Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 11.08.2011, Az.: 8 W 44/11
Kostenteilung zwischen den Parteien nach übereinstimmender Erledigungserklärung hinsichtlich der Hauptsache i.R.e. einstweiligen Verfügungsverfahrens
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 11.08.2011
- Aktenzeichen
- 8 W 44/11
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 2011, 25117
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:2011:0811.8W44.11.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Göttingen - 27.06.2011 - AZ: 8 O 106/11
Rechtsgrundlagen
- § 935 ZPO
- § 940 ZPO
In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
...
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
durch
die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. K.-D. sowie
die Richter am Oberlandesgericht E. und W.
am 11. August 2011
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers vom 12. 07. 2011 gegen den Kostenbeschluss des Landgerichts Göttingen vom 27.06.2011 - 8 O 106/11 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Verfügungskläger zu tragen.
Der Beschwerdewert wird auf die Wertstufe bis 1.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 04. 05. 2011 hat das Landgericht Göttingen - 8 O 106/11 - auf Antrag des Verfügungsklägers im Wege der einstweiligen Verfügung dem Verfügungsbeklagten untersagt, die Gewährleistungsbürgschaft der Sparkasse Göttingen vom 17. 05. 2010 wegen eines Teilbetrages von 7.772,58 EUR in Anspruch zu nehmen. Gegen diesen Beschluss hat der Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt. Nachdem die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 07. 06. 2011 einen Widerrufsvergleich geschlossen hatten, der vom Verfügungskläger widerrufen worden war, hat der Verfügungsbeklagte, bevor das Landgericht über den Widerspruch entschieden hat, die Bürgschaftsurkunde zurückgegeben, woraufhin beide Parteien den Rechtsstreit unter widerstreitenden Kostenanträgen übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 27. 06. 2011 die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens gegeneinander aufgehoben. Gegen diesen dem Verfügungskläger am 29. 06. 2011 zugestellten Beschluss hat er mit Schriftsatz vom 12. 07. 2011, eingegangen beim Landgericht Göttingen am folgenden Tage, sofortige Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 28. 07. 2011 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 91 a Abs. 2 S. 1, 567 f. ZPO zulässig. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.
Der Verfügungskläger kann für sich nicht geltend machen, nach übereinstimmender Erledigung des Rechtsstreits weniger als die Hälfte der Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass es nach der Erledigung der Hauptsache im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens für die Kostenentscheidung maßgeblich auf die Frage ankommt, ob ein Verfügungsgrund vorgelegen hat. Diesen Verfügungsgrund hat das Landgericht zutreffend verneint.
Nach überwiegender Auffassung muss nach §§ 935, 940 ZPO neben dem Verfügungsanspruch zusätzlich ein Verfügungsgrund für eine einstweilige Verfügung vorliegen (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 30. 04. 2002 - 6 W 56/02 - BauR 2002, 1596, 1597; OLG Frankfurt, BauR 1998, 1280; OLG Rostock, BauR 2003, 582, 584; Ingenstau/Korbion/Vygen/Kratzenberg, VOB, 17. Aufl., § 17 Nr. 4 VOB/B Rz. 121). Nach überwiegender Auffassung ist insoweit erforderlich, dass der Schuldner darlegt und glaubhaft macht, dass ihm ohne die einstweilige Verfügung ein erheblicher Nachteil widerfahren würde (vgl. Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 13. Teil Rz. 11). Ein solcher erheblicher Nachteil kann grundsätzlich nicht im Rechtsmissbrauch selbst liegen. Allein ein etwaiger Verstoß des Verfügungsbeklagten gegen seine Pflichten, den Abruf des Bürgschaftsbetrages zu unterlassen, stellte keine hinreichende, das Abwarten einer Hauptsacheentscheidung unerträglich machende Rechtsbeeinträchtigung dar (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 25. 09. 1990 - 5 U 109/90 - NJW-RR 1991, 175). Soweit der Verfügungskläger unter Hinweis auf von ihm herangezogene Entscheidungen der Auffassung ist, dass es im Falle des Rechtsmissbrauchs eines Verfügungsgrundes nicht bedürfe, kann dem grundsätzlich nicht gefolgt werden. Wie das Landgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 28. 07. 2011 zutreffend ausgeführt hat, sind anders als in den vorgelegten Entscheidungen die vereinbarten Sicherungsabreden und Bürgschaftsbestellungen im hiesigen Verfahren nicht unwirksam. Weiter folgt der Senat nicht der Ansicht des Verfügungsklägers, dass nur bei einer Bürgschaft auf erstes Anfordern "erhöhte Anforderungen an den Verfügungsgrund" festzulegen seien. Vielmehr gilt wie in allen anderen Fällen, in denen streitige Rechtsverhältnisse zu regeln sind, dass eine einstweilige Verfügung nur dann zu erlassen ist, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Insofern sind keine Gründe dafür ersichtlich, auf die Prüfung des Vorliegens des wesentlichen Nachteils zu verzichten. Es müssen mithin Gründe vorhanden sein, die den durch eine einstweilige Maßnahme gegen den Verfügungsbeklagten herzustellenden Rechtsfrieden so vordringlich erscheinen lassen, dass auch eine vorübergehende Beeinträchtigung bestehender Rechte demgegenüber zurück treten muss (vgl. OLG Frankfurt, a.a.O.).
Das Landgericht hat hierzu zutreffend ausgeführt, dass ein besonders schwerwiegender Nachteil im Falle der Inanspruchnahme der Bürgschaft in Höhe von ca. 8.000,00 EUR für den Verfügungskläger nicht ersichtlich ist. Den diesbezüglichen Ausführungen tritt der Senat nach eigener Prüfung in vollem Umfang bei.
Allein der Umstand, dass sich der Verfügungsbeklagte in die Rolle des Unterlegenen begeben hat, hat das Landgericht veranlasst, dem Verfügungsbeklagten die Hälfte der Verfahrenskosten aufzuerlegen. Eine weitergehende Kostentragung rechtfertigt dieser Umstand aber nicht.
III.
Die Kostenentscheidung für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren bestimmt sich aus der Differenz zwischen der vom Landgericht ausgeurteilten Kostenquote und der dagegen von dem Verfügungskläger angestrebten Kostenverteilung.