Finanzgericht Niedersachsen
Urt. v. 21.11.1985, Az.: XII 553/84

Bibliographie

Gericht
FG Niedersachsen
Datum
21.11.1985
Aktenzeichen
XII 553/84
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1985, 31671
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:FGNI:1985:1121.XII553.84.0A

In dem Rechtsstreit

wegen Einkommensteuer 1982

hat der XII Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts nach mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 21. Nov. 1985 an der mitgewirkt haben:

Richter am Finanzgericht als Vorsitzender .

Richter am Finanzgericht .

Richter am Finanzgericht .

ehrenamtlicher Richter .

ehrenamtlicher Richter .

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.

Tatbestand:

1

Streitig ist, ob Verluste aus Vermietung und Verpachtung einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.

2

Der Kläger ist von Beruf Steuerbevollmächtigter. Durch Kaufvertrag vom 27. März 19. erwarb er eine in B., gelegene Eigentumswohnung. Die zum Zeitpunkt des Kaufs noch nicht fertiggestellte Wohnung wurde zum 1. Oktober 1982 übergeben. Nach der Übergabe blieb der Kläger in seiner bisherigen Wohnung in L. wohnen und ließ die Eigentumswohnung leer stehen. Die Möblierung der Wohnung nahm der Kläger im Oktober 1984 vor. Seit diesem Zeitpunkt nutzt er die Wohnung zeitweise, insbesondere an den Wochenenden und ist mit zweitem Wohnsitz in B. gemeldet. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1982) machte der Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Verlust von 19. 905 DM geltend, der nach den Angaben des Klägers auf Schuldzinsen und anderen Werbungskosten vor Ansatz des Grundbetrages sowie auf der Sonder-AfA gemäß § 7 b EStG beruht. Der Beklagte (das Finanzamt -; FA -;) lehnte den begehrten Werbungskostenabzug ab und führte dazu im Vorverfahren aus: Der Kläger habe bewußt, und zwar nicht nur vorübergehend, sondern über einen langen Zeitraum hinweg auf eine Einnahmeerzielung verzichtet. In einem solchen Fall sei ein ursächlicher. Zusammenhang zwischen der Erzielung von Einnahmen und Werbungskosten nicht mehr gegeben. Es müsse vielmehr davon ausgegangen werden, daß die Aufwendungen der Erhaltung des Vermögens dienten.

3

Hiergegen wendet sich der Kläger nach erfolglosem Vorverfahren mit seiner Klage, zu deren Begründung er im wesentlichen ausführt: Bereits beim Erwerb der Wohnung habe die Absicht der Einkunftserzielung vorgelegen. Er, der Kläger, habe nämlich die Eigentumswohnung ausschließlich zum Zwecke der Selbstnutzung erworben. Der verhältnismäßig große zeitliche, Abstand zwischen der Wohnungsübergabe und der Selbstnutzung dürfe . nicht zur Versagung des Werbungskostenabzugs führen. Ein solcher zeitlicher Abstand könne zwar ein gegen die Absicht der Einkunftserzielung sprechendes Indiz sein. Dieses Indiz sei indessen in seinem Falle entkräftet. Aufgrund des Grundstückskaufs und notwendiger Investitionen im betrieblichen Bereich seien nämlich seine finanziellen Mittel erschöpft gewesen, so daß das Geld für eine Wohnungseinrichtung gefehlt habe.

4

Der Kläger beantragt,

unter Änderung des Einkommensteuerbescheids vom 16. . und Aufhebung des Einspruchsbescheids vom 7. . Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 19. 905 DM anzuerkennen und die Einkommensteuer entsprechend herabzusetzen.

5

Das FA hält an seiner im Vorverfahren geäußerten Rechtsansicht fest und beantragt,

die Klage abzuweisen.

6

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen wird die Steuerakten als Klägers verwiesen.

Gründe

7

Die Klage hat keinen Erfolg. Abzugsfähige Werbungskosten im Sinne von § 9 Einkommensteuergesetz (EStG) liegen vor, wenn Aufwendungen im Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen. Ein solcher Zusammenhang kann auch dann gegeben sein, wenn Aufwendungen als Werbungskosten abgesetzt werden, bevor entsprechende Einnahmen erzielt werden (sogenannte vorab entstandene Werbungskosten).

8

In aller Regel ist es nicht schwierig festzustellen, ob eine derartige Beziehung zwischen Aufwendungen und Einnahmen besteht, wenn die Erwartungen und Absichten des Steuerpflichtigen in Erfüllung gehen, es also zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich zu entsprechenden Einkünften kommt. Denn der Steuerpflichtige nimmt Regelmäßig die Nutzung des Vermögensgegenstandes in wirtschaftlich vernünftiger weise vor. Dazu gehört auch daß bei objektiver Sicht die Einnahmeerzielung zu einem möglichst frühen Zeitpunkt erstrebt wird. Solange es dem Steuerpflichtigen aufgrund objektiver Gegebenheiten verwehrt ist, die Nutzungen aus einer Sache zu ziehen, können deshalb gleichwohl vorab entstandene Aufwendungen einkommensmindernd berücksichtigt werden. So steht -; beispielsweise -; der Anerkennung vorab entstandener Werbungskosten nicht entgegen, daß sich das Baugenehmiguhgsverfahren außerordentlich lange (4 Jahre) hingezogen hat, weil u.a. auch aus Geldmangel nicht sogleich nach dem Grundstückserwerb mit der Durchführung des Bauvorhabens begonnen werden konnte (vgl. BFH-Urteil vom 8. Februar 1983 VIII R 130/79, BStBl II 1983, 554 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

9

Anders sind indessen die Fälle zu beurteilen, in denen aus subjektiven Gründen über einen längeren Zeitraum hinweg bewußt auf die Erzielung von Einnahmen verzichtet wurde. Zwar hat der BFH in der Entscheidung vom 26. August 1975 VIII R 120/72 (BStBl II 1976, 9; HFR 1976, 8) den Werbungskostenabzug auch dann zugelassen, wenn ein Steuerpflichtiger eine an einen Dritten vermietete Eigentumswohnung zum Zwecke der späteren Eigennutzung erwirbt und diese aus subjektiven Gründen einige Monate nicht nutzt. Dieses Urteil kann indessen nicht auf alle Fälle in denen ein Einfamilienhaus oder eine Eigentumswohnung aus subjektiven Gründen leer steht, übertragen werden. Es handelt sich nämlich um einen Sonderfall, da die Wohnung nur einige Monate leer stand und die Wohnung auch innerhalb desselben Veranlagungszeitraumes noch bezogen wurde (vgl. Anm. zum Urteil VIII R 120/72 in HFR 1976, 8). Die neuere Rechtsprechung des BFH geht vielmehr dahin, beim Einnahmeverzicht aus subjektiven Gründen den Werbungskostenabzug zu versagen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Mai 1980 VIII R 128/78 BStBl II 1981, 299).

10

Danach konnten im vorliegenden Fall die streitigen Aufwendungen und AfA-Beträge nicht einkommensmindernd berücksichtigt werden. Der Kläger hat ca. zwei Jahre aus subjektiven Gründen auf Einnahmen verzichtet, da er die Wohnung weder selbst genutzt noch vermietet hatte. Die Gründe, die der Kläger für das Leerstehen der Wohnung angeführt hat, rechtfertigen keine andere rechtliche Beurteilung. Das Fehlen von Mitteln für eine Möblierung der Wohnung kann nicht mit einem bei Durchführung des Bauvorhabens auftretenden. Geldmangel gleichgesetzt werden. Im einen Fall steht der Geldmangel lediglich der Selbstnutzung, im anderen der Möglichkeit der Einnahmeerzielung überhängt entgegen. Auch wann die aufgrund von Reklamationen von den Bauhandwerkern vorgenommenen Nachbesserungen so unbedeutend, daß sie einer sofortigen Nutzung der Wohnung nach der Übergabe nicht im Wegestanden hätten.

11

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

12

Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.