Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 26.05.2015, Az.: 14 WF 83/15

Zulässigkeit der isolierten Kostenbeschwerde in Familienstreitsachen; Erforderlichkeit einer Abhilfeentscheidung

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.05.2015
Aktenzeichen
14 WF 83/15
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2015, 39669
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGOL:2015:0526.14WF83.15.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Varel - 16.04.2015 - AZ: 2 F 293/14 UK

Fundstellen

  • AGS 2015, 348-350
  • FF 2015, 373-374
  • FamRB 2016, 60-61
  • FamRZ 2015, 1996
  • MDR 2015, 772

Tenor:

Das Verfahren über die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den am 16. April erlassenen Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Varel wird unter Aufhebung der Vorlageverfügung des Amtsgerichts vom 5. Mai 2015 an das Amtsgericht zur Entscheidung über die Abhilfe zurückgegeben.

Gründe

I.

Der Antragsteller, vertreten durch seine Mutter hat seinen Vater, den Antragsgegner auf rückständigen und künftigen Kindesunterhalt in Höhe von 136 % des Mindestunterhalts in Anspruch genommen. Die Mutter hat sich mit dem Antragsgegner vor dem Amtsgericht- Familiengericht - Bremen-Blumenthal gemäß § 278 Abs. 6 ZPO über ihre dort geltend gemachten eigenen Unterhaltsansprüche aus § 1615 l BGB verglichen. In diesem Vergleich hat sie sich in Vertretung des Kindes zudem mit dem Antragsgegner darauf verständigt, dass dieser lediglich Mindestunterhalt ab dem 1. Februar 2015 zu zahlen hat, der vorliegende Unterhaltrechtsstreit für erledigt zu erklären ist und die im vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten gegeneinander aufzuheben sind.

Das Amtsgericht - Familiengericht- hat die Kosten des Verfahrens nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten gleichwohl dem Antragsgegner auferlegt, weil der Verpflichtungsantrag des Antragstellers ursprünglich insgesamt begründet und die Verteidigung des Antragsgegners ohne Erfolg gewesen sei.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsgegner mit seiner sofortigen Beschwerde, welche das Amtsgericht dem Senat zur Entscheidung zugeleitet hat.

II.

Das Verfahren über das Rechtsmittel des Antragsgegners war unter Aufhebung der Vorlageverfügung des Familienrichters an das Amtsgericht zur gebotenen Durchführung des Abhilfeverfahrens gemäß §§ 572 Abs. 2 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 2, 91 a Abs. 2 S. 1 ZPO, 113 Abs. 1, 112 Abs. 1 Nr. 1, 231 Abs. 1 Nr. 1 FamFG zurückzugeben.

1. Wie das Amtsgericht im Ausgangspunkt zutreffend erkannt hat, erweist sich die sofortige Beschwerde als das statthafte Rechtsmittel gegen die angegriffene Entscheidung über die Kosten des Verfahrens. Das Amtsgericht durfte die sofortige Beschwerde dem Senat gemäß § 572 Abs. 1 ZPO mithin erst nach Durchführung des Abhilfeverfahrens vorlegen.

Zwar sind Endentscheidungen in Familiensachen mit der Beschwerdegemäß § 58 FamFG anzugreifen. Trifft das Familiengericht eine Sachentscheidung in der Hauptsache und entscheidet es zugleich über die Kosten des Verfahrens, unterliegt die Kostengrundentscheidung deshalb der amtswegigen Überprüfung im Verfahren über die Beschwerde gegen die Hauptsache gemäß § 68 FamFG. In diesem Verfahren ist das Ausgangsgericht gemäß § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG nicht zur Abhilfe befugt. Nichts anderes gilt im Ausgangspunkt, wenn das Familiengericht - etwa nach Erledigung der Hauptsache - gemäß § 81 FamFG isoliert über die Kosten des Verfahrens entscheidet. Denn auch insoweit handelt es sich um eine Endentscheidung im Sinne des § 58 FamFG, die mit der Beschwerde anzufechten ist.

All dies gilt indes nicht für isolierte Kostengrundentscheidungen in Ehe- und Familienstreitsachen. Denn wie der BGH in seinem Beschluss vom 28. September 2011 - XII ZB 2/11 -, NJW 2011, 3654 ff = FamRZ 2011, 1933 ff ausgeführt hat, sind diese Entscheidungen wegen des in § 113 Abs. 1 FamFG enthaltenen Verweises auf die Regelungen der §§ 91a, 269 Abs. 5 ZPO nicht mit der Beschwerde nach § 58 FamFG, sondern mit der sofortigen Beschwerde nach den §§ 567 ff ZPO anfechtbar. Im Verfahren über dies Rechtsmittel ist eine Vorlage der Sache zum Beschwerdegerichtgemäß § 572 Abs. 1 S. 1 ZPO aber nur zulässig, wenn das Ausgangsgericht der sofortigen Beschwerde nach eigenverantwortlicher Sachprüfung keinen Erfolg beimisst und deshalb nicht abhilft. Unterbleibt diese Prüfung, ist das Verfahren dem Amtsgericht zur Nachholung der Entscheidung über die Abhilfe zurückzugeben.

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass es dem Familiengericht im Verfahren über die Beschwerde gegen eine Endentscheidung in einer Familiensache gemäß § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG ausdrücklich untersagt ist, einer für begründet erachteten Beschwerde abzuhelfen. Zwar handelt es sich bei der angegriffenen Kostenentscheidung des Amtsgerichts um eine Endentscheidung, da sie das Verfahren einer endgültigen Beendigung zuführt. Auch ist kein sachlicher Grund erkennbar, Rechtsmittel gegen Kostenentscheidungen in Familiensachen einem unterschiedlichen Verfahrensregime zu unterwerfen. Der BGH hat jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für das Verfahren über die sofortige Beschwerde gegen eine isolierte Kostenentscheidung in Ehe- und Familienstreitsachen uneingeschränkt die Verfahrensvorschriften der §§ 567 ff ZPO anzuwenden sind. Gegenüber dem Verfahren über die Beschwerde gegen eine Kostenentscheidung nach §§ 81, 58 ff FamFG gelten mithin nicht nur beachtliche Unterschiede im Hinblick auf die erforderliche Beschwer, die Beschwerdefrist und die Besetzung des Beschwerdegerichts. Vielmehr hat der BGH ausdrücklich hervorgehoben, dass in diesem Verfahren auch das Abhilfeverfahren vorgesehen ist. Diese mit der unterschiedlichen verfahrensrechtlichen Behandlung der Kostenbeschwerde in Familiensachen verbundenen Brüche und Widersprüche sind hinzunehmen. Denn dies entspricht nach Ansicht des BGH der in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers, auch wenn sich dieser Wille allenfalls in der Gebührenvorschrift der Nr. 1901 FamGKG-KV niedergeschlagen hat.

2. Das Familiengericht hat es unterlassen, das vorliegend gebotene Abhilfeverfahren durchzuführen. Denn es hat sich weder mit dem Beschwerdevorbringen des Antragsgegners auseinandergesetzt noch den Ausgangsbeschluss erneut auf seine Richtigkeit geprüft, sondern das Rechtsmittel lediglich dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht war deshalb durch die Rückgabe der Sache in die Lage zu versetzen, das Abhilfeverfahren nachzuholen.

II.

Der Senat sieht sich für das weitere Verfahren zu folgenden Hinweisen veranlasst:

1. Das Familiengericht wird im Rahmen des Abhilfeverfahrens und der erneut anzustellenden Billigkeitserwägungen Gelegenheit haben, die von den Beteiligten im Vergleich getroffenen Vereinbarungen zum Umfang der Unterhaltsverpflichtung, vor allem aber zur Verteilung der Kosten des vorliegenden Verfahrens in den Blick zu nehmen (vgl. zur gebotenen Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 98 ZPO im Rahmen von § 243 FamFG nur BGH aaO.).

2. Das Amtsgericht wird zudem zu prüfen haben, ob sich die Feststellung des Verfahrenswerts nach dem Dreizehnfachen des geltend gemachten monatlichen Unterhalts im Hinblick auf den Umstand rechtfertigt, dass der Antragsteller nicht nur laufenden, sondern mit seinem Antrag zu Ziffer 2 auch rückständigen Unterhaltbegehrt hat.

III.

Eine Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens war nicht veranlasst. Sollte das Familiengericht der Beschwerde abhelfen, wird es auch über diese Kosten zu entscheiden und gegebenenfalls die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG zu beachten haben.