Arbeitsgericht Göttingen
Urt. v. 20.03.2002, Az.: 3 Ca 574/01
Ausnahmen vom Grundsatz des Vorrangs der Leistungsklage gegenüber der Feststellungsklage; Unzulässigkeit der Verweigerung der Besitzstandszulagen nach §§ 24 und 25 ETV-Arb; Zulässigkeit von Stichtags-Regelungen im Tarifvertrag; Rechtsfolgen des unbestimmten Verzichts auf den Verjährungseinwand
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Göttingen
- Datum
- 20.03.2002
- Aktenzeichen
- 3 Ca 574/01
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2002, 26193
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGGOE:2002:0320.3CA574.01.0A
Verfahrensgang
Rechtsgrundlagen
- § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO
- § 256 ZPO
- Anlage 6 Abs. 12 ETV-Arb
- § 20 ETV-Arb
- § 22 Abs. 4 ETV-Arb
- § 4 Abs. 2 TzBfG
- § 22 Abs. 1 TzBfG
- § 24 ETV-Arb
- § 25 ETV-Arb
- § 38 MTV-Arb
- Art. 9 Abs. 3 GG
Fundstellen
- EzA-SD 2002, 9
- schnellbrief 2002, 7
Verfahrensgegenstand
Forderung
Die 3. Kammer des Arbeitsgerichts Göttingen hat
auf die mündliche Verhandlung
vom 20.03.2002
durch
den Richter am Arbeitsgericht ... als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 01.01.2001 für die Dauer des Arbeitsverhältnisses den Besitzstand Lohn gemäß § 24 ETV-Arb gem. Anlage 6 sowie Besitzstandzulagen, Zuschläge und Entschädigungen gem. § 25 ETV-Arb gem. Anlage 9 zu zahlen und die sich daraus ergebenden Bruttobeträge ab dem 16. eines jeden Fälligkeitsmonats mit 5 % über dem Basiszinssatz der EZB zu verzinsen.
- 2.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
- 3.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.145,89 EUR (= 23.755,30 DM) festgesetzt.
- 4.
Die Berufung wird nicht besonders zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die bei der Beklagten inzwischen unbefristet beschäftigte Klägerin durch § 23 des ETV-Arb wirksam von der nach §§ 24, 25 ETV-Arb zu zahlenden Besitzstandszulage ausgeschlossen ist.
Die am ... geborene Klägerin ist seit dem 09.10.1998 auf der Basis einer Reihe befristeter Arbeitsverhältnisse als nichtvollbeschäftigte Arbeiterin für die Beklagte im Zustelldienst der Niederlassung Göttingen tätig geworden. Derzeit wird sie als Sortiererin beschäftigt. Den vorletzten befristeten Arbeitsvertrag schlössen die Parteien unter dem 29.09.2000 für den Zeitraum vom 01.10.2000 bis zum 31.03.2001 ab. Als Befristungsgrund war in diesem Vertrag "§ 1 Beschäftigungsförderungsgesetz, 3. Verlängerung" vorgesehen (Bl. 63 d.A.). Zugleich vereinbarten die Parteien eine Aufstockung der wöchentlichen Arbeitszeit der Klägerin auf 17,5 Stunden zunächst bis zum 31.12.2000 (Bl. 64 d.A.) und sodann noch einmal bis zum 31.03.2001 (Bl. 61 ff. d.A.). Den letzten befristeten Arbeitsvertrag schlössen die Parteien sodann unter dem 27.03.2001 für den Zeitraum vom 01.04.2001 bis zum 30.04.2001 (Bl. 60 d.A.). Durch schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19.04.2001 wurde die Klägerin sodann rückwirkend ab dem 01.04.2001 in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bei einer Wochenarbeitszeit von 15 Stunden übernommen (Bl. 59 d.A.).
Für das Arbeitsverhältnis der Parteien ist u.a. die Geltung des Manteltarifvertrages für Arbeiter (MTV-Arb), der Entgelttarifvertrag (ETV-Arb) und der sonstigen Tarifverträge für Arbeiter der Deutschen Bundespost/Deutschen Post AG vereinbart. Die Klägerin ist danach in die Entgeltgruppe 2 des ETV-Arb eingruppiert. Zum 01.01.2001 traten bei der Beklagten sowohl der neue MTV als auch der neue ETV-Arb vom 20.10.2000 in Kraft. Der neue ETV-Arb der in seiner Entstehungsgeschichte auf das sogenannte "Petersberger Eckpunktepapier" vom 21.03.2000 (Bl. 65 ff. d.A.) zurückgeht, sieht eine drastische Absenkung des Grundlohnes der Beschäftigten der Beklagten bei gleichzeitiger Einführung eines leistungsbezogenen variablen Entgeltes vor (§§ 17 ff. ETV-Arb). Ferner sieht der Entgelttarifvertrag in den §§ 23 ff. die folgende Besitzstandsregelung vor:
"§ 23
Geltungsbereicht für § 24 und 25 Für Arbeiter, die am 31.12.2000 bereits und am 01.01.2001 noch in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Deutschen Post AG standen und stehen, finden die Regelungen der §§ 24 und 25 für die Dauer dieses Arbeitsverhältnisses Anwendung.
§ 24 Besitzstand Lohn
Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Lohn) gemäß Anlage 6.
§ 25 Besitzstand Zulagen, Zuschläge und Entschädigungen
Der Arbeiter erhält eine monatlich zu zahlende Besitzstandszulage (Besitzstandszulage Zuschläge) gemäß Anlage 9."
In der Anlage 6 ist sodann unter (12) geregelt, dass diese Besitzstandszulage mit einem etwaigen variablen Entgelt nach den §§ 17 ff. ETV-Arb zu verrechnen ist. Eine solche Anrechnung sieht die Anlage 9 "Besitzstandszulagen, Zuschläge und Entschädigungen" nicht vor.
Entsprechend dem Wortlaut des § 23 ETV-Arb zahlt die Beklagte an die Klägerin keine Besitzstandszulage, was für die Klägerin zur einer Absenkung des Niveaus des Grundlohnes von über 21,00 DM brutto auf 16,90 DM brutto geführt hat. Diese Absenkung des Lohnniveaus ist für die Klägerin zum 01.01.2001 wirksam geworden. Mit anwaltlichem Geltendmachungsschreiben vom 06.08.2001 verlangt die Klägerin von der Beklagten die Abrechnung und Auzahlung von Besitzstandszulagen nach §§ 24 und 25 ETV-Arb (Bl. 9 d.A.). Mit der am 22.10.2001 bei Gericht zunächst als Zahlungsklage eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin diesen Anspruch weiter. In der Güteverhandlung am 23.11.2001 haben die ProzessbevollmäciiLigteri der Beklagten zu Protokoll erklärt:
"dass sie für die Dauer dieses Rechtsstreits auf die Geltendmachung der tariflichen Ausschluss- und der Verjährungsfrist gegenüber der Klägerin hinsichtlich des Streitgegenstandes verzichte. Im Falle des endgültigen Obsiegens der Klägerin, werde sie rückwirkend so gestellt, als unterfiele sie dem Bestandsschutz." (Bl. 13)
Die Klägerin ist der Ansicht, dass sie durch § 23 ETV-Arb zu Unrecht von dem Bestandsschutz der §§ 24 und 25 ETV-Arb ausgeschlossen werde. Mit dem Tatbestandsmerkmal des "unbefristeten" Arbeitsverhältnisses knüpfe der Tarifvertrag an ein unzulässiges Differenzierungskriterium an. Ihre damit verbundene Schlechterstellung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zum Stichtag in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden haben, verstoße insbesondere gegen das Schutzgesetz des § 4 Abs. TzBfG. Sachliche Gründe für die Differenzierung zwischen den befristeten und unbefristeten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern könne die Beklagte nicht vorweisen. Die Klägerin bestreitet, dass es sich bei der Gruppe der befristet Beschäftigten in sozialer Hinsicht oder von der Interessenlage her um eine homogene Beschäftigtengruppe handele. In der Regel sei die befristete Beschäftigung bei der Beklagten ein Durchgangsstadium zur Erlangung eines unbefristeten Arbeitsvertrages. Ihren Lohnausfall infolge der Verweigerung der Besitzstandszulage hat die Klägerin für das Jahr 2001 auf 4.048,63 EUR beziffert.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 01. 01.2001 für, die Dauer des Arbeitsverhältnisses den Besitzstand Lohn gemäß § 24 ETV-Arb gemäß Anlage 6 und Besitzstandszulagen, Zuschläge und Entschädigungen gemäß § 25 ETV-Arb gemäß Anlage 9 zu zahlen und die sich daraus ergebenden Bruttobeträge ab dem 16. eines jeden Fälligkeitsmonates mit 5 % über dem Basiszinssatz der EZB zu verzinsen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte rügt zunächst, dass für den zuletzt gestellten Feststellungsantrag ein Feststellungsinteresse nicht ersichtlich sei. Die Klägerin müsse nach den ihr vorliegenden Informationen durchaus in der Lage sein, ihre vermeintlichen Zahlungsansprüche zu beziffern, so dass aus dem Vorang der Leistungsklage die Unzulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage folge.
Im Übrigen ist die Beklagte der Ansicht, dass die in § 23 ETV-Arb von Tarifvertragsparteien vorgenommene Differenzierung zwischen den befristet und unbefristet Beschäftigten zulässig sei. Bei der Beurteilung der von der Beklagten angeführten sachlichen Differenzierungsgründe sei die Bedeutung der durch Artikel 9 Abs. 3 Grundgesetz geschützten Tarifautonomie zu beachten. Zudem käme eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs. 2 TzBfG nicht in Betracht, da dieser zum Zeitpunkt des Abschlusses des Tarifvertrages am 20.10.2001 noch nicht in Kraft gewesen sei. Mit Rücksicht auf das mögliche leistungsbezogene variable Entgelt habe die Klägerin zu dem noch nicht einmal schlüssig dargelegt, dass sie durch die jetzt von der Beklagten angewandte Lohn-Regelung wirklich schlechter gestellt sei. Ferner vertritt die Beklagte die Ansicht, dass selbst im Falle einer unterstellten Unzulässigkeit des Differenzierungskriteriums befristet/unbefristet dies nur Differenzzahlungsansprüche der Klägerin für das letzte befristete Arbeitsverhältnis rechtfertigen würde. Dass mit Wirkung zum 01.04.2001 zwischen den Parteien begründete unbefristete Arbeitsverhältnis könne unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt von der Bestandsschutzregelung erfasst werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird zur Darstellung des Sach- und Streitstandes auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Gründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Der von der Klägerin zuletzt gestellte Feststellungsantrag ist hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Durch die genaue Bezeichnung der anzuwendenden tariflichen Vorschriften und die datumsmäßige Bestimmung ab welchem Zeitpunkt die Klägerin die Differenzen geltend macht, ist für die Beklagte hinreichend klar, wie sie die Klägerin im Falle des endgültigen Obsiegens in diesem Rechtsstreit zu stellen hat.
Entgegen der Ansicht der Beklagten fehlt es für den von der Klägerin zuletzt gestellten Feststellungsantrag auch nicht an dem gemäß § 256 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Der Vorrang der Leisungsklage gilt nicht uneingeschränkt, sondern dient der prozesswirtschaftlich sinnvollen Erledigung von Rechtsstreitigkeiten. Dementsprechend ist eine Feststellungsklage zulässig, wenn auf diesem Weg eine sachgemäße, einfache. Erledigung der aufgetretenen Streitpunkte zu erreichen ist und prozesswirtschaftlich Erwägungen gegen einen Zwang zur Leistungsklage sprechen (vgl. Urteil d. BAG vom 07.03.1995, 3 AZR 282/94, NZA 1996, S. 48 ff.). Der dort vom BAG allgemein für einen Streit über Leistungen aus der betrieblichen Altersvorsorge aufgestellte Rechtsgrundsatz passt auch auf den vorliegenden Fall. Auch hier erfordert die Bezifferung der von der Klägerin begehrten Differenzzahlungen schwierige Berechnungen, die wegen des komplizierten Tarifvertrages und der differenzierten Zulagenregelungen nur von besonders geschulten Personen zuverlässig durchgeführt werden können. Dies gilt auch mit Rücksicht auf die Anrechnungsregelung in Anlage 6 (12) ETV-Arb. Selbst die Beklagte war im Kammertermin am 20.03.2002 noch nicht in der Lage, den zur Verrechnung zu bringenden Anspruch der Klägerin nach §§ 20 i.V.m. 22 Abs. 4 ETV zu beziffern. Die Klägerin hat - unter Zuhilfenahme des Sachverstandes des Betriebsrates - im Rahmen des Prozesses drei Bezifferungsversuche unternommen, deren Ergebnis die Beklagte beanstandet hat, ohne jedoch die nach Sicht der Beklagten zutreffende Berechnungsweise offen zulegen. Mit Rücksicht auf die von der Beklagten im Gütetermin am 23.11.2001 abgegebene Erklärung, die Klägerin im Falle des endgültigen Obsiegens so zu stellen, als unterfiele sie dem Bestandsschutz... besteht auch kein vernünftiger Zweifel daran, dass die Beklagte einem rechtskräftigen Feststellungsurteil Folge leisten wird.
II.
Die Feststellungsklage ist begründet, da die Klägerin durch das Merkmal "unbefristet" in § 23 ETV-Arb in einer gegen § 4 Abs. 2 TzBfG verstoßenen Weise unzulässig diskriminiert wird. Die Klägerin ist daher in vergütungsrechtlicher Hinsicht so zu stellen, wie sie stünde, wenn die Tarifvertragsparteien den Gleichheitssatz sowie das spezielle einzelgesetzliche Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. TzBfG beachtet hätten.
1.
Bei § 4 Abs. 2 TzBfG handelt es sich um ein Schutzgesetz, an welches auch die Tarifvertragsparteien gebunden sind. Das Diskriminierungsverbot ist zwingend, wie sich aus § 22 Abs. 1 TzBfG ergibt. Eine Abweichung ist damit weder durch Einzelvertrag noch durch Tarifvertrag möglich, ebenso nicht im Wege der Betriebsvereinbarung (Bader in: KR Kündigungsschutzrecht 6. Auflage, § 4 TzBfG Rd.-Nr. 2). Für die Tarifvertragsparteien bestand auch im Oktober 2000 kein schutzwürdiges Vertrauen darauf, dass die Diskriminierung befristet Beschäftigter zulässig ist. Hierzu kann auf die zutreffenden Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 06.02.2002 (Bl. 72 ff. d.A.) verwiesen werden. Die entsprechende EG-Richtlinie 1999/70 datiert bereits auf den 28.06.1999, der Regierungsentwurf für das TzBfG wurde bereits im September 2000 auf den Weg gebracht.
Zu Unrecht versucht die Beklagte das Diskriminierungsverbot aus § 4 Abs. 2 TzBfG durch die im Rahmen eines obiter dictum angedeute Auffassung des 4. Senats des BAG (Urteil vom 30.08.2000, 4 AZR 593/99, NZA 2001, Seite 613 - 618 [BAG 30.08.2000 - 4 AZR 563/99]) zu relativieren, wonach die Tarifvertragsparteien bei der Vereinbarung des persönlichen Geltungsbereichs eines Tarifvertrages keiner unmittelbaren Bindung an Artikel 3 Abs. 1 Grundgesezt unterliegen, sondern mit Rücksicht auf die in Artikel 9 Abs. 3 geschützte Tarifautonomie nur die Willkür-Grenze zu beachten hätten. Der 4. Senat beschränkt diese Überlegung zum einen auf die Frage der Vereinbarung des persönlichen Geltungsbereiches eines Tarifvertrages. Während er zum anderen einräumt, dass die unterschiedlichen Ansichten über die Grundrechtsbindung der Tarifparteien "relativ unbedeutend" bleiben, wenn es darum geht, ob Inhaltsnormen des Tarifvertrages gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz verstoßen oder bei der Beschreibung des Geltungsbereiches ein Verstoß gegen zwingendes einfach-gesetzliches Rechts vorliegt (BAG a.a.O. unter I 2 f) der Entscheidungsgründe). Im vorliegenden Fall werden die befristet Beschäftigten durch den streitbefangenen § 23 ETV-Arb nicht generell aus dem persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages ausgenommen. Es wird vielmehr durch eine konkrete Inhaltsnorm der Schutz des Besitzstandes verweigert. Diese Regelung muss sich am Maßstabe des § 4 Abs. 2 TzBfG messen lassen dessen Verfassungsmäßigkeit auch von der Beklagten nicht ernsthaft in Frage gestellt wird.
2.
Die Herausnahme der zum Zeitpunkt des 01.01.2001 noch befristeten Arbeitsverhältnisse aus dem Besitzstandsschutz der §§ 23 ff. ETV-Arb verstößt gegen § 4 Abs. 2 TzBfG. Durch die Verweigerung der Besitzstandszulagen nach §§ 24 und 25 ETV-Arb wird die Klägerin gegenüber unbefristet beschäftigten Kolleginnen und Kollegen schlechter gestellt. Da diese Schlechterstellung an das Merkmal des befristeten/unbefristeten Arbeitsverhältnisses anknüpft liegt auch eine schlechtere Behandlung "wegen der Befristung" vor. Der Einwand der Beklagten, dass die Klägerin eine tatsächliche Schlechterstellung bislang nicht schlüssig dargelegt habe, da sie rein theoretisch die Verdienstausfälle durch ein entsprechendes leistungsbezogenes variables Entgelt nach den §§ 17 ff. ETV-Arb kompensieren könne, übersieht, dass zwar in der Anlage 6 Abs. 12 zum ETV-Arb eine Verrechnung mit der Besitzstandszulage vorgesehen ist. Eine solche Verrechnungsmöglichkeit sieht allerdings Anlage 9 "Besitzstandszulage, Zulagen, Zuschläge und Entschädigungen" nicht vor. Dies führt dazu, dass die Klägerin im Vergleich mit einer leistungsmäßig gleich einzustufenden Kollegin allein deshalb immer weniger Entgelt erhalten wird, da ihr im Gegensatz zu einer am Stichtag unbefristet beschäftigten Kollegin die Besitzstandszulage nach Anlage 9 vorenthalten bleibt.
Die Beklagte konnte auch unter Berücksichtigung ihres gesamten Vorbringens keine "sachlichen Gründe" vorbringen, die eine unterschiedliche Behandlung der befristeten und unbefristeten Beschäftigten in der Frage der Lohnhöhe rechtfertigen könnten. Dabei ist hinsichtlich des anzulegenden Prüfungsmaßstabes Folgendes vorauszuschicken: Zur Erreichung des legitimen Zieles der Kosteneinsparung zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit wäre es der Beklagten unbenommen, bei der Gewährung der Besitzstandszulagen an das Kriterium der Betriebszugehörigkeit anzuknüpfen. In diesem Zusammenhang sind Stichtags - Regelungen zulässig. Wenn die Beklagte darüber hinaus aber das Differenzierungskriterium befristet/unbefristet beschäftigt einführt, so ist zu der seit dem 09.10.1998 befristet beschäftigten Klägerin eine vergleichbare Mitarbeiterin in Relation zu setzen, die seit dem gleichen Zeitpunkt unbefristet dem Unternehmen der Beklagten angehört. Ferner müßte die Beklagte zur Herausarbeitung etwaiger Differenzierungsgründe zunächst auf der Basis substantiierten Tatsachenvortrages darlegen, dass es sich bei den bei ihr befristet beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern um eine nach sozialen Kriterien und der Interessenlage vergleichbar homogene Arbeitnehmergruppe handelt wie sie beispielsweise die bei Volkswagen beschäftigten Werksstudenten darstellen, welche Gegenstand der Entscheidung des BAG vom 30.08.2000 (4 AZR 563/99) waren. Hinsichtlich der Werksstudenten konnte das BAG zu Recht feststellen, dass diese ein "spezifisches Segment auf dem Arbeitsmarkt" darstellen. Typische Kennzeichen seien die besonderen durch das Studieren, die vorlegungsfreie Zeit und die familiäre Umgebung bedingten Rahmenbedingungen für die Einsatzmöglichkeiten und eine spezifische Qualifikationsstruktur im Sinne von geringeren praktischen Fähigkeiten, aber höheren allgemeinen und theoretischen Kenntnissen. Im Übrigen ist das BAG davon ausgegangen, dass die soziale Lage der Werksstudenten typischer Weise eine andere ist als bei anderen Arbeitnehmern, auch bei sonstigen Aushilfskräften. Dies betreffe nicht nur den familiären Status, sondern insbesondere den Umstand, dass das Studium typischer Weise im Wesentlichen durch staatliche, familiäre oder andere Unterhaltsleistungen finanziert wird.
Hingegen sind die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 07.01.2002 (dort insbesondere Bl. 47 ff.) ins Feld geführten "sachlichen Gründe" nicht tragfähig:
a)
Soweit die Beklagte behauptet, die befristet beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seien "auf einen potentiellen Wechsel des Arbeitgebers" besser eingestellt, so trifft dies auf die Klägerin, die von vornherein Interesse an einem unbefristeten Arbeitsverhältnis bei der Beklagten hatte und dies schließlich auch erreicht hat, nicht zu. Die Beklagte ist aber auch einen plausiblen empirischen Nachweis dafür schuldig geblieben, dass die bei ihr befristet beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Regel gar kein Interesse an einer Dauerbeschäftigung haben.
b)
Soweit sich die Beklage darüber Sorgen gemacht hat, dass eine entsprechende Absenkung des Entgeltniveaus bei den unbefristet beschäftigten Kräften zur einer erheblichen Demotivatiori führen würde, ist nicht ersichtlich, inwieweit die ebenfalls zu erwartende Demotivation der befristet beschäftigten Kräfte weniger schädlich sein soll.
c)
Soweit die Beklagte darauf abstellen möchte, dass die unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer dem Unternehmen "schon längere Zeit" angehören, so wählt die Beklagte damit in Wahrheit das Kriterium der Betriebszugehörigkeit, welches durchaus als Differenzierungskriterium zulässig wäre. Ein "sachlicher Grund" zur Schlechterstellung befristet Kräfte müsste sich aber auch in dem Vergleich mit einer unbefristeten Mitarbeiterin bewähren, welche auf die gleiche kurze Betriebszugehörigkeit zurückblickt wie die Klägerin.
d)
Soweit die Beklagte auf das Lebensalter der befristet Beschäftigten abstellen möchte, kann sie ebenfalls keine vordergründige Evidenz beanspruchen, wie sie beispielsweise im Falle der Werksstudenten gegeben ist. Bei letzteren darf angenommen werden, dass sie im Regelfall kaum älter als 30 Jahre sein werden. Für die Klägerin im vorliegenden Verfahren (Geburtsjahrgang 1959) trifft diese Erwägung jedenfalls nicht zu. Konkrete Daten über die Altersstruktur der befristet Beschäftigten im Vergleich zu den unbefristet Beschäftigten hat die Beklagten nicht vorgetragen.
e)
Es mag aus koallisationspolitischen Zwecken herausgerechtfertigt seien, organisierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern höhere Löhne zu zahlen als Nichtorganisierten. Wie die Beklagte die -von der Klägerin bestrittene - Erkenntnis gewonnen haben will, dass der Organisationsgrad bei den befristet beschäftigten Kräften signifikant geringer ist als bei den unbefristet Beschäftigten mit gleicher Betriebszugehörigkeit ist nicht ersichtlich.
f)
Soweit die Beklagte darauf abhebt, dass sie im Sinne einer schnellen und effizienten Kostenersparnis größere Beschäftigten-Gruppen aus dem Bestandsschutz ausschließen musste, so hätte sie dieses Ziel auch durch einen in der Vergangenheit liegenden Stichtag erreichen können, welcher eine Differenzierung nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit herbeiführt. Mit der bloßen Schlechterstellung der befristet Beschäftigten wählt die Beklagte ein unzulässiges Differenzierungskriterium.
3.
Rechtsfolge des in § 23 ETV-Arb enthaltenen Verstoßes gegen § 4 Abs. 2 TzBfG ist, dass die Klägerin so zu stellen ist, als würde sie das unzulässige Differenzierungskriterium nicht aufweisen. Die Klägerin ist mithin so zu stellen, als hätte sie bereits am 31.12.2000 und am 01.01.2001 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu der Beklagten gestanden. Dabei sind die befristeten Beschäftigungsverhältnisse der Klägerin zumindest seit sie seit Januar 199.9 ununterbrochen sind als eine rechtliche Einheit zu betrachten. Zwischen den einzelnen Arbeitsverhältnisses bestand ein enger sachlicher und zeitlicher Zusammenhang, so dass "dieses Arbeitsverhältnis" im Sinne von § 23 ETV-Arb mindestens seit Januar 1999 bestand. Auch durch Abschluss des unbefristeten Vertrages am 19.04.2001 ist das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht auf eine grundlegend neue Basis gestellt worden. Die Arbeitsbedingungen der Klägerin sind mit Ausnahme des Wegfalls der Befristung unverändert geblieben.
4.
Die Beklagte vermag sich gegenüber den Differenzlohnforderungen der Klägerin auch nicht mit Erfolg auf die tarifliche Ausschlussfrist in § 38 MTV-Arb berufen. Zwar hätte das anwaltliche Geltendmachungsschreiben der Klägerin vom 06.08.2001 nur zur Wahrung der Differenzlohnansprüche ab Februar 2001 ausgegereicht. Die für Januar 2001 angefallene Lohndifferenz wäre nach § 38 MTV an sich verfallen gewesen. Von dieser Tatsache hatte die Beklage jedoch Kenntnis oder hätte sie zumindest haben können, als sie am 23.11.2001 über ihre Bevollmächtigten in der Güteverhandlung die Erklärung abgab, "dass sie für die Dauer dieses Rechtsstreites auf die Geltendmachung der tariflichen Ausschluss- und der Verjährungsfrist gegenüber der Klägerin hinsichtlich des Streitgegenstandes verzichte." Wenn die Beklagte hier bei für Lohndifferenzen, welche am 23.11.2001 bereits verfallen waren eine Ausnahme hätte machen wollen, so hätte sie dies durch eine entsprechende Formulierung der Erklärung "soweit sie noch nicht verfallen sind" deutlich machen können und müssen. Die Protokollerklärung vom 23.11.2001 ist mit der Bezeichnung "des Streitgegenstandes" vor dem Hintergrund der Klagschrift vom 22.10.2001 auch hinreichend bestimmt.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO, wonach die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Streitwertbeschluss:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 12.145,89 EUR (= 23.755,30 DM) festgesetzt.
Der Wert des Streitgegenstandes wurde gemäß § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG in Höhe des 36-monatigen Differenzbetrages festgesetzt. Das Gericht hat sich dabei an der überschläglichen Bezifferung der Klägerin für die Differenz 2001 in Höhe von 4.048,63 EUR orientiert. Ein Abschlag mit Rücksicht auf die erhobene Feststellungsklage war nicht angebracht, da mit Rücksicht auf die Protokollerklärung vom 23.11.2001 davon auszugehen ist, dass die Beklagte die Klägerin nach Rechtskraft dieser Entscheidung vollständig schadlos stellen wird. Von einer gesonderten Berufungszulassung hat das Gericht trotz der durchaus grundsätzlichen Bedeutung der Fragestellung abgesehen, da der Rechtsstreit wegen der Höhe des Gegenstandswertes der Berufung ohnehin zugänglich ist.