Verwaltungsgericht Hannover
Beschl. v. 04.03.2013, Az.: 3 B 6715/12

Abendrealschule; Ausbildungsförderungsrecht; Ausbildungsstätte; Ausbildungsstättenart; Ausbildungsstättenverzeichnis; BAföG; KMK; Landesschulgesetz; Weser-Kolleg

Bibliographie

Gericht
VG Hannover
Datum
04.03.2013
Aktenzeichen
3 B 6715/12
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2013, 64461
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Amtlicher Leitsatz

Leitsatz

1. Eine Ausbildungsstätte, an der der Unterricht regelmäßig nur vormittags stattfindet, kann nicht als Abend(real)schule gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 BAföG qualifiziert werden.

2. Die in § 2 Abs. 1 BAföG für die Benennung der verschiedenen Ausbildungsstättenarten verwendeten Begrifflichkeiten sind vorrangig bundesrechtlich zu interpretieren. Etwaigen landesschulgesetzlichen Festlegungen kommt mangels entsprechender Gesetzgebungskompetenz der Länder insoweit lediglich indizielle Bedeutung zu (entgegen BVerwG, Beschl. vom 26.10.87, 5 B 31/86, Buchholz 436.36 § 7 BAföG Nr. 67).

3. Die von den jeweiligen Landesämtern für Ausbildungsförderung geführten Ausbildungsstättenverzeichnisse entfalten für die Verwaltungsgerichte keine Bindungswirkung.

Tenor:

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.

Der nicht erwerbstätige Antragsteller besucht seit August 2012 einen Vormittagskurs „Abendrealschule“ am „Weser-Kolleg“ in D.. Der Unterricht findet ausweislich der vom Antragsteller im Verwaltungsverfahren vorgelegten Schulbescheinigung tagsüber in einem Umfang von regelmäßig mindestens 20 Wochenstunden statt. Bei dem „Weser-Kolleg“ handelt es sich um ein sog. „Weiterbildungskolleg“ im Sinne von § 23 des nordrhein-westfälischen Schulgesetzes (SchulG-NRW). In Absatz 1 der Vorschrift wird das Weiterbildungskolleg als schulorganisatorische Zusammenfassung der Bildungsgänge „Abendgymnasium“, „Abendrealschule“ und „Kolleg“ definiert. Absatz 2 der Vorschrift enthält nähere Bestimmungen zu den an der „Abendrealschule“ zu erreichenden Abschlüssen. Auf der Grundlage von § 52 SchulG-NRW ist für diese Schulform eine Ausbildungs- und Prüfungsordnung erlassen worden (APO-WbK), die weitergehende Regelungen zur Schulorganisation trifft. Darin ist insbesondere geregelt, dass an der Abendrealschule regelmäßig 20 - 22 Wochenstunden Unterricht stattfindet (§ 15 Abs. 1). Weiterhin gibt § 16 nur sehr allgemeine Vorgaben zur zeitlichen Organisation, weshalb auch Unterricht am Vormittag bzw. tagsüber erteilt werden kann, wie es vorliegend der Fall ist. Im Ausbildungsstättenverzeichnis des Landes Nordrhein-Westfalen wird der vom Antragsteller besuchte Ausbildungsgang am Weiterbildungskolleg als „ARS“ - Abendrealschule - geführt. Dort ist weiter ausgeführt, dass in diesen Ausbildungsgang aufgenommen werden könne, wer die Vollzeitschulpflicht erfüllt und entweder noch keinen Sekundarabschluss I erlangt habe oder einen höherwertigen Abschluss erwerben wolle. Eine Beschränkung für das Eintrittsalter gebe es nicht, auch sei eine vorherige oder während des Besuchs des Ausbildungsgangs ausgeübte Berufstätigkeit nicht Voraussetzung für die Aufnahme. Tz. 2.1.11 BAföGVwV finde insoweit keine Anwendung.

Den vom Antragsteller am 03.07.2012 gestellten Antrag auf Bewilligung von Ausbildungsförderung nach dem BAföG lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 12.09.2012 mit der Begründung ab, zwar sei der Besuch einer Abendrealschule gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG grundsätzlich förderfähig. Das gelte aber nur für den Besuch der letzten beiden Schulhalbjahre, denn nur insoweit nehme die Ausbildung den Auszubildenden in vollem Umfang zeitlich in Anspruch.

Der Kläger hat am 10.10.2012 Klage erhoben und am 03.12.2012 zusätzlich einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt. Er trägt vor: Bei der von ihm besuchten Ausbildung handele es sich um eine Abendrealschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG, ohne dass es darauf ankomme, wann im Laufe des Tages der Unterricht stattfinde. Das ergebe sich aus den schulrechtlichen Festlegungen im SchulG-NRW sowie aus dem Umstand, dass seine Ausbildungsstätte mit dem von ihm besuchten Ausbildungsgang in das Ausbildungsstättenverzeichnis für NRW aufgenommen sei. Die von ihm betriebene Ausbildung nehme ihn bereits von Anfang an zeitlich in vollem Umfang in Anspruch, denn der von ihm besuchte Vormittagskurs umfasse regelmäßig mindestens 20 Wochenstunden Unterricht. Außerdem sei er ausweislich eines amtsärztlichen Gutachtens auf Grund der bei ihm festgestellten Schwerbehinderung nur eingeschränkt arbeitsfähig.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm vorläufig - bis zur Rechtskraft einer Entscheidung in der Hauptsache - für den Bewilligungszeitraum 08/12 - 07/13 Leistungen nach dem BAföG in gesetzlicher Höhe für den Besuch des Vormittagskurses „Abendrealschule“ am Weser-Kolleg in D. zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er macht geltend: Es sei schon angesichts des Umstandes, dass der Unterricht regelmäßig am Vormittag stattfinde, fraglich, ob es sich bei der vom Antragsteller besuchten Ausbildungsstätte um eine Abendrealschule im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG handele. Darüber hinaus habe das für das BAföG zuständige Bundesministerium für Bildung und Forschung auf Nachfrage dargelegt, dass auch die konkrete Ausgestaltung des Ausbildungsganges am Weser-Kolleg unabhängig von der Tageszeit des Unterrichts gegen eine Einstufung als „Abendrealschule“ im Sinne des BAföG spreche. Denn die Aufnahmevoraussetzungen seien derart niedrig, dass es bei einer Förderung zu einer Ungleichbehandlung gegenüber Schülern des sog. „Ersten Bildungsweges“ käme, für die nach dem BAföG die erheblich strengeren Fördervoraussetzungen des § 2 Abs. 1a BAföG gelten. Schließlich spreche aber auch Tz. 2. 1.11 BAföGVwV gegen eine Förderung des Antragstellers, da danach der Besuch einer Abendrealschule nur in den letzten beiden Halbjahren vor dem Abschluss förderfähig sein solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten sowie des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt des beigezogenen Verwaltungsvorgangs verwiesen.

II.

Der Antrag hat in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung liegen nicht vor.

1.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes treffen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Dazu muss der Antragsteller glaubhaft machen, dass ihm der in der Hauptsache verfolgte Anspruch zusteht (Anordnungsanspruch) und dass ihm schwerwiegende Nachteile drohen, wenn die von ihm angegriffene Entscheidung des Antragsgegners bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren unverändert bestehen bliebe (Anordnungsgrund).

Im vorliegenden Fall hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Ihm steht ein Anspruch auf Bewilligung von Förderleistungen nach dem BAföG, der sich nach übereinstimmender Einschätzung der Beteiligten, der das Gericht folgt, nur aus § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG ergeben könnte, nicht zu. Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich bei der vom Antragsteller betriebenen schulischen Ausbildung am Weser-Kolleg D. nicht um den Besuch einer Abendrealschule im Sinne dieser Vorschrift.

a)

Dagegen spricht zunächst, dass der Unterricht in der vom Antragssteller besuchten Schulform regelmäßig vormittags stattfindet. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG ist aber nur der Besuch u.a. von „Abendrealschulen“ förderfähig. Das schließt die Förderfähigkeit einer Ausbildung nach dieser Regelung an einer Schulform, an der der Unterricht regelmäßig tagsüber stattfindet, bereits vom Wortlaut her aus.

Die sich daraus ergebende zeitliche Festlegung des Unterrichtsgeschehens ist für die Kammer unabhängig davon bindend, ob nach dem mit der Regelung verfolgten Zweck auch eine Schulform mit regelmäßig am Vormittag stattfindendem Unterricht auf Grund sich wandelnder Lebensverhältnisse als förderungswürdig anzusehen wäre. Zwar bildet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Wortlaut einer Norm keine starre Grenze für ihre Auslegung. Vielmehr ist danach auch eine nicht maßgeblich allein am Wortlaut orientierte Auslegung zulässig und gegebenenfalls auch geboten, wenn sie dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers entspricht (BVerfG, Beschl. vom 26.09.11, 2 BvR 2216/06 und 2 BvR 469/07, NJW 2012, S. 669ff [BVerfG 26.09.2011 - 2 BvR 2216/06; 2 BvR 469/07] und juris, Orientierungssatz 2c und Rn. 56f, m.w.N.). Diese Rechtsprechung bezieht sich jedoch namentlich auf eine gegenüber dem Wortlaut der Norm einengende Auslegung (teleologische Reduktion). Demgegenüber bildet auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der mögliche Wortsinn des Gesetzes die äußerste Grenze zulässiger (richterlicher) Interpretation (BVerfG, Beschl. vom 04.09.09, 2 BvR 2520/07, juris Rn. 14, m.w.N.). Der Wortzusatz „Abend-“ ist in seinem sprachlichen Sinn zumindest insoweit eindeutig, als er einen Tagesabschnitt bezeichnet, der einen bestimmten Teil eines Tages zeitlich von anderen im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichneten Tagesabschnitten (Vormittag, Mittag, Nachmittag, Nacht) abgrenzt. Dabei können zwar die genauen zeitlichen Abgrenzungen zwischen jeweils aufeinanderfolgenden Abschnitten des Tages fließend sein. Jedoch bietet der Begriff „Abend“ jedenfalls keinen Raum für eine Interpretation, wonach auch der „Vormittag“ eines Tages davon erfasst sein könnte.

b)

Unabhängig davon ergibt sich in Bezug auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG auch aus dem Gesetzeszusammenhang und der Entstehungsgeschichte, dass eine Förderung einer Ausbildung in der vom Antragsteller betriebenen Form nicht in Betracht kommt.

aa)

Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG sind für die Zuordnung eines bestimmten Ausbildungsganges zu einer der in Absatz 1 Satz 1 der Norm genannten Ausbildungsstättenarten Art und Inhalt der Ausbildung maßgebend. Dass die vom Antragsteller betriebene Ausbildung inhaltlich einer Ausbildung an einer Abendrealschule entspricht, ist unstreitig. Jedoch geht das Gericht davon aus, dass das im Gesetz durch den Wortzusatz „Abend“- normierte Kriterium der Tageszeit, zu der der Unterricht stattfindet, zugleich als ein Merkmal der „Art“ der Ausbildung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG anzusehen ist. Nach herkömmlichem Begriffsverständnis bietet eine „Abend“-schule nämlich eine Ausbildung, die im Grundsatz neben einer (zumindest möglichen) Berufstätigkeit oder sonstigen Beschäftigung betrieben wird (vgl. auch die Begründung zur Ursprungsfassung des Gesetzes in BT-Drs. VI/1975, S. 21 und Tz. 2.1.11 BAföGVwV).

bb)

Eine solche Interpretation legt auch der Vergleich der Fördervoraussetzungen hinsichtlich der verschiedenen Ausbildungsgänge nahe. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat in seiner Antwort auf die Anfrage des Antragsgegners zur Auslegung des Begriffs der Abendrealschule zutreffend darauf hingewiesen, dass eine Ausbildung an einer dem § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG unterfallenden Ausbildungsstätte - z.B. an einer Abendrealschule - im Gegensatz zu einer Ausbildung an einer Ausbildungsstätte nach Nr. 1 der Regelung nicht den zusätzlichen Fördervoraussetzungen des Absatz 1a der Norm unterliegt und zudem gemäß § 12 BAföG auch in einem größeren Umfang gefördert wird. Diese Differenzierung lässt sich nur rechtfertigen, wenn es hinsichtlich der Personenkreise, die die jeweilige Ausbildungsart durchlaufen, beachtliche Unterschiede gibt. Als ein insoweit wesentlicher Unterschied ist es anzusehen, dass bei dem Besuch einer „Abend“-schule die Auszubildenden typischerweise im Übrigen dem Arbeitsmarkt oder für eine sonstige Tätigkeit dem Grunde nach zumindest zur Verfügung stehen. Zwar hat auf Grund der sich wandelnden Lebensverhältnisse inzwischen eine weitgehende Flexibilisierung des Arbeitsmarktes u.a. in zeitlicher Hinsicht stattgefunden mit der Folge, dass ein Auszubildender dann, wenn er vormittags eine schulische Ausbildung betreibt, gleichwohl auf dem Arbeitsmarkt eine Beschäftigung am Nachmittag und/oder Abend aufnehmen könnte. Auch das setzte aber voraus, dass ihm nach der Konzeption der schulischen Ausbildung dafür überhaupt genügend Zeit zur Verfügung stünde.

cc)

Dieses Normverständnis steht nicht in Widerspruch zu der gesetzlichen Ausgestaltung der Förderung einer Ausbildung an einer „Abend“-schule. Zwar setzt § 2 Abs. 5 Satz 1 BAföG für die Förderfähigkeit einer Ausbildung explizit voraus, dass diese die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen vollständig in Anspruch nimmt. Das wäre nach dem oben angeführten Bedeutungsinhalt des Begriffs der „Abend“-schule in dieser Schulform typischerweise gerade nicht der Fall, weshalb eine Förderung einer solchen Ausbildung an § 2 Abs. 5 BAföG regelmäßig scheitern würde, obwohl sie nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 der Norm doch eigentlich gerade förderfähig sein soll. Dieser Widerspruch löst sich jedoch auf, wenn zu Grunde gelegt wird, dass eine Ausbildung an einer „Abend“-schule im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG nur insoweit förderfähig sein soll, als nach deren Konzeption nur für bestimmte einzelne Ausbildungsabschnitte - namentlich den oder die letzten vor den abschließenden Prüfungen - nicht jedoch für die Ausbildung insgesamt ein regelmäßiger Ausbildungsumfang vorgesehen ist, der zur vollzeitigen Inanspruchnahme des Auszubildenden führt. In diesem Sinne hat ausweislich von Tz. 2.11 BAföGVwV auch die bisherige Vollzugspraxis das Gesetz namentlich in Bezug auf Abendrealschulen interpretiert.

dd)

Auch die Entstehungsgeschichte der Norm spricht für ein solches Normverständnis. Im Grundsatz wurden für die Bezeichnungen der Ausbildungsstättenarten im Gesetz wohl ohne weitere inhaltliche Diskussion die von der Ständigen Konferenz der Kultusminister (KMK) verwendeten Begrifflichkeiten übernommen (vgl. Fischer in: Rothe/Blanke, BAföG, Loseblatt-Kommentar, 5. Aufl. Stand Januar 2011, § 2 Rn. 1; BT-Drs. VI/1975, S. 21). Jedoch führt die Begründung des Entwurfs der Ursprungsfassung gleichwohl ins Einzelne gehende Definitionen der benannten Ausbildungsstättenarten auf (BT-Drs. VI/1975, S. 21). Die „Abendrealschule“ ist darin ausdrücklich als eine Schulform beschrieben, die Berufstätigen in Abendkursen die Realschulausbildung vermittelt. Beschlüsse der KMK, die den Begriff der Abendrealschule davon abweichend umschreiben, sind dem Gericht nicht bekannt. Vielmehr versteht auch die KMK den Begriff der Abendrealschule offenbar nach wie vor so, dass darunter Abendkurse fallen (vgl. z.B. den Bericht der KMK „Das Bildungswesen in der Bundesrepublik Deutschland 2010/2011“ Ziffer 8.2, S. 169f, auszugsweise veröffentlicht unter: www.kmk.org/ fileadin/doc/…pdfs/erwachsenenbildung.pdf, und die Darstellung in „Definitionen der Schulstatistik 2012, S. 14, veröffentlicht unter: www.kmk.org/ fileadmin/pdf/ Statistik/Defkat_2012.2_m_Anlagen.pdf). Zwar enthält die Begründung der Ursprungsfassung des Gesetzes zudem den Hinweis, dass die im Gesetz aufgeführten Schulgattungen „unbeschadet in Einzelheiten abweichender landesrechtlicher Bestimmungen“ zu definieren seien. Gleichwohl ergibt sich daraus eindeutig, dass der Bundesgesetzgeber konkrete eigene Vorstellungen zum Begriffsverständnis der aufgeführten Ausbildungsstättenarten hatte und es sich bei den im Gesetz verwendeten Begriffen insoweit zumindest im Grundsatz um bundesrechtliche Begriffe handelt, die vorrangig nach Maßgabe des Bundesgesetzes, namentlich des § 2 Abs. 1 Satz 2 BAföG, auszulegen sind. Den Ländern sollte insoweit ein Gestaltungsspielraum allenfalls „in Einzelheiten“ eröffnet sein.

ee)

Angesichts dessen kann sich der Antragsteller schließlich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass der von ihm besuchte Ausbildungsgang am Weser-Kolleg in D. nach dem Landesschulgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen und nach dem für das Land geführten Ausbildungsstättenverzeichnis als „Abendrealschule“ bezeichnet wird.

Etwaigen Regelungen in den Landeschulgesetzen - hier in §§ 23, 52 SchulG - NRW - kommt lediglich indizielle Bedeutung im Hinblick auf die Zuordnung eines konkreten Ausbildungsganges zu einer der im BAföG genannten Ausbildungsstättenarten zu. Denn den Ländern fehlt die Gesetzgebungskompetenz zumindest für eine förderungsrechtlich wirksam werdende, aber den Leitvorstellungen des Bundesgesetzgebers widersprechende eigenständige inhaltliche Definition der in § 2 Abs. 1 BAföG aufgeführten Ausbildungsstättenarten (ebenso Ramsauer/ Stallbaum/ Sternal, BAföG, 4. Aufl. 2005, § 2 Rn. 7; a. A. jedoch ohne inhaltliche Auseinandersetzung mit der kompetenziellen Fragestellung: Fischer in Rothe/Blanke, a.a.O., § 2 Rn. 12.1 unter Hinweis auf BVerwG, Beschl. vom 26.10.87, 5 B 31/86, juris, das sich darin mit dieser Frage allerdings ebenfalls nicht befasst). Das BAföG selbst enthält keinerlei Hinweis, dass die inhaltliche Definition der in § 2 Abs. 1 benannten verschiedenen Ausbildungsstättenarten kompetenziell den jeweiligen Landes(schul)gesetzgebern überlassen sein soll, bzw. dass das BAföG insoweit an die jeweiligen landesschulrechtlichen Regelungen lediglich anknüpft (so aber - ohne Begründung - das BVerwG, a.a.O.), ohne eigene inhaltliche Vorgaben zu enthalten. Auch die Begründung zur Ursprungsfassung des Gesetzes spricht dagegen, indem darin ausdifferenzierte eigene Definitionen der jeweiligen Begriffe aufgeführt werden.

Den von den jeweiligen Landesämtern für Ausbildungsförderung geführten Ausbildungsstättenverzeichnissen kommt mangels einer entsprechenden Rechtsqualität ebenfalls keine gegenüber den Verwaltungsgerichten greifende Bindungswirkung zu (vgl. Ramsauer/Stallbaum/Sternal, a.a.O., § 2 Rn. 6; Fischer in: Rothe/Blanke, a.a.O., § 2 Rn. 12.1).

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 VwGO.