Verwaltungsgericht Osnabrück
Beschl. v. 23.09.2015, Az.: 5 B 377/15

Befristung; Einreise- und Aufenthaltsverbot

Bibliographie

Gericht
VG Osnabrück
Datum
23.09.2015
Aktenzeichen
5 B 377/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 45078
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gem. § 11 Abs. 1 - 3 AufenthG auf 30 Monate sind offen. Dem Antragsteller ist es zuzumuten, das Verfahren aus dem Ausland heraus zu führen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG tritt von Gesetzes wegen ein. Da Voraussetzung für die Anwendbarkeit von § 11 Abs. 1 AufenthG im Falle des Antragstellers die Abschiebung ist, kann er seine Wiedereinreisemöglichkeit dadurch selbst herbeiführen, dass er sich rechtstreu verhält und seiner Ausreisepflicht freiwillig nachkommt.
2. Das Gericht hält - trotz Zweifeln (Wortlaut, Gesetzesbegründung) - auch die Erfolgsaussichten der Klage gegen das auf zehn Monate befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 7 AufenthG für offen. Die Interessenabwägung fällt wiederum zu Lasten des Antragstellers aus. So ist dieser zur Ausreise verpflichtet. Zudem sind keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass dieser nach einer freiwilligen Ausreise einen dringenden Grund für die direkte Wiedereinreise innerhalb von zehn Monaten haben könnte. Falls zwingende Gründe für eine sofortige Wiederkehr dennoch vorliegen sollten, wäre es dem Antragsteller unbenommen, im Einzelfall eine Betretenserlaubnis gem. § 11 Abs. 8 AufenthG zu beantragen.

Tenor:

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

Der nach § 80 Abs. 5 VwGO zulässige und auch fristgerecht gestellte (§ 36 Abs. 3 Satz 1 AsylVfG) Antrag ist nicht begründet. Die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlassene Abschiebungsandrohung ist rechtmäßig.

Gemäß § 77 AsylVfG ist maßgeblicher Zeitpunkt der Sach- und Rechtslage derjenige der Entscheidung des Gerichts. Die Kammer wendet daher das Asylverfahrensgesetz in der seit dem 01.12.2013 durch das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU, BGBl. I S. 3474, geltenden Fassung an, das zuletzt durch Art. 2 des Gesetzes v. 23.12.2014, BGBL. I, S. 2439 geändert wurde.

Seit dem 20.07.2015 gilt für die Durchführung von Asylverfahren die  Richtlinie 2013/32/EU  vom 26.06.2013 (Amtsblatt der Europäischen Union L 180/60, im Folgenden: VRL n.F.) mangels rechtzeitiger Umsetzung in nationales Recht gem. Art. 52 Abs. 1 VRL n.F. für ab diesem Datum gestellte Asylanträge unmittelbar.

Aus dem angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass in dem hier streitgegenständlichen Bescheid die für die Asylbewerber günstigere VRL n.F. bereits angewendet worden ist, obwohl der Antragsteller seinen Asylantrag am 14.07.2015 gestellt hat, so dass zu diesem Zeitpunkt eine entsprechende Verpflichtung des Bundesamtes für Migration und Flüchtling noch nicht bestand. Der Antrag auf Gewährung subsidiären Schutzes ist als Teil des Asylantrages  (vgl. § 13 Abs. 2 AsylVfG) ebenfalls als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden.

Gem. Art. 31 Abs. 8 lit. a der  Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 (VRL n.F.) dürfen Prüfungsverfahren u.a. dann beschleunigt durchgeführt werden, wenn der Antragsteller bei der Einreichung seines Antrages und der Darlegung der Tatsachen nur Umstände vorgebracht hat, die für die Prüfung der Frage, ob er als Flüchtling oder Person mit Anspruch auf internationalen Schutz im Sinne der RL 2011/95/EG anzuerkennen ist, nicht von Belang sind.

Dementsprechend müssen auch die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes im Sinne der RL 2011/95/EG offensichtlich nicht vorliegen, um die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens zu rechtfertigen (vgl. dagegen noch Art. 23 Abs. 4 lit. a und b VRL a.F.). Damit ist die Regelung für den Asylbewerber günstiger, ihre Anwendung kann ihn deshalb nicht in seinen Rechten verletzen.

Die Voraussetzungen für die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens gem. § 36 AsylVfG liegen vor.

Das Bundesamt hat einem Ausländer, dessen Asylantrag abgelehnt worden ist und der keine Aufenthaltsgenehmigung besitzt, seine Abschiebung anzudrohen (§ 34 Abs. 1 AsylVfG). Nach § 36 Abs. 1 AsylVfG beträgt die zu setzende Ausreisefrist eine Woche, wenn das Bundesamt einen Asylantrag als “offensichtlich unbegründet” abgelehnt hat.

Offensichtlich unbegründet (§ 30 AsylVfG) ist ein Antrag dann, wenn nach vollständiger Erforschung des Sachverhalts an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen kein Zweifel bestehen kann und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung (nach dem Stand der Rechtsprechung und Lehre) sich eine Ablehnung des Antrages geradezu aufdrängt (BVerwG, Beschluss vom 1. März 1979 - BVerwG 1 B 24.79 - Buchholz 402.24, § 34 AuslG Nr. 1;  BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 1984 - 2 BvR 14123/83 - NJW 1984, 2028 [BVerfG 02.05.1984 - 2 BvR 1413/83], und vom  11. Dezember 1985 - 2 BvR 361/83 - BVerfGE 71, 276; BVerfG, Beschluss vom 17. Dezember 1991 - 2 BvR 1041/91 - InfAuslR 1992, 75). Offensichtlich unbegründet sind Asylanträge insbesondere dann, wenn sich das Asylbegehren insgesamt als unglaubwürdig erweist (BVerfG, Beschluss vom 12. Juli  1983 - 1 BvR 1470/91 - NJW 1983, 2929 [BVerfG 12.07.1983 - 1 BvR 1470/82]). Das Gericht darf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur ablehnen, wenn es aufgrund einer eigenständigen, auf den Zeitpunkt seiner Entscheidung bezogenen Prüfung zu dem Schluss kommt, dass die Ablehnung des Asylbegehrens als “offensichtlich unbegründet” weiterhin Bestand hat (BVerfG, Beschluss vom 1.12.1991 - 2 BvR 1039/91 -; Beschluss vom 17.12.1991 - 2 BvR 1041/91 - InfAuslR 1992, 75; § 77 Abs. 1 AsylVfG).

Gemäß § 29 a Abs. 1 AsylVfG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16 a Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.

Gemäß § 29 a Abs. 2 AsylVfG sind sichere Herkunftsstaaten die Mitgliedstaaten der Europäischen Union und die in Anlage II bezeichneten Staaten. Durch das Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sicherer Herkunftsstaat und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer vom 31.10.2014 (BGBl. I Seite 1649) sind Bosnien und Herzegowina, Ghana, Mazedonien, Senegal, und Serbien als sichere Herkunftsstaaten in die Anlage II des Asylverfahrensgesetzes aufgenommen worden.

Die Einstufung dieser Staaten als sichere Herkunftsstaaten entspricht den Voraussetzungen der Art. 36 und 37 und des Anhangs I der Richtlinie 2013/32/EU. Insbesondere sieht § 29 a Abs. 3 AsylVfG die in Art. 37 Abs. 2 der Richtlinie geforderte regelmäßige Überprüfung der Lage in den Drittstaaten die zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt wurden vor. Denn die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, dass ein sicherer Herkunftsstaat nicht mehr als solcher gilt, wenn Veränderungen in den rechtlichen oder politischen Verhältnissen dieses Staates die Annahme begründen, dass die in Art. 16 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes bezeichneten Voraussetzungen entfallen sind.

Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Ablehnung des Antrags als offensichtlich unbegründet gem. § 29 a Abs. 1 AsylVfG  rechtmäßig. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid der Antragsgegnerin vom 25.08.2015 Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylVfG). Die Antragsgegnerin argumentiert schlüssig, indem sie darauf hinweist, dass der Antragsteller die vorstehend genannte Regelvermutung im Hinblick auf Serbien als sicheren Herkunftsstaat nicht widerlegen konnte, wenn er sich lediglich auf den Gesundheitszustand seiner Tochter, die ein eigenes Asylverfahren betreibt, und auf die schlechte wirtschaftliche Lage in Serbien beruft.

Auch alleine aufgrund seiner Zugehörigkeit zu der Gruppe der Roma kann er o.g. Regelvermutung hinsichtlich der Anerkennung als Asylberechtigter nicht widerlegen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, vgl. § 60 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 3 AsylVfG, liegen ebenfalls nicht vor. Es wird insofern auch auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen.

Zudem weist das Gericht auf folgendes hin:

In Serbien haben Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma bei einer Rückkehr alleine im Hinblick auf ihre Volkszugehörigkeit Repressalien durch staatliche Organe oder Dritte bei einer Rückkehr nicht zu erwarten.

Auch nach den zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Erkenntnisquellen ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Staatsangehörige aus der Volksgruppe der Roma in Serbien bei Rückkehr in dieses Land Repressionen und Übergriffen im Sinne von Art. 16a GG sowie § 60 Abs. 1 bis 7 AufenthG ausgesetzt sein werden (Lageberichte des Auswärtigen Amtes (AA) zur Republik Serbien zuletzt vom 29.01.2013).

Dazu hat das Nds. Oberverwaltungsgericht ausgeführt (Beschluss vom 22.10.2014 – 8 LA 129/14 (veröffentlicht in der Rechtsprechungsdatenbank der Niedersächsischen Justiz):

„Die Frage zu 2. ist in der Rechtsprechung des Senats bereits dahingehend geklärt, dass eine allgemeine asylrelevante Gefahrenlage für Roma in Serbien und auch in Kosovo nicht besteht (vgl. zuletzt Senatsbeschl. v. 23.1.2014 - 8 LA 5/14 -; v. 22.1.2013 - 8 LA 19/13 - m.w.N.; vgl. auch OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 19.8.2011 - 5 A 416/11.A -, juris Rn. 7 f.; Sächsisches OVG, Beschl. v. 20.5.2011 - A 4 A 666/09 -, juris Rn. 6; VGH Baden-Württemberg, Beschl. v. 4.2.2010 - A 11 S 331/07 -, AuAS 2010, 190 f. jeweils m.w.N.).

Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen oder sie aufgrund einer relevanten Änderung der tatsächlichen Verhältnisse in einem Berufungsverfahren einer weitergehenden Überprüfung zu unterziehen, besteht nach dem Zulassungsvorbringen der Kläger auch mit Blick auf die weiteren, ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens zu beantwortenden Fragen zu 3. bis 5. nicht.

Aus den von den Klägern präsentierten aktuellen Erkenntnismitteln (Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart v. 25.3.2014 - A 11 K 5036/13 -; Beschlüsse des Verwaltungsgerichts Münster v. 8.7.2014 - 4 L 461/14.A - und v. 28.5.2014 - 4 L 263/14.A -; Pro Asyl (Hrsg.), Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina: Zur faktischen und rechtlichen Bewertung des Gesetzgebungsvorhabens der Großen Koalition zur Einstufung von Westbalkanstaaten als "sichere Herkunftsstaaten", April 2014,veröffentlicht unter www.proasyl.de/fileadmin/fm-dam/NEWS/2014/Pro_Asyl_Gutachten_zum_Vorhaben_der_Einstufung_von_Serbien__Mazedonien_und_Bosnien_und_Herzego-wina_als__sichere_Herkunftsstaaten_.pdf, Stand: 20.10.2014; Dr. Karin Waringo, Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland ? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation, April 2013, veröffentlicht unter www.proasyl.de/fileadmin/proasyl/Serbien_kein_sicherer_Herkunftsstaat.pdf, Stand: 20.10.2014) ergeben sich für den Senat insbesondere keine Anhaltspunkte für asylrelevante Eingriffe des serbischen Staates in die durch Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (BGBl. II 2002, 1074) geschützte Ausreisefreiheit von Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma.

Es ist zunächst nicht ersichtlich, dass die Bestimmungen des serbischen Melderechts (siehe Frage 3.) in asylrelevanter Weise in die Ausreisefreiheit der Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma eingreifen.

Das serbische Meldegesetz (ZAKON O PREBIVALIŠTU I BORAVIŠTU GRAĐANA, veröffentlicht unter: www.paragraf.rs/propisi/zakon_o_prebivalistu_i_boravistu_gradjana.html, Stand: 20.10.2014) sieht in Art. 19 zwar vor, dass serbische Bürgerinnen und Bürger sich bei den zuständigen Behörden abmelden müssen, wenn sie einen ständigen Aufenthalt von mehr als neunzig Tagen im Ausland beabsichtigen (Art. 19 Abs. 1 und 2). Nach der Rückkehr sind sie verpflichtet, sich binnen acht Tagen wieder anzumelden (Art. 19 Abs. 3). Verstöße gegen diese Meldepflichten können nach Art. 27 Abs. 1 Nr. 5 des serbischen Meldegesetzes mit einem Bußgeld von 10.000 bis 50.000 serbischen Dinar (etwa 85 bis 420 EUR bei einem Wechselkurs von 118,49 : 1, vgl. Deutsche Bundesbank, Devisenkursstatistik - Oktober 2014, Statistisches Beiheft 5 zum Monatsbericht, S. 37) geahndet werden.

Solche Meldepflichten und die Sanktionierung ihrer Nichterfüllung - die vergleichbar in deutschen melderechtlichen Vorschriften vorgesehen sind (vgl. etwa §§ 9 Abs. 2, 37 Abs. 1 Nr. 1 und 38 des Niedersächsischen Meldegesetzes vom 25.1.1998 (Nds. GVBl. S. 56), in der zuletzt durch das Gesetz vom 23.7.2014 (Nds. GVBl. S. 209) geänderten Fassung) - bewirken ersichtlich keinen unmittelbaren Eingriff in die Ausreisefreiheit. Allenfalls mittelbar könnte der Umfang der vorgesehenen Sanktion die Ausübung der Ausreisefreiheit faktisch beeinflussen. Einen solchen Einfluss hält der Senat mit Blick auf die hier vorgesehene Geldbuße aber für eher fernliegend. Auch für die behauptete selektive Anwendung der melderechtlichen Bestimmungen auf Angehörige der ethnischen Minderheit der Roma fehlt es an nachvollziehbarem Datenmaterial. Waringo (a.a.O., S. 41 in Verbindung mit Fn. 266) bezieht sich allein auf Informationen des Regional Center for Minorities. In dessen Bericht "Die Liberalisierung des Visasystems und Einschränkungen des Rechts auf Asyl - Zur Situation serbischer Roma, die im Ausland Asyl beantragt haben", Juli 2012 (veröffentlicht unter:www.fluecht-lingsrat-brandenburg.de/wp-content/uploads/2011/10/bericht-serbien1.pdf, Stand: 20.10.2014), wird auf Seite 45 zwar behauptet, "dass diese Bestimmung (Anm.: Art. 19 des serbischen Meldegesetzes) ausschließlich auf Angehörige der Romaminderheit angewendet wird, die in der EU oder in einem anderen Land des Schengenraums Asyl beantragt haben." Nachvollziehbar ist diese Behauptung indes nicht; Belege oder Datenmaterial fehlen vollständig.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs (siehe Frage 4.) in asylrelevanter Weise in die Ausreisefreiheit der Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma eingreift.

Der durch Art. 33 des Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs neu eingefügte Art. 350a (veröffentlicht unter www.parlament.rs/upload/archive/files/lat/pdf/zakoni/2012/4108-12Lat.pdf, Stand: 20.10.2014 sieht nur eine Bestrafung desjenigen vor, der es einem anderen serbischen Bürger durch konkret benannte Handlungen ermöglicht, aufgrund einer falschen Darstellung der Gefährdung seiner Menschenrechte und -freiheiten in einem anderen Land um das Erwerben von politischen, sozialen, ökonomischen und anderen Rechten zu ersuchen. Der Wortlaut der Bestimmung zielt also nicht auf eine Bestrafung des serbischen Bürgers ab, der aus Serbien ausreist und in einem anderen Land einen Asylantrag stellt. Unter Strafe gestellt werden ausschließlich Unterstützungsleistungen und Beihilfehandlungen Dritter zur missbräuchlichen Asylantragstellung (so auch Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Serbien, Stand: August 2013, S. 23 f.). Diese Intention ist der Bestimmung auch vom serbischen Justizminister bei den Gesetzesberatungen im serbischen Parlament beigemessen worden (vgl. Waringo, a.a.O., S. 40; Chachipe, Serbien stellt "Beihilfe zum Asylmissbrauch" unter Strafe, v. 4.3.2013, veröffentlicht unter: romarights.wordpress.com/2013/03/04/ serbien-stellt-beihilfe-zu-asylmissbrauch-unter-strafe-pr/, Stand: 20.10.2014).

Der Senat vermag daher - anders als das Verwaltungsgericht Stuttgart (Urt. v. 28.5.2014 - A 11 K 1996/14 -, juris Rn. 48; Urt. v. 25.3.2014 - A 11 K 5036/13 -, juris Rn. 38 f.) - der Annahme von Waringo (a.a.O., S. 40) nicht zu folgen, wonach Asylbewerber allein wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland mit strafrechtlicher Verfolgung und Verurteilung zu rechnen haben und das Gesetz die Möglichkeit einer späteren Kriminalisierung der Asylbewerber beinhaltet, weil denen vorgeworfen werde, ihre Situation in Serbien falsch darzustellen. Diese Auslegung ist nicht vom Wortlaut der Bestimmung getragen. Auch fehlt der behauptete Vorwurf an die Asylbewerber; bei der "falschen Darstellung der Gefährdung seiner Menschenrechte und -freiheiten" handelt es sich allein um ein Tatbestandsmerkmal, das - abhängig von den Feststellungen im jeweiligen Einzelfall - erfüllt sein kann oder nicht und selbst bejahendenfalls keinen strafrechtlich relevanten Vorwurf gegenüber dem Asylbewerber begründet, sondern allein Voraussetzung für eine Bestrafung der die Unterstützungsleistungen und die Beihilfehandlungen leistenden Dritten ist.

Anhaltspunkte für eine hiervon abweichende Anwendung der Bestimmung des Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs in der serbischen Rechtspraxis sind für den Senat nicht ersichtlich. Die von Waringo (in: Pro Asyl (Hrsg.), Serbien, Mazedonien und Bosnien und Herzegowina: Zur faktischen und rechtlichen Bewertung des Gesetzgebungsvorhabens der Großen Koalition zur Einstufung von Westbalkanstaaten als "sichere Herkunftsstaaten", April 2014, S. 84) dargestellten Fälle,

„Im März 2014 berichteten serbische Medien, dass die serbische Polizei eine Anzeige gegen einen Mann aus Apatin in der Vojvodina bei der Staatsanwaltschaft in Sombor erstattet habe, der wegen des Verdachts festgenommen worden sei, serbischen BürgerInnen dabei geholfen zu haben, Asyl im Ausland zu beantragen. In einem früheren Artikel zum gleichen Vorfall wird noch von zwei Männern berichtet, denen vorgeworfen wird in der Zeit zwischen August und September oder Dezember 2013 serbischen BürgerInnen gegen Geld geholfen zu haben, in Deutschland Asyl zu beantragen."

betreffen vielmehr durchweg Strafverfahren wegen Unterstützungsleistungen und Beihilfehandlungen Dritter.

Es ist schließlich nicht ersichtlich, dass die "neuen serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen" (siehe Frage 5.) in asylrelevanter Weise in die Ausreisefreiheit der Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma eingreifen.

Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts Münster (Beschl. v. 8.7.2014 - 4 L 461/14.A -, juris Rn. 25) existiert eine gesetzliche Regelung, welche die Behinderung oder die Verhinderung der Ausreise von serbischen Staatsangehörigen vorsieht, nicht. Nach der Mitte 2011 in Kraft getretenen serbischen "Verordnung zur näheren Regelung der Art der Ausübung der polizeilichen Befugnisse der Grenzpolizisten und den Pflichten der Personen, die die Grenze überqueren" darf die Grenzpolizei aber außer dem Reisepass noch die Vorlage weiterer Unterlagen zum Reisezweck und der Rückkehrbereitschaft (z.B. Hotelbuchung, Einladung) von serbischen Bürgern bei der Ausreise verlangen. Es finden außerdem umfangreiche Aufklärungskampagnen unter Einschluss aller Print- und elektronischen Medien statt. Flyer und Plakate an Grenzübergängen erläutern die Voraussetzungen der visafreien Einreise in das Schengengebiet und die Problematik der missbräuchlichen Asylantragstellung. Darüber hinaus sollen nach Waringo (Serbien - ein sicherer Herkunftsstaat von Asylsuchenden in Deutschland? Eine Auswertung von Quellen zur Menschenrechtssituation, April 2013, S. 38 f.) Personen, die in den Verdacht geraten, sogenannte falsche oder Scheinasylanten (lažni azilanti) zu sein, an der Aus- und Weiterreise gehindert worden sein.

Die dargestellten Kontrollen ausreisender serbischer Bürger durch die Grenzpolizei und die Aufklärungskampagnen machen die Ausreise ersichtlich nicht unmöglich. Sie bewirken daher keinen unmittelbaren Eingriff in die Ausreisefreiheit. Auch eine nur mittelbar faktische Wirkung, wonach die Kontrollen und Aufklärungskampagnen die serbischen Bürger von der Ausübung ihrer Ausreisefreiheit abhalten könnten, ist nicht erkennbar.

Hinsichtlich der darüber hinaus von Waringo (a.a.O., S. 38 f.) dargestellten Verhinderung der Ausreise von serbischen Bürgern, die in den Verdacht geraten, sogenannte falsche oder Scheinasylanten zu sein, ist für den Senat nicht nachvollziehbar, auf welcher Tatsachengrundlage diese Darstellung beruht. Waringo (a.a.O., S. 39) räumt selbst ein, dass "hierzu keine offiziellen Zahlen vorliegen bzw. keine Statistiken veröffentlicht wurden" und nur davon "auszugehen (sei), dass die Mehrheit der Personen, die an der Grenze zurückgehalten wurden, Angehörige ethnischer Minderheiten, insbesondere Roma, sind. Dies geht sowohl aus Medienberichten, als auch den Beobachtungen von Nichtregierungsorganisationen und Reisenden vor Ort aus." Die zum Beleg in Bezug genommenen Berichte stellen aber entweder nur die Kontrollen an der Grenze dar (so Regional Center for Minorities, a.a.O., S. 22 und 23 und 40 f.) oder weisen auf wenige Einzelfälle hin, in denen serbische Bürger an der Ausreise gehindert worden sein sollen (so Chachipe, Selective Freedom - The Visa Liberalisation and Restrictions on the Right to Travel in the Balkans, Dezember 2012, S. 21 und 22, veröffentlicht unter: romarights.files.wordpress.com/2013/03/chachipe-visa-liberalisation-report-updated.pdf, Stand: 20.10.2014). Dass eine Vielzahl serbischer Bürger an der Ausreise gehindert werden und die Mehrheit dieser Angehörige ethnischer Minderheiten sind, ergibt sich hieraus indes nicht. Gleiches gilt für die Behauptung der Kläger, die neuen serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen seien ausdrücklich dazu bestimmt und würden dazu eingesetzt, Angehörigen von Minderheiten die Ausreise aus Serbien zu erschweren oder diese unmöglich zu machen.

Aus den von den  Klägern präsentierten Erkenntnismitteln ergeben sich daher keine Anhaltspunkte dafür, dass das serbische Melderecht, Art. 350a des serbischen Strafgesetzbuchs oder die serbischen Ausreise- und Grenzkontrollbestimmungen nur Mitglieder einer nach asylrelevanten Merkmalen bestimmten Gruppe treffen oder mit der für die Annahme einer politischen Verfolgung erforderlichen erheblichen Intensität in die durch Art. 2 Abs. 2 des Protokolls Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (BGBl. II 2002, 1074) geschützte Ausreisefreiheit von Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma eingreifen (so auch VG Bayreuth, Urt. v. 4.8.2014 - B 3 K 14.30247 -, juris Rn. 25 f.; VG Freiburg (Breisgau), Urt. v. 30.6.2014 - A 3 K 2238/12 -, juris Rn. 20 f.; VG Würzburg, Urt. v. 17.6.2014 - W 1 K 13.30393 -, juris Rn. 18 f.; VG Sigmaringen, Urt. v. 25.4.2014 - 1 K 234/14 -, juris Rn. 30 f.). Solche Anhaltspunkte ergeben sich auch nicht aus den Erkenntnissen, die die Bundesregierung bei der Vorbereitung des Entwurfs eines Gesetzes zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitsmarktzugangs für Asylbewerber und geduldete Ausländer (BT-Drs. 18/1528, dort insbesondere S. 15 bis 17: "Eine Asylantragstellung in Deutschland hat in Serbien keine staatlichen Repressionen zur Folge. … Es besteht Konsens darüber, dass Diskriminierung und soziale Ausgrenzung zwar eine erhebliche Härte darstellen können, jedoch nicht mit Verfolgung oder ernsthaftem Schaden im asylrechtlichen Sinn gleichzusetzen sind.") gewonnen hat. Der Senat kann daher hier dahinstehen lassen, ob Eingriffe in die Ausreisefreiheit überhaupt eine asylrelevante politische Verfolgung begründen können und die Kläger mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einem solchen Eingriff zu rechnen haben.“

Dem schließt sich die Kammer an.

Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG liegen daher ebenfalls offenbar nicht vor. Danach darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylverfahrensgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht.

Gem. § 4 Abs. 1 AsylVfG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt danach:

1. die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,

2. Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder

3. eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

Weder droht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, noch Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid Bezug genommen. Ein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht ebenfalls nicht. Dies ist auch nicht geltend gemacht worden.

Auch Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 5 AufenthG liegen aus den zutreffend im angefochtenen Bescheid dargelegten Gründen, auf die die Kammer Bezug nimmt, nicht vor. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abschiebung aus der Anwendung der Konvention vom 04.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. II S. 685) unzulässig wäre (§ 60 Abs. 5 AufenthG).

Abschiebungshindernisse gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG sind Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG kann die oberste Landesbehörde aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens sechs Monate ausgesetzt wird. Allgemeine Gefahren können aufgrund der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG grundsätzlich nicht rechtfertigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese Sperrwirkung nur dann im Wege einer verfassungskonformen Auslegung eingeschränkt werden, wenn für den Schutzsuchenden ansonsten eine verfassungswidrige Schutzlücke besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.06.2010 - 10 C 10.10 - juris -). Dafür bestehen hier keine Anhaltspunkte. Es wird in diesem Zusammenhang wiederum auf den streitgegenständlichen Bescheid sowie auf den o.g. Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Bezug genommen.

Zudem weist das Gericht auf folgendes hin:

Aus den Lageberichten des Auswärtigen Amtes ergibt sich, dass nach Schätzungen von Roma-Verbänden und internationalen Organisationen, denen von offizieller Seite nicht widersprochen worden ist, sich in Serbien eine Zahl von geschätzt über 500.000 Angehörigen der ethnischen Minderheit der Roma aufhält. Weiter geht daraus hervor, dass Roma dort nicht systematischen staatlichen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt seien. Vielmehr bemühe sich die Regierung, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern, wobei es allerdings insbesondere im Hinblick auf diese Gruppe noch an der praktischen Implementierung der neuen Regelung zum Minderheitenschutz mangele. Danach haben Roma, sofern sie mit einem ständigen Wohnsitz registriert sind, grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen, auch wenn die Registrierung in der Praxis ein ernsthaftes Hindernis beim Zugang zu Sozialleistung, Gesundheitsfürsorge, Bildungseinrichtung und Wohnraum darstelle. Der Zugang zum Wohnraum sei für Roma in den Städten zwar schwierig. In den ländlichen Gegenden lebten vergleichsweise viele Roma aber immer schon in festen Gebäuden, die oft ohne Genehmigung errichtet worden seien, gegen die die Behörden aber in der Regel nicht einschreiten würden. Zwar stelle sich der Zugang zum Arbeitsmarkt für Roma grundsätzlich schwierig dar, dennoch fänden diese vorwiegend als Ungelernte Arbeit in Fabriken, als Wertstoffsammler, Straßenreiniger und in Arbeitsstellen für geringer Qualifizierte. Angehörige von diskriminierten Minderheiten hätten zudem Ausweichmöglichkeiten innerhalb Serbiens, wobei Belgrad als „Auffangbecken“ gelte.

Roma haben ausweislich des Lageberichtes des Auswärtigen Amtes vom 18.10.2013, sofern sie mit einem ständigen Wohnsitz registriert sind, grundsätzlich Zugang zu allen staatlichen Einrichtungen und Dienstleistungen, auch wenn die Registrierung in der Praxis ein ernsthaftes Hindernis beim Zugang zu Sozialleistung, Gesundheitsfürsorge, Bildungseinrichtung und Wohnraum darstellt.

Auch der Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 5 des Bescheides vom 25.08.2015, mit der für den Antragsteller eine Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate vorgenommen wurde, hat keinen Erfolg.

Gem. § 11 Abs. 1 AufenthG darf ein Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, weder erneut in das Bundesgebiet einreisen, noch sich darin aufhalten, noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden (Einreise- und Aufenthaltsverbot).

Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gem. § 11 Abs. 2 S. 1 AufenthG von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise, vgl. § 11 Abs. 2 S. 2 AufenthG.

Gem. § 11 Abs. 3 AufenthG wird über die Länge der Frist nach Ermessen entschieden. Sie darf fünf Jahre nur überschreiten, wenn der Ausländer aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Diese Frist soll zehn Jahre nicht überschreiten.

Die Antragsgegnerin hat die Frist in dem Falle des Antragstellers auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Dies hat sie damit begründet, dass der Antragsteller bei seiner persönlichen Anhörung keine eventuell bei einer solchen Entscheidung zu berücksichtigenden schutzwürdigen Belange genannt hat (vgl. Anhörungsniederschrift, Bl. 5).

In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht auf der Grundlage einer eigenen Abwägung der widerstreitenden Vollzugs- und Suspensivinteressen. Wesentliches Element dieser Interessenabwägung ist die Beurteilung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, die dem Charakter des Eilverfahrens entsprechend nur aufgrund einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage erfolgen kann. Ist es nicht möglich, die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache wenigstens summarisch zu beurteilen, so sind allein die einander gegenüber stehenden Interessen unter Berücksichtigung der mit der Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einerseits und deren Ablehnung andererseits verbundenen Folgen zu gewichten (vgl. BVerwG, Beschluss v. 22. März 2010, 7 VR 1.10, juris).

Das Gericht sieht die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Befristungsentscheidung gem. § 11 Abs. 1 AufenthG derzeit als offen an.

Zum einen ist fraglich, ob die Frist von 30 Monaten im vorliegenden Fall in zulässiger Art und Weise gem. § 11 Abs. 2, 3 AufenthG festgesetzt worden ist. Bei der Beantwortung dieser Frage wird insbesondere zu prüfen sein, ob die offensichtlich mit der Entscheidung beabsichtigen generalpräventiven Gesichtspunkte ausreichen, um eine 30-monatige Frist festzusetzen.

Zum anderen wird zu klären sein, in wieweit die gem. § 11 Abs. 2, 3 AufenthG von Amts wegen zu erfolgende Befristung eine Ermessensentscheidung sein kann oder diese Vorschrift europarechtskonform ausgelegt werden muss und dabei einer vollumfänglichen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl. BVerwG, Urteil v. 14.02.2012, 1 C 7.11, juris).

Ob die Befristung im Ergebnis rechtmäßig ist, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein. Die daher hier vorzunehmende folgenorientierte Interessenabwägung fällt in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer zugunsten der Antragsgegnerin aus.

Die Folgenabwägung orientiert sich insbesondere an dem bereits kraft Gesetzes vorliegenden Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG. Dieses Verbot gilt unabhängig von der Befristungsentscheidung der Antragsgegnerin gem. § 11 Abs. 2, 3 AufenthG. Dies führt dazu, dass selbst bei einer hypothetischen Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in diesem Punkt das Einreise- und Aufenthaltsverbot für den Antragsteller bestehen bleibt. Bei Erreichung des bisher in diesem Zusammenhang beantragten Rechtsschutzzieles - die Aufhebung der Ziffer 4 des angegriffenen Bescheides - fiele nämlich die erfolgte Befristungsentscheidung lediglich weg. Folge wäre ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG. Der hier infolge der Regelung des § 84 Abs. 1 S. 1 Ziff. 7 AufenthG formulierte Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO  könnte daher zur Erreichung des eigentlichen Rechtsschutzzieles - die Aufhebung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes, hilfsweise die Verkürzung der gesetzten Frist - nicht ausreichen. Entsprechend könnte selbst die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage in diesem Punkt zu keinem Bleibe- oder Wiedereinreiserecht führen.

Der Antragsteller ist gem. des streitgegenständlichen Bescheides sowie des Umstandes, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung auch in diesem Punkt nicht angeordnet hat, zur Ausreise verpflichtet. Folgt er seiner Pflicht, verhält er sich also rechtstreu, kann der Antragsteller selbst dafür sorgen, dass das Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG nicht eintritt. Denn dieses gilt bei dem Antragsteller nur unter der aufschiebenden Bedingung der Abschiebung.

Dem Antragsteller ist es daher im Ergebnis zuzumuten, das Verfahren auch im Hinblick auf die Befristungsentscheidung der Antragsgegnerin aus dem Ausland heraus zu führen. Die ihm hierdurch genommene visafreie Wiedereinreisemöglichkeit für drei Monate, vgl. § 6 Abs. 1 Ziff. 1 AufenthG, kann er dadurch selbst herbeiführen, dass er sich rechtstreu verhält und seiner Ausreisepflicht freiwillig nachkommt, s.o.

Der gem. § 84 Abs. 1 S. 2 AufenthG zulässige Antrag gem. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 4 des Bescheides vom 25.08.2015, mit der die Antragsgegnerin für den Antragsteller ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 7 S. 1 AufenthG angeordnet hat und dieses gem. § 11 Abs. 7 S. 3 AufenthG auf zehn Monate befristet hat,  hat ebenfalls keinen Erfolg.

Gem. § 11 Abs. 7 S. 1 Ziffer 1 AufenthG kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot gegen einen Ausländer anordnen, dessen Asylantrag nach § 29a Abs. 1 AsylVfG bestandskräftig als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht festgestellt wurde oder der keinen Aufenthaltstitel besitzt. Gem. § 11 Abs. 7 S. 2 AufenthG gelten die Absätze 1 bis 5 entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen, vgl. § 11 Abs. 7 S. 3 AufenthG. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach Satz 1 soll die Frist gem. § 11 Abs. 7 S. 4 AufenthG ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten, vgl. § 11 Abs. 7 S. 5 AufenthG.

Vor dem Hintergrund der oben aufgezeigten Prüfung der Begründetheit eines Antrages gem. § 80 Abs. 5 S. 1 VwGO hält das Gericht auch die Erfolgsaussichten der Klage gegen die Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides für offen.

So hat die Kammer im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut sowie die Gesetzesbegründung zumindest Zweifel an der Rechtmäßigkeit der erfolgten Anordnung unter Ziffer 4. So sieht § 11 Abs. 7 S. 1 Ziffer 1 AufenthG vor, dass ein bestandskräftig als offensichtlich unbegründet abgelehnter Asylantrag vorliegt. Diese Voraussetzung war im Zeitpunkt der Anordnung gem. Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides unstreitig nicht erfüllt. Zudem sieht die Gesetzesbegründung zu § 11 Abs. 7 AufenthG vor, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nach dieser Vorschrift ein Einreise- und Aufenthaltsverbot kraft gesondertem Verwaltungsakt anordnen kann (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung v. 25.02.2015, BTDs 18/4097, S. 38). Inwieweit der im Asylrecht geltende Beschleunigungsgrundsatz das hier gezeigte Vorgehen der Antragsgegnerin rechtfertigt - nämlich die Anordnung gem. § 11 Abs. 7 AufenthG mit der Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet in einem Schritt - bleibt einer Prüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Die daher auch in diesem Punkt vorzunehmende folgenorientierte Interessenabwägung fällt in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung der Kammer ebenfalls zugunsten der Antragsgegnerin aus.

Der Antragsteller ist gem. des streitgegenständlichen Bescheides sowie des Umstandes, dass das Gericht die aufschiebende Wirkung auch in den Ziffern 1 bis 3 nicht angeordnet hat, - wie bereits zu § 11 Abs. 1 AufenthG festgestellt - zur Ausreise verpflichtet. Dies würde sich auch selbst bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 4 des streitgegenständlichen Bescheides nicht ändern.

Dem Antragsteller ist es im Ergebnis zuzumuten, das Verfahren auch im Hinblick auf die Entscheidung der Antragsgegnerin gem. § 11 Abs. 7 AufenthG aus dem Ausland heraus zu führen. Es sind nach der Anhörung des Antragstellers vor der Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass dieser nach einer freiwilligen Ausreise einen dringenden Grund für die direkte Wiedereinreise innerhalb von zehn Monaten haben könnte. Falls zwingende Gründe für ein sofortige Wiederkehr dennoch vorliegen sollten, wäre es dem Antragsteller unbenommen, im Einzelfall eine Betretenserlaubnis gem. § 11 Abs. 8 AufenthG zu beantragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG.

Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylVfG unanfechtbar.