnahmefall kann der Kläger unter Hinweis darauf, dass sein Betrieb seinen vollen Einsatz erfordere und dass er nicht die Zeit bzw. die finanziellen Mittel aufbringen könne, die Meisterprüfung abzulegen, nicht mit Erfolg für sich in Anspruch nehmen.
Zeit- und Geldmangel sowie starke berufliche Inanspruchnahme auf Seiten des Antragstellers reichen alleine nicht aus, um einen Ausnahmefall zu begründen (Aberle, Komm. z. HandwO § 8 RN 48). Denn eine Meisterprüfung bringt für jeden Bewerber besondere Schwierigkeiten zeitlicher und finanzieller Art mit sich (Bay. VGH, GewArch 1971, 198). Der Zwang, die Lebensführung einzuschränken, führt deshalb in aller Regel zu keinem Ausnahmefall des § 8 Abs. 1 HandwO(VGH Baden - Württemberg, Urteil vom 25.02.1993 - 14 S 2264/91 - GewArch 1994, 68 (68)). Auch die vom Kläger vorgetragene Belastung durch den Erwerb des Eigenheimes bzw. durch den Unterhalt seiner sechsköpfigen Familie stellt eine allgemeine Belastung dar, die ein Absehen von der Meisterprüfung im Wege der Ausnahmebewilligung nicht rechtfertigt.
Die angespannte berufliche Situation des Klägers stellt ebenfalls keinen Ausnahmefall dar. Der Kläger hat seine derzeitige Lage, dass er über Jahre hinweg seinen Betrieb aufgebaut hat, ohne einen Handwerksmeister als Betriebsleiter einzustellen oder selbst die Meisterprüfung abzulegen selbst zu vertreten. Denn nach dem Ausscheiden seines Bruders aus dem Betrieb im Jahre 1993 hat der Kläger seinen Betrieb weiter geführt, ohne die Erfordernisse nach der Handwerksordnung zu beachten, obwohl er mehrfach auf das Erfordernis einer Eintragung in die Handwerksrolle hingewiesen worden war. Damit hat er von vornherein das Risiko übernommen, einen Betriebsleiter einzustellen bzw. seinen Betrieb gegebenenfalls bis zur bestandenen Meisterprüfung auch weiterhin mit einem Betriebsleiter führen zu müssen.
Auch über § 9 HandwO steht dem Kläger eine Ausnahmebewilligung zur Eintragung in die Handwerksrolle nicht zu. Denn der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der aufgrund der Ermächtigung in § 9 HandwO ergangenen EWG/EWR-Handwerk-Verordnung (EWG/EWR Hw VO) vom 4. August 1966 (BGBl. I 1966, S. 469) zuletzt geändert durch Gesetz vom 20. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2256), nicht.
Diese VO setzt neben den in § 1 EWG/EWR Hw - VO genannten weiteren Voraussetzungen voraus, dass der Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat ausgeübt wurde. Der Kläger hat jedoch seine berufliche Tätigkeit bis auf einen achtmonatigen Aufenthalt in Spanien allein in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann darin ein Gleichheitsverstoß nicht erblickt werden. In der Rechtsprechung des BVerwG ist geklärt, dass die EWG/EWR - Handwerk - VO mit höherrangigem Verfassungsrecht, insbesondere mit Art. 3 GG vereinbar ist (Beschluß vom 25. März 1996 - BVerwG 1 B 123.95 - Buchholz 451.45 § 9 Nr. 6 m.w.N.) Die Ungleichbehandlung der EG-Angehörigen, die ihren Handwerksberuf in Deutschland ausüben, ist deswegen gerechtfertigt, weil ihnen im Regelfall die Möglichkeit offensteht, die Meisterprüfung abzulegen, den in anderen Mitgliedstaaten tätigen Handwerkern aber nicht (VGH Baden - Württemberg vom 25. Februar 1993 - 14 S 2264/91 - GewArch 1994, 68 (69); VGH Baden - Württemberg, Urteil vom 21. Januar 1993 - 14 S 600/92 - GewArch 1993, S. 252, bestätigt durch BVerwG, Beschluß vom 8. Juni 1993 - 1 B 65.93 - Buchholz - 451.45 § 9 Nr. 4).
§ 1 Abs. 1 EWG/EWR - Handwerk - VO verletzt auch nicht das Diskriminierungsverbot des Art. 7 Abs. 1 EWG - Vertrag - EGV -, weil die VO für die Staatsangehörigen aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union, also auch für deutsche Staatsangehörige gilt (EuGH, Urteil vom 07. Februar 1979, NJW 1979, 1761, BVerwG, Beschluß vom 16. Mai 1984, Buchholz 451.45§ 8 HwO Nr. 10). Ein Anlass, das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof zu einer Vorabentscheidung nach Art. 177 Abs. 2 EGV vorzulegen, besteht daher nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Für den Ausspruch nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO ist kein Raum. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird gem. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG auf 20.000,00 DM festgesetzt.
Leiner
Wermes