Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 11.01.1988, Az.: 4 W 194/87

Reperaturbedürftigkeit einer Gemeinschaftsantenne; Anschluß an das Breitbandkabelnetz der Deutschen Bundespost unter Beseitigung der vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlage bei Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten als Instandsetzungsmaßnahme; Anforderungen an die Aufklärungspflicht des Gerichtes

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
11.01.1988
Aktenzeichen
4 W 194/87
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1988, 15029
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1988:0111.4W194.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 15.07.1987 - AZ: 2 I 580/86

Fundstelle

  • WuM 1988, 415-416 (Volltext mit amtl. LS)

In der Wohnungseigentumssache
betreffend die Wohnungseigentumsanlage ... in ...
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
durch
den Vorsitzenden Richter .... sowie
die Richter .....
am 11. Januar 1988
beschlossen:

Tenor:

Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß der 2. Zivilkammer des Landgerichts Stade vom 15. Juli 1987 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des weiteren Beschwerdeverfahrens - einschließlich der außergerichtlichen Auslagen der Antragsteller - tragen die Antragsgegner.

Beschwerdewert: 10.000 DM.

Gründe

1

I.

Die Beteiligten sind Eigentümer einer Wohnungseigentumsanlage, zu der sieben Gebäudeblöcke mit zwei Gemeinschaftsantennen gehören. Die Gemeinschaftsantenne, die die Häuser Nr. 4 bis 34 versorgt, ist reparaturbedürftig; der voraussichtlich Reparaturaufwand beträgt ca. 8.000 DM. Die Gemeinschaftsantenne für die übrigen Häuser arbeitet zur Zelt einwandfrei.

2

In der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.11.1985 hatten die Miteigentümer u. a. darüber zu entscheiden, ob unter Beseitigung der vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlage alle Wohnungen an das Breitbandkabelnetz der Deutschen Bundespost angeschlossen werden sollten. Nach Erörterung der damit für den Empfang verbundenen Veränderungen, der Reparaturbedürftigkeit einer Gemeinschaftsantenne und der damit jeweils verbundenen Kosten beschlossen die Wohnungseigentümer mit 43 gegen 17 Stimmen, daß der Verwalter mit der Deutschen Bundespost einen Vertrag über die Installation eines Breitbandkabelanschlusses abschließen und "die vorhandene Antennenanlage" im Zusammenhang damit demontiert werden solle.

3

Gegen diesen Beschluß haben die Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Amtsgericht hat den Beschluß für ungültig erklärt, das Landgericht hat die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Mit der weiteren sofortigen Beschwerde - deren Zurückweisung die Antragsteller beantragen - begehren die Antragsgegner die Änderung des angefochtenen Beschlusses.

4

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

5

1.

Die angefochtene Entscheidung ist nicht wegen eines Verfahrensfehlers - der unterlassenen mündlichen Verhandlung - aufzuheben. Zwar soll nach § 44 Abs. 1 WEG auch im Beschwerdeverfahren das Landgericht mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln; eine Abweichung davon bedarf deshalb einer Begründung. Dieses Versäumnis beanstanden die Antragsgegner aber letztlich ohne Erfolg; denn sie haben nicht aufgezeigt, daß der angefochtene Beschluß darauf beruht, daß also entscheidungserhebliche Tatsachen noch hätten geklärt werden können oder Möglichkeiten für eine gütliche Einigung bestanden hätten. Die Beschwerdeentscheidung befaßt sich dementsprechend auch allein mit streitigen Rechtsfragen, deren vergleichsweise Beilegung nach dem im Verfahren gezeigten unversöhnlichen Verhalten der Beteiligten nicht zu erwarten war.

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2.

Das Landgericht hat mit überzeugender Begründung, die auch gegenüber dem Vorbringen der weiteren Beschwerde Bestand hat, ausgeführt, daß der Anschluß an das Breitbandkabelnetz der Deutschen Bundespost unter Beseitigung der vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlage bei Berücksichtigung der damit verbundenen Kosten auch im Hinblick auf die notwendigen Reparaturkosten für die vorhandene Antennenanlage nicht als Instandsetzungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG angesehen werden kann. Die angefochtene Entscheidung steht insoweit in Übereinstimmung mit der vom Senat in seiner Entscheidung vom 5.4.1986 vertretenen Auffassung (4 W 30/86, Nds. Rpfl. 1986, 173), die - soweit ersichtlich - auch in der Literatur Zustimmung gefunden hat (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 6. Aufl., § 22 Rdn. 13; Bielefeld, Der Wohnungseigentümer, S. 283).

7

Entgegen der von den Antragsgegnern vertretenen Auffassung hat das Landgericht auch nicht seine Aufklärungspflicht verletzt, wenn es den Kostenaufwand für die tatsächlich erforderlichen Reparaturmaßnahmen mit ca. 7.500 DM bis 8.000 DM beziffert hat. Diese Beträge beruhen auf einem von dem Verwalter eingeholten Kostenvoranschlag und betreffen die Kosten für die Instandsetzung einer der beiden Gemeinschaftsantennen, die die Häuser Nr. 4 bis 34 versorgt und reparaturbedürftig ist. Hinsichtlich der anderen Gemeinschaftsantenne, die die Häuser Nr. 36 bis 48 versorgt, bestand auch nach dem Vortrag der Antragsgegner in den Vorinstanzen kein aktueller Reparaturbedarf; Insoweit wurde lediglich erwähnt, daß die postamtliche Genehmigung 1989 auslaufe. Das aber bedeutet noch nicht eine Erneuerungsbedürftigkeit der Anlage mit einem Kostenaufwand von weiteren ca. 8.000 DM. Das Landgericht hat deshalb zutreffend dem aktuellen Reparaturaufwand von maximal 8.000 DM die Kosten für den Breitbandkabelanschluß von nunmehr mehr als 22.400 DM gegenübergestellt (17.000 DM für Umstellungsarbeiten durch die Firma ..., 5.400 DM für den Anschluß durch die Post - insoweit war das Angebot befristet bis zum 31.12.1985); außerdem erhöhen sich die monatlichen Teilnehmergebühren. Die unsubstantiierte Behauptung der Antragsgegner, die vorhandene Gemeinschaftsantennenanlage müsse "praktisch völlig erneuert werden" (Bl. 59 d.A.), hat das Landgericht demgegenüber mit Recht unberücksichtigt gelassen.

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Insgesamt ist deshalb die Würdigung des Landgerichts, die auf einer komplexen Beurteilung der vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlage beruht, nicht zu beanstanden.

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3.

Gegen den angefochtenen Beschluß könnte jedoch eingewendet werden, es bestehe die Möglichkeit, im Hinblick auf das von der Mehrheit der Wohnungseigentümer erstrebte Ziel eines Breitbandkabelanschlusses zwischen den beiden Gemeinschaftsantennen zu unterscheiden: Jedenfalls hinsichtlich der reparaturbedürftigen Antenne bestehe die Möglichkeit, durch Mehrheitsbeschluß einen Anschluß an das Kabelfernsehnetz zu beschließen, weil es sich Insoweit um eine Instandsetzungsmaßnahme im Sinne von § 22 Abs. 1 WEG handeln würde, während es hinsichtlich der anderen Antenne (zunächst) beim gegenwärtigen Zustand verbleiben müßte. Im Ergebnis führt das aber nicht zu einer Änderung des angefochtenen Beschlusses. Insoweit sind folgende Überlegungen maßgebend:

10

Grundsätzlich ist es in entsprechender Anwendung von § 139 BGB denkbar, den Beschluß der Wohnungseigentümer nur teilweise - soweit er den Anschluß der Häuser Nr. 36 bis 48 an das Breitbandkabelnetz betrifft - für unwirksam zu erklären (vgl. Bärmann/Pick/Merle a.a.O., § 43 Rdn. 65 m.w.H.).

11

Dem stünde nicht entscheidend entgegen, daß der Ersatz einer vorhandenen, aber defekten Gemeinschaftsantennenanlage durch einen Breitbandkabelanschluß als eine ganz andersartige bauliche Maßnahme anzusehen wäre. Auch wenn man diese in der Entscheidung vom 5.4.1986 offengelassene Frage entsprechend der bereits angedeuteten Tendenz dahin beantwortet, daß der Ersatz einer vorhandenen Gemeinschaftsantennenanlage durch einen Breitbandkabelanschluß als ordnungsgemäße Instandhaltung bzw. Instandsetzung zu werten ist und aufgrund des vom Landgericht festgestellten Sachverhalts davon ausgeht, daß die Reparaturkosten für die defekte Gemeinschaftsantenne den mit dem Anschluß an das Breitbandkabel verbundenen Kosten für die Häuser 4 bis 34 annähernd entsprechen, vermag der Senat Jedenfalls nicht festzustellen, daß die Mehrheit der Wohnungseigentümer bei Kenntnis dessen, daß ein Kabelanschluß für die Häuser Nr. 36 bis 48 wegen fehlender Einstimmigkeit nicht zu verwirklichen ist, den Anschluß der Häuser Nr. 4 bis 36 gewollt hätte. Zum einen ist unklar, zu welchen Bedingungen (Insbesondere hinsichtlich der Kosten) die Deutsche Bundespost diesen Anschluß vorgenommen hätte; insoweit ist gerichtsbekannt, daß für eine größere Zahl von Wohnungseinheiten erhebliche Rabatte gewährt werden. Außerdem hätte in der Eigentümerversammlung erörtert werden müssen, daß - jedenfalls auf der Grundlage der Teilungserklärung vom 15.3.1951 - die entstehenden Kosten nicht nur von den begünstigten Bewohnern der Häuser Nr. 4 bis 34 zu tragen wären. Ob sich nach Klärung der erforderlichen Grundlagen eine Mehrheit für die Instandsetzung der Gemeinschaftsantenne durch Anschluß an das Breitbandkabelnetz gefunden hätte, ist völlig ungewiß. Insoweit kann eine Klärung auch nicht durch eine weitere Sachverhaltsermittlung erreicht werden, so daß eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht nicht in Betracht kommt. Die weitere sofortige Beschwerde ist deshalb Insgesamt zurückzuweisen.

12

4.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 47 WEG. Insoweit war nicht nur zu berücksichtigen, daß die weitere Beschwerde erfolglos geblieben ist, sondern daß die angefochtene Entscheidung den im Senatsbeschluß vom 5.4.1986 niedergelegten Grundsätzen gefolgt ist und die Antragsgegner keine Gesichtspunkte von nennenswertem. Gewicht vorgetragen haben, die zu einer abweichenden Entscheidung im vorliegenden Fall hätten Anlaß geben können. Das gilt auch im Hinblick auf das landgerichtliche Verfahren.

Streitwertbeschluss:

Beschwerdewert: 10.000 DM.