Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 29.02.1988, Az.: 8 W 729/87

Ausspruch der Verpflichtung zur Zahlung gesetzlicher Zinsen durch eine ausländische Entscheidung; Konkretisierung eines ausländischen Titels durch ein inländisches Zweitgericht; Konkretisierung eines ausländischen Titels durch ein inländisches Vollstreckungsgericht hinsichtlich der Höhe der Zinsen

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
29.02.1988
Aktenzeichen
8 W 729/87
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1988, 19759
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGCE:1988:0229.8W729.87.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Stade - 24.11.1987 - AZ: 4 O 222/87

Fundstellen

  • IPRspr 1988, 206
  • NJW 1988, 2183-2184 (Volltext mit red. LS)

Verfahrensgegenstand

Zulassung der Zwangsvollstreckung

In dem Rechtsstreitverfahren
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle
auf die Beschwerde der Antragstellerin vom 17. Dezember 1987
gegen den Beschluß des Vorsitzenden der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade
vom 24. November 1987
am 29. Februar 1988 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluß wird geändert.

Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Urteil des Amtsgerichts Bolchen/Lothringen (Tribunal d'Instance Boulay) vom 13. Juni 1986 (RG 150/85) wird auch für Zinsen auf die Hauptforderung von 4.990 FRF in Höhe von 9,5 v.H. vom 3. Oktober 1984 bis zum 17. August 1986 und 14,5 v.H. seit dem 18. August 1986 zugelassen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von bis zu 400 DM.

Die Beschwer des Antragsgegners beträgt bis zu 400 DM.

Gründe

1

1.

Durch Beschluß vom 2. Juli 1987 hat der Vorsitzende der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade antragsgemäß die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Urteil des Amtsgerichts Bolchen vom 13. Juni 1986, durch welches der Antragsgegner zur Zahlung einer Hauptforderung von 4.990 FRF "nebst gesetzlichem Zinssatz ab dem 3. Oktober 1984" (Zustellung des Mahnbescheides) und der Kosten verurteilt worden ist, zugelassen. Am 6. Oktober 1987 hat die Antragstellerin u.a. beantragt, den Zinsanspruch "auf 14,5 v.H. zu spezifizieren". Diesen Antrag hat der Vorsitzende der 4. Zivilkammer des Landgerichts Stade durch Beschluß vom 24. November 1987, auf welchen Bezug genommen wird, zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 17. Dezember 1987. Sie trägt unter Überreichung entsprechender Unterlagen vor:

2

Der "gesetzliche Zinssatz" sei nach französischem Recht an den Diskontsatz der Bank von Frankreich gekoppelt, der seit 1978 unverändert 9,5 v.H. betrage. Bei einer Verurteilung werde der gesetzliche Zinssatz nach Ablauf von zwei Monaten, berechnet ab dem Tag, an welchem die gerichtliche Entscheidung - sei es auch vorläufig - für vollstreckbar erklärt worden sei, um fünf Punkte erhöht (Gesetz Nr. 75-619 vom 11. Juli 1975). Mit Rücksicht auf die vom Amtsgericht Bolchen am 17. Juni 1986 erteilte Vollstreckungsklausel und die am 3. Oktober 1984 erfolgte Zustellung des Mahnbescheides beantragt die Antragstellerin,

3

den angefochtenen Beschluß zu ändern und die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Urteil des Amtsgerichts Solchen (Tribunal d'Instance Boulay) vom 13. Juni 1986 (RG 150/85) bezogen auf den Zinssatz der Hauptforderung in Höhe von 9,5 v.H. seit dem 3. Oktober 1984 bis zum 17. August 1986 und 14,5 v.H. seit dem 18. August 1986 zuzulassen und das Zeugnis zur unbeschränkten Vollstreckung vom 30. November 1987 auf die vorgetragenen Zinsen zu erweitern.

4

Die Beschwerdeschrift mit sämtlichen Unterlagen ist dem Antragsgegner am 5. Januar 1988 zugestellt worden. Er hat sich nicht dazu geäußert.

5

2.

Die gemäß Art. 40 EuG-Übk i.V.m. den §§ 16 Abs. 1, 12 und 13 des Ausführungsgesetzes zum EuG-Übk zulässige Beschwerde ist begründet. Es entspricht inzwischen herrschender Meinung (vgl. Martiny, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Tübingen 1984, Bd. III/2 Kap. II Rn 43; Wolff, Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts a.a.O. Kap. IV Rn 24; OLG Stuttgart JZ 87, 579 [OLG Stuttgart 10.11.1986 - 5 W 39/86]; BGH NJW 86, 1440 ff. [BGH 06.11.1985 - IVb ZR 73/84], 1441), daß in Fällen, in denen eine ausländische Entscheidung die Verpflichtung zur Zahlung gesetzlicher Zinsen ausspricht, ohne Ausspruch über deren Höhe, das Zweitgericht/Vollstreckungsgericht zur Konkretisierung des ausländischen Titels befugt ist. Hier läßt sich im Sinne der Entscheidung BGH NJW 86, 1441 [BGH 06.11.1985 - IVb ZR 73/84] aus den von der Antragstellerin vorgelegten französischen Vorschriften über den "gesetzlichen Zinssatz" und Unterlagen der Bank von Frankreich über den seit 1984 unveränderten französischen Diskontsatz, zu denen der Antragsgegner keine Stellungnahme abgegeben hat und an deren Richtigkeit der Senat nicht zweifelt, hinreichend sicher feststellen, daß der Antragsgegner, der nach der französischen Verurteilung vom 13. Juni 1986 "gesetzliche Zinsen" ab dem 3. Oktober 1984 (Zustellung des Mahnbescheides) auf die Hauptforderung von 4.990 FRF schuldet, nach französischem Recht damit 9,5 v.H. Zinsen für die Zeit vom 3. Oktober 1984 bis zum 17. August 1986 und fortlaufend 14,5 v.H. Zinsen seit dem 18. August 1986 schuldet, nämlich Anfangs Zinsen in Höhe des Diskontsatzes von 9,5 v.H. und um 5 v.H. höhere Zinsen beginnend zwei Monate nach dem Tag, an welchem die amtsgerichtliche Entscheidung für vollstreckbar erklärt worden ist. Deshalb ist dem Beschwerdebegehren der Antragstellerin entsprochen und die Zwangsvollstreckung aus dem französischen Urteil auch für die aus dem Beschlußtenor ersichtlichen Zinsen zugelassen worden, so daß der Antragstellerin gemäß § 16 Abs. 2 des Ausführungsgesetzes zum EuG-Übk auch eine entsprechende Vollstreckungsklausel zu erteilen ist.

6

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91, 788 ZPO [...].

Streitwertbeschluss:

Die Beschwer des Antragsgegners beträgt bis zu 400 DM. [D]ie Festsetzung der Beschwer erfolgt im Hinblick auf § 17 des Ausführungsgesetzes zum EuG-Übk i.V.m. § 546 Abs. 2 Satz 1 ZPO.