Landgericht Göttingen
Beschl. v. 25.02.2004, Az.: 1 Qs 15/04

Anforderungen an die Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde; Übernahmeadressat der Kosten des Beschwerdeverfahrens und der der früheren Angeklagten entstandenen notwendigen Auslagen; Berechnung der Wertgrenze im Sinne von § 304 Abs. 3 Strafprozessordnung (StPO)

Bibliographie

Gericht
LG Göttingen
Datum
25.02.2004
Aktenzeichen
1 Qs 15/04
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2004, 35213
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGGOETT:2004:0225.1QS15.04.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Northeim - 21.01.2004 - AZ: 9 Ds 11 Js 4938/02

Fundstellen

  • StraFo 2004, 182 (Volltext mit red. LS)
  • ZfS 2004, 331 (amtl. Leitsatz)
  • zfs 2004, 331 (amtl. Leitsatz)

Verfahrensgegenstand

Betrug
Kostenbeschwerde

Die 1. große Strafkammer des Landgerichts Göttingen hat
auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem Landgericht Göttingen
gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Northeim vom 21. Januar 2004 - 9 Ds 11 Js 4938/02 -
durch
den Vorsitzenden Richter am Landgericht ...,
die Richterin am Landgericht sowie
den Richter ...
am 25. Februar 2004
beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die der früheren Angeklagten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen fallen der Landeskasse zur Last.

Gründe

1

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht Northeim die aufgrund des freisprechenden Urteils des Amtsgerichts Northeim vom 02.09.2003 von der Landeskasse an die frühere Angeklagte zur erstattenden notwendigen Auslagen auf 508,66 EUR festgesetzt. Hierin enthalten ist eine Dokumentenpauschale gemäß § 27 BRAGO für 340 Kopien in Höhe von 68,50 EUR zzgl. Mehrwertsteuer.

2

Der Beschluss ist dem Vertreter der Landeskasse am 26.01.2004 zugestellt worden. Mit der am 29.01.2004 bei dem Amtsgericht Northeim eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet sich der Bezirksrevisor gegen die Erstattungsfähigkeit der in Ansatz gebrachten Kopiekosten für 340 Kopien. Der Beschwerdeführer bestreitet, dass die Herstellung der Kopien, insbesondere die Ablichtung der mit dieser Sache in Berührung gekommenen Verfahren 11 Js 5534/01, 11 Js 5530/01, 11 Js 5558/01 und 11 Js 5535/01 notwendig war.

3

Es ist bereits zweifelhaft, ob die Beschwerde die Wertgrenze des § 304 Abs. 3 StPO von 50 EUR erreicht und somit zulässig ist. Denn der Beschwerdebegründung lässt sich nicht zweifelsfrei entnehmen, ob die Festsetzung der Kopiekosten insgesamt oder lediglich bezüglich der oben zitierten Verfahren angefochtenen werden soll. Die führende Akte 11 Js 4938/02 hatte zum Zeitpunkt der letzten Einsichtnahme durch den Verteidiger 92 Blätter. Einschließlich der beiden Sonderhefte und des hinzuverbundenen Verfahrens 11 Js 36114/01 ergeben sich 225 Blätter. An grundsätzlich erstattungsfähigen Kopiekosten errechnen sich gemäß § 27 Abs. 2 BRAGO i.V.m. Nr. 9000 KostVerz (Anlage 1 zum GKG) 59,45 EUR. Der darüber hinaus festgesetzte Betrag von 20,01 EUR unterschreitet die Wertgrenze von § 304 Abs. 3 StPO.

4

Aber selbst wenn die Kopiekosten insgesamt als nicht erstattungsfähig, weil nicht nachvollziehbar, angefochten werden sollten, ist die Beschwerde unbegründet. Die Beurteilung, was gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO zur Bearbeitung der Sache sachgemäß ist, ist dem Ermessen des Rechtsanwalts überlassen, denn er, nicht das Gericht, das nachträglich über die Berechnung oder Erstattbarkeit der Dokumentenpauschale zu entscheiden hat, ist für die ihm anvertraute Führung der Rechtssache verantwortlich (Gerold-Schmidt/von Eicken/Mardert, BRAGO, 15. Aufl., § 27, Rn. 15 m.w.N.). Bei - relativ - umfangreichen Sachakten ist es dem Rechtsanwalt nicht zuzumuten, schon bei der Auswahl der abzulichtenden Seiten jede einzelne Seite vollständig zu lesen und auf die Notwendigkeit der Ablichtung zu überprüfen. Andererseits ist es aber auch nicht gerechtfertigt, ohne jede Prüfung und Auswahl die gesamte Akte abzulichten. Eine grobe Prüfung und vorläufige Bewertung ist ausreichend (OLG Düsseldorf JurBüro 2000, 359 f.). Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe, des eingangs bereits genannten Umfanges der verfahrensgegenständlichen Akten und der weiteren dem Gericht vorgelegenen Akten, die sich mit der ehemals Angeklagten befassten, kann von einer Überschreitung des dem Verteidiger eingeräumten Ermessens vorliegend nicht ausgegangen werden. Vielmehr liegt - wie das Amtsgericht zu Recht angemerkt hat - die Gesamtzahl der gefertigten Kopien unter Berücksichtigung des Akteninhalts noch im Rahmen des Erträglichen.

5

Die Kosten- und Auslagenentscheidung beruht auf §§ 473 Abs. 1 StPO, 11 Abs. 1 RPflG.