Verwaltungsgericht Osnabrück
Urt. v. 27.08.2015, Az.: 2 A 75/11

Abwägungsfehler; Abwägungsmangel; Erheblichkeit; dienende Funktion; Flächennutzungsplan; Hähnchenmastanlage; Konzentrationswirkung; mitgezogene Privilegierung; Nebenanlage; Raumordnung; Tierhaltungsbetrieb; Vorbescheid; Windenergieanlage

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
27.08.2015
Aktenzeichen
2 A 75/11
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2015, 45105
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Bei der Frage der mitgezogenen Privilegierung einer untergeordneten Anlage zu einem nach altem Recht privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. findet die Überleitungsvorschrift des § 245a Abs. 4 BauGB i.d.F. vom 11.06.2013 Anwendung, so dass § 35 Abs. 1 Nr. 4 in seiner bis zum 20.09.2013 gültigen Fassung anzuwenden ist.

2. Im Verhältnis zur mitgezogenen Privilegierung einer Windenergieanlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind im Falle einer Privilegierung zu einem Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. höhere Anforderungen an die Verwendung der Energie im betreffenden Betrieb zu stellen.

3. Die Verwendung von 2/3 der erzeugten Energie im betreffenden Betrieb reicht für eine mitgezogene Privilegierung zu einem Betrieb gem. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. nicht aus; der erzeugte Strom darf nur zu einem untergeordneten Anteil an Dritte oder in das öffentliche Netz abgegeben werden.

4. Besonderheiten beim Einsatz erneuerbarer Energien können insoweit zu berücksichtigen sein, als sie durch Schwankungen in der Energieerzeugung bedingt sind. Daher kann die Anlage ihrer Kapazität nach so ausgelegt werden, dass sie den Bedarf des jeweiligen Betriebs auch unter Berücksichtigung gegebenenfalls auftretender Schwankungen der Energieerzeugung deckt.

5. In Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung als nicht benannter öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 S. 1 BauGB können auch im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB von rechtlicher Bedeutung sein, wenn den Gegenstand des Genehmigungsverfahrens eine raumbedeutsame Maßnahme im Sinne des § 3 Nr. 6 ROG bildet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Vorbescheides zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage.

Sie betreibt auf dem F. der Flur 30 der Gemarkung G. eine Hähnchenmastanlage mit acht Ställen; auf diesem Flurstück soll auch die Windenergieanlage (Typ Enercon E-82 E 2 mit einer Nabenhöhe von 108,38 m und einer Nennleistung von 2,3 MW) errichtet und betrieben werden, um den Strombedarf der Mastanlage zu decken. Das Flurstück befindet sich südlich der Straße H. in Höhe der von dort nach Osten verlaufenden Straße I. auf einer freien Fläche (Feld) im Außenbereich der Gemeinde G. innerhalb des Geltungsbereichs des Flächennutzungsplans „Windkraftanlagen“ der Beigeladenen. Der Flächennutzungsplan stellt in seiner 19. Änderung, die am 15.01.1999 bekannt gemacht worden ist, drei Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen über Flächen für die Landwirtschaft dar. Das hier maßgebliche Flurstück liegt außerhalb einer derartigen Konzentrationsfläche.

Am 05.07.2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung eines Vorbescheides gem. § 9 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb der Windenergieanlage auf dem bereits genannten Flurstück. Das Vorhaben diene ihrem ortsgebundenen Tierhaltungsbetrieb und solle daher über die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. genehmigt werden.

Unter dem 23.03.2011 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte er aus, dass dem Bauvorhaben öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entgegenständen, da sich der Standort für die Errichtung der Windenergieanlage außerhalb der in seinem - des Beklagten - Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) 2000 dargestellten Vorrangflächen für Windenergienutzung befinde. Diesen Darstellungen komme eine entsprechende Ausschlusswirkung zu. Besondere Umstände, die eine Ausnahme von der regelmäßigen Ausschlusswirkung der dargestellten Vorrangflächen geböten, sehe er nicht. Die Kosten des Verfahrens wurden der Klägerin auferlegt; die Festsetzung der Gebühren auf 1.080,- € erfolgte in einem gesonderten Bescheid vom selben Tage.

Am 30.03.2011 legte die Klägerin unter Hinweis auf ihren bisherigen Vortrag Widerspruch gegen den Ablehnungs- und den Kostenbescheid ein.

Mit Bescheid vom 30.05.2011 wies der Beklagte die Widersprüche als unbegründet zurück. Die Errichtung der Windenergieanlage sei an dem geplanten Standort unzulässig, da es sich bei ihr nicht um eine der Hähnchenmastanlage dienende untergeordnete Anlage handle, deren Zulässigkeit nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. zu beurteilen sei. Anders als die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB umfasse die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. keine sogenannten mitgezogenen Vorhaben; der Privilegierungstatbestand der Nr. 4 stelle strengere Anforderungen und verlange, dass das Vorhaben zur Erreichung des Zwecks erforderlich sei. Die Hähnchenmastanlage sei jedoch nicht auf eine Stromversorgung durch die geplante Windenergieanlage angewiesen, so dass es am Merkmal der Erforderlichkeit fehle. Selbst wenn man die Windenergieanlage als mitgezogenes Vorhaben vom Privilegierungstatbestand der Nr. 4 umfasst ansähe, müsse sie für den Tierhaltungsbetrieb erforderlich sei. Dies sei nur der Fall, wenn der von ihr erzeugte Strom für den Tierhaltungsbetrieb genutzt werde, was wegen der erforderlichen Zu- und Unterordnung auch gelte, wenn die Windenergieanlage als Nebenanlage zum Tierhaltungsbetrieb beurteilt werde. Hier werde der von der Anlage erzeugte Strom nicht vollständig für die Hähnchenmastanlage genutzt. Aus den Antragsunterlagen der Klägerin ergebe sich, dass die Windenergieanlage 23,85 mal so viel Strom produziere wie die Hähnchenmastanlage benötige. Selbst bei einer Umstellung der Beheizung von Gas auf Strom würden lediglich 56,98 % des produzierten Stroms durch die Mastanlage als Hauptanlage genutzt; 43,02 % könnten ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Die Windenergieanlage sei daher nicht zur Versorgung des bestehenden Stalles mit Strom erforderlich. Sie ordne sich der Mastanlage nicht unter. Dies gelte vor dem Hintergrund des Gebots der größtmöglichen Schonung des Außenbereichs umso mehr, als eine bereits bestehende Heizung für die Nutzung des Stroms umgerüstet werden solle, ohne dass eine betriebsbedingte Notwendigkeit dargelegt worden sei. Zudem stehe die Darstellung von Sondergebieten im Flächennutzungsplan „Windkraftanlagen“ der Beigeladenen der Zulässigkeit des beantragten Vorhabens gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entgegen. Mit der 19. Änderung des Flächennutzungsplans seien Sondergebiete für Windenergieanlagen über Flächen für die Landwirtschaft dargestellt worden. Diese Sondergebiete seien für alle Windenergieanlagen ausgewiesen worden, sowohl für die selbstständig nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB als auch die als Nebenanlagen z.B. nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. privilegierten Anlagen. Die Privilegierung gelte daher nach den Ausführungen der Beigeladenen in der Begründung der 19. Flächennutzungsplanänderung nur noch für Windenergieanlagen, die einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dienten. Alle übrigen Anlagen seien nur noch innerhalb der Sondergebiete zulässig. Da sich der geplante Standort nicht innerhalb eines derartigen Gebietes befinde, stehe der Zulässigkeit der Anlage ein öffentlicher Belang entgegen. Die von der Klägerin vorgetragene Auffassung, dass in unmittelbarer Nähe zum Standort ein Sondergebiet festgesetzt worden sei, könne nicht als Ausnahmetatbestand zur Regelvermutung berücksichtigt werden. Darüber hinaus stehe auch sein RROP der Zulässigkeit der Anlage als öffentlicher Belang gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entgegen. Die Anlage sei mit einer Gesamthöhe von 149,38 m zweifelsohne raumbedeutsam. Die Änderung und Ergänzung des RROP 2000 für den sachlichen Teilabschnitt Windenergie, die am 15.01.2009 bekannt gemacht worden sei, sehe Vorranggebiete für die Windenergienutzung vor. Alle raumbedeutsamen Windenergieanlagen seien daher außerhalb der ausgewiesen Vorranggebiete unzulässig, sofern sie als Vorhaben (bzw. Nebenanlagen zu solchen Vorhaben) nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB einzustufen seien. Besondere Umstände, die eine Ausnahme von der Ausschlusswirkung geböten, lägen nicht vor. Auch die von der Klägerin vorgetragene räumliche Nähe zu einem ausgewiesenen Windpark begründe für sich gesehen keine Ausnahme von der Ausschlusswirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB. Die Kostenlastentscheidung sei rechtmäßig getroffen worden; auch die Höhe der Gebühr, die unter Anwendung der Ziffer 110.1 der Anlage zu § 1 der Allgemeinen Gebührenordnung (AllGO) und dem dazu ergangenen Kostentarif ermittelt worden seien, begegne keinen Bedenken.

Am 29.06.2011 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus dem Vorverfahren. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung der erkennenden Kammer führt sie aus, dass die zu § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB entwickelten Grundsätze zu „mitgezogenen“ Anlagen auch für die den ortsgebundenen gewerblichen Betrieben im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 3 BauGB dienenden Anlagen gälten; das gleiche gelte nach herrschender Meinung auch für Anlagen, die Vorhaben gem. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. dienten, da die dienende Funktion selbst ohne wörtliche Erwähnung auch in § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. zu berücksichtigen sei. Der Strom, den die auf den Dachflächen der Hähnchenmastanlage installierte Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 820 kW erzeuge - durchschnittlich etwa 770.000 kWh/a -, dürfe nicht auf ihren Strombedarf angerechnet werden, da sie lediglich unregelmäßig Strom produziere und den Bedarf nicht kontinuierlich decken könne. Selbst wenn man diesen Strom berücksichtige, deckten 62,5 %  des durch die Photovoltaikanlage und die Windenergieanlage gewonnenen Stroms ihren Bedarf. Somit verbleibe dieser deutlich überwiegende Teil in ihrem Betrieb und lediglich 37,5 % des Stroms würden in öffentliche Netze eingespeist, so dass die Anforderungen an eine Unterordnung der Windenergieanlage erfüllt seien. Die noch zu installierende Stromheizung müsse dabei auch in diese Berechnungen einbezogen werden, da der Wechsel von der bestehenden Gas- auf eine Stromheizung ebenfalls mit dem hier streitgegenständlichen Vorbescheid beantragt worden sei. Die Konzentrationswirkung von Planungen gemäß § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erfasse der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts zufolge lediglich Windenergieanlagen gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB. Die Voraussetzungen einer dem Betrieb dienenden Anlage lägen in ihrem Fall angesichts der Größe, der Anordnung und des Stromverbrauchs der Tierhaltungsställe, denen die Windenergieanlage dienen solle, vor. Auf bestehende Konzentrationsplanungen und deren Wirksamkeit komme es daher für die Zulässigkeit der Anlage nicht an; die 19. Flächennutzungsplanänderung der Beigeladenen sei jedoch auch unwirksam, da die Konzentrationsplanung im Ergebnis abwägungsfehlerhaft sei. Dabei handle es sich um einen Ewigkeitsmangel, der trotz Fristablaufs beachtlich sei. Die Beigeladene habe das auf ihrem Gebiet bestehende Potential für die Errichtung von Windenergieanlagen nicht bzw. unzutreffend ermittelt. Die Abstände zur Wohnbebauung seien zu groß gewählt worden, so dass dem sich bei sachgerechter Vorgehensweise ergebenden Potential der Windenergienutzung substantiell kein Raum gewährt worden sei. Zudem habe die Beigeladene ihre Planung nicht gem. § 1 Abs. 4 BauGB der Planung des Beklagten im RROP 2010 angepasst; das RROP 2010 sehe im sachlichen Teilplan Windenergie auf dem Gebiet der Beigeladenen ein weitaus größeres, zwei Sondergebiete der 19. Flächennutzungsplanänderung verbindendes Vorranggebiet für Windenergieanlagen vor. Der Teilbereich Windenergie des RROP 2000 sei ebenso wie der Teilbereich Windenergie des am 31.05.2011 bekannt gemachten RROP 2010 unwirksam, da das Gegenstromprinzip, das sich aus § 9 Abs. 2 S. 2 ROG und § 8 Abs. 5 NROG ergebe, verletzt werde. Gehe man davon aus, dass die nunmehr gültige, die Privilegierung gewerblicher Tierhaltungsanlagen weitgehend aufhebende, Fassung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB bei der Prüfung ihres Anspruchs auf die Erteilung des begehrten Vorbescheides Anwendung finde, so habe sie zumindest bis zur Änderung des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB im September 2013 einen Anspruch auf die Erteilung des Vorbescheides gehabt. Den ihr so entstandenen Schaden wolle sie auf Grundlage eines Amtshaftungsanspruchs geltend machen.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die am 15.01.2009 bekannt gemachte Änderung und Ergänzung für den sachlichen Teilabschnitt Windenergie des RROP 2000 sowie den Teilbereich Windenergie des am 31.05.2011 bekannt gemachten RROP 2010 mit rechtskräftigen Urteilen vom 28.08.2013 (12 KN 22/10 und 12 KN 146/12) für unwirksam erklärt.

Der Kreistag des Beklagten hat die 1. Änderung des RROP 2010 (sachlicher Teilabschnitt Energie) am 20.07.2015 als Satzung beschlossen. Eine Bekanntmachung ist noch nicht erfolgt. Auch die 1. Änderung des RROP (Teilabschnitt Energie) sieht Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen vor. Der geplante Standort der Anlage der Klägerin liegt weiterhin außerhalb einer derartigen Fläche.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Ablehnungsbescheides vom 23.03.2011 und des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011 zu verpflichten, ihr gemäß ihrem Antrag vom 05.07.2010 einen Vorbescheid gem. § 9 BImSchG zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage zu erteilen,

hilfsweise,

festzustellen, dass der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 23.03.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30.05.2011 rechtswidrig waren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid und trägt ergänzend vor, dass die 19. Flächennutzungsplanänderung der Beigeladenen keine Abwägungsfehler aufweise. Im Rahmen der Begründung habe die Beigeladene drei geeignete Potentialflächen benannt. Durch die Realisierung von Windparks auf diesen Potentialflächen habe die Kapazität des Umspannwerks Lengerich ausgeschöpft werden können. Auf diesen Potentialflächen seien dann auch zehn Windenergieanlagen errichtet worden. Ein angeblicher Verstoß gegen das Anpassungsgebot aus § 1 Abs. 4 BauGB lasse die Ausschlusswirkung nicht für das gesamte Gemeindegebiet entfallen. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB stehe der Zulässigkeit des Vorhabens weiter entgegen. Die Anlage sei auch nicht nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. zulässig. Der Strom, den die auf dem Dach der Hähnchenmastanlage installierte Photovoltaikanlage erzeuge, müsse auf den Strombedarf der Anlage angerechnet werden. Eine raumbedeutsame Windenergieanlage könne zudem keine dienende Funktion haben. Überdies sei für die Entscheidung über den Anspruch der Klägerin nunmehr § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in der aktuellen Fassung maßgeblich; dessen Anforderungen an eine Privilegierung von gewerblichen Tierhaltungsanlagen und damit auch den ihnen untergeordneten Anlagen erfülle das klägerische Vorhaben erst recht nicht. Folgte man der Ansicht der Klägerin, der zufolge eine untergeordnete Windenergieanlage eines Vorhabens nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht von der Sperrwirkung des § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB erfasst sei, wäre eine Steuerung von Windenergieanlagen über Flächennutzungspläne bzw. das RROP nicht möglich. Inhaber von gewerblichen Tierhaltungsanlagen könnten ihren Energie- und/oder Wärmebedarf zudem auch durch weniger gravierende Eingriffe in das Landschaftsbild, wie die Errichtung einer Biogasanlage oder die Errichtung von Photovoltaikanlagen auf den Dachflächen, realisieren.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt. Im Hinblick auf die 19. Änderung ihres Flächennutzungsplans weist sie darauf hin, dass diese nicht abwägungsfehlerhaft sei. Das Flächenpotential für Windenergieanlagen sei gemäß der seinerzeit gültigen Empfehlung des Niedersächsischen Innenministeriums ermittelt worden. Die Festlegung eines Abstandes von 800 m zur Wohnbebauung sei Ergebnis einer mehrschrittigen Flächenermittlung durch ihren Rat, der sich nach ausführlicher Beratung für diesen Abstand entschieden habe, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass er nicht zur Einhaltung besonders großer Abstände verpflichtet war und dass es sich um eine Abwägungsentscheidung handle. Der Windenergienutzung sei in substantieller Weise Raum gegeben worden. Das Umspannwerk Lengerich werde komplett ausgelastet. Ein Verstoß gegen das Anpassungsgebot liege nicht vor. Sollte man ihre Abwägung als fehlerhaft ansehen, handle es sich dabei überdies nicht um einen Mangel im Abwägungsergebnis, sondern im Abwägungsvorgang, der wegen des Ablaufs der Rügefrist unbeachtlich sei. Die Konzentrationswirkung der 19. Flächennutzungsplanänderung entfalte auch gegenüber Nebenanlagen zu Anlagen nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB Wirkung.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die - zumindest mit ihrem Hauptantrag - zulässige Klage ist unbegründet.

Der die Erteilung des immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides ablehnende Bescheid des Beklagten vom 23.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.05.2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hatte zu keiner Zeit einen Anspruch auf die Erteilung eines Vorbescheides zur Errichtung einer Windkraftanlage vom Typ Enercon E-82 auf dem F. der Flur 30 der Gemarkung J.

Gem. § 9 Abs. 1 BImSchG soll auf Antrag durch Vorbescheid über einzelne Genehmigungsvoraussetzungen sowie über den Standort der Anlage entschieden werden, sofern die Auswirkungen der geplanten Anlage ausreichend beurteilt werden können und ein berechtigtes Interesse an der Erteilung eines Vorbescheides besteht.

Die geplante Windkraftanlage mit einer Nabenhöhe von 108,38 m bedarf nach § 4 Abs. 1 BImSchG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) und Ziffer 1.6 (Spalte 2) des Anhangs zur 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Die Genehmigung ist nach § 6 Abs. 1 BImSchG zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und einer auf Grund des § 7 BImSchG erlassenen Verordnung ergebenden Pflichten erfüllt sind (Nr. 1) und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen (Nr. 2).

Zu den anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG gehören auch die Regelungen des Bauplanungsrechts in den §§ 29 ff. BauGB. Dem Vorhaben der Klägerin steht das Bauplanungsrecht entgegen, da es keine „mitgezogene“ Privilegierung zu einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB darstellt und auch nicht gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB privilegiert oder als sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB zulässig ist (A.), da ihm sowohl die Darstellungen des wirksamen Flächennutzungsplanes der Beigeladenen (B.) als auch die Ziele des - noch nicht rechtsverbindlichen - Teilbereichs Energie des RROP 2010 des Beklagten (C.) als öffentlicher Belang gem. § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehen. Auch der Hilfsantrag der Klägerin hat keinen Erfolg (D.).

A.

Das Vorhaben der Klägerin ist bauplanungsrechtlich nicht zulässig. Die geplante Windkraftanlage stellt eine bauliche Anlage im Sinne von § 29 Abs. 1 BauGB dar, die im Außenbereich der Gemeinde G. errichtet werden soll, so dass sich ihre Zulässigkeit nach § 35 BauGB beurteilt. Im Außenbereich ist ein Vorhaben nach § 35 Abs. 1 BauGB zulässig, wenn es einen der dort genannten Privilegierungstatbestände erfüllt, ihm öffentliche Belange nicht entgegenstehen und die ausreichende Erschließung gesichert ist.

Eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil in § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB für Windenergieanlagen ein eigener Privilegierungstatbestand genannt ist, da eine anderweitige Privilegierung, insbesondere als untergeordnete Anlage eines landwirtschaftlichen Betriebes (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) oder eines in § 35 Abs. 1 Nr. 3 oder Nr. 4 BauGB privilegierten Vorhabens hiervon grundsätzlich unberührt bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008 - 4 B 44/08 -; Nds. OVG, Urteil vom 29.04.2008 - 12 LB 48/07 -, jeweils zit. nach juris; VG Osnabrück, Urteil vom 25.09.2009 - 2 A 29/07 -, V.n.b.; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Loseblattsammlung, Stand: Februar 2015, § 35 Rn. 58a).

Bei der Hähnchenmastanlage der Klägerin, neben der die Windenergieanlage errichtet werden soll, handelt es sich um ein nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. privilegiertes Vorhaben. Grundsätzlich kommt danach auch die Privilegierung der Windenergieanlage am dortigen Standort in Betracht, wenn das Vorhaben zur Erreichung dieses Zwecks - dem Betrieb der Mastanlage - erforderlich ist (vgl. Söfker, a.a.O., Rn. 55 c). Anlagen für die Energieversorgung des Betriebs und der zugehörigen Gebäude können demnach als Nebenanlagen zu einem Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. an der privilegierten Zulässigkeit teilhaben, wenn die Wärme und der tatsächliche Strom tatsächlich in dem Betrieb verwendet werden (vgl. ebenda, Rn. 55 e). Dies kann nach Ansicht der Kammer auch für raumbedeutsame Anlagen gelten, sofern diese die genannten Voraussetzungen erfüllen. Allerdings lässt sich die Frage, ob eine Windenergieanlage als untergeordnete Nebenanlage anzusehen ist, nicht anhand abstrakter Maßstäbe und Größenverhältnisse, sondern nur auf der Grundlage einer Würdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.11.2008, a.a.O.).

Maßgeblich ist dabei hier die Fassung des § 35 BauGB zum Zeitpunkt der Antragstellung. Insbesondere § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wurde durch das Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts vom 11.06.2013 (BGBl. I, 1548) mit Wirkung vom 20.09.2013 maßgeblich verändert, indem die Privilegierung gewerblicher Tierhaltungsanlagen - wie der Hähnchenmastanlage der Klägerin - weitgehend aufgehoben wurde. Nach heutigem Recht wäre diese Anlage ohne eine entsprechende gemeindliche Planung unzulässig. Bei der Frage der mitgezogenen Privilegierung einer untergeordneten Anlage zu einem nach altem Recht privilegierten Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. findet jedoch nach Ansicht der Kammer die Überleitungsvorschrift des § 245a Abs. 4 BauGB i.d.F. vom 11.06.2013 Anwendung, der zufolge für Zulassungsentscheidungen über Anlagen zur Tierhaltung, die dem § 35 Absatz 1 Nr. 4 unterfallen und für die vor Ablauf des 04.07.2012 bei der zuständigen Behörde ein Antrag eingegangen ist, § 35 Absatz 1 Nr. 4 in seiner bis zum 20.09.2013 gültigen Fassung anzuwenden ist. Gem. § 233 Abs. 1 BauGB werden zudem Verfahren nach diesem Gesetz, die vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung förmlich eingeleitet worden sind, vorbehaltlich anderweitiger Regelungen nach den bisher geltenden Rechtsvorschriften abgeschlossen. Bei dem Verfahren um die Frage der Zulässigkeit der Errichtung und des Betriebs einer Windenergieanlage handelt es sich - wie bereits dargelegt - um ein immissionsschutzrechtliches Verfahren, dessen Ablauf sich nach dem BImSchG und nicht nach dem BauGB richtet. Über § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG wird jedoch auch die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit einer Anlage mitsamt der zugehörigen Vorschriften des BauGB zum Gegenstand der Prüfung. Da sich die Zulässigkeit einer Anlage, die einem privilegierten Vorhaben untergeordnet sein soll, aus der Zulässigkeit bzw. dem jeweiligen Privilegierungstatbestand der Hauptanlage ableitet, ist § 245a Abs. 4 BauGB i.V.m. § 233 Abs. 1 BauGB nach Ansicht der Kammer im Wege der Analogie auch für die Zulässigkeitsprüfung einer Anlage, die einer nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. privilegierten Anlage untergeordnet sein soll, anzuwenden, sofern - wie hier - der Antrag vor dem 04.07.2012 gestellt worden ist. Anderenfalls würde man den Antragsteller bzw. die Antragstellerin um die Vorteile bringen, die derjenige, der eine Hauptanlage zur Genehmigung stellt, durch § 245a Abs. 4 BauGB hat. Eine solche Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen und widerspricht auch der Intention des Gesetzgebers, der mit der Schaffung des § 245a Abs. 4 BauGB die frühere Rechtslage für sämtliche Anträge, die vor dem Kabinettsbeschluss zum Regierungsentwurf am 04.07.2012 gestellt worden waren, beibehalten hat (vgl. Krautzberger/Stüer, BauGB-Novelle 2013, DVBl. 2013, 805, 814).

Im Verhältnis zur „mitgezogenen Privilegierung“ einer Windenergieanlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB sind im Falle einer Privilegierung zu einem Betrieb im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. höhere Anforderungen an die Verwendung der Energie im betreffenden Betrieb zu stellen. Die Verwendung von 2/3 der erzeugten Energie im betreffenden Betrieb (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 29.04.2008, a.a.O.) reicht für eine mitgezogene Privilegierung zu einem Betrieb gem. § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB nicht aus. Die erzeugte Energie muss tatsächlich im betreffenden Betrieb verwendet werden. Besonderheiten beim Einsatz erneuerbarer Energien können insoweit zu berücksichtigen sein, als sie durch Schwankungen in der Energieerzeugung bedingt sind. Daher kann die Anlage ihrer Kapazität nach so ausgelegt werden, dass sie den Bedarf des jeweiligen Betriebs auch unter Berücksichtigung gegebenenfalls auftretender Schwankungen der Energieerzeugung deckt. Der bei Nebenanlagen zu § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB erzeugte Strom darf jedoch nur zu einem untergeordneten Anteil an Dritte oder in das öffentliche Netz abgegeben werden (vgl. Söfker, a.a.O., Rn. 54a).

Die von der geplanten Windenergie erzeugte Energie wird hier jedoch selbst im Falle der - nach Ansicht der Klägerin in der Antragstellung enthaltenen -  Umstellung von einer Gas- auf eine Stromheizung auch unter Berücksichtigung etwaiger Schwankungen in der Energieerzeugung nicht zu einem untergeordneten Anteil an Dritte oder in das öffentliche Netz abgegeben. Der von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen ermittelte Gesamtstrombedarf der Hähnchenmastanlage (Bl. 28 der Beiakte A, Teil „Antragsunterlagen“) in Höhe von 2.818.368 kWh ist dabei um die durchschnittlich von der Photovoltaikanlage der Klägerin produzierte Jahresstrommenge von 770.000 kWh zu reduzieren. Einem sich so ergebenden Strombedarf in Höhe von 2.048.368 kWh steht eine laut Herstellerangaben in den Antragsunterlagen jährliche Stromerzeugung durch die Windenergieanlage in Höhe von 4.945.902 kWh gegenüber. Somit würden lediglich knapp 41 % der produzierten Energie für die Anlage benötigt; ein Anteil von 59 % würde in das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben. Legt man den von der Klägerin genannten Strombedarf in Höhe von 2.573.513 kWh (ermittelt aus Abrechnungen für den Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2010) zugrunde, ergibt sich ein Energieanteil von etwa 64 %, der in das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben werden würde. Lediglich 36 % und damit ein untergeordneter Teil verblieben im klägerischen Betrieb. Ungeachtet der Tatsache, dass die Photovoltaikanlage unregelmäßig Strom produziert, kann der auf diesem Wege gewonnene Strom bei der Betrachtung des klägerischen Gesamtenergiebedarfs nicht unberücksichtigt bleiben. Besonderheiten beim Einsatz erneuerbarer Energien können - wie bereits ausgeführt -  insoweit zu berücksichtigen sein, als sie durch Schwankungen in der Energieerzeugung bedingt sind. Dies führt jedoch allenfalls dazu, dass die untergeordnete Funktion einer Anlage mit Rücksicht auf die Schwankungen in der Energieerzeugung auch bei einem den Bedarf etwas mehr als üblich übersteigenden Anteil der an Außenstehende abzugebenden Energie annimmt, um einen Puffer einzuplanen. Die vollständige Nichtberücksichtigung einer vorhandenen Energiequelle kann jedoch keine Konsequenz dieser Auffassung sein. Auch die Windenergieanlage produziert unregelmäßig Strom; im Winter ist die Stromerzeugung wegen der höheren Windgeschwindigkeiten erfahrungsgemäß höher als im Sommer. Dennoch wird auch bei Windenergieanlagen mit dem durchschnittlichen Energieerzeugungswert gemessen. Der Durchschnittswert bildet lediglich ab, welche Strommenge die jeweilige Anlage innerhalb eines Jahres produziert. Dass dies sowohl Tage, an denen kaum Strom produziert wird, als auch Tage, an denen eine große Menge Strom produziert wird, beinhaltet, versteht sich von selbst. Der Umstand, dass eine Energiequelle Strom in unregelmäßigen Mengen produziert, kann nicht dazu führen, dass diese Energiequelle bei der Ermittlung des zur Verfügung stehenden Stroms außer Acht gelassen wird. Auch der jährliche Energiebedarf der Hähnchenmastanlage ist ein Durchschnittswert und schwankt je nach Jahreszeit und Besatzdichte. Es wäre unbillig und liefe dem Prinzip der mitgezogenen Privilegierung und dessen Anforderungen zuwider, wenn man die Erforderlichkeit einer - ebenfalls unregelmäßig produzierenden - Energiequelle bejahte, weil die bereits vorhandene Energiequelle unregelmäßig Strom produziert und daher bei der Bedarfsermittlung nicht berücksichtigt werden kann.

Ohne die Umrüstung auf eine Stromheizung hat die Mastanlage den Angaben der Klägerin zufolge einen jährlichen Strombedarf in Höhe von lediglich 207.332 kWh; eine Erforderlichkeit wäre in diesem Fall selbstredend nicht gegeben.

Selbstständig tragend weist die Kammer darauf hin, dass der durch die Windenergieanlage erzeugte Strom auch ohne die bedarfsmindernde Berücksichtigung des durch die Photovoltaikanlage erzeugten Stroms nicht in einem untergeordneten Anteil, sondern in einem Anteil von knapp 43 % in das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben werden wird. Dem von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen ermittelten Gesamtenergiebedarf von 2.048.368 kWh steht - wie bereits ausgeführt - eine jährliche Stromerzeugung durch die Windenergieanlage in Höhe von 4.945.902 kWh gegenüber. Legt man den von der Klägerin genannten Strombedarf in Höhe von 2.573.513 kWh (ermittelt aus Abrechnungen für den Zeitraum vom 01.09.2009 bis zum 31.08.2010) zugrunde, ergibt sich ein Energieanteil von etwa 48 %, der in das öffentliche Netz oder an Dritte abgegeben werden würde. Dies stellt (wiederum unter Berücksichtigung der Schwankungen in der Energieerzeugung) keinen untergeordneten Anteil, sondern knapp die Hälfte des erzeugten Stroms dar. Eine Privilegierung der Windenergieanlage als Nebenanlage bzw. mitgezogene Privilegierung zur vorhandenen Hähnchenmastanlage scheidet daher aus.

Auf die Frage, ob die Darstellung von Konzentrationsflächen für Windenergie im Flächennutzungsplan der Beigeladenen dem Vorhaben gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB trotz dessen mitgezogener Privilegierung entgegensteht, kommt es daher nicht an.

Selbstständig tragend weist die Kammer jedoch darauf hin, dass das Vorhaben auch bei unterstellter Privilegierung als Nebenanlage zur Hähnchenmastanlage am geplanten Standort nicht zulässig wäre, da ihm die Darstellungen des - wirksamen (wird unter B. ausgeführt) - Flächennutzungsplans als öffentlicher Belang gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB entgegenstehen. Gem. § 35 Abs. 3 S. 3 BauGB stehen öffentliche Belange einem Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist. Der Wortlaut "hierfür" der Vorschrift bedeutet, dass für die jeweiligen nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB privilegierten Vorhaben Ausweisungen enthalten sein müssen, um sie an anderen Standorten auszuschließen; möglich ist auch, innerhalb der Nummern 2 bis 6 nur für einzelne der von einer Nummer erfassten Art entsprechende Darstellungen zu treffen (vgl. Söfker, a.a.O., § 35 Rn. 124). Laut der Planbegründung zur 19. Änderung des Flächennutzungsplans (Ziffer 6.5, S. 64 f.). erfolgte die Ausweisung einer Konzentrationszone durch die Beigeladene nicht allein mit Blick auf die nach § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB, sondern auch auf die nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 und Nr. 6 BauGB privilegierten Windenergieanlagen, so dass außerhalb der dargestellten Konzentrationsflächen nur noch Windenergieanlagen als „mitgezogene“ Privilegierung im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs gem. § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB zulässig sind.

Sachliche oder räumliche Gründe dafür, dass ein Ausnahmefall vorliegt, der die Errichtung der geplanten Windkraftanlage außerhalb der im Flächennutzungsplan ausgewiesenen Windvorrangzonen rechtfertigt, sind nicht ersichtlich; die vorgetragene Nähe eines der dargestellten Vorranggebiete zum geplanten Standort begründet jedenfalls keinen derartigen Ausnahmefall (vgl. VG Lüneburg, Urteil vom 08.07.2003 - 2 A 62/02 -, juris).

Aufgrund der dargestellten Konzentrationsflächen ist die Windenergieanlage - wie sich aus dem Vorstehenden ergibt - auch nicht gem. § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB zulässig.

Einer Zulässigkeit als sonstiges Vorhaben gem. § 35 Abs. 2 BauGB steht eine durch die wirksame (vgl. die Ausführungen zu B.) Konzentrationsplanung des Flächennutzungsplans der Beigeladenen begründete Beeinträchtigung öffentlicher Belange gem. § 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB entgegen.

B.

Die Konzentrationsplanung der 19. Änderung des seit dem 15.01.1999 rechtsverbindlichen Flächennutzungsplans der Beigeladenen ist entgegen der Ansicht der Klägerin auch wirksam. Sie weist keine rügefähigen Abwägungsfehler auf (dazu unter I.); eine Verletzung des Anpassungsgebots gem. § 1 Abs. 4 BauGB scheitert schon daran, dass der Beklagte derzeit über kein wirksames RROP (Teilbereich Energie) verfügt (dazu unter II.).

Dass die Neufassung des Flächennutzungsplans in formeller Hinsicht rechtlichen Bedenken unterliegt, hat die Klägerin nicht vorgetragen und ist auch nicht erkennbar. Des Weiteren ist der Flächennutzungsplan entgegen der Auffassung der Klägerin auch materiell wirksam, soweit er Konzentrationszonen für Windkraftanlagen darstellt.

I.

Die Rügen der Klägerin gegen den Abwägungsvorgang im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens sind ungeachtet dessen, ob sie sachlich zutreffen, bereits unbeachtlich, weil sie nicht im Sinne von § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB in der maßgeblichen Fassung vom 27. August 1997 (vgl. § 233 Abs. 2 S. 3 BauGB) innerhalb von sieben Jahren seit Bekanntmachung des Flächennutzungsplans schriftlich und unter Darlegung des Sachverhalts, der den Mangel begründen soll, gegenüber der Beigeladenen geltend gemacht worden sind.

Der 12. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts führt dazu in seinem Urteil vom 11.11.2013 (12 LC 257/12, juris) aus:

„Die Vorschrift des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. erfasst im Grundsatz sowohl Mängel im Abwägungsvorgang als auch Mängel im Abwägungsergebnis (Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 215 Rn. 80). Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts müsse diese Vorschrift aber verfassungskonform einschränkend ausgelegt werden, so dass ein fehlerhaftes Abwägungsergebnis, welches in eine durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Position eingreife, auch nach Ablauf von sieben Jahren beachtlich bleibe. Das Verwaltungsgericht greift insoweit verfassungsrechtliche Bedenken der Literatur gegen die Unbeachtlichkeitsvorschrift des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. auf, wobei (wohl) überwiegend eine verfassungskonforme Auslegung in dem Sinne befürwortet wird, dass § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. nur auf schwere und/oder verfassungsrelevante Abwägungsmängel nicht anwendbar sei (so etwa Peine, NVwZ 1989, 637; Löhr, NVwZ 1987, 361; Quaas/Kuck, in: Schrödter, BauGB, 7. Aufl., § 215 Rn. 8; Hoppe, in: Hoppe/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 1995, § 16 Rn. 44; Gaentzsch, BauGB, § 215 Rn. 3; vgl. demgegenüber Dolde, BauR 1990, 1, 9 ff., und Gern/Schneider, VBlBW 1988, 125, 129, die § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. für verfassungswidrig halten). Das Bundesverwaltungsgericht und die bekannte obergerichtliche Rechtsprechung teilen diese Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Regelung nicht ausdrücklich. Diese Gerichte konnte die Frage, ob zumindest „schwere Mängel im Abwägungsergebnis“ (BVerwG, Beschl. v. 2.1.2001 - 4 BN 13.00 -, BauR 2001, 1888; in diesem Sinne auch BVerwG, Beschl. v. 23.1.2003 - 4 B 79.02 -, BauR 2003, 547; Urt. v. 21.3.2013 - 4 C 15.11 -, BauR 2013, 1236; Nds. OVG, Urt. v. 20.10.2011 - 1 LB 195/10 -, n. v.) bzw. „gravierende Mängel“ (Bay. VGH, Urt. v. 23.12.1998 - 26 N 98.1675 -, NVwZ-RR 2000, 79 [VGH Bayern 23.12.1998 - 26 N 1675/98]) auch nach Ablauf einer Frist von sieben Jahren beachtlich bleiben müssen, in den jeweiligen Verfahren allerdings dahinstehen lassen.

Nach Auffassung des Senats verpflichtet die Verfassung den Gesetzgeber nicht, ein fehlerhaftes Abwägungsergebnis generell von den Heilungs- bzw. Unbeachtlichkeitsvorschriften auszunehmen. Die Rechtsprinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes lassen sich ebenfalls auf die Verfassung zurückführen (so etwa Gaentzsch, in: FS Weyreuther, S. 249, 265; Dürr, VBlBW 1987, 201, 203; insoweit auch Gern/Schneider, a. a. O., 127). Es ist einem Eigentümer generell auch zumutbar, sich innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren über den Inhalt einer Bauleitplanung und die Auswirkungen auf sein Eigentum zu informieren. Die aus der Verletzung dieser Obliegenheit entstehenden Nachteile muss gegebenenfalls auch ein Rechtsnachfolger gegen sich gelten lassen (vgl. Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 125 Rn. 80 m. w. N.).

Ob in atypischen Fällen, in denen ein Bauleitplan an einem schwerwiegenden Abwägungsmangel leidet, der - entgegen der Annahme des Gesetzgebers (BT-Drucks. 10/6166, S. 134) - innerhalb von sieben Jahren gleichwohl nicht geltend gemacht werden konnte oder bloß nicht geltend gemacht worden ist, der Anwendungsbereich des § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. einer verfassungskonformen Einschränkung bedarf, kann in diesem Verfahren ebenfalls dahinstehen. Ein ausnahmsweise beachtlicher Mangel des Abwägungsergebnisses in diesem Sinne liegt nicht vor.

Das Eigentumsrecht stellt zur Überzeugung des Senats keinen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine Abgrenzung verfassungsrechtlich relevanter und nicht relevanter Mängel der Abwägung bei der Konzentrationsflächenplanung dar (gegen eine Beschränkung des § 215 Abs. 1 Satz 2 BauGB a. F. auf Mängel der Abwägung, die sich nicht auf das Eigentumsgrundrecht auswirken, auch Stock, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 215 Rn. 80; Gerhardt/Bier, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Aug. 2012, Vorb. § 47 Rn. 13 Fn. 86). Das Nutzungsinteresse eines Eigentümers, im Außenbereich Windenergieanlagen zu errichten, stellt keine eigentumskräftig verfestigte Rechtsposition dar (so zum Planungsschadensrecht Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, 2. Aufl., Rn. 137 ff.). § 35 Abs. 1 und 2 BauGB vermittelt - anders als § 34 BauGB - keine Rechtsposition, die den Schutz des Art. 14 GG gegen neu auftretende öffentliche Belange genießt. Der Eigentümer im Außenbereich muss stets mit der Entstehung neuer Belange rechnen. Denn nach der Entscheidung des Gesetzgebers, der insofern Inhalt und Schranken des Eigentums an Grundstücken gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG zulässigerweise bestimmt, ist der Außenbereich grundsätzlich nicht für das Bauen freigegeben, sondern in erster Linie für die Land- und Forstwirtschaft und die Erholung der Allgemeinheit bestimmt (BVerwG, Urt. v. 17.2.1984 - 4 C 56.79 -, NVwZ 1984, 434; Urt. v. 17.12.2002 - 4 C 15.01 -, BVerwGE 117, 287). Die auch privilegierte Windenergienutzung steht dagegen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB unter einem Planvorbehalt. Da zudem jede Konzentrationsflächenplanung die Nutzungsmöglichkeiten von Grundstücken in der Ausschlusszone betrifft, müsste nach der Auffassung des Verwaltungsgerichts jeder Fehler der Planung grundrechtsrelevant und ohne Rücksicht auf eine rechtzeitige Rüge beachtlich sein. Es bestehen für den Senat aber keine Zweifel, dass die Planungserhaltungsvorschriften der §§ 214 ff. BauGB angesichts der damit verfolgten und auch von der Verfassung anerkannten Zwecke jedenfalls im Grundsatz verfassungsgemäß sind.

Die Annahme eines schwerwiegenden Mangels, der - in Übereinstimmung mit der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - von Verfassungs wegen über die in § 215 Abs. 1 Nr. 2 BauGB a. F. geregelte Frist hinaus beachtlich sein könnte, ist nach Auffassung des Senats daher nur gerechtfertigt, wenn der Plan selbst derart fehlerhaft ist, dass das Vertrauen auf die Gültigkeit einer Rechtsnorm nicht schutzwürdig sein kann. Ein schwerwiegender Mangel des Abwägungsergebnisses in diesem Sinne muss sich einem verständigen Beobachter geradezu aufdrängen.“

Gemessen an diesen Grundsätzen, denen die Kammer folgt, weist die 19. Flächennutzungsplanänderung der Beigeladenen keine (allein rügefähigen) Mängel des Abwägungsergebnisses auf.

Die von der Klägerin gerügten Abwägungsfehler betreffen teilweise schon nicht das Abwägungsergebnis, sondern den Abwägungsvorgang. Dass Fehler im Abwägungsvorgang, selbst wenn sie sich im Einzelfall aufdrängen, aus verfassungsrechtlichen Gründen nach Ablauf einer Frist von sieben Jahren beachtlich bleiben müssten, wird soweit ersichtlich aber nicht vertreten und ist verfassungsrechtlich auch nicht geboten (vgl. die oben zitierten Ausführungen des Nds. OVG im Urteil vom 11.11.2013, a.a.O.). Zum Abwägungsvorgang gehören die Zusammenstellung des Abwägungsmaterials sowie die Gewichtung und Einstellung dieser Belange in die Abwägung (Nds. OVG, Urteil vom 17.06.2013 - 12 KN 80/12 -, juris m. w. N.). Danach betrifft auch die beanstandete Festlegung eines pauschalen Vorsorgeabstandes von 800 m (Einzelwohngebäude im Außenbereich und allgemeine Wohngebiete und dörfliche Siedlungen) bzw. 1000 m (reine Wohngebiete) zu Wohnnutzungen zunächst nur den Abwägungsvorgang. Dieser (angebliche) Fehler kann der Ausschlusswirkung der Konzentrationsflächenplanung daher nicht mehr entgegengehalten werden.

Der von der Klägerin gerügte Fehler im Abwägungsvorgang schlägt nicht offenkundig auf das Ergebnis der Abwägung durch. Das Abwägungsergebnis weist auch im Übrigen keine besonders schwerwiegenden Mängel auf.

Das Abwägungsergebnis ist der durch die Abwägung gewonnene Norminhalt des Plans (vgl. Söfker, a. a. O., § 1 Rn. 187). Fehlerhaft ist das Abwägungsergebnis nicht schon dann, wenn die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Planung nach der erforderlichen Abwägung anders ausgefallen wäre und der Abwägungsausfall damit im Sinne des § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB auf das Abwägungsergebnis „von Einfluss" gewesen ist. Es ist vielmehr erst dann zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil anderenfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit müssen überschritten sein (Nds. OVG, Urteil vom 17.06.2013, a. a. O., unter Hinweis auf BVerwG, Urteile vom 11.04.2013 - 4 CN 2.12 - und vom 22.09.2010 - 4 CN 2.10 -, jeweils zit. nach juris). Das Ergebnis einer Konzentrationsflächenplanung ist vor allem dann fehlerhaft, wenn der Windenergie im Plangebiet insgesamt nicht substanziell Raum verschafft wird. Die Grenze zur unzulässigen „Negativplanung“ lässt sich nicht abstrakt, z. B. durch Ermittlung des prozentualen Anteils der Vorrang- oder Konzentrationsflächen für Windenergie an der Gesamtfläche des Planungsraums, bestimmen. Maßgeblich sind vielmehr die tatsächlichen Verhältnisse im jeweiligen Planungsraum, so dass Größenangaben - isoliert betrachtet - als Kriterium ungeeignet erscheinen(vgl. Nds. OVG, Urteil vom 11.11.2013, a.a.O., unter Hinweis auf Rechtsprechung des BVerwG und des Nds. OVG). Das Verhältnis der ausgewiesenen Vorrangfläche zur Gesamtfläche bzw. zu den zuvor ermittelten Potentialflächen kann aber als Indiz für eine Verhinderungsplanung gewertet werden (BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 4 CN 1.11, 2.11 -, juris). Danach begegnet das Abwägungsergebnis des Beigeladenen zwar Bedenken. Der Anteil der drei ausgewiesenen Vorranggebiete an der Fläche des Gebiets der Beigeladenen ist vergleichsweise klein. Ferner lassen die der Abwägungsentscheidung zugrunde gelegten Parameter, vor allem die nahezu Verdoppelung des seinerzeit empfohlenen Abstands zur Wohnbebauung von 500 auf 800 m (allgemeine Wohngebiete und dörfliche Siedlungen) bzw. die Erhöhung von 300 m auf 800 m (Einzelhäuser) und von 750 m auf 1000 m (reine Wohngebiete), ein eher restriktives Vorgehen der Beigeladenen erkennen. Offenkundig fehlerhaft ist das Abwägungsergebnis aber nicht. Es ist nicht für sich genommen schädlich, dass die Beigeladene schlussendlich nach Restriktionsanalyse und -bewertung nur drei Konzentrationsflächen ausgewiesen hat, auf denen nicht mehr als sieben Windenergieanlagen mit Leistungen von je 1,5 MW verwirklicht werden können. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass die Beigeladene auch dann nicht verpflichtet gewesen wäre, ein deutlich größeres Flächenpotenzial insgesamt auszuschöpfen, wenn sie im Abwägungsprozess unter Berücksichtigung des seinerzeit empfohlenen Abstands zu Siedlungsbereichen zunächst ein solches ermittelt hätte. Vielmehr kann die planende Gemeinde nach Abzug der sogenannten „weichen“ Tabuzonen in einem weiteren Arbeitsschritt die von § 35 Abs.1 Nr. 5 BauGB privilegierten Nutzungsinteressen aus städtebaulichen Gründen zurückstellen (Nds. OVG, Urteil vom 11.11.2013, a.a.O.). Die von der Beigeladenen zur Begründung eines Schutzabstands von 800 m angeführten Belange der allgemeinen Siedlungsentwicklung und des Immissionsschutzes stellen im Grundsatz städtebaulich vertretbare Gründe in diesem Sinne dar. Es drängt sich daher jedenfalls nicht auf, dass die von der Klägerin in Aussicht genommene Fläche oder andere bisher nicht als Vorranggebiet für die Windenergie ausgewiesene Flächen im Samtgemeindegebiet schlechterdings nicht „wegwägbar“ gewesen wären. Überdies eignet sich zudem nur ein vergleichsweise kleiner Teil des Samtgemeindegebiets für die Errichtung von Windenergieanlagen. Das Gebiet der Beigeladenen ist durch mehrere großflächige Gemeinden, aber auch eine Vielzahl von Ortschaften, Siedlungssplittern und Einzelhäusern geprägt, zu denen die Beigeladene jedenfalls einen rechtlich zwingenden Schutzabstand einzuhalten hatte. Selbiges gilt für die in großer Zahl vorhandenen Waldflächen sowie das im Landesraumordnungsprogramm als Vorranggebiet für Natur und Landschaft ausgewiesene Gebiet entlang der K. Ein Streifen von je 10 m entlang dieses Gewässers ist ebenfalls als Standort für Windenergieanlagen ausgeschlossen. Eine Verhinderungsplanung der Beigeladenen liegt angesichts dieser Umstände nicht vor.

Darüber hinaus sind die Einspeisungsmöglichkeiten der aus den Windenergieanlagen gewonnenen Energie auf dem Gebiet der Beigeladenen äußerst begrenzt (vgl. Ziff. 3.3 der Planbegründung, S. 39 ff.). Lediglich das Umspannwerk Lengerich stand seinerzeit für eine ökonomische Einspeisung des Stroms in das öffentliche Netz zur Verfügung. Die auf den dargestellten Konzentrationsflächen realisierbaren sieben Windenergieanlagen lasteten dieses Umspannwerk im Zusammenspiel mit den vorhandenen Anlagen vollständig aus, so dass die Darstellung weiterer Konzentrationsflächen auch vor diesem Hintergrund aus Sicht der Beigeladenen eingeschränkt war. Es war aus damaliger Sicht auch nicht abwägungsfehlerhaft, dass die Beigeladene die begrenzten Einspeisungsmöglichkeiten bei ihrer Planung berücksichtigt hat. Im Jahre 1999 existierten das EEG und damit auch die Abnahmepflicht der Netzbetreiber noch nicht. Ein Anspruch etwaiger Anlagenbetreiber auf die Errichtung eines Umspannwerks musste sich der Beigeladenen daher auch nicht als Abwägungskriterium aufdrängen.

In Anbetracht dessen ist hier jedenfalls nicht offensichtlich, dass die Beigeladene der Windenergie im Plangebiet insgesamt nicht substanziell Raum verschafft hat.

II.

Ein von der Klägerin mit Blick auf das RROP des Beklagten gerügter Verstoß gegen das Anpassungsgebot aus § 1 Abs. 4 BauGB ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die am 15.01.2009 bekannt gemachte Änderung und Ergänzung für den sachlichen Teilabschnitt Windenergie des RROP 2000 sowie den Teilbereich Windenergie des am 31.05.2011 bekannt gemachten RROP 2010 mit rechtskräftigen Urteilen vom 28.08.2013 (12 KN 22/10 und 12 KN 146/12) für unwirksam erklärt hat.

Der Kreistag des Beklagten hat die 1. Änderung des RROP 2010 (sachlicher Teilabschnitt Energie) am 20.07.2015 als Satzung beschlossen. Eine Bekanntmachung ist noch nicht erfolgt, so dass derzeit keine rechtsverbindliche Raumordnungsplanung im Hinblick auf Windenergieanlagen vorliegt, an die der Flächennutzungsplan der Beigeladenen gegebenenfalls anzupassen wäre.

C.

Wie bereits ausgeführt, liegt derzeit keine rechtsverbindliche Raumordnungsplanung des Beklagten im Hinblick auf Windenergieanlagen vor. Der sachliche Teilbereich Energie wurde zwar vom Kreistag des Beklagten beschlossen, jedoch noch nicht durch das zuständige Ministerium genehmigt. Seine Ziele sind jedoch auch in diesem Verfahren zu berücksichtigen und führen dazu, dass die geplante Windenergieanlage auch wegen der entgegenstehenden  Ziele der Raumordnungsplanung nicht zulässig ist.

Aus der Wertung, die der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 Raumordnungsgesetz - ROG - vorgenommen hat, ergibt sich, dass in Aufstellung befindliche Ziele der Raumordnung als nicht benannter öffentlicher Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB auch im Rahmen des § 35 Abs. 1 BauGB von rechtlicher Bedeutung sein können, wenn den Gegenstand des Genehmigungsverfahrens eine raumbedeutsame Maßnahme im Sinne des § 3 Nr. 6 ROG bildet (so auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 09.04.2008 - 3 L 84/05 -, zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 4 Abs. 4 ROG a.F. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 27.01.2005 - 4 C 5/04 -, juris).

Der sachliche Teilabschnitt Energie des RROP 2010 weist Vorranggebiete für Windenergie aus. Die Fläche, auf der die Windenergieanlage der Klägerin errichtet werden soll, liegt außerhalb eines der Vorranggebiete und ist daher nicht zulässig. Gründe dafür, dass die Inhalte des sachlichen Teilabschnitts Energie wegen etwaiger Rechtswidrigkeit nicht als in Aufstellung befindliches Ziel der Raumordnung zu berücksichtigen sein dürften, hat die Klägerin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.

Nach alledem hat die Klägerin aus den dargelegten Gründen keinen Anspruch auf die Erteilung des begehrten Bauvorbescheids.

D.

Da nach den obigen Ausführungen § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB a.F. bei der Prüfung der Zulässigkeit der Windenergieanlage Anwendung findet (vgl. A.), das Vorhaben jedoch auch nach dieser Fassung mangels Privilegierung unzulässig ist, kommt es auf den Hilfsantrag der Klägerin, der darauf zielte, eine Zulässigkeit bis zur Gesetzesänderung festzustellen, nicht mehr an.

Selbst wenn § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB in der aktuellen Fassung angewandt würde und eine Privilegierung wegen der verschärften Anforderungen dann erst recht nicht gegeben wäre, wäre der Hilfsantrag jedoch mangels Feststellungsinteresse als unzulässig abzulehnen.

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist, dass ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung besteht (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO). Insoweit reicht es nicht schon aus, dass der Kläger subjektiv ein ideelles Interesse daran hat, die Frage der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des ursprünglich angefochtenen, mittlerweile aber erledigten Verwaltungsakts endgültig klären zu lassen. Vielmehr ist ein entsprechendes Feststellungsinteresse regelmäßig nur dann anzuerkennen, wenn der Betroffene - etwa weil von dem erledigten Verwaltungsakt eine fortdauernde diskriminierende Wirkung ausgeht - ein Genugtuungs- bzw. Rehabilitationsinteresse hat oder wenn für die Zukunft die hinreichend konkrete Gefahr der Wiederholung einer gleichartigen Verwaltungsmaßnahme besteht oder wenn die begehrte Feststellung der Vorbereitung eines hinreichend sicher zu erwartenden und nicht von vornherein aussichtslos erscheinenden Schadensersatz- bzw. Amtshaftungsprozesses des Betroffenen gegen die Behörde dienen soll; dabei müssen substantielle Ausführungen zu dem zu erwartenden Schaden gemacht werden (vgl. u.a. Kopp/Schenke, a.a.O., § 113 Rn. 136, 141, 142 m.w.N.).

Die Klägerin begründet ihren Antrag mit einem beabsichtigten Amtshaftungsprozess gegen den Beklagten. Dabei hat sie keinerlei Ausführungen zu dem zu erwartenden Schaden gemacht und dessen Höhe und Herkunft nicht einmal grob beziffert. Vor diesem Hintergrund ist kein Feststellungsinteresse gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen beruht die Entscheidung auf § 162 Abs. 3  VwGO. Diese hat keinen Antrag gestellt, so dass es unbillig wäre, ihre Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.