Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 24.08.1990, Az.: 15 W 35/90

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
24.08.1990
Aktenzeichen
15 W 35/90
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1990, 21979
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1990:0824.15W35.90.0A

Tenor:

  1. Der angefochtene Beschluß wird aufgehoben.

    Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten der weiteren Beschwerde, an das Landgericht . zurückverwiesen.

Tatbestand:

1

Durch Beschluß vom 30. Juni 1990 hat das Amtsgericht die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung des Nds. Landeskrankenhauses . - befristet bis zum 2. Januar 1991 - vormundschaftsgerichtlich genehmigt.

2

Eine Ausfertigung dieses Beschlusses sowie eine Abschrift des Anhörungsprotokolls vom gleichen Tage hat das Amtsgericht zum Zwecke der Zustellung auf entsprechende richterliche Verfügung dem Nds. Landeskrankenhaus ., in dem sich der Betroffene befindet, übersandt. Beigefügt hat es eine vorbereitete Zustellungsurkunde nach dem eingeführten Vordruck AVR 2. Es handelt sich hierbei um das für Zustellungen an Gefangene gebräuchliche Formular, welches vom Amtsgericht dahin abgeändert worden ist, daß die ursprüngliche Bezeichnung "Zustellung an Gefangene" nunmehr "Zustellung an Untergebrachte gem. BGB" lautet. Ausweislich dieser bei den Akten befindlichen Zustellungsurkunde, die von einem Stationsarzt unterzeichnet worden ist, ist der Beschluß des Amtsgerichts dem Betroffenen am 10. Juli 1990 zwischen 8.00 Uhr und 9.00 Uhr im Landeskrankenhaus . von dem Stationsarzt übergeben worden.

3

Mit Schreiben vom 23. Juli 1990, welches am 25. Juli 1990 beim Amtsgericht . eingegangen ist, hat der Betroffene gegen den Beschluß "Widerspruch" eingelegt und dabei mitgeteilt, er habe "Ihr Schreiben vom 30.06.1990 am 10.07.1990 morgens erhalten."

4

Das Landgericht hat den "Widerspruch" als sofortige Beschwerde behandelt und diese als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es angeführt, die zweiwöchige Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde sei nicht gewahrt, weil das Rechtsmittel bei dem Amtsgericht "erst am 15.7.1990 und damit 15 Tage nach Zustellung des angefochtenen Beschlusses einging."

Gründe

5

Die hiergegen eingelegte(sofortige)weitere Beschwerde des Betroffenen ist begründet.

6

Die Verwerfung der sofortigen Beschwerde durch das Landgericht ist zu Unrecht erfolgt, weil die zweiwöchige Frist zu deren Einlegung noch nicht in Gang gesetzt ist.

7

Wie sich aus den §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 16 Abs. 2 Satz 1 i.V. m. §§ 64 h Abs. 1 Satz 1, 60 Abs. 1 Nr. 6 FGG ergibt, beginnt diese Frist mit der Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Betroffenen entsprechend den Vorschriften der ZPO für die Zustellung von Amts wegen.

8

Vorliegend konnte die Geschäftsstelle (§ 209 ZPO), da ein Fall der §§ 212 a ff ZPO nicht gegeben war, die Zustellung nur durch Aushändigung an die Post oder einen Gerichtswachtmeister bewirken (§ 211 ZPO), wobei es dem Postbediensteten bzw. dem Gerichtswachtmeister oblegen hätte, die Zustellung zu beurkunden (§ 212 ZPO). Eine Aushändigung zuzustellender Schriftstücke an das Personal eines psychiatrischen Krankenhauses und die Beurkundung der Zustellung durch dieses ist hingegen vom Gesetz nicht vorgesehen. Es ist auch nicht ersichtlich, daß dieser Personenkreis durch die Justizverwaltung mit den Geschäften des Gerichtswachtmeisters betraut worden ist, wie dies hinsichtlich der Strafvollzugsbediensteten der Fall ist (vgl. AV d.Nds.MdJ v. 15.11.1972, Nds.Rpfl. S. 292).

9

Die durch den Stationsarzt "beurkundete" Zustellung vom 10. Juli 1990 ist somit unwirksam.

10

Eine Heilung dieses Zustellungsmangels gemäß § 187 Satz 1 ZPO kommt vorliegend nicht in Betracht, weil die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit einer Notfrist gleichzusetzen ist (vgl. BGH LM Nr. 3 zu § 176 ZPO; BayObLG 1971, 187, 188; KG OLGE 1974, 328, 330), so daß § 187 Satz 2 ZPO Anwendung findet.

11

Da das Landgericht in der Sache bisher nicht entschieden hat, war die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen.