Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 05.09.2019, Az.: 6 B 735/19

Auskunftspflicht; Cannabidial; Cannabisöl; Gefahrenprognose; Gesundheit; Hanföl; hinreichender Verdacht eines Verstoßes; Interessenabwägung; Inverkehrbringen; Lohnhersteller; Nahrungsergänzungsmittel; nicht sichere Lebensmittel; Sicherstellung; THC; verlängerte Werkbank; Sicherstellung von Hanföl wegen nicht sicheren Enderzeugnissen und zum Schutz vor Gesundheitsgefahren rechtmäßig

Bibliographie

Gericht
VG Stade
Datum
05.09.2019
Aktenzeichen
6 B 735/19
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2019, 34318
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:VGSTADE:2019:0905.6B735.19.00

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Sicherstellung von Hanföl, das zur Herstellung von nicht sicheren Enderzeugnissen verwendet wird, die ihrerseits gesundheitsgefährdend sind, ist nicht zu beanstanden. Dies gilt auch dann, wenn die Enderzeugnisse dem Antragsgegner nicht bekannt sind und sie nur möglicherweise nicht sicher sind beziehungsweise nur möglicherweise gesundheitsgefährdend sind.

  2. 2.

    Auch Lohnhersteller bringen Erzeugnisse in den Verkehr. Der Begriff des Inverkehrbringens nach Artikel 3 Nummer 8 VO 178/2002 ist insoweit weit zu verstehen und umfasst jedwede Weitergabe an Dritte.

  3. 3.

    Die Pflicht zur Herausgabe einer Kundenliste ist nicht zu beanstanden, wenn die Kundenliste zur Rückverfolgbarkeit der aus den Hanfölen hergestellten Enderzeugnisse erforderlich ist. Nur dann kann geprüft werden, ob die Enderzeugnisse mit den Vorschriften des Lebensmittelrechts in Einklang stehen, insbesondere, ob sie sicher sind und von ihnen keine Gefahr für die Gesundheit ausgehen.

  4. 4.

    Auch eine umfassende Interessenabwägung fällt zu Lasten der Antragstellerin aus. Das öffentliche Interesse, Verbraucher während des Klageverfahrens vor nicht sicheren und möglicherweise gesundheitsgefährdenden Lebensmitteln zu schützen, überwiegt das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass ein bestimmtes Haltbarkeitsdatum in Bezug auf Hanföle nicht ersichtlich und ein späterer Verkauf möglich ist.

[Gründe]

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofortige Vollziehung der Sicherstellung von Behältern mit Hanföl und der Verpflichtungen zur Herausgabe von Informationen.

Zum 01.02.2013 meldete die Antragstellerin eine unselbständige Zweigstelle in C. an. Als Tätigkeit gab sie "Handel und Produktion von nicht genehmigungspflichtigen Nahrungsergänzungsmitteln" an. Auf ihrer Internetseite wirbt sie mit "Ihr Hersteller für Nahrungsergänzungsmittel in Kapseln und Tabletten". Sie stellt Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel im Auftrag anderer Unternehmen her. Dazu kauft sie die erforderlichen Rohstoffe für die Herstellung der Endprodukte ein und erwirbt daran Eigentum. Die Herstellung der Endprodukte erfolgt nach Spezifikationen des Auftraggebers. Anschließend füllt die Antragstellerin die Enderzeugnisse ab und verpackt sie. Der Auftraggeber vermarktet das Enderzeugnis unter eigener Marke und mit eigener Kennzeichnung. Nach diesem Prozedere stellt die Antragstellerin unter anderem im Auftrag anderer Unternehmen Cannabidial-Öl-haltige Enderzeugnisse her. Eine Kundin dieser Enderzeugnisse ist die D..

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt E. stellte in seinem Gutachten vom 30.11.2018 fest, dass die Proben (Natura Vitalis, 5 % Reines Cannabidial (CBD) Cannabis Öl, und Natura Vitalis, 10 % Reines CBD Cannabis Öl) auffällig seien. Beim 10-%en Öl wurde ein ?9-Tetrahydrocannabiol-Gehalt (THC-Gehalt) von 960 +/- 80 mg/kg festgestellt. Der vom Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin festgelegte THC-Richtwert beträgt 150 ?g/kg. Bei der angegebenen Tagesdosis von 8 Tropfen ergebe sich ein THC-Gehalt von 230 ?g. 5 Tropfen würden bereits 2 ?g/kg ergeben, was die akute Referenzdosis (ARfD) von 1 ?g THC/kg Körpergewicht/Tag um das Doppelte überschreite; bei Babys sogar um das Vierfache. Beim 5-%en Öl wurde ein THC-Gehalt von 790 +/- 60 mg/kg festgestellt. Bei der angegebenen Tagesdosis von 8 Tropfen ergebe sich ein THC-Gehalt von 190 ?g. 6 Tropfen würden bereits 2 ?g/kg ergeben, was die ARfD um das Doppelte überschreite; bei Babys um das Dreifache. Obgleich eine akute Gesundheitsgefährdung nicht gegeben sei, sei das Lebensmittel aufgrund des THC-Gehalts für den Verzehr durch Menschen ungeeignet. Ein solches Lebensmittel sei als nicht sicher zu beurteilen.

Das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt F. stellte in seinem Prüfbericht vom 15.03.2019 ebenfalls fest, dass die Proben (Natura Vitalis, 5 % Reines CBD Cannabis Öl, und Natura Vitalis, 10 % Reines CBD Cannabis Öl) auffällig seien. In beiden Proben wurde ein THC-Gehalt von 50 mg/100g festgestellt. Bei der angegebenen Tagesdosis von 8 Tropfen ergebe sich ein THC-Gehalt von 120 ?g, was bei einem Erwachsenen mit 70 kg Körpergewicht eine ARfD von 70 ?g bedeute. Die ARfD werde damit um das 1,5fache ausgeschöpft und erhöhe sich insbesondere bei Kindern wegen des geringeren Körpergewichts noch.

Nach dem Prüfbericht des Niedersächsischen Landesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit vom 08.04.2019 ergab eine Überprüfung des Nahrungsergänzungsmittels mit Cannabis Sativa - Reines CBD Cannabis Öl 10 % - einen THC-Gehalt von "1640 mg/kg (MU: +/- 58 (erweiterte Messunsicherheit U)*)", einen Cannabidiol-CBD-Gehalt von 185.000 und einen Cannabinol-CBN-Gehalt von 334. Laut Angaben der Kennzeichnung sollen maximal acht Tropfen täglich eingenommen werden, was einer Menge an Cannabisöl von 240 mg und einem THC-Gehalt von 394 ?g entspreche (= 5,6 ?g THC/kg Körpergewicht bei 70 kg Körpergewicht). Dieser Wert übersteige die ARfD deutlich. Daher werde das vorgelegte Nahrungsergänzungsmittel als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt, weshalb es nicht in den Verkehr gebracht werden dürfe. Die Überprüfung des Nahrungsergänzungsmittels mit Cannabis Sativa - Reines CBD Cannabis Öl 5 % - am selben Tag ergab einen THC-Gehalt von "1430 mg/kg (MU: +/- 205 (erweiterte Messunsicherheit U)*)", einen Cannabidiol-CBD-Gehalt von 37.300 und einen Cannabinol-CBN-Gehalt von 310. Die Einnahme von höchstens 8 Tropfen pro Tag entspreche einer Menge an Cannabisöl von 240 mg und einem THC-Gehalt von 343 ?g (= 4,9 ?g THC/kg Körpergewicht bei 70 kg Körpergewicht). Dieser Wert übersteige die ARfD ebenfalls deutlich. Daher werde auch dieses Nahrungsergänzungsmittel als nicht sicher eingestuft und dürfe nicht in den Verkehr gebracht werden.

Am 21.05.2019 ordnete die Amtstierärztin des Antragsgegners, Frau Dr. G., mündlich die Sicherstellung und Verwahrung diverser Behältnisse mit Hanföl an. Zudem ordnete sie die sofortige Vollziehung an. Es wurde eine Niederschrift angefertigt sowie eine mengenmäßige Auflistung der sichergestellten Ware in Kopie an Mitarbeiter der Antragstellerin ausgehändigt.

Mit Bescheid vom 24.05.2019 bestätigte der Antragsgegner die mündlich angeordnete Sicherstellung. Er ordnete an, dass die sichergestellte Ware bis auf weiteres im Betrieb der Antragstellerin verbleibt und jede örtliche Veränderung der Ware der vorherigen Zustimmung bedarf. Für den Fall, dass die Antragstellerin nicht Eigentümerin der sichergestellten Ware sei, forderte der Antragsgegner sie auf, ihm detailliert mitzuteilen, wer Eigentümer der Ware ist. Ferner forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, ihm innerhalb von einer Woche eine vollständige Liste der Kunden herauszugeben, die von ihr CBD-haltige Hanfölprodukte erhalten haben. Der Antragsgegner ordnete die sofortige Vollziehung der Verfügung an. Die Sicherstellung beruhe auf § 39 Absatz 2 Nummer 5 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) und Artikel 54 der Verordnung (EG) Nummer 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz (VO 882/2004). Die Sicherstellung sei erforderlich, weil die aufgeführten Substanzen von der Antragstellerin zur Herstellung beziehungsweise Abfüllung eines Nahrungsergänzungsmittels mit der Bezeichnung "CBD Cannabis Öl" genutzt würden. Es lägen fünf Gutachten von drei Chemischen und Veterinäruntersuchungsämtern vor, die übereinstimmend zu dem Ergebnis kämen, dass es sich bei CBD-haltigen Hanfölen um nicht verkehrsfähige neuartige Lebensmittel handele. Beim Inverkehrbringen von hanfhaltigen Erzeugnissen müsse sichergestellt werden, dass es sich nicht um Lebensmittel handele, die neuartig seien. Cannabinoidhaltige Extrakte aus Cannabis sativa L., wie CBD-haltiges Hanföl, stufe die EU-Kommission aber als neuartig ein. Vor dem Inverkehrbringen müsse daher entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels gestellt werden. In diesem Rahmen sei die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen. Eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel liege für CBD-haltige Produkte derzeit nicht vor. Daher seien diese grundsätzlich nicht verkehrsfähig. Da die Antragstellerin ihre Vertriebslisten nicht zur Verfügung gestellt habe, habe das Inverkehrbringen nur durch die Sicherstellung des Rohstoffs verhindert werden können. Gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nummer 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28.01.2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (VO 178/2002) umfasse das Inverkehrbringen nicht nur den Vertrieb von Lebensmitteln, sondern jede andere Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht. Da die Antragstellerin Auskünfte über Vertriebs- oder Kundenlisten verweigere, könne nicht abschließend beurteilt werden, inwieweit sie selbst oder ein Kunde von ihr die hergestellten Produkte vertreibe. Fest stehe aber, dass die Antragstellerin die in den Behältern befindliche Flüssigkeit umfülle und verpacke und nach ihren Angaben an Vertragspartner abgebe. Dies genüge für ein Inverkehrbringen. Fünf Gutachten von drei Untersuchungsämtern hätten zudem festgestellt, dass es sich bei CBD-haltigen Hanfölen aufgrund der auf der Umverpackung angegebenen Verzehrempfehlung und dem THC-Gehalt um kein sicheres Lebensmittel handele. Lebensmittel, die nicht sicher seien, dürften nach Artikel 14 Absatz 1 VO 178/2002 nicht in den Verkehr gebracht werden. Als Lebensmittelunternehmer trage die Antragstellerin nach Artikel 17 Absatz 2 VO 178/2002 die Lebensmittelkettenverantwortung auf allen Produktions-, Verarbeitung- und Vertriebsstufen, die ihrer Kontrolle unterlägen. Auf die ihr bereits seit Dezember 2018 vorliegenden Gutachten habe die Antragstellerin nicht reagiert und auch ihre Kunden nicht auf die potentielle Gesundheitsgefährdung hingewiesen. Nach § 44 Absatz 3 Nummer 2 LFGB sei die Antragstellerin dazu verpflichtet, Informationen, die zur Rückverfolgbarkeit bestimmter Lebensmittel erforderlich seien, zu übermitteln. Das Interesse der Verbraucher in Bezug auf eine funktionierende Lebensmittelüberwachung überwiege das Interesse der Antragstellerin, keine wirtschaftlichen Nachteile zu erleiden. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei im öffentlichen Interesse erforderlich, damit die sichergestellte Ware während eines Klageverfahrens nicht ohne Kenntnis des Antragsgegners an einen anderen Ort verbracht werden könne. Sichergestellte Waren seien auf der Grundlage von § 27 Absatz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) zu verwahren.

Mit E-Mail vom 27.05.2019 beantragte die Antragstellerin beim Antragsgegner, die sichergestellte Ware an die H. GmbH in I. abgeben zu dürfen. Hierbei handelt es sich um den Lieferanten des Rohstoffs. Dem stimmte der Antragsgegner mit E-Mail vom 28.05.2019 zu, wobei die Versiegelung der Ware nicht aufgehoben werden sollte.

Gegen den Bescheid vom 24.05.2019 erhob die Antragstellerin am 03.06.2019 Klage. Zugleich hat sie einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung trägt sie vor, dass die Anordnung der sofortigen Vollziehung unzulässig sei. Der Bescheid sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten.

Bei der Herstellung von Produkten im Kundenauftrag verwende sie unter anderem CBD-haltige Hanföle. CBD stehe für Cannabidiol. Dies sei ein natürlicher Inhaltsstoff des Hanfs, der nicht mit dem als Rohstoff bekannten THC zu verwechseln sei. CBD werde vielmehr ernährungsphysiologische und gesundheitsfördernde Effekte zugeschrieben.

Die Antragstellerin bringe die Mittel nicht in den Verkehr. Auf Angaben im Handelsregister oder solche auf ihrer Internetseite komme es insoweit nicht an, auch nicht darauf, dass zunächst sie Eigentum an den Rohstoffen erwerbe. Entscheidend sei vielmehr die konkrete Tätigkeit. Sie sei ausschließlich als Lohnherstellerin tätig, vertreibe und vermarkte die von ihr auf Kundenanforderung und im Auftrag der Kunden hergestellten Erzeugnisse nicht selbst und erscheine nicht als verantwortliches Unternehmen in der Kennzeichnung der Produkte. Sie kaufe die erforderlichen Rohstoffe nach den Spezifikationen des Auftraggebers und stelle die Endprodukte nach dessen Spezifikationen her. Dies sei der Regelfall der Lohnherstellung im Lebensmittelbereich. Ihre Tätigkeit lasse sich daher als "verlängerte Werkbank" beschreiben. Ihre Kunden würden die von ihnen vermarktete Mittel nicht in eigenen Betriebsstätten herstellen, sondern ausgelagert bei der Antragstellerin. Ihre Kunden seien für Rezeptur und Kennzeichnung verantwortlich. Daher gebe es keine Unklarheiten wegen einer vermeintlich ausstehenden Kundenliste. Die dem Bescheid beigefügten Untersuchungsberichte würden ausschließlich Produkte ihrer Kundin J. betreffen. Dies unterstreiche, dass die Antragstellerin die Produkte nicht in den Verkehr bringe.

Die sichergestellten Rohstoffe seien überwiegend für die J. bestimmt gewesen. Dies sei dem Antragsgegner bereits bei Erlass des Bescheides bekannt gewesen, weil sich die Gutachten ausschließlich auf deren Produkte bezögen. Einen unmittelbaren Bezug zwischen den eingekauften Rohstoffchargen und den Enderzeugnissen gebe die Vereinbarung mit der J. aber nicht her. In Bezug auf die Zuordnung der Rohstoffe zu den Produkten der J. legt die Antragstellerin eine eigens erstellte Tabelle sowie Auszüge aus ihrem Warenwirtschaftssystem vor.

Artikel 3 Nummer 8 VO 178/2002 erfasse nicht jede Weitergabe, sondern nur eine Weitergabe mit Außenwirkung im Sinne eines Vermarktungsschrittes, also eine nach außen gerichtete Weitergabe auf dem Vertriebsweg. Die Weitergabe eines Lebensmittels aus einem unternehmensinternen Produktionsbetrieb an einen Vertriebszweig des Unternehmens stelle kein Inverkehrbringen dar. Es sei kein Grund ersichtlich, warum das bei einer rein betriebswirtschaftlich veranlassten Einschaltung eines Lohnherstellers als "verlängerte Werkbank" anders sein sollte.

Es handele sich auch nicht um neuartige Produkte. Hierzu trägt die Antragstellerin insbesondere vor, dass die Einschätzung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) rechtlich unverbindlich, oberflächlich und unzutreffend sei. Ein neuartiges Produkt läge schon deshalb nicht vor, weil der Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nummer 2015/2283 nicht eröffnet sei und eine Neuartigkeit - aus mehreren Gründen - auch nicht aus dem EU-Novel-Food-Katalog hergeleitet werden könne.

Ferner liege kein Verstoß gegen Artikel 14 VO 178/2002 vor. Die Ausführungen der Untersuchungsämter würden schon deshalb nicht passen, weil sie vollständig gekennzeichnete Erzeugnisse untersucht hätten, die Sicherstellung aber in weitem Umfang Ware ohne entsprechende Kennzeichnung betreffe. Gerade aus der Kennzeichnung der betroffenen Erzeugnisse, für die die Antragstellerin nicht verantwortlich sei, solle sich jedoch eine Tagesdosierung ableiten, die kritisch sei. Die Antragstellerin als Lohnherstellerin erfülle damit nicht die Tatbestandsmerkmale des Artikel 14 VO 178/2002.

Darüber hinaus seien im Bescheid die Kategorien von Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe a und Buchstabe b VO 178/2002 vermengt worden. Nur letzterer sei einschlägig, wenn Enderzeugnisse als für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet eingestuft würden. Dies habe mit einer potentiellen Gesundheitsgefährdung im Sinne von Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe a nichts zu tun. Hiervon könne insbesondere auch mit Blick auf die rechtlich unverbindlichen Hinweise der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und des Bundesinstituts für Risikobewertung nicht ausgegangen werden. Dies gelte erst recht für die sichergestellten Rohstoffe, die noch nicht mit einer Verzehrempfehlung gekennzeichnet worden seien, und auf die von vornherein keine dosisbezogene Betrachtung auf Basis von Artikel 14 Absatz 2 VO 178/2002 passe.

Außerdem lasse sich aus der in den Untersuchungsberichten angesprochenen ARfD keine Einstufung des jeweiligen Enderzeugnisses als für den Verzehr durch die Menschen ungeeignet ableiten. Die ARfD sei nach der auf den Enderzeugnissen gekennzeichneten Tagesverzehrempfehlung errechnet worden. Für diese Kennzeichnung sei die Antragstellerin aber nicht verantwortlich und sie spiele im Hinblick auf die sichergestellten Rohstoffe auch keine Rolle. Für die Rohstoffe gebe es aktuell keine Dosierung. Hinzu komme, dass die ARfD mithilfe erheblicher Sicherheitsfaktoren bestimmt werde, was auch aus den Untersuchungsberichten hervorgehe. Selbst wenn die ARfD und die Analysewerte zum THC-Gehalt zutreffend wären, lägen die analysierten THC-Werte im untersten Bereich der rechnerisch angesetzten "Sicherheitspuffer" und damit sehr weit entfernt von Bereichen, in denen Sicherheitsaspekte eine Rolle spielen würden.

Die Kategorie der verkehrsuntauglichen Lebensmittel stelle keinen Auffangtatbestand für Fälle dar, in denen potentiell kritische Stoffe in Mengen vorlägen, die weit davon entfernt seien, gesundheitlich relevant zu seien. Aufgrund der natürlichen Restgehalte an THC aus Hanf fehle es an einer Kontamination und erst recht an Fäulnis, Verderb oder Zersetzung. Zudem sei das Hanföl auch keinesfalls inakzeptabel für den menschlichen Verzehr. Hierauf stelle Artikel 14 Absatz 5 VO 178/2002 aber maßgeblich ab.

Ferner sei die Bestimmung der ARfD bei THC in Hanf wissenschaftlich sehr umstritten und im Vergleich zu anderen pflanzlichen Stoffen noch wenig überzeugend begründet worden. Der Sicherheitsbewertung liege ein "lowest observed adverse effect level" (LOAEL) von 2,5 mg der betroffenen THC-Summe pro Tag zu Grunde. Das mache deutlich, dass die Ableitung der ARfD im konkreten Fall wissenschaftlich zumindest sehr fragwürdig sei, weil im Vergleich zu anderen Pflanzen strengere Sicherheitsabschläge vorgenommen würden. Eine wissenschaftliche Begründung dafür gebe es nicht.

Die Antragstellerin sei nicht verpflichtet, ihre Kundenliste herauszugeben. Ihr könne auch keine mangelnde Kooperationsbereitschaft vorgeworfen werden, erst recht keine eingeschränkte Zuverlässigkeit. Mangels rechtlicher Grundlage für die Sicherstellung gebe es keine Veranlassung, ihre Kundendaten preiszugeben. Der Verweis auf das Prinzip der Rückverfolgbarkeit überzeuge nicht. Im streitgegenständlichen Bescheid würden keine Zweifel daran geäußert, dass sie die Rückverfügbarkeit der von ihr bezogenen und weitergegebenen Lebensmittel garantieren könne. Diese Zweifel gebe es auch tatsächlich nicht. Der Antragsgegner kenne sowohl sie als auch ihre Endprodukte seit Jahren. Die Kundenliste sei im Übrigen nicht notwendig, um Kenntnis von den Endprodukten zu erhalten, für die die Rohstoffe ganz überwiegend bestimmt seien. Denn dies sei bekanntermaßen die J.

Die Vorschrift des § 44 Absatz 1 und 3 LFGB nehme ausdrücklich Bezug auf "die in der Überwachung tätigen Personen" und meine damit nicht den Antragsgegner als Behörde. Zudem greife § 44 LFGB auch nicht anlassunabhängig. Es müsse entweder das System der Rückverfolgbarkeit kontrolliert oder Anlass für Maßnahmen der Behörde geben, die über den unmittelbar betroffenen Unternehmer hinausgingen. Der Antragsgegner wolle durch das Vorgehen CBD-haltige Hanföle vom Markt nehmen.

Ungeachtet dessen ginge die Sicherstellung sämtlicher aufgefundener Behälter mit Hanföl zu weit. Dem Antragsgegner sei bekannt, dass sie für verschiedene Kunden tätig sei. Die in der streitgegenständlichen Verfügung angesprochenen Untersuchungsberichte würden aber ausschließlich Produkte der J. beziehungsweise Rohstoffe für deren Produkte betreffen. Schon deshalb hätte die Sicherstellung auf Rohstoffe für Produkte eben dieser Kundin beschränkt werden müssen.

Soweit der Antragsgegner habe verhindern wollen, dass CBD-haltiges Hanföl auf dem Markt komme und damit den Lieferweg versperren wolle, übersehe er, dass die Antragstellerin für die Enderzeugnisse rechtlich nicht verantwortlich sei. Die Auftraggeber könnten ebenso gut auf andere Lohnhersteller ausweichen. CBD-haltige Nahrungsergänzungsmittel ließen sich nur dadurch vom Markt nehmen, dass die Enderzeugnisse formal beanstandet würden. Hierfür benötige der Antragsgegner die Kundenliste der Antragstellerin nicht. Die Prüfberichte beziehen sich schon auf die J.. Es sei daher völlig transparent, welche Enderzeugnisse hier betroffen seien.

Aber auch eine derartig beschränkte Sicherstellung sei unverhältnismäßig, weil zulässige Verwendungsmöglichkeiten blockiert würden. Die sichergestellten CBD-haltigen Hanföle könnten rechtmäßig außerhalb des Lebensmittelbereichs, zum Beispiel für kosmetische Mittel, und auch außerhalb des territorialen Anwendungsbereichs der VO (EU) Nummer 2015/2283 in Lebensmitteln verwendet werden. Aufgrund des hohen Warenwerts und der Lieferunfähigkeit entstünden der Antragstellerin erhebliche finanzielle Schäden, die mit jedem Tag wachsen würden.

Der Antragsgegner habe ohne tragfähige Begründung die sofortige Vollziehung der Verfügung angeordnet. Die aufschiebende Wirkung bleibe der Regelfall, für die Ausnahme müssten inhaltliche Gründe vorliegen, was hier nicht der Fall sei. Insbesondere drohten keine Gesundheitsgefahren. Auch hier vermische der Antragsgegner die eigenständigen Tatbestände in Artikel 14 Absatz 2 VO 178/2002. Gesundheitsgefahren ergäben sich insbesondere nicht aus den Untersuchungsberichten, auf die sich der Antragsgegner stütze. Hinzu komme, dass dieselben Rohstoffe und CBD-haltige Lebensmittel derselben Qualität weiterhin weitflächig auf dem deutschen Markt erhältlich seien und in den Verkehr gebracht werden würden. Daher treffe die sofortige Vollziehung der Sicherstellung Antragstellerin besonders hart in ihrer Wettbewerbsposition. Ihr sei derzeit keine andere behördliche Verfügung mit Sofortvollzug bekannt. Dies liege auch an der rechtlich umstrittenen Situation hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Novel-Food-Verordnung. Die damit verbundenen Fragen seien im Klageverfahren zu beantworten. In einem solchen Fall sei es unverhältnismäßig, die sofortige Vollziehung anzuordnen. Die fehlende Verhältnismäßigkeit des Sofortvollzugs ergebe sich auch aus den erheblichen wirtschaftlichen Konsequenzen für die Antragstellerin. Aufgrund der unsicheren Rechtslage, der nicht vorhandenen Gesundheitsgefahren sowie der Markt- und Wettbewerbssituation bestehe kein ausreichendes öffentliches Vollzugsinteresse. Die Verfügung stelle einen Eingriff in Artikel 12 und Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) dar. Eine ausreichende Abwägung damit habe der Antragsgegner nicht vorgenommen. Zudem kenne der Antragsgegner die Abläufe bei der Antragstellerin seit mindestens April 2018. Bislang sei er offenbar davon ausgegangen, dass sie die Produkte nicht in den Verkehr bringe. Beanstandungsfälle seien bislang über die verantwortlichen Unternehmen abgewickelt worden. Dies sei sinnvoll, weil diese Unternehmen die maßgeblichen Entscheidungen träfen und deutlich sachnäher seien.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage vom 03.06.2019 gegen die Verfügung Antragsgegners am 24.05.2019 anzuordnen beziehungsweise wiederherzustellen,

gemäß § 80 Absatz 5 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die Vollziehung der bereits vollzogenen Sicherstellung der in der Verfügung des Antragsgegners vom 24.05.2019 genannten Erzeugnisse aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er verweist auf seine Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid. Ergänzend trägt er vor, dass auch Lohnhersteller Inverkehrbringer seien. Zudem erscheine es zweifelhaft, ob es sich bei der Antragstellerin um einen Lohnhersteller handele. Der Begriff "verlängerte Werkbank" sei in den maßgeblichen lebensmittelrechtlichen Vorschriften nicht erwähnt. Ein Unternehmer, der Handel und Produktion von Nahrungsergänzungsmittel betreibe und Eigentum an der Rohware erwerbe, könne nicht nur als "verlängerte Werkbank" angesehen werden. Die Antragstellerin habe offensichtlich selbst Rohware eingekauft und mit dem Abfüllen und Verpacken Tätigkeiten übernommen, die über eine reine Lohnherstellung weit hinausgingen. Außerdem habe die Antragstellerin bei der Anmeldung als Tätigkeit "Handel und Produktion von nicht genehmigungspflichtigen Nahrungsergänzungsmitteln" angegeben; auf ihrer Internetseite werbe sie mit "Ihr Hersteller für Nahrungsergänzungsmittel in Kapseln und Tabletten".

Bei Extrakten aus Cannabis sativa, die Cannabinoide enthielten, handele es sich um neuartige Produkte. Dies werde durch den Novel-Food-Katalog bestätigt. Der Antragsgegner nimmt Bezug auf eine Mitteilung des BVL vom 20.03.2019, wonach derzeit keine Fallgestaltung bekannt sei, dass Cannabidiol in Lebensmitteln verkehrsfähig sei. Das BVL sei allein für die Einstufung als neuartiges Lebensmittel zuständig, was sich aus § 1 der Neuartigen Lebensmittel-Verordnung (NLV) ergebe. Die Einschätzung des BVL sei daher nicht unverbindlich, sondern ihr komme erhebliche Bedeutung zu.

Entgegen der Ansicht der Antragstellerin werde der sichergestellte Rohstoff nicht als nicht sicher im Sinne von Artikel 14 VO 178/2002 eingestuft. Durch die Verweigerung, eine Kundenliste zur Verfügung zu stellen, stelle die Sicherstellung des Rohstoffs jedoch das einzige wirksame Mittel im Sinne eines vorbeugenden Verbraucherschutzes dar, nicht sichere Produkte, wie sie die Antragstellerin in der Vergangenheit abgefüllt und verpackt habe, aus dem Verkehr zu ziehen. Grundlage hierfür sei das amtliche Gutachten des Untersuchungsamtes E. vom 30.11.2018, wonach das für die Kundin J. abgefüllte und verpackte CBD-haltige Hanföl als nicht sicher beurteilt worden sei. Der Grenzwert für das rauschauslösende THC sei um das 5fache überschritten worden. Zur Prüfung, ob CBD-haltige Hanföle, die für andere Kunden produziert würden, ebenfalls den Grenzwert überschreiten und eine gesundheitliche Gefahr darstellten, sei mehrfach die Kundenliste gefordert worden. Die Sicherstellung stelle die einzig wirksame Maßnahme dar, um zu verhindern, dass gegebenenfalls nicht sichere Nahrungsergänzungsmittel abgefüllt und verpackt würden.

Die Antragstellerin sei zur Herausgabe ihrer Kundenliste verpflichtet. Die Rückverfolgbarkeit stelle einen zentralen Grundsatz im europäischen Lebensmittelrecht dar. Dadurch sei eine lückenlose Überwachung der Lebensmittelkette möglich. Durch die Herstellung von nicht sicheren und nicht verkehrsfähigen Nahrungsergänzungsmitteln habe die Antragstellerin zur Überprüfung der Vertriebswege durch die Lebensmittelüberwachung Anlass gegeben. Das nationale LFBG setze nicht einmal einen Anlass voraus. Vielmehr reiche das Verlangen auf Informationsherausgabe der in der Überwachung tätigen Person aus. Dies decke sich mit § 44 Absatz 1 Satz 1 LFGB, wonach der Lebensmittelunternehmer verpflichtet sei, die in der Überwachung tätigen Personen bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Dadurch, dass die Antragstellerin selbst vortrage, dass die Rohstoffe nur "ganz überwiegend" für die J. bestimmt gewesen seien, folge, dass auch andere Kunden betroffen seien.

Die Sicherstellung sei notwendig gewesen, da es keine milderen Maßnahmen gegeben habe, nicht verkehrsfähiges CBD-haltiges Hanföl vom Markt zu nehmen. Durch die Verweigerung der Herausgabe ihrer Kundenliste sei es nicht möglich gewesen, behördenseitig das Endprodukt bei den Kunden der Antragstellerin aus dem Verkehr zu ziehen. Die Zuverlässigkeit des Lebensmittelunternehmens sei durch diese Handlungsweise nur eingeschränkt vorhanden. Einer Verwendung des CBD-haltigen Hanföls außerhalb des Lebensmittelrecht könne zugestimmt werden, wenn die Antragstellerin glaubhaft darlegen könne, wie sie das sichergestellte Öl als Nicht-Lebensmittel verarbeite. Die Anfrage der Antragstellerin, die sichergestellte Ware an die H. GmbH abgeben zu dürfen, lasse darauf schließen, dass zumindest zum damaligen Zeitpunkt im Mai 2019 eine alternative Verwendungsmöglichkeit außerhalb des Lebensmittel- und Nahrungsergänzungsmittelbereichs nicht in Erwägung gezogen worden sei.

Schließlich sei auch die sofortige Vollziehung erforderlich gewesen, um den Rohstoff aus dem Verkehr zu ziehen. Die Antragstellerin habe bereits in der Vergangenheit gesundheitsgefährdende, nicht sichere Lebensmittel in den Verkehr gebracht. Das Interesse der Öffentlichkeit an einer funktionierenden Lebensmittelüberwachung überwiege das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin.

Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Beiakte 001) Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung im Bescheid vom 24.05.2019 ist ordnungsgemäß im Sinne des § 80 Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und Absatz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erfolgt. Der Antragsgegner hat im streitgegenständlichen Bescheid eine auf den Einzelfall bezogene Begründung dargetan. Soweit die Antragstellerin vorträgt, der Antragsgegner habe die sofortige Vollziehung ohne tragfähige Begründung angeordnet, vermag die Kammer ihr nicht zu folgen. Dem Erfordernis schriftlicher Begründung wird genügt, wenn überhaupt eine ausdrückliche und schriftliche Begründung vorhanden ist, die zumindest nicht in so grobem Maße fehlerhaft ist, dass diese einem völligen Fehlen von Gründen gleichzustellen wäre. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die zur Begründung der Vollziehungsanordnung angeführten Gründe den Sofortvollzug tatsächlich rechtfertigen oder ob sie erschöpfend und zutreffend dargelegt sind. Der Antragsgegner hat hier zu erkennen gegeben, dass er aus Gründen des zu entscheidenden Einzelfalles eine sofortige Vollziehung für geboten hält. Die betreffenden Ausführungen zeigen, dass er sich des Ausnahmecharakters der sofortigen Vollziehung bewusst war. Dass das Vollzugsinteresse letztlich weitestgehend mit dem Erlassinteresse identisch ist, stellt die Begründung in formeller Hinsicht nicht in Frage. Denn das Erlassinteresse und das Interesse an der sofortigen Vollziehung können - gerade im Ordnungsrecht - zusammenfallen (vgl. VG Würzburg, B. v. 20.02.2013 - W 6 S 13.102 -, LMuR 2013, 142, 143).

Außerdem überwiegt das Vollzugsinteresse das Aussetzungsinteresse, weil die Klage der Antragstellerin nach summarischer Prüfung aller Voraussicht erfolglos bleiben wird.

Gem. § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen beziehungsweise wiederherstellen, wenn die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Dies richtet sich maßgeblich nach den Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Ein überwiegendes öffentliches Interesse ist dann zu verneinen, wenn sich der angefochtene Verwaltungsakt nach der im Rahmen des § 80 Absatz 5 Satz 1 VwGO vorzunehmenden summarischen Überprüfung aller Wahrscheinlichkeit nach als nicht rechtmäßig darstellt. Denn an der sofortigen Vollziehung einer rechtswidrigen Verfügung kann kein überwiegendes öffentliches Interesse bestehen. Andererseits ist das überwiegende öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung dann anzunehmen, wenn sich die Verfügung mit großer Wahrscheinlichkeit als rechtmäßig darstellt. So liegt der Fall hier. Der Bescheid des Antragsgegners vom 24.05.2019 erweist sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten.

Die Sicherstellung der in der Anlage des Bescheides vom 24.05.2019 aufgeführten Behälter ist nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen für die Sicherstellung liegen vor.

Nach § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie können insbesondere Erzeugnisse, auch vorläufig, sicherstellen (§ 39 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 Variante 1 LFGB). Dies zu Grunde gelegt, ist die Sicherstellung der Behälter mit Hanföl und Hanföl-Extrakten sowohl zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit als auch zur Feststellung beziehungsweise Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes sowie zur Verhütung eines künftigen Verstoßes notwendig.

Die Sicherstellung war zum Schutz vor Gefahr für die Gesundheit erforderlich. Beim Tatbestandsmerkmal "zum Schutz vor Gefahr für die Gesundheit" handelt es sich nicht um eine überflüssige Wiederholung (so etwa: Boch, LFGB, 7. Aufl. 2018, § 39 Rn. 6), sondern um einen selbständigen Tatbestand, auf den sich Anordnungen nach § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB stützen können (vgl. Nds. OVG, B. v. 28.10.2013 - 13 ME 132/13 -, NVwZ 2014, 798, 801). Dass der Gesetzgeber das Tatbestandsmerkmal aus Versehen aufgenommen und ihm keine eigenständige Bedeutung zugemessen hat, ist nicht ersichtlich. Das Gegenteil ergibt sich aus den Gesetzgebungsmaterialien. So ist das Tatbestandsmerkmal erst im Zuge des Gesetzgebungsprozesses aufgenommen worden. Während das Tatbestandsmerkmal in der BT-Drs. 15/3657, S. 23, noch fehlte und der § 39 Absatz 2 nach der BT-Drs. 15/4244 ganz gestrichen werden sollte, hat das Tatbestandsmerkmal "zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit" durch den Vermittlungsausschuss (BT-Drs. 15/5733, S. 5) Einzug in den § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB gefunden. Die Einschätzung, das Tatbestandsmerkmal sei überflüssig, widerspricht zudem nicht nur dem Ziel des Lebensmittelrechts, Gesundheitsgefahren von der Allgemeinheit abzuwenden, sondern wird auch dem Vorbehalt des Gesetzes nicht gerecht.

Eine Gefahr für die Gesundheit im Sinne des § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB in Bezug auf die sichergestellten Rohstoffe und die daraus herzustellenden Enderzeugnisse liegt vor. Für die von der Antragstellerin im Auftrag der J. hergestellten Enderzeugnisse CBD Cannabis Öle mit 5 % und 10 % reinem CBD sind mehrere Untersuchungsämter in insgesamt fünf Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass die oben genannten Produkte aufgrund ihres THC-Gehalts für den Verzehr durch Menschen ungeeignet und als nicht sicher zu beurteilen sind. Das Gericht macht sich die Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid und in den darin angeführten Gutachten zu eigen (§ 117 Absatz 5 VwGO). Dass mit den Gutachten eine Gesundheitsgefährdung nicht feststeht und darin sogar eine "akute Gesundheitsgefährdung" nicht festgestellt werden konnte, steht der Heranziehung der Gutachten nicht entgegen. Denn im Rahmen des § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB ist zu beachten, dass die Gefahr durch Artikel 3 VO 178/2002 definiert ist (siehe oben). Deshalb genügt die bloße Möglichkeit einer Gesundheitsgefährdung.

Eine "Gefahr" setzt nach Artikel 3 Nummer 14 VO 178/2002 ein biologisches, chemisches oder physikalisches Agens in einem Lebensmittel oder Futtermittel oder einen Zustand eines Lebensmittels oder Futtermittels voraus, der eine Gesundheitsbeeinträchtigung verursachen kann. Bei der Definition des Risikos in Artikel 3 Nummer 9 VO 178/2002 findet sich der Begriff ebenfalls wieder: Danach ist ein "Risiko" eine "Funktion" der Wahrscheinlichkeit einer die Gesundheit beeinträchtigenden Wirkung und der Schwere dieser Wirkung als Folge der Realisierung einer Gefahr. Dies stellt letztlich nichts Anderes als eine spezifische lebensmittelrechtliche Ausprägung des allgemeinen gefahrenabwehrrechtlichen Grundsatzes dar, dass bei der Prognose umso geringere Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts gestellt werden, je höherwertiger das Schutzgut ist. Deshalb sind bei der Gefahrenprognose im Rahmen des § 39 Absatz 2 Satz 1 Alternative 4 LFGB umso geringere Anforderungen an die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Gesundheitsbeeinträchtigung zu stellen, je schwerwiegender die zu befürchtende Gesundheitsbeeinträchtigung ist (vgl. Nds. OVG, B. v. 28.10.2013 - 13 ME 132/13 -, NVwZ 2014, 798, 801).

Soweit die Antragstellerin vorträgt, die Bestimmung des ARfD bei THC in Hanf sei wissenschaftlich sehr umstritten und die ARfD und THC-Werte würden mithilfe von erheblichen Sicherheitsfaktoren und -puffern bestimmt, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Eine Gewissheit fordert der Begriff der Gefahr nicht. Dies ergibt sich auch aus Artikel 6 VO 178/2002. Danach stützt sich das Lebensmittelrecht auf Risikoanalysen, um das allgemeine Ziel eines hohen Maßes an Schutz für Leben und Gesundheit der Menschen zu erreichen, außer wenn dies nach den Umständen oder der Art der Maßnahme unangebracht wäre. Die Risikobewertung beruht auf den verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnissen und ist in einer unabhängigen, objektiven und transparenten Art und Weise vorzunehmen. Beim "Risikomanagement" ist den Ergebnissen der Risikobewertung, insbesondere den Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, anderen angesichts des betreffenden Sachverhalts berücksichtigenswerten Faktoren sowie - falls die in Artikel 7 Absatz 1 dargelegten Umstände vorliegen - dem Vorsorgeprinzip Rechnung zu tragen, um die allgemeinen Ziele des Lebensmittelrechts zu erreichen. Dass etwaige wissenschaftliche Unsicherheiten Maßnahmen in der Lebensmittelsicherheit nicht entgegenstehen, zeigt insbesondere Artikel 7 Absatz 1 VO 178/2002. Danach können in bestimmten Fällen, in denen nach einer Auswertung der verfügbaren Informationen die Möglichkeit gesundheitsschädlicher Auswirkungen festgestellt wird, wissenschaftlich aber noch Unsicherheit besteht, vorläufige "Risikomanagementmaßnahmen" zur Sicherstellung des in der Gemeinschaft gewählten hohen Gesundheitsschutzniveaus getroffen werden, bis weitere wissenschaftliche Informationen für eine umfassendere Risikobewertung vorliegen.

Auch der Umstand, dass die ARfD nach der auf den Enderzeugnissen gekennzeichneten Tagesverzehrempfehlung berechnet worden sei und es aktuell für die sichergestellten Rohstoffe keine Dosierung gebe, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Ob die Gefahr für die Gesundheit unmittelbar von den sichergestellten Hanfölen und Hanföl-Extrakten ausgeht oder - wie die Antragstellerin meint - von den Enderzeugnissen, die unter anderem aus den sichergestellten Hanfölen beziehungsweise Hanföl-Extrakten hergestellt werden, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Es besteht jedenfalls ein mittelbarer Zusammenhang. Dies genügt im Rahmen des § 39 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nummer 5 LFGB, weil sich ein Unmittelbarkeitszusammenhang zwischen der Gefahr für die Gesundheit einerseits und den sichergestellten Erzeugnissen andererseits dem Wortlaut der Vorschrift nicht entnehmen lässt. Ein solcher Zusammenhang widerspricht auch dem Sinn und Zweck des Lebensmittelrechts, insbesondere Verbraucher umfassend vor Gefahren zu schützen. Dies ist umso wichtiger, weil im Lebensmittelbereich regelmäßig eine Vielzahl von Personen betroffen ist. Dass dieses weite Verständnis zutreffend ist, zeigt auch der Umstand, dass gegenüber einem Lebensmittelunternehmer eine Anordnung auch wegen fremder Verstöße getroffen werden kann, zum Beispiel bei einem Verstoß eines anderen Unternehmens in der Lieferkette. Denn die lebensmittelrechtlichen Eingriffsbefugnisse setzen keine Identität von rechtswidrig handelndem Verhaltensstörer und Anordnungsadressaten voraus (vgl. Nds. OVG, B. v. 28.10.2013 - 13 ME 132/13 -, NVwZ 2014, 798).

Die von der Antragstellerin vorgelegten Stellungnahmen vermögen eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Die Stellungnahme von Herrn Rechtsanwalt K. vom 05.03.2019 befasst sich allgemein mit der Beurteilung von Cannabis Sativa und deren Pflanzenteilen. Danach fielen Lebensmittel aus oder mit Blättern und Blüten des Nutzhanfs nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, soweit der darin enthaltene THC-Gehalt derart gering ist, dass hierdurch nicht mit gesundheitsschädlichen Auswirkungen gerechnet werden könne. Dabei seien die THC-Richtwerte des Bundesinstituts für Risikobewertung von 150 ?g/kg für andere Lebensmittel heranzuziehen. Dieser Richtwert wurde aber gerade bei der Untersuchung durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt E. am 30.11.2018 um ein Vielfaches überschritten. Festgestellt wurden THC-Gehalte von 960 +/- 80 mg/kg beziehungsweise 790 +/- 60 mg/kg. Selbst wenn die angegebene Toleranz abgezogen wird, verbleibt eine erhebliche Überschreitung des Richtwertes. Anders als Herr Rechtsanwalt K. in seiner Stellungnahme ausführt, ist insoweit ein Unterschied zwischen Hanföl-Extrakten und der Pflanze Cannabis Sativa sowie deren Blättern und Blüte zu machen. Denn mit dem Hanföl-Extrakt ist ein deutlich höherer THC-Gehalt verbunden.

Selbst wenn die sichergestellten Rohstoffe und die daraus herzustellenden Enderzeugnisse den für sie geltenden spezifischen Bestimmungen entsprechen würden, hindert dies die zuständigen Behörden nicht, geeignete Maßnahmen zu treffen, um das Inverkehrbringen dieser Lebensmittel zu beschränken. Dies setzt voraus, dass der begründete Verdacht besteht, dass sie nicht sicher sind (Artikel 14 Absatz 8 VO 178/2002). Dies entspricht dem § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB, wonach Maßnahmen auch zur Feststellung beziehungsweise Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes und zur Verhütung eines künftigen Verstoßes zulässig sind. Nach Artikel 14 Absatz 1 VO 178/2002 dürfen Lebensmittel, die nicht sicher sind, nicht in den Verkehr gebracht werden.

Diese Voraussetzungen sind ebenfalls erfüllt. Es besteht der hinreichender Verdacht, dass die aus den sichergestellten Rohstoffen hergestellten Enderzeugnisse nicht sicher sind und von der Antragstellerin in den Verkehr gebracht werden.

Die Antragstellerin bringt die aus den sichergestellten Hanfölen und Hanföl-Extrakten hergestellten Enderzeugnisse in den Verkehr. Sie hält die Enderzeugnisse für Verkaufszwecke bereit und gibt sie an ihre Kunden gegen Entgelt weiter. Damit erfüllt sie den Begriff des Inverkehrbringens im Sinne des § 3 Nummer 1 LFGB in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 8 VO 178/2002. Dieser umfasst das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie den Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.

Dass die Antragstellerin Lohnherstellerin und "verlängerte Werkbank" ihrer Auftraggeber sei, vermag eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Denn das Inverkehrbringen umfasst jedwede Weitergabe an Dritte (vgl. Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 173. EL März 2019, EG-Lebensmittel-Basisverordnung, Artikel 3 Rn. 50, wonach selbst der Lagerhalter, der Futtermittel einlagert und später an abtransportierende Fahrzeuge abgibt, die Futtermittel durch Weitergabe in den Verkehr bringt). Dass nur eine Weitergabe mit Außenwirkung im Sinne eines Vermarktungsschrittes, also eine nach außen gerichtete Weitergabe auf dem Vertriebsweg, umfasst ist, vermag die Kammer nicht zu teilen. Dies ergibt sich weder aus dem Wortlaut von Artikel 3 Nummer 8 VO 178/2002 noch aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift, den Begriff des Inverkehrverbringens weit zu fassen. Vielmehr werden neben dem Betriff des Vertriebes auch andere Formen der Weitergabe genannt, so zum Beispiel der Verkauf und die unentgeltliche Weitergabe.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, ihr Fall könne nicht anders behandelt werden, als wenn ihre Auftraggeber die Erzeugnisse in unternehmenseigenen Betriebsstätten herstellen würden, vermag auch dies nicht überzeugen. Denn im Falle einer betriebsinternen Herstellung kann von einer Weitergabe (an Dritte) - anders als im Falle der Antragstellerin - keine Rede sein. Wenn sich die Auftraggeber der Antragstellerin dazu entscheiden, die Herstellung ihrer Produkte auszulagern, um damit vor allem betriebswirtschaftliche Vorteile zu erlangen, müssen sie und die Antragstellerin auf der anderen Seite auch die damit verbundenen Konsequenzen und etwaige Nachteile in Kauf nehmen. Nachvollziehbare Gründe, warum dies vorliegend anders sein sollte, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen.

Dass im Arzneimittelrecht teilweise beim Lohnhersteller ein Inverkehrbringen verneint wird (vgl. Bakhschai in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Aufl. 2014, § 17 Rn. 11), ist schon deswegen nicht auf das Lebens- und Futtermittelrecht übertragbar, weil hier andere Rechtsvorschriften gelten. So enthält § 4 Absatz 17 des Arzneimittelgesetzes eine andere Definition des Inverkehrbringens als Artikel 3 Nummer 8 VO 178/2002. Zudem überzeugt die auf das Arzneimittelrecht bezogene Begründung - aus den oben dargelegten Gründen - nicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass im Zusammenhang mit § 5 der Verordnung über Nahrungsergänzungsmittel (NemV) die Ansicht vertreten wird, dass Lohnhersteller Erzeugnisse nicht erstmals in den Verkehr bringen (vgl. Rathke in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 173. EL März 2019, NemV, § 5 Rn. 2a; Kügel/Hahn/Delewski, NemV, § 5 Rn. 11). Auch § 5 NemV legt andere Maßstäbe an als Artikel 3 Nummer 8 VO 178/2002. Während § 5 NemV das erste Inverkehrbringen als Hersteller oder Einführer regelt und eine subjektive Absicht verlangt, stellt Artikel 3 Nummer 8 VO 178/2002 ausschließlich auf den objektiven Tatbestand der bloßen Weitergabe ab (so auch Kügel/Hahn/Delewski, a. a. O.). Ungeachtet dessen hat die Antragstellerin nicht substantiiert vorgetragen, dass sie tatsächlich "nur" Lohnherstellerin ist. Allein ihr Vorbringen, sie stelle die Enderzeugnisse im Auftrag ihrer Kunden nach deren Spezifikationen her, kennzeichne die Produkte nicht selbst und vermarkte sie auch nicht, genügt für einen schlüssigen Vortrag nicht. Denn die Antragstellerin hat keinerlei Belege, Vereinbarungen oder ähnliches vorgelegt, die ihr Vorbringen stützen. Gegen eine bloße Lohnherstellung spricht der Umstand, dass sie die Rohstoffe selbst beschafft und hieran selbst Eigentum erwirbt. Auch die Angabe der Antragstellerin bei der Anmeldung ihrer Tätigkeit, wonach sie "Handel und Produktion von nicht genehmigungspflichtigen Nahrungsergänzungsmitteln" betreibe und auf ihrer Internetseite mit "Ihr Hersteller für Nahrungsergänzungsmittel in Kapseln und Tabletten" wirbt, spricht gegen eine bloße Lohnherstellung.

Selbst, wenn die Antragstellerin auf die Herstellung der Enderzeugnisse keinerlei Einfluss hätte, sie die Enderzeugnisse nicht selbst kennzeichnete und vermarktete, würde nichts anderes gelten. Denn durch die Verarbeitung der Rohstoffe hin zu den Enderzeugnissen einschließlich des Abfüllens und des Verpackens, stellt sie Lebensmittel im Sinne des § 3 Nummer 2 LFGB her. Hierunter ist auch der Lohnhersteller zu fassen (vgl. Kügel/Hahn/Delewski, NemV, 1. Aufl. 2007, § 5 Rn. 5). Sie ist zudem Lebensmittelunternehmen und Lebensmittelunternehmer im Sinne des § 3 Nummer 6 und 7 LFGB in Verbindung mit Artikel 3 Nummer 2 und 3 VO 178/2002 und damit auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen für die Einhaltung der Anforderungen des Lebensmittelrechts verantwortlich (Artikel 17 Absatz 1 VO 178/2002).

Es besteht auch der hinreichende Verdacht eines Verstoßes gegen Artikel 14 Absatz 1 VO 178/2002. Denn es ist wahrscheinlich, dass die aus den sichergestellten Hanfölen und Hanföl-Extrakten hergestellten Enderzeugnisse nicht sicher sind (vgl. zur Definition des hinreichenden Verdachts: Rathke, a. a. O., LFGB, § 39 Rn. 20).

Gemäß Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe b VO 178/2002 gelten Lebensmittel als nicht sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie für den Verzehr durch Menschen ungeeignet sind. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel sicher ist oder nicht, sind nach Artikel 14 Absatz 3 VO 178/2002 zu berücksichtigen: a) die normalen Bedingungen seiner Verwendung durch den Verbraucher und auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen sowie b) die dem Verbraucher vermittelten Informationen einschließlich der Angaben auf dem Etikett oder sonstige ihm normalerweise zugängliche Informationen über die Vermeidung bestimmter die Gesundheit beeinträchtigender Wirkungen eines bestimmten Lebensmittels oder einer bestimmten Lebensmittelkategorie. Bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, ist nach Artikel 14 Absatz 5 VO 178/2002 zu berücksichtigen, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist.

In Bezug auf die Enderzeugnisse für die J. CBD Cannabis Öle mit 5 % beziehungsweise 10 % reinem CBD ergibt sich der hinreichende Verdacht auf nicht sichere Lebensmittel aus den vorliegenden Gutachten (siehe oben). Ob das auch auf Enderzeugnisse zutrifft, die die Antragstellerin aus dem sichergestellten Hanföl für andere Kunden herstellt, kann erst festgestellt werden, wenn diese Enderzeugnisse bekannt sind und untersucht werden können. Hierfür bedarf es der Offenlegung der Kundenliste der Antragstellerin. Dies hat die Antragstellerin bisher verweigert. Mit Blick darauf, dass bei den oben genannten Erzeugnissen für die J. erheblich erhöhte THC-Werte festgestellt wurden, besteht der begründete Verdacht, dass auch andere Erzeugnisse solche THC-Werte aufweisen. Denn für ihre Herstellung verwendet die Antragstellerin den gleichen Rohstoff, nämlich die sichergestellten Hanföle und Hanföl-Extrakte. Dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach CBD in Lebensmitteln, also auch Nahrungsergänzungsmittel, verkehrsfähig wäre. Folglich ist für CBD-haltige Erzeugnisse vor dem Inverkehrbringen entweder ein Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels oder ein Antrag auf Zulassung eines neuartigen Lebensmittels zu stellen. Im Rahmen dieser Verfahren ist gerade die Sicherheit des Erzeugnisses vom Antragsteller zu belegen. Dass ein solches Zulassungsverfahren für bereits erfolgt ist, hat weder die Antragstellerin vorgetragen noch ist dies aus den Umständen ersichtlich. Auch hierfür bedarf es überhaupt erst einmal der Kenntnis der konkreten Enderzeugnisse.

Soweit die Antragstellerin auf Artikel 14 Absatz 5 VO 178/2002 verweist, vermag dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dieser besagt lediglich, dass bei der Entscheidung der Frage, ob ein Lebensmittel für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist, zu berücksichtigen ist, ob das Lebensmittel infolge einer durch Fremdstoffe oder auf andere Weise bewirkten Kontamination, durch Fäulnis, Verderb oder Zersetzung ausgehend von dem beabsichtigten Verwendungszweck nicht für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden ist. Damit wollte der Unionsgesetzgeber ersichtlich unbeabsichtigte und von außen einwirkende Ursachen, die dazu geführt haben, dass sie für den Verzehr durch den Menschen inakzeptabel geworden sind, in besonderem Maße berücksichtigt wissen. Das schließt aber nicht aus, dass das Lebensmittel aus anderen Gründen für den Verzehr durch den Menschen ungeeignet ist.

Darüber hinaus besteht der hinreichende Verdacht, dass die Antragstellerin gegen § 5 Absatz 1 Satz 1 LFGB verstößt. Danach ist es verboten, Lebensmittel für andere derart herzustellen oder zu behandeln, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich im Sinne des Artikels 14 Absatz 2 Buchstabe a VO 178/2002 ist. Es gelten insoweit die Ausführungen zur Gesundheitsgefahr.

Ob ebenfalls ein hinreichender Verdacht eines Verstoßes gegen Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/2283 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2015 über neuartige Lebensmittel, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 258/97 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 1852/2001 der Kommission (VO 2015/2283) vorliegt, weil die sichergestellten Rohstoffe sowie die daraus herzustellenden Enderzeugnisse gegebenenfalls neuartig sind, kann dahinstehen. Denn für die Sicherstellung genügt es, dass ein hinreichender Verdacht bezüglich der oben genannten Verstöße gegeben ist.

Die Sicherstellung ist auch erforderlich. Soweit die Anordnung der Verhütung eines künftigen Verstoßes dient, muss sie verhältnismäßig sein. Je schwerer der drohende Verstoß ist, desto niedriger sind die Anforderungen an die Tatsachen, aus denen auf einen solchen Verstoß geschlossen werden kann (vgl. Boch, LFGB, 7. Aufl. 2018, § 39 Rn. 6). Dies zu Grunde gelegt, ist die Sicherstellung, insbesondere hinsichtlich ihres Umfangs, nicht zu beanstanden.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, durch die Sicherstellung würden zulässige Verwendungsmöglichkeiten blockiert, weil sie die sichergestellten Rohstoffe rechtmäßig außerhalb Lebensmittelbereichs verwenden könnte, zum Beispiel für kosmetische Mittel, und auch in Ländern außerhalb der EU liefern könnte, führt auch dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Sicherstellung. Allein die reine Möglichkeit, die sichergestellten Rohstoffe auch in dieser Art und Weise zu verwenden, genügt hierfür nicht. Im Übrigen hat der Antragsgegner erklärt, einer Verwendung der sichergestellten Rohstoffe außerhalb des Lebensmittelrechts zuzustimmen, wenn die Antragstellerin glaubhaft darlege, wie sie das sichergestellte Öl als Nicht-Lebensmittel verarbeite. Dem ist die Antragstellerin bislang nicht nachgekommen. Dass die Antragstellerin die sichergestellten Rohstoffe gerade hierfür verwenden möchte, hat sie nicht schlüssig dargelegt. Gegen eine solche Verwendungsabsicht der Antragstellerin spricht schon der Umstand, dass sie die sichergestellten Rohstoffe an die H. GmbH (den Lieferanten der Rohstoffe) abgegeben hat. Hätte die Antragstellerin ernsthaft andere Verwendungsmöglichkeiten in Betracht gezogen, hätte sie die Rohstoffe nicht zurückgegeben.

Da die Voraussetzungen des § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB erfüllt sind, bedarf es keiner Entscheidung, ob die Sicherstellung auch auf Artikel 54 Absatz 1 VO 882/2004 gestützt werden kann. Dagegen spricht, dass danach ein Verstoß positiv festgestellt werden muss, wohingegen bei § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB bereits der hinreichende Verdacht genügt. Gerade in Bezug auf die (unbekannten) Enderzeugnisse anderer Kunden der Antragstellerin steht die Feststellung eines Verstoßes noch aus.

Da die Anordnung der Sicherstellung nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden ist, hat die Antragstellerin auch keinen Anspruch auf die Aufhebung der Vollziehung der bereits vollzogenen Sicherstellung (§ 80 Absatz 5 Satz 3 VwGO).

Die mit Bescheid vom 24.05.2019 angeordnete und mit E-Mail vom 28.05.2019 hinsichtlich des Verwahrungsortes modifizierte Verwahrung ist nach summarischer Prüfung ebenfalls rechtmäßig und verletzt die Antragstellerin nicht in ihren Rechten. Ob die Verwahrung - wovon der Antragsgegner ausgeht - auf § 27 Absatz 1 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes (NPOG) zu stützen ist oder aber, wofür mit Blick auf den Umkehrschluss aus § 39 Absatz 7a LFGB mehr sprechen dürfte, auf § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB, kann dahinstehen. Denn die Voraussetzungen beider Rechtsgrundlagen liegen vor. In Bezug auf § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB gilt das zur Sicherstellung Gesagte. Die Vorschrift des § 27 Absatz 1 NPOG erfordert lediglich die Sicherstellung der Sache, die hier erfolgt ist. Mit Blick auf die Vielzahl der Behälter ist es nicht zu bestanden, dass die Verwahrung zunächst im Betrieb der Antragstellerin erfolgte. Mitarbeitern der Antragstellerin wurde zudem eine Bescheinigung über die sichergestellten Sachen und den Grund der Sicherstellung ausgehändigt (§ 27 Absatz 2 Satz 1 NPOG).

Die angeordnete Verpflichtung zur Herausgabe einer vollständigen Liste von Kunden, die von der Antragstellerin CBD-haltige Hanfölprodukte erhalten haben, ist nach summarischer Prüfung ebenfalls nicht zu beanstanden. Sie beruht auf § 44 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 LFGB. Danach ist ein Lebensmittelunternehmer verpflichtet, den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen Informationen zu übermitteln, die zur Rückverfolgbarkeit bestimmter Lebensmittel erforderlich sind. Rückverfolgbarkeit bedeutet dabei die Möglichkeit, ein Lebensmittel oder einen Stoff, der dazu bestimmt ist oder von dem erwartet werden kann, dass er in einem Lebensmittel verarbeitet wird, durch alle Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen zu verfolgen (Artikel 3 Nummer 15 VO 178/2002). Die Kundenliste ist für eine Rückverfolgung erforderlich, weil kein milderes, gleichgut geeignetes Mittel ersichtlich ist, um die Einhaltung der Vorschriften im Lebensmittelrecht zu überwachen. Insbesondere hat sich die Antragstellerin geweigert, die Kundenliste freiwillig herauszugeben. Der Antragsgegner hat ohne die Kundenliste der Antragstellerin keine Kenntnis von weiteren Enderzeugnissen, die die Antragstellerin aus den sichergestellten Rohstoffen für andere Kunden herstellt. Er kann somit auch nicht prüfen, ob jene Enderzeugnisse - wie auch für die J. hergestellten Enderzeugnisse - eine Gefahr für die Gesundheit oder nicht sicher sind. Mit Blick auf die Gutachten zu den Produkten der J. bestand für den Antragsgegner auch hinreichend Anlass, die Kundenliste von der Antragstellerin zu fordern.

Soweit die Antragstellerin vorträgt, § 44 Absatz 1 und 3 LFGB nehme ausdrücklich Bezug auf die in der Überwachung tätigen Personen, womit nicht der Antragsgegner als Behörde gemeint sei, vermag die Kammer die Relevanz nicht zu erkennen. Zwar trifft es zu, dass mit in der Überwachung tätigen Personen Verwaltungsangehörige und Sachverstände zu verstehen sind, die mit bestimmten Überwachungsaufgaben betraut sind. Dies sind insbesondere die wissenschaftlich ausgebildeten (z.?B. Tierärzte, Lebensmittelchemiker) sowie die anderen fachlich ausgebildeten (z.?B. Lebensmittel- und Futtermittelkontrolleure) Mitarbeiter der Überwachungsbehörden (vgl. Rathke, a. a. O., § 42 Rn. 16 und 18). Allerdings ist der Bescheid vom 24.05.2019 vom Veterinäramt des Antragsgegners erlassen und konkret von Frau Dr. G. und Herrn L. bearbeitet worden. Frau Dr. G. ist die Amtstierärztin des Antragsgegners und fällt damit in den Kreis der in der Überwachung tätigen Personen im Sinne des § 44 Absatz 3 LFGB. Dass Frau Dr. G. nicht für die Überwachung im Rahmen der Geschäftsverteilung zuständig ist, hat weder die Antragstellerin vorgetragen noch ist dies aus den Umständen ersichtlich. Frau Dr. G. hat zudem die mündliche Anordnung der Sicherstellung am 21.05.2019 vorgenommen. Nach einem Vermerk des Antragsgegners vom 22.05.2019 hat sie die Kundenliste bereits im Rahmen eines Gesprächs mit Mitarbeitern der Antragstellerin am 16.05.2019 angefordert. Die Herausgabe wurde allerdings verweigert. Die mündlich angeordnete Sicherstellung wurde ebenfalls damit begründet, dass die Herausgabe der Kundenliste verweigert wurde.

Soweit die Antragstellerin außerdem einwendet, die Herausgabe ihrer Kundenliste sei deswegen nicht erforderlich, weil die sichergestellten Rohstoffe überwiegend für ihre Kundin J. bestimmt gewesen seien, folgt daraus keine andere Beurteilung. Sie bestätigt damit, dass es noch weitere Kunden gibt, für deren Enderzeugnisse die sichergestellten Rohstoffe bestimmt waren. Die Antragstellerin hat zudem nicht schlüssig dargelegt, dass und welche sichergestellten Behälter für eben diese Kundin bestimmt sind. Dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22.08.2019 eine Tabelle sowie Auszüge aus ihrem Warenwirtschaftssystem vorgelegt hat, woraus sich nach ihrer Ansicht eine Zuordnung von sichergestellten Behältnissen zu ihrer Kundin J. ergibt, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Herausgabepflicht. Das genügt offensichtlich nicht, um erkennen zu können, welche weiteren Kunden in Frage kommen. Die Vorlage ist zudem erst nach Erlass der Verfügung am 24.05.2019 erfolgt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist aber der Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung.

Die vom Antragsgegner - für den Fall, dass die Antragstellerin nicht Eigentümerin der sichergestellten Ware ist - angeordnete Pflicht zur Mitteilung, wer Eigentümer ist, ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin hat auch insoweit eine Auskunftspflicht und zwar aus § 44 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 LFGB. Die Angabe des Eigentümers ist erforderlich, um die Verwendung der Rohstoffe zu klären und eine Überprüfung der aus ihnen hergestellten Enderzeugnisse zu gewährleisten. Daran ändert es nichts, dass die Antragstellerin inzwischen mitgeteilt hat, dass sie Eigentümerin der sichergestellten Rohstoffe sei. Denn auch hier ist maßgeblicher Entscheidungszeitpunkt der Erlass der Verfügung, also der 24.05.2019. Darüber hinaus ist die Mitteilungspflicht unter der Bedingung angeordnet worden, dass die Antragstellerin nicht Eigentümerin ist.

Der Bescheid des Antragsgegners vom 24.05.2019 erweist sich damit nach summarischer Prüfung als insgesamt rechtmäßig. Das Interesse an der sofortigen Vollziehung der Verfügung überwiegt auch im Übrigen das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin. Mit Blick auf die von den sichergestellten Rohstoffen und den daraus herzustellenden Enderzeugnissen ausgehenden Gefahren ist es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner bereits während des anhängigen Klageverfahrens eine uneingeschränkte Verfügungsgewalt über die Rohstoffe für erforderlich hält. Soweit die Antragstellerin vorträgt, dass die gleichen Rohstoffe weiterhin weitflächig auf dem deutschen Markt erhältlich seien, in den Verkehr gebracht würden und die Auftraggeber auf andere Lohnhersteller ausweichen könnten, vermag dies der sofortigen Sicherstellung nicht entgegenzustehen. Anders als bei vergleichbaren Rohstoffen anderer Unternehmen kann der Antragsgegner gegenüber der Antragstellerin tätig werden, weil ihm die Existenz und der Aufbewahrungsort der Rohstoffe bekannt sind. Nur dann und mit Kenntnis der Auftraggeber ist es den zuständigen Behörden möglich, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Dass der Antragstellerin keine andere behördliche Verfügung mit Sofortvollzug bekannt sei, führt ebenfalls nicht zum Erfolg. Insbesondere ist darin kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz zu sehen. Ob andere Behörden anders entscheiden, entzieht sich der Kenntnis der Kammer und ist für dieses Verfahren auch unbeachtlich. Es ist bereits unklar, ob es überhaupt vergleichbare Fälle gibt. Zudem obliegt die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entscheidung der jeweils zuständigen Behörde, vorliegend des Antragsgegners (§ 38 Absatz 1 Satz 1 LFGB in Verbindung mit § 2 Absatz 1 Nummer 5 der Verordnung über Zuständigkeiten auf verschiedenen Gebieten der Gefahrenabwehr).

Soweit die Antragstellerin außerdem vorträgt, der Antragsgegner kenne sie und die Endprodukte seit Jahren, vermag auch dies eine andere Beurteilung nicht zu rechtfertigen. Dass der Antragsgegner die mit dem Bescheid vom 24.05.2019 getroffenen Anordnungen (schuldhaft) verzögert hat, ist nicht ersichtlich. Vielmehr sind die Gutachten, auf die sich der Antragsgegner stützt, erst in der Zeit vom 30.11.2018 bis zum 08.04.2019 erstellt worden. Die Sicherstellung erfolgte sodann am 21.05.2019. Bei nur 1,5 Monaten seit Erstellung des letzten Gutachtens kann von einer Verfahrensverzögerung nicht gesprochen werden, zumal dem Antragsgegner für seine Prüfung ein angemessener Zeitraum zuzubilligen ist. Selbst, wenn die Zeit ab dem ersten Gutachten, also etwa sechs Monate, zu Grunde gelegt werden würden, würde auch dann das Vollzugsinteresse nicht entfallen. Denn auch ein solcher Zeitraum ist für ein behördliches Verfahren nicht ungewöhnlich, zumal insbesondere dem Betroffenen ausreichend Zeit im Rahmen der Anhörung einzuräumen ist. Dass bereits vor dem 30.11.2018 andere Gutachten erstellt worden sind, die den Antragsgegner zum Handeln hätten veranlassen müssen, hat weder die Antragstellerin vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich. Daran ändert allein der Umstand, dass der Antragsgegner die Antragstellerin und die Endprodukte schon längere Zeit kennt, nichts. Insbesondere kann sich die Antragstellerin insoweit nicht auf Vertrauensschutzaspekte berufen. Die Norm des § 39 Absatz 2 Satz 1 LFGB sieht solche nicht vor. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Lebensmitteln und die daraus folgende Einstufung als sicheres Lebensmittel einem gewissen Wandel unterliegen.

Selbst wenn - so die Antragstellerin - die vorliegend zu beantwortenden Fragen im Rahmen des Klageverfahrens zu beantworten seien, weil die rechtliche Situation umstritten sei, und sich in einem solchen Fall die Anordnung der sofortigen Vollziehung verbiete, hätte der Antrag der Antragstellerin auf vorläufigen Rechtsschutz keinen Erfolg. Denn die im Falle einer offenen Hauptsache vorzunehmende umfassende Interessensabwägung fällt zu Gunsten des Vollzugsinteresses und zu Lasten der Antragstellerin aus. Für das Gericht überwiegt das öffentliche Interesse daran, dass Verbraucher während der Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens davor geschützt werden, weiterhin die aus den sichergestellten Rohstoffen hergestellten Enderzeugnisse im Handel zu erwerben, wenn damit eine Gefahr für die Gesundheit und der hinreichende Verdacht einhergeht, dass sie nicht sicher sind. Wäre der Bescheid des Antragsgegners nicht sofort vollziehbar, würden die Enderzeugnisse an Endverbraucher gelangen. Dies gilt es mit Blick auf die möglichen nicht unerheblichen Folgen - jedenfalls - vorerst zu verhindern. Sollte die Antragstellerin - entgegen den obigen Ausführungen - im Hauptsacheverfahren obsiegen, ist davon auszugehen, dass sie die Rohstoffe dann zu Enderzeugnissen verarbeiten und anschließend an ihre Auftraggeber verkaufen kann. Dies ist ihr bereits während des Verfahrens im begründeten Einzelfall möglich. Dass die Rohstoffe nur ein bestimmtes Haltbarkeitsdatum haben, hat die Antragstellerin nicht vorgetragen. Soweit ihr durch die spätere Verarbeitung überhaupt langfristig wirtschaftliche Einbußen entstehen, rechtfertigen auch diese nicht das weitere Inverkehrbringen der sichergestellten Rohstoffe und der daraus hergestellten Enderzeugnisse. Die Antragstellerin hat nicht dargelegt, dass etwaige wirtschaftliche Einbußen für sie unzumutbar sind. Dies ist aber erforderlich, weil mit Maßnahmen - gerade im Lebensmittelrecht - regelmäßig wirtschaftliche Einbußen bei den Lebensmittelunternehmen einhergehen. Obgleich für die Antragstellerin diesbezüglich die Grundrechte aus Artikel 12 und Artikel 14 des Grundgesetzes (GG) streiten, ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin durch die Sicherstellung in ihrer Existenz bedroht ist. Im Bereich der Gefahrenabwehr, insbesondere im Lebensmittelrecht, stehen gewichtige Gründe des Gemeinwohls im Raum. Denn die Sicherheit im Lebensmittelrecht dient nicht nur dem Verbraucherschutz, sondern auch und insbesondere dem Schutz vor Gesundheitsgefahren, die von Lebensmitteln ausgehen können. Diesbezüglich ergibt sich für die staatlichen Behörden aus Artikel 2 Absatz 2 Satz 1 GG ein Schutzauftrag. Dabei ist regelmäßig - wie auch im Falle der Antragstellerin - eine Vielzahl von Verbrauchern betroffen. Da regelmäßig nicht alle Verbraucher des betroffenen Lebensmittels (und hier auch nicht aller Auftraggeber der Antragstellerin) ausfindig und vor Gefahren gewarnt werden können, ist es gerechtfertigt, zur Gefahrenabwehr direkt an die Lebensmittelhersteller, hier die Antragstellerin, heranzutreten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Absatz 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung fußt auf §§ 53 Absatz 2, 52 Absatz 1 und 2, 39 Absatz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in Verbindung mit Nummer 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin liegt bei 150.000 Euro. Nach ihren eigenen Angaben liegt der Warenwert der sichergestellten Rohstoffe bei etwa 150.000 Euro. Den Wert für die Auskunftspflichten bemisst das Gericht nach § 52 Absatz 2 GKG je mit 5.000 Euro. Für die Aufhebung der Vollziehung setzt das Gericht keinen eigenen gesonderten Wert an. Eine Halbierung des Streitwertes der Hauptsache hält die Kammer für nicht sachgerecht, weil mit einem Erfolg im Eilverfahren die Hauptsache im Sinn der Nummer 1.5 letzter Satz des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorweggenommen werden würde.