Staatsgerichtshof Niedersachsen
Beschl. v. 27.01.2006, Az.: StGH 3/05

Antragsbefugnis; Antragsbefugnis im Organstreitverfahren; Naturalpartei; Naturalpartei im Organstreitverfahren; Organstreitverfahren

Bibliographie

Gericht
StGH Niedersachsen
Datum
27.01.2006
Aktenzeichen
StGH 3/05
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2006, 53405
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag wird verworfen.

Gründe

I.

Der Antragsteller will festgestellt wissen, dass

1.alle Städte und Gemeinden des Landes Niedersachsen grundsätzlich dazu verpflichtet sind, auf Antrag eine Bescheinigung nach § 7 h Abs. 2 Satz 1 EStG bei Belegenheit von Gebäuden im gesamten Gemeinde-/Stadtgebiet als städtebaulichem Entwicklungsbereich (§ 165 Abs. 3 BauGB) auszustellen,
2.§ 165 Abs. 3 BauGB mit Art. 3 Abs. 1 GG und der Niedersächsischen Verfassung vereinbar ist.

Mit diesem Ziel beantragt er bei dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines offenbar angestrebten Verfahrens nach Art. 54 Nr. 1 NV (= § 8 Nr. 6 StGHG). In Kenntnis des Wortlauts dieser Bestimmungen bezeichnet er sich als antragsbefugter Beteiligter. Als weitere Beteiligte benennt er

a)alle niedersächsischen Finanzämter,
b)alle niedersächsischen Städte und Gemeinden.

Der Antragsteller ist vom Staatsgerichtshof darauf hingewiesen worden, dass im Sinne des Art. 54 Nr. 1 NV nur Personen beteiligt und damit antragsbefugt sind, die durch die Landesverfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Dies sei bei ihm nicht der Fall, so dass der Staatsgerichtshof nicht in der Sache über seinen Antrag entscheiden dürfe. Der Antragsteller hält den Antrag gleichwohl aufrecht.

II.

Der Antrag ist unstatthaft.

Der Staatsgerichtshof darf in Verfahren nach Art. 54 Nr. 1 NV nur auf Antrag des obersten Landesorgans oder eines Beteiligten im Sinne dieser Verfassungsbestimmung entscheiden. Nach deren Wortlaut und dem insoweit wortgleichen § 8 Nr. 6 StGHG können antragsbefugte Beteiligte nur Personen sein, die durch die Niedersächsische Verfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Das gilt sowohl für den Verfassungsstreit in der Hauptsache als auch für einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines solchen (angestrebten) Verfassungsstreits.

Eigene Rechte im Sinne des Art. 54 Nr. 1 NV können nur solche sein, die dem Betreffenden über die jedermann zustehenden Rechte und verfassungsrechtlichen Gewährleistungen hinaus zustehen. Solche Rechte macht der Antragsteller im Zusammenhang mit seinem Bemühen um die Ausstellung bestimmter gemeindlicher Bescheinigungen, das ersichtlich den Hintergrund seines Antrages bildet, nicht für sich geltend und kann das auch nicht. Er ist weder durch die Niedersächsische Verfassung noch durch eine der genannten Geschäftsordnungen allgemein oder in Bezug auf die Erlangung der erstrebten Bescheinigungen mit besonderen Rechten ausgestattet, deren Umfang durch Auslegung der Niedersächsischen Verfassung zu ermitteln wäre. Eine solche besondere Rechtsstellung erwächst ihm insbesondere nicht daraus, dass die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland festgelegten Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 NV Bestandteil der Niedersächsischen Verfassung sind. Denn dabei handelt es sich um Gewährleistungen, auf die sich jedermann berufen kann.

Der Hinweis des Antragstellers auf die gemäß § 30 StGHG in Verfahren vor dem Staatsgerichtshof entsprechend geltenden Vorschriften des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes geht ins Leere. Diese Vorschriften wären nur anzuwenden, wenn das Verfahren als solches zulässig wäre. Daran aber mangelt es wegen der fehlenden Beteiligtenfähigkeit des Antragstellers.

Der Antrag ist nach alledem als unstatthaft zu verwerfen.

Die Entscheidung ergeht kostenfrei.