Verwaltungsgericht Hannover
Urt. v. 08.03.2013, Az.: 3 A 2347/11
Bestimmtheitsgebot; Einkommensberechnung; Gesetzesvorbehalt; Jugendhilfe; Kostenbeitrag; Rechtsfortbildung; Regelungslücke
Bibliographie
- Gericht
- VG Hannover
- Datum
- 08.03.2013
- Aktenzeichen
- 3 A 2347/11
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2013, 64455
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- [keine Angabe]
Rechtsgrundlagen
- Art 20 Abs 3 GG
- § 93 SGB 8
- § 92 SGB 8
- § 94 SGB 8
Amtlicher Leitsatz
Leitsatz
1. Das aus Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitende Bestimmtheitsgebot erfordert im jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrecht eine hinreichende normative Festlegung der für die Bestimmung der konkreten Beitragshöhe maßgebenden Berechnungsmodalitäten.
2.Die vorhandenen normativen Vorgaben für die Berechnung eines jugendhilferechtlichen Kostenbeitrages sind lückenhaft. Es fehlt eine Bestimmung, die festlegt, von welchen Daten für die Ermittlung des zu Grunde zu legenden Einkommens auszugehen ist.
3. Diese Regelungslücke kann von den Gerichten angesichts der von der Verfassung dafür gesetzten Grenzen nicht im Wege richterlicher Rechtsfortbildung geschlossen werden (entgegen BVerwG, Urt. vom 11.10.2012, 5 C 22/11).
Tenor:
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.
Im Übrigen wird der Bescheid der Beklagten vom 11.05.2011 aufgehoben.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung seitens des Klägers mittels Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Berufung und Sprungrevision werden zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einem Kostenbeitrag für stationäre Jugendhilfemaßnahmen zu Gunsten seiner Tochter.
Der Kläger ist Vater der 1996 geborenen C., die aus einer vor Beginn der stationären Jugendhilfemaßnahmen bereits beendeten Ehe zur Kindesmutter stammt. Das Sorgerecht für ihre Tochter übten die Eltern nach ihrer Trennung zunächst weiter gemeinschaftlich aus. Bis zum Beginn der stationären Jugendhilfe lebte die Tochter im Haushalt der Kindesmutter. Der Kläger hatte sich zuletzt mit Urkunde des Jugendamtes der Beklagten vom 10.10.2008 verpflichtet, seiner Tochter ab dem 01.09.2008 Unterhalt in Höhe von 210,50 EUR monatlich zu zahlen. Dem kam er auch nach. Der Kläger hat zwei weitere, in den Jahren 1994 und 2002 geborene Töchter. Er ist inzwischen für C. nicht mehr sorgeberechtigt.
Die Eltern beantragten für C. im März 2009, als noch gemeinschaftliche elterliche Sorge bestand, bei der Beklagten die Bewilligung von Jugendhilfe in Form einer stationären Heimunterbringung, was von deren Jugendamt auf Grund massiver Probleme im Eltern-Kind-Verhältnis auch befürwortet wurde. Eine erste stationäre Unterbringung C. s dauerte vom 18.03. - 26.03.2009 und wurde beendet, nachdem C. in den Haushalt ihrer Mutter zurückgekehrt war. Nachdem es zwischen der Mutter und C. erneut zu eskalierenden Streitigkeiten gekommen war, brachte das Jugendamt der Beklagten die Jugendliche am 08.05.2009 im Rahmen einer „ad hoc - Maßnahme“ als Hilfe zur Erziehung gemäß §§ 27, 34 SGB VIII in einer Einrichtung in D. unter. Hierüber erging unter dem 14.05.2009, zugestellt am 15.05.2009, u.a. an den Kläger ein Bewilligungsbescheid. In einem Begleitschreiben wurde er zudem über die Folgen der Hilfegewährung für seine Unterhaltspflicht und über seine Kostenbeitragspflicht belehrt und aufgefordert, Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen.
Der Kläger machte im August 2009 Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, insbesondere zu seinen Einkünften als Beschäftigter bei E.. Außerdem gab er an, sich in einem Insolvenzverfahren zu befinden und für drei Kinder Unterhalt zu zahlen.
Unter dem 27.11.2009 hörte die Beklagte den Kläger erstmals zur beabsichtigten Festsetzung eines Kostenbeitrages in Höhe von 305,- EUR monatlich beginnend ab dem 08.05.2009 an. Wegen der Einzelheiten wird auf das Anhörungsschreiben verwiesen. Der Kläger äußerte sich hierzu mit anwaltlichem Schreiben vom 08.12.2009. Die Zahlung eines Unterhaltsbeitrages in der vorgesehenen Höhe komme nicht in Betracht, da er unterhaltsrechtlich als nicht leistungsfähig anzusehen sei. In die Einkommensermittlung seien teilweise Beträge aufgenommen worden, die nicht berücksichtigungsfähig bzw. noch zu versteuern seien. Werbungskosten seien nicht in ausreichendem Maße angerechnet worden, sie betrügen allein für Fahrtkosten 312,- EUR im Monat. Im Übrigen bestünden Lohnpfändungen, soweit sein Einkommen die Unpfändbarkeitsgrenze übersteige. Er sei aber ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bereit, den bisher titulierten Unterhalt ab dem 01.01.2010 zu zahlen. Auf rückständige Monate wolle er nicht zahlen, da dann sein notwendiger Selbstbehalt nicht gewahrt sei. Eine Reaktion der Beklagten erfolgte darauf zunächst nicht.
Nachdem C. mehrmals kurzzeitig aus der Jugendhilfeeinrichtung abgängig gewesen war und auch einen Einrichtungswechsel vollzogen hatte, verschwand sie am 08.05.2010 auch aus der neuen Jugendhilfeeinrichtung und tauchte zunächst unter. Mit Bescheid an den Kläger vom 31.05.2010 stellte die Beklagte daraufhin die bisher gewährte stationäre Hilfe zur Erziehung mit Ablauf des 12.05.2010 ein.
Mit Schreiben vom 01.06.2010 nahm die Beklagte gegenüber dem Verfahrensbevollmächtigten des Klägers zu dessen Schreiben vom 09.12.2009 ausführlich Stellung und bat um Übersendung weiterer Unterlagen im Hinblick auf die dort gemachten Angaben.
Ebenfalls ab dem 01.06.2010 veranlasste die Beklagte, nachdem C. zwischenzeitlich aufgegriffen und zunächst in der KJP F. behandelt worden war, deren erneute Unterbringung in der bisherigen Jugendhilfeeinrichtung. Am 26.06.2010 erfolgte ein Wechsel in die Einrichtung „G.“, in der C. seitdem stationär betreut wird.
Mit Schreiben vom 07.06.2010, zugestellt am 08.06.2010, informierte die Beklagte den Kläger über die erneute Unterbringung C. s in einer stationären Jugendhilfemaßnahme ab dem 01.06.2010, die Folgen für seine Unterhaltspflicht und die Kostenbeitragspflichtigkeit der Maßnahme und forderte ihn auf, Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen.
Unter dem 22.06.2010 äußerte sich der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers hierzu und legte weitere Einkommensunterlagen für den Zeitraum ab 08/09 vor. Mit Schreiben vom 21.07.2010 forderte die Beklagte unter Bezugnahme auf den bisherigen Schriftverkehr weitere, im Einzelnen bezeichnete Unterlagen an. Darauf erwiderte der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 09.08.2010 und vom 08.09.2010.
Aus den vom Kläger insgesamt vorgelegten Verdienstbescheinigungen ergeben sich folgende Einkünfte aus unselbständiger Arbeit:
2008 2009 2010
brutto | netto | brutto | netto | brutto | netto | |
---|---|---|---|---|---|---|
Januar | 3.143,33 | 1.886,96 | 3.352,11 | 2.100,50 | ||
Februar | 3.097,00 | 1.860,79 | 3.565,62 | 2.207,12 | ||
März | 2.890,49 | 1.814,08 | 3.407,34 | 2.116,71 | ||
April | 3.239,32 | 1.948,60 | 3.427,54 | 2.136,63 | ||
Mai | 5.950,13 | 3.159,34 | 4.705,22 | 2.749,60 | ||
Juni | 3.002,29 | 1.843,64 | ||||
Juli | 3.773,21 | 2.155,51 | ||||
August | 3.394,61 | 1.973,81 | 3.287,68 | 2.001,30 | ||
September | 3.135,25 | 1.888,47 | 3.792,71 | 2.205,26 | ||
Oktober | 3.170,31 | 1.915,89 | 3.154,17 | 1.893,68 | ||
November | 4.462,38 | 2.427,98 | 4.196,64 | 2.348,24 | ||
Dezember | 3.335,43 | 1.978,30 | 3.544,64 | 2.091,35 |
Unter dem 11.02.2011 hörte die Beklagte den Kläger erneut zur beabsichtigten Festsetzung von Kostenbeiträgen - nunmehr für den Zeitraum 08.05.2009 - 12.05.2010 in Höhe von 305,- EUR monatlich und für den Zeitraum ab dem 01.06.2010 in Höhe von 340,- EUR monatlich - an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben verwiesen, dem tabellarische Übersichten zur Berechnung der Kostenbeiträge sowie eine „zivilrechtliche Betrachtung der Einkommensverhältnisse“ beigefügt waren. Für die Berechnung der Kostenbeiträge ging die Beklagte für den Festsetzungszeitraum 08.05.2009 - 12.05.2010 auf der Basis des für den Zeitraum von 08/08 - 07/09 ermittelten Gesamteinkommens von einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 2.097,64 EUR aus, von dem sie für Belastungen eine 25% - Pauschale in Höhe von 524,41 EUR abzog. Nach dem so ermittelten berücksichtigungsfähigen Einkommen in Höhe von 1.573,23 EUR stufte sie den Kläger zunächst in Einkommensgruppe 8 der Tabelle zur KostenbeitragsVO - KostBV - ein. Auf Grund der Unterhaltspflicht gegenüber den beiden weiteren Töchtern nahm sie eine Abstufung in Gruppe 6 vor, was zu einem monatlichen Kostenbeitrag laut Tabelle in Höhe von 305,- EUR führte. Für den Heranziehungszeitraum ab dem 01.06.2010 legte die Beklagte als Ermittlungszeitraum für das Einkommen den Zeitraum 06/09 - 05/10 zu Grunde und kam zu einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen in Höhe von 2.193,89 EUR. Der Abzug der 25% - Pauschale (548,47 EUR) führte zu einem berücksichtigungsfähigen Einkommen in Höhe von 1.645,42 EUR und damit zu einer Einstufung zunächst in Einkommensgruppe 9 der Tabelle nach KostBV. Mit Rücksicht auf die weiteren Unterhaltspflichten stufte die Beklagte den Kläger sodann wiederum zwei Stufen niedriger ein, was einen monatlichen Kostenbeitrag nach Gruppe 7 in Höhe von 340,- EUR monatlich ergab. Im Rahmen der „zivilrechtlichen Betrachtung“ zog die Beklagte vom jeweiligen durchschnittlichen Nettoeinkommen Werbungskosten nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben in Höhe von jeweils 319,- EUR monatlich sowie die tatsächlichen Unterhaltspflichten gegenüber den beiden anderen Töchtern und schließlich den gegenüber C. nach den jeweils aktuellen Unterhaltsleitlinien laut Düsseldorfer Tabelle anzusetzenden „notwendigen“ Selbstbehalt ab. Dabei ergaben sich jeweils „Restguthaben“, die höher waren als die festgesetzten Kostenbeiträge.
Auf das Anhörungsschreiben antwortete der Verfahrensbevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 04.03.2011, mit dem er mitteilte, dass der Kläger für eine seiner weiteren Töchter seit Oktober 2010 monatlich 291,- EUR und damit mehr Unterhalt leiste, als von der Beklagten bisher berücksichtigt. Das Privatinsolvenzverfahren sei zwischenzeitlich abgeschlossen.
Mit Bescheid vom 11.05.2011 setzte die Beklagte schließlich gegenüber dem Kläger Kostenbeiträge wie im Anhörungsschreiben vom 11.02.2011 angekündigt fest. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den Bescheid verwiesen.
Der Kläger hat am 10.06.2011 Klage erhoben. Er macht geltend: Soweit eine Heranziehung für die Vergangenheit erfolgt sei, sei sie rechtswidrig, da der Anspruch der Beklagten verwirkt sei. Sowohl das Zeit- als auch das Umstandsmoment seien erfüllt. Die Heranziehung sei im Übrigen aber auch deshalb rechtswidrig, weil die Beklagte die Voraussetzungen für das Vorliegen einer besonderen Härte nicht geprüft habe.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte den angegriffenen Bescheid für die Zeiträume 08. - 14.05.2009 und 01. - 07.06.2010 aufgehoben. Insoweit haben die Beteiligten das Verfahren übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 11.05.2011 im Übrigen aufzuheben
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, Verwirkung sei nicht eingetreten. Unzutreffend sei auch der Vorwurf des Klägers, das Vorliegen einer besonderen Härte sei nicht geprüft worden. Im Gegenteil habe sie ausdrücklich eine zivilrechtliche Vergleichsberechnung durchgeführt, um zu prüfen, ob dem Kläger die festzusetzenden Kostenbeiträge auch nach unterhaltsrechtlichen Maßstäben zuzumuten seien. Dabei habe sich ergeben, dass dem Kläger der unterhaltsrechtliche Selbstbehalt verbleibe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten sowie des Sachverhaltes im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Soweit die Beteiligten das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
II.
Soweit das Verfahren streitig geblieben ist, ist die Klage zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist, soweit er von der Beklagten nicht aufgehoben worden ist, rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für eine Heranziehung des Klägers zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag fehlt es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage.
1. Die Heranziehung zu einer öffentlich-rechtlichen Abgabe in Gestalt eines jugendhilferechtlichen Kostenbeitrags unterliegt als Akt der Eingriffsverwaltung dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes aus Art. 20 Abs. 3 GG als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips. Das in Art. 20 Abs. 3 GG verankerte Rechtsstaatsprinzip begründet das Gebot hinreichender Bestimmtheit der Gesetze (BVerfGE 103, 332 [BVerfG 07.05.2001 - 2 BvK 1/00] <384>; st. Rspr). Welche Anforderungen an die Bestimmtheit zu stellen sind, lässt sich dabei nicht generell und abstrakt festlegen, sondern hängt auch von der Eigenart des Regelungsgegenstands und dem Zweck der betroffenen Norm ab (vgl. BVerfGE 89, 69 [BVerfG 24.06.1993 - 1 BvR 689/92] <84>; 103, 111 <135>; st. Rspr) sowie davon, in welchem Ausmaß Grundrechte betroffen sind (vgl. BVerfGE 56, 1 <12 ff.>; 59, 104 <114>; 93, 213 <238>). Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts auch für öffentlich-rechtliche Abgaben (vgl. für das Steuerrecht: BVerfGE 48, 210 <221 f.>; ferner etwa BVerfGE 79, 106 <120>; für das Gebühren- und Beitragsrecht: BVerfGE 108, 186 ff; auch: BVerwGE 105, 144 <147 f.>). Für alle Abgaben gilt als allgemeiner Grundsatz, dass abgabebegründende Tatbestände so bestimmt sein müssen, dass der Abgabepflichtige die auf ihn entfallende Abgabe - in gewissem Umfang (vgl. BVerfGE 13, 153 [BVerfG 10.10.1961 - 2 BvL 1/59] <160>) - vorausberechnen kann (vgl. für das Steuerrecht BVerfGE 19, 253 [BVerfG 14.12.1965 - 1 BvR 571/60] <267>; 49, 343 <362>; 73, 388 <400>; für Sonderabgaben BVerfGE 34, 348 <365 ff.>). Im Bereich des Gebühren- und Beitragsrechts fordert das Bestimmtheitsgebot eine dem jeweiligen Zusammenhang angemessene Regelungsdichte, die eine willkürliche Handhabung durch die Behörden ausschließt (vgl. BVerwGE 105, 144 <147>, m.w.N.).
Diese vorrangig die Umschreibung der abgabebegründenden Tatbestände betreffenden Grundsätze sind nach Auffassung der Kammer wegen der umfassenden Geltung des Gesetzesvorbehalts verfassungsrechtlich zwingend auch und insbesondere auf die für die Bestimmung der konkreten Abgabenhöhe maßgeblichen Berechnungsmodalitäten zu erstrecken. Auch insoweit bedarf es einer normativen Regelungsdichte, die eine daraus ableitbare einheitliche Verwaltungspraxis ermöglicht und dem Abgabeschuldner die Möglichkeit bietet, die auf ihn zukommende Belastung rechnerisch zumindest in Grundzügen selbst zu ermitteln. Letzteres gilt für den jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag insbesondere auch deshalb, weil es gerade ein gesetzgeberisches Ziel der Neugestaltung der Heranziehungsregelungen war, für die Kostenbeitragspflichtigen eine größere Transparenz und damit mit Blick auf die Regelung in § 92 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. SGB VIII auch Akzeptanz herzustellen (vgl. auch Begr. zum Entwurf der Kostenbeitragsverordnung, All. Teil a. E., BR-Drs. 648/05 <neu> vom 23.08.05).
2. Nach Ansicht der Kammer erfüllen die derzeitigen Regelungen über die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag diese Anforderungen nicht. Denn es fehlt an hinreichenden normativen Festlegungen zu der Frage, auf welche Art und Weise das für die Bemessung des Kostenbeitrags maßgebliche Einkommen im Einzelfall zu ermitteln ist. Diese Lücke lässt sich nach Auffassung der Kammer auch weder durch Gesetzesauslegung noch mittels richterlicher Rechtsfortbildung schließen. Der gegenteiligen Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts vermag die Kammer nicht zu folgen.
a) Normierte Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitrag dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall § 92 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 5 SGB VIII in Verbindung mit § 91 Abs. 1 Nr. 5b) SGB VIII. Damit ist dem verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalt zunächst insoweit Genüge getan, als eine gesetzliche Ermächtigung zum Erlass eines Leistungsbescheides besteht und der abgabebegründende Tatbestand im Gesetz konkret beschrieben wird.
b) Der Höhe nach bestimmt sich der festzusetzende Kostenbeitrag gemäß § 92 Abs. 1 SGB VIII nach den §§ 93, 94 SGB VIII. Gemäß § 94 Abs. 1 SGB VIII sind die Kostenbeitragspflichtigen aus ihrem Einkommen in „angemessenem Umfang“ heranzuziehen. Nach § 94 Abs. 5 SGB VIII werden für die Festsetzung der Kostenbeiträge nach Einkommensgruppen gestaffelte Pauschalbeträge durch Rechtsverordnung bestimmt. Dazu ist nahezu parallel mit der Einführung der §§ 91 ff SGB VIII in ihrer derzeitigen Fassung am 01.10.2005 die „Verordnung zur Festsetzung der Kostenbeiträge für Leistungen und vorläufige Maßnahmen in der Kinder- und Jugendhilfe - Kostenbeitragsverordnung (KostenbeitragsV)“ - hier: KostBV - in Kraft getreten (BGBl. I 2005, S. 2907), deren Kernstück eine als Anlage 1 beigefügte Tabelle ist, in der verschiedenen Einkommensgruppen jeweils bestimmte Beträge als monatlich zu leistende Kostenbeiträge zugeordnet sind. In § 93 Abs. 1 SGB VIII wird der zu Grunde liegende Einkommensbegriff definiert. In den Absätzen 2 und 3 der Norm werden bestimmte Einzelheiten zur Berechnung des daraus abzuleitenden, für die Einstufung nach der KostBV maßgeblichen Einkommens geregelt.
Dieses Regelungssystem zur Bestimmung der konkreten Beitragshöhe ist unvollständig. Es ermöglicht aus sich heraus keine eindeutige Berechnung des im Einzelfall festzusetzenden Kostenbeitrages. Denn es fehlt eine Bestimmung, die festlegt, von welchen Daten für die Ermittlung des zu Grunde zu legenden Einkommens im Einzelfall auszugehen ist, insbesondere welcher Erhebungszeitraum dafür maßgeblich sein soll. Diese Regelungslücke (vgl. BVerwG, Urt. vom 11.10.2012, 5 C 22/11, juris Rn. 18 - „Lückenschließung“) hat, wie das VG Düsseldorf in seinem Urteil vom 14.02.2012 (Az. 19 K 3225/09, juris) anschaulich beschrieben hat, in der Verwaltungspraxis - und zwar nicht nur bei der Heranziehung Selbständiger - zu einer uneinheitlichen Handhabung der Kostenbeitragsberechnung geführt, die in ihrer Gesamtheit im Ergebnis durchaus als willkürlich bezeichnet werden kann.
Die vorhandene Regelungslücke kann nach Ansicht der Kammer mit den den Gerichten von Verfassungs wegen zur Verfügung stehenden Mitteln nicht geschlossen werden. Weder durch Auslegung noch mittels Analogiebildung oder richterlicher Rechtsfortbildung lässt sich eine Methode bestimmen, die mit hinreichender Sicherheit eine auch unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebotes aus Art. 3 GG rechtmäßige Berechnung der zu erhebenden Kostenbeiträge in jedem Einzelfall ermöglicht.
aa) Mit dem OVG Nordrhein-Westfalen (Urt. vom 01.04.2011, 9 A 1292/09, juris) und dem Bundesverwaltungsgericht (Urt. vom 11.10.2012, a.a.O.) geht die Kammer allerdings davon aus, dass es nach geltender Rechtslage dem Grunde nach für die Bemessung eines jugendhilferechtlichen Kostenbeitrages auf dasjenige Einkommen im Sinne des § 93 Abs. 1 SGB VIII ankommen soll, das der Kostenbeitragspflichtige in dem jeweiligen Leistungszeitraum erzielt (hat), für den die materielle Jugendhilfeleistung, auf die die Kostenbeitragserhebung bezogen sein soll, gewährt worden ist bzw. wird (ebenso: DIJuF-Rechtsgutachten vom 07.08.12, J 8.310 Sch, JAmt 2012, S. 463, 464). Das lässt sich den gesetzlichen Regelungen unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks durch Auslegung entnehmen. So deutet insbesondere das Gebot der „angemessenen“ Heranziehung aus § 94 Abs. 1 SGB VIII darauf hin, dass sich der Kostenbeitrag an der aktuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Kostenbeitragspflichtigen orientieren soll. Das entspricht auch den Zwecken der Kostenbeitragserhebung, einerseits die Kostenbeitragspflichtigen nicht aus ihrer zumindest finanziellen Verantwortung für das Wohlergehen des leistungsbegünstigten Kindes, Jugendlichen oder jungen Erwachsenen zu entlassen und andererseits für eine angemessene Refinanzierung der für die materielle Jugendhilfe aufgewendeten Kosten zu sorgen. Insoweit war ausdrücklich auch beabsichtigt, insbesondere Bezieher höherer Einkommen stärker als nach dem alten Regelungssystem belasten zu können (vgl. Begr. des Gesetzentwurfs zum Tagesbetreuungsausbaugesetz - TAG -, BT-Drs. 15/3676, S. 27). Zu Recht verweist das OVG Nordrhein-Westfalen (a.a.O.) in diesem Zusammenhang zudem darauf, dass dem Gesetzgeber, wenn er auf ein in einem anderen Zeitraum erzieltes Einkommen hätte abstellen wollen, dafür verschiedene Regelungsmodelle aus anderen Sozialleistungsbereichen als normative Vorbilder zur Verfügung gestanden hätten. Davon hat der Gesetzgeber aber bewusst keinen Gebrauch gemacht, sondern ausweislich der Gesetzesbegründung ausdrücklich einen eigenständigen jugendhilferechtlichen Einkommensbegriff und ein eigenständiges Beitragsberechnungsregime geschaffen (vgl. Begr. Gesetzentwurf zum TAG, a.a.O., S. 42).
bb) Die Kammer folgt dem Bundesverwaltungsgericht weiterhin darin, dass entgegen der Auffassung des OVG Nordrhein-Westfalen nach der Regelungssystematik der §§ 91 ff SGB VIII und der auf der Grundlage von § 94 Abs. 5 SGB VIII erlassenen Kostenbeitragsverordnung eine monatliche Berechnung des Kostenbeitrages nicht in Betracht kommt. Zwar ist dem OVG Nordrhein-Westfalen zuzugeben, dass sich angesichts der Sachnähe zum Sozialhilferecht zur Schließung der vorhandenen Regelungslücke vordergründig eine entsprechende Anwendung der dort geltenden Grundsätze anbietet. Eine derartige Handhabung widerspräche aber dem mit der Neuregelung der Kostenbeitragserhebung vom Gesetzgeber ausdrücklich verfolgten Ziel, die Kostenbeitragserhebung verwaltungstechnisch zu vereinfachen und den Vollzugsaufwand deutlich zu vermindern, um damit in den Jugendämtern Personalkapazitäten freizusetzen, die für andere Aufgaben eingesetzt werden können (vgl. Begr. Gesetzentwurf TAG, a.a.O., S. 28). Dieses Ziel würde bei einer monatlichen Berechnung konterkariert, denn damit würde der Verwaltungsaufwand im Gegenteil erheblich steigen. Das derzeitige Regelungssystem ist demgegenüber im Grundsatz darauf angelegt, für einen längeren Zeitraum gleichbleibende Kostenbeiträge festzusetzen.
cc) Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 11.10.2012 (5 C 22/11, a.a.O.), die Auffassung vertreten, für die Berechnung des für die Einstufung in eine der Einkommensgruppen der KostBV maßgeblichen Einkommens sei eine Durchschnittsbildung auf der Basis einer validen, aktuelle Nachweise einbeziehenden Prognose vorzunehmen. Jedenfalls in Fällen, in denen die berechtigte Erwartung bestehe, dass der Kostenbeitragspflichtige bei nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Leistungszeitraum im Wesentlichen gleichbleibende monatliche Einkünfte erziele, sei die Behörde dabei berechtigt, aus einem Gesamteinkommen, das vor dem Leistungszeitraum über eine längere Zeit erzielt wurde, ein monatliches Durchschnittseinkommen zu ermitteln und dieses der Berechnung zu Grunde zu legen. Das Bundesverwaltungsgericht hat anschließend ausdrücklich offen gelassen, ob und ggf. nach welchen Kriterien dieser vor dem Leistungszeitraum liegende Erhebungszeitraum allgemein bestimmt werden kann. In dem von ihm entschiedenen Fall sei jedenfalls die vorgenommene Prognose anhand des Durchschnitts des in den letzten zwölf Monaten vor Beginn der Kostenbeitragserhebung erzielten Einkommens zulässig gewesen, zumal dem Kläger jederzeit offen gestanden habe, bei einer aktuellen Einkommensverschlechterung nach § 48 SGB X eine Abänderung der Festsetzung zu beantragen.
Diesem Ansatz folgt die Kammer nicht.
(1) Der Ansatz des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich rechtsdogmatisch nur als richterliche Rechtsfortbildung begreifen. Denn es stützt diesen weder auf eine Auslegung der geltenden Vorschriften noch auf eine entsprechende Anwendung anderer Normen; letzteres hat es unter Aufhebung der vorinstanzlichen Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen vielmehr sogar ausdrücklich verworfen.
Rechtsfortbildung ist den Fachgerichten verfassungsrechtlich grundsätzlich erlaubt. Das BVerfG führt dazu in seinem Urteil vom 11.07.2012 (1 BvR 3142/07, juris, Rn. 73ff) aus:
„Die Anwendung und Auslegung der Gesetze durch die Gerichte steht mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Einklang, wenn sie sich in den Grenzen vertretbarer Auslegung und zulässiger richterlicher Rechtsfortbildung bewegt. Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG dem Einzelnen, dass ihm gegenüber ergehende Entscheidungen diesen Anforderungen genügen (vgl. BVerfGE 128, 193 [BVerfG 25.01.2011 - 1 BvR 918/10] <206 ff.>).
Zu den Aufgaben der Rechtsprechung gehört die Rechtsfortbildung. Von daher ist auch eine analoge Anwendung einfachgesetzlicher Vorschriften sowie die Schließung von Regelungslücken von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht zu beanstanden. Rechtsfortbildung stellt keine unzulässige richterliche Eigenmacht dar, sofern durch sie der erkennbare Wille des Gesetzgebers nicht beiseite geschoben und durch eine autark getroffene richterliche Abwägung der Interessen ersetzt wird (vgl. BVerfGE 82, 6 [BVerfG 03.04.1990 - 1 BvR 1186/89] <11 ff.>). Der Gesetzgeber hat dies auch seit langem anerkannt und dem obersten Zivilgericht die Aufgabe der Rechtsfortbildung ausdrücklich überantwortet (vgl. § 132 Abs. 4 GVG, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO). Dies belässt dem Gesetzgeber die Möglichkeit, in unerwünschte Rechtsentwicklungen korrigierend einzugreifen und so im Wechselspiel von Rechtsprechung und Rechtsetzung demokratische Verantwortung wahrzunehmen.
Richterliche Rechtsfortbildung darf hingegen nicht dazu führen, dass die Gerichte ihre eigene materielle Gerechtigkeitsvorstellung an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (vgl. BVerfGE 82, 6 [BVerfG 03.04.1990 - 1 BvR 1186/89] <12>; 128, 193 <210>). Die Aufgabe der Rechtsprechung beschränkt sich vielmehr darauf, den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck eines Gesetzes unter gewandelten Bedingungen möglichst zuverlässig zur Geltung zu bringen oder eine planwidrige Regelungslücke mit den anerkannten Auslegungsmethoden zu füllen. Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den Wortlaut des Gesetzes hintanstellt und sich über den klar erkennbaren Willen des Gesetzgebers hinwegsetzt, greift unzulässig in die Kompetenzen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers ein (vgl. BVerfGE 118, 212 <243>; 128, 193 <210>).“
(2) Nach Auffassung der Kammer hält die vom Bundesverwaltungsgericht entworfene Lösung den vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Kriterien nicht stand. Das Bundesverwaltungsgericht überschreitet damit vielmehr die den Gerichten gesetzten verfassungsrechtlichen Grenzen, indem es seine eigenen materiellen Gerechtigkeitsvorstellungen zu Grunde legt, was es aber von Verfassungs wegen gerade nicht darf. Die vorhandene Regelungslücke ist nicht eindeutig zu schließen. Im Hinblick auf die Kriterien zur Berechnung des maßgeblichen Einkommens fehlt es nämlich an einem „klar erkennbaren gesetzgeberischen Willen“, wie verfahren werden soll. Zur Schließung der Regelungslücke sind unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten denkbar. Zudem zwingen unterschiedliche Fallkon-stellationen (abhängige Beschäftigung mit/ohne gleichbleibende Einkünfte, Selbständigkeit) ggf. auch zu differenzierten Lösungen. Diese zu finden ist angesichts der Vielfalt der Gestaltungsmöglichkeiten Aufgabe des Gesetzgebers.
(a) Das Bundesverwaltungsgericht geht für seine vom OVG Nordrhein-Westfalen abweichende Lösung von einem im Jugendhilferecht „geltenden Grundsatz“ der „schnellen und einfachen Einkommensberechnung“ aus. Ein solcher Grundsatz ist allerdings positiv-rechtlich jedenfalls nicht explizit normiert, d.h., er „gilt“ nicht im Sinne einer Bindungswirkung für die Gerichte, sondern stellt lediglich eine gesetzgeberische Zielvorstellung neben anderen dar. Zwar legt diese gesetzgeberische Zielvorstellung den Gedanken an die Bildung eines Durchschnittseinkommens durchaus nahe. Sie erlaubt aber für sich allein noch keinen hinreichend konkreten Rückschluss darauf, auf welchen Erhebungszeitraum dafür zurückgegriffen werden soll. Zudem ist diese Zielvorstellung - gerade auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts - nicht das allein maßgebende Kriterium für die Beitragsberechnung. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.08.2010 (5 C 10/09, juris) mit Blick auf das Angemessenheitskriterium aus § 94 Abs. 1 SGB VIII eine unterhaltsrechtliche Vergleichsberechnung im Einzelfall und darauf aufbauend ggf. eine Anpassung des Kostenbeitrags gefordert. Eine solche Vergleichsberechnung ist im Einzelfall aber weder schnell noch einfach, zumal dafür vertiefte Kenntnisse des Unterhaltsrechts und der dazu ergangenen Rechtsprechung benötigt werden.
(b) Weiterhin führt die Lösung des Bundesverwaltungsgerichts in der Konsequenz zu einer „Atomisierung“ des Kostenbeitragsrechts. Denn der vom Gericht gewählte Lösungsweg ist nicht auf alle Fälle anwendbar. Vielmehr bleibt danach völlig offen - und ist auch nicht erkennbar -, wie in Fällen von unregelmäßigem monatlichem Einkommen oder gar bei Selbständigkeit im Einzelfall das für die Beitragsbemessung maßgebliche Einkommen zu berechnen sein soll. Selbst bei abhängig Beschäftigten muss danach jeder Einzelfall wertend daraufhin geprüft werden, ob das monatliche Einkommen nun „im Wesentlichen gleichbleibend“ war. Eine solche Wertung führt aber notwendig zu Abgrenzungsschwierigkeiten und vorhersehbar auch zu einer uneinheitlichen Verwaltungspraxis mit den sich daraus ergebenden Konflikten mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz, zumal das Bundesverwaltungsgericht auch noch ausdrücklich von weiter konkretisierenden Vorgaben für diese Wertung abgesehen hat. Sowohl für die Behörden als auch für die Beitragspflichtigen wäre damit zunächst mangels allgemein verbindlicher Berechnungsregelungen und mangels einer näheren Umschreibung der vom Bundesverwaltungsgericht gebildeten Kategorie der „im Wesentlichen gleichbleibenden Einkünfte“ nicht ohne weiteres erkennbar, wie der Kostenbeitrag im Einzelfall zutreffend zu ermitteln ist. Das gesetzgeberische Ziel einer größeren Transparenz der Kostenbeitragsberechnung würde damit gerade verfehlt. Angesichts dessen und mit Rücksicht auf das vom Bundesverwaltungsgericht in den Vordergrund gerückte gesetzgeberische Ziel einer schnellen und einfachen Kostenbeitragsberechnung, aber auch angesichts des verfassungsrechtlichen Anspruchs auf eine Willkürfreiheit der Inanspruchnahme bedarf es aus Sicht der Kammer zwingend einer positiv-rechtlichen Festlegung der Berechnungsmethoden (im Erg. ebenso: DIJuF-Gutachten vom 07.08.2012, a.a.O., S. 469; zur Willkürlichkeit der derzeitigen Berechnungspraxis anschaulich: VG Düsseldorf, a.a.O.).
(c) Schließlich ist zu konstatieren, dass zur Schließung der vorhandenen Regelungslücke unter Berücksichtigung der verschiedenen gesetzgeberischen Ziele mehrere Lösungen denkbar erscheinen. So käme etwa durchaus in Betracht, das im Bereich der Ausbildungsförderung für die Berechnung des anzurechnenden elterlichen Einkommens geltende System auf das Kostenbeitragsrecht zu übertragen (vgl. DIJuF-Gutachten vom 07.08.2012, a.a.O., S. 469). Damit würden sowohl die Berechnung erheblich vereinfacht als auch das Problem unregelmäßigen bzw. schwankenden Einkommens gelöst, allerdings ggf. zu Lasten des Ziels einer möglichst am aktuellen Einkommen orientierten Beitragserhebung. Wollte man demgegenüber diesem Ziel den Vorrang einräumen wollen, wäre regelungstechnisch auch eine zunächst nur vorläufige Beitragsfestsetzung mit nachgelagerter Überprüfung denkbar, das allerdings wiederum zu Lasten des Verwaltungsaufwands. Denkbar ist schließlich im Ansatz auch die vom Bundesverwaltungsgericht zu Grunde gelegte Lösung. Hierbei wäre aus Sicht der Kammer allerdings zwingend, dass zumindest der Erhebungszeitraum für die der Durchschnittsbildung zu Grunde zu legenden Einkommensdaten normativ festgelegt werden müsste.
3. Selbst wenn man der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts zur Zulässigkeit einer Berechnung des Kostenbeitrages auf der Basis einer Durchschnittsbildung aus in der Vergangenheit erzieltem Einkommen im Grundsatz folgen würde, wäre der angegriffene Bescheid rechtswidrig. Denn nach Auffassung der Kammer lassen die vom Kläger dargelegten Einkommensverhältnisse eine Bewertung als bzw. eine Prognose auf in den jeweiligen Leistungszeiträumen „im Wesentlichen gleichbleibende monatliche Einkünfte“ nicht zu.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 11.10.2012 (5 C 22/11, a.a.O.) ausdrücklich davon abgesehen, dieses Kriterium inhaltlich näher zu konkretisieren. Die Kammer geht davon aus, dass „ im Wesentlichen gleichbleibend“ monatliche Einkünfte nur dann sind, wenn sie innerhalb eines Jahres von Monat zu Monat nur in relativ engen Grenzen Schwankungen um ein nahezu fixes „Basiseinkommen“ aufweisen. Das war und ist aber nach Ansicht der Kammer bei dem Kläger nicht der Fall.
Im ersten von der Beklagten gebildeten Erhebungszeitraum (08/08 - 07/09) schwankte das monatliche Bruttoeinkommen des Klägers maximal zwischen 2.890,49 EUR (März 09) und 5.950,13 EUR (Mai 09), das Nettoeinkommen zwischen 1.814,08 EUR und 3.159,34 EUR. Betrachtet man nur das Nettoeinkommen und lässt zusätzlich den Mai 09 als „Ausreißer“ (Prämienzahlung) außer Betracht, ergeben sich immerhin noch Unterschiede von 1.814,08 EUR zu 2.427,98 EUR (November 08). Im Übrigen hatte der Kläger in jedem Monat des Erhebungszeitraums andere Nettoeinkünfte, die selbst für Monate ohne etwaige Sondereinflüsse (Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, Jahresprämie) noch um bis zu 135,- EUR differierten (Dezember 08 - Juni 09). Ein maßgebendes „Basiseinkommen“ ist daraus aus Sicht der Kammer nicht ableitbar.
Im zweiten von der Beklagten gebildeten Erhebungszeitraum (06/09 - 05/10) schwankten die Bruttoeinkünfte maximal zwischen 3002,29 EUR (Juni 09) und 4.705,22 EUR (Mai 10), die Nettoeinkünfte dementsprechend zwischen 1.843,64 EUR und 2.749,60 EUR. Auch in diesem Zeitraum erzielte der Kläger in jedem Monat unterschiedliche Nettoeinkünfte, die in Monaten ohne erkennbare Sondereinflüsse noch zwischen 1.893,68 EUR (Oktober 09) und 2.136,63 EUR (April 10) also um über 200,- EUR differierten. Auch insoweit ist ein maßgebendes „Basiseinkommen“ nicht erkennbar.
III.
Die Kostenentscheidung folgt, soweit das Verfahren eingestellt worden ist, aus § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, insoweit der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, denn sie hatte die teilweise Erledigung des Rechtsstreits mit der Teilaufhebung des angegriffenen Bescheides herbeigeführt. Im Übrigen ergibt sich die Kostenentscheidung aus §§ 154 Abs. 1, 188 VwGO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 1, 711 ZPO.
IV.
Berufung und Sprungrevision waren gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO bzw. gemäß § 134 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO zuzulassen. Das Urteil beruht auf einer Abweichung von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 11.10.20102 (5 C 22.11). Zudem hat die Frage, wann im Sinne dieser Entscheidung „im Wesentlichen gleichbleibende monatliche Einkünfte“ vorliegen bzw. nach welchen Maßstäben das zu beurteilen sein soll, grundsätzliche Bedeutung und bedürfte ggf. einer konkretisierenden Beantwortung seitens der übergeordneten Gerichte.