Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 28.01.1988, Az.: 4 VG A 134/87
Anerkennung als schadstoffarm in der allgemeinen Betriebserlaubnis; Fahrzeuge mit Fremdmotoren oder Selbstzündungsmotoren; Grund für die Schlechterstellung von kleineren Fahrzeugen bei der Steuergesetzgebung
Bibliographie
- Gericht
- VG Braunschweig
- Datum
- 28.01.1988
- Aktenzeichen
- 4 VG A 134/87
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1988, 20408
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGBRAUN:1988:0128.4VG.A134.87.0A
Rechtsgrundlagen
- § 2 Abs. 2 S. 2 KFZ-SteuerG
- § 47 Abs. 2a S. 1 StVZO
- Art. 3 GG
Fundstellen
- NJW 1988, 1229-1230 (Volltext mit red. LS)
- NVwZ 1988, 569 (red. Leitsatz)
Verfahrensgegenstand
Anerkennung eines Kraftfahrzeuges als schadstoffarm
Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig hat
auf die mündliche Verhandlung vom 28. Januar 1988
durch
den Vorsitzenden Richter am Verwaltung
für Recht erkannt:
Tenor:
Der Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 1986 in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung Braunschweig vom 08. Mai 1987 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
I.
Der Kläger ist Halter eines Kraftfahrzeuges (Pkw) vom Typ Opel-Corsa. Dieses Fahrzeug hat einen Hubraum von 1281 cm³. Das Fahrzeug ist lit einem geregelten 3-Wege-Katalysator ausgestattet und erfüllt unstreitig die Abgas-Nord, die in der Anlage XXIII zu § 47 Abs. 2 a StVZO aufgestellt ist. Der Landkreis Northeim bescheinigte daher am 13.01.1986 für das Finanzamt, daß der Pkw des Klägers als "schadstoffarm" anerkannt werde. Entsprechend erfolgte die steuerliche Behandlung des Fahrzeuges. Unter den 23.06.1986 teilte der Beklagte dem Finanzamt Northeim sodann folgendes mit: "Hiermit widerrufe ich meine am 13.01.1986 abgegebene Erklärung über die Anerkennung der Schadstoffarmut des Kraftfahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen NOM-... Das obige Fahrzeug enthält in der allgemeinen Betriebserlaubnis einen Hinweis auf die Stufe der Schadstoffarmut. Nach den gesetzlichen Bestimmungen können Fahrzeuge mit einen Hubraum unter 1400 cm³ als bedingt schadstoffarm Stufe C anerkannt werden. Ein entsprechender Eintrag im Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein konnte bisher nicht vorgenommen werden. Eine Anerkennung kann aus diesen Grunde nicht erfolgen.". Gleichzeitig verfügte der Sachbearbeiter, daß eine Durchschrift an den Fahrzeughalter zu senden sei. Unter dem 24.06.1986 erhielt der Kläger das Schreiben an das Finanzamt des Beklagten mit folgenden Anschreiben: "Sehr geehrter Herr ...! Anliegende Kopie meines Schreibens an das Finanzamt Northeim übersende ich zu Ihrer Kenntnis.".
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, daß sein Fahrzeug als schadstoffarm anerkannt werden müsse, weil es mit einen 3-Wege-Katalysator und Lambda-Sonde ausgestattet sei. Der Widerspruch des Klägers wurde von der Bezirksregierung Braunschweig unter dem 08.05.1987 mit der Begründung zurückgewiesen, daß es sich beim Ausgangsbescheid um die Rücknahme eines begünstigenden, rechtswidrigen Verwaltungsaktes nach § 48 VwVfG handele. Die Anerkennung des Fahrzeuges als schadstoffarm sei rechtswidrig gewesen, weil gemäß § 47 Abs. 2 a StVZO i.V.m. der Anlage XXIII die Anerkennung eines Fahrzeuges mit einen Hubraum von weniger als 1400 cm³ als schadstoffarm nicht möglich sei. Bei derartigen Fahrzeugen könne gemäß § 47 Abs. 2 b i.V.m. der Anlage XXIV lediglich eine Anerkennung als bedingt schadstoffarm - Stufe C - in Betracht. Unter Berücksichtigung der Steuergerechtigkeit werde die Anerkennung zurückgenommen. Dies geschehe auch für die Vergangenheit, weil auch bei der Anerkennung als "bedingt schadstoffarm" zunächst eine Steuerbefreiung eintrete.
Der Kläger hat rechtzeitig Klage erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, daß die ursprüngliche Anerkennung als "schadstoffarm" fortbestehen müsse, weil sein Fahrzeug tatsächlich den technischen Anforderungen nach Anlage XXIII zu § 47 Abs. 2 a StVZO entspreche. Die Benachteiligung kleinerer Fahrzeuge verstoße gegen den Gleichheitssatz.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 23. Juni 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Mai 1987 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er führt aus, an die zugrundeliegenden Bestimmungen gebunden zu sein. Der Kläger genieße keinen Vertrauensschutz, da schon zum Zeitpunkt des Kaufes des Fahrzeuges im Januar 1986 die Regelung bestanden habe, daß Fahrzeuge unter 1400 cm³ lediglich als bedingt schadstoffarm eingestuft werden konnten.
Der Berichterstatter hat mit Verfügung vom 09.11.1987 beim Bundesminister für Verkehr angefragt, welche Erwägungen dem Ausschluß der Anerkennung als schadstoffarm für Fahrzeuge unter 1400 cm³ zugrundeliegen. Auf die Antwort vom 19.01.1988 wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
II.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Auch wenn der Kläger die begehrte längere Steuerbefreiung in diesen Verfahren selbst nicht erreichen kann, fehlt es ihn nicht am Rechtsschutzinteresse. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KFZ-SteuerG sind nämlich die Feststellungen der Zulassungsbehörden dafür maßgebend, ob ein Pkw als schadstoffarm oder bedingt schadstoffarm zu beurteilen ist.
Es handelt sich um eine Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 VwGO. Denn das Schreiben des Beklagten an das Finanzamt Northeim vom 23.06.1986 stellt einen belastenden Verwaltungsakt dar. Die Anerkennung als schadstoffarm in der allgemeinen Betriebserlaubnis und in der Bescheinigung für das Finanzamt vom 13.01.1986 stellt einen begünstigenden Verwaltungsakt dar. Denn mit dieser Maßnahme wird in Form einer Feststellung geregelt, daß das Fahrzeug des Klägers die Bestimmungen der StVZO für die Anerkennung als schadstoffarm erfüllt. Dementsprechend stellt auch das Schreiben vom 23.06.1986 einen Verwaltungsakt dar. Dieses ist zwar an das Finanzamt Northeim gerichtet und enthält keine Rechtsbehelfsbelehrung. Jedoch erklärt die Behörde gegenüber dem Finanzamt, daß die Anerkennung als schadstoffarm nunmehr aufgehoben werde. Der Behörde war auch bewußt, hiermit gegenüber dem Kläger eine belastende Regelung zu treffen. Denn sie hat dem Kläger das Schreiben vom 23.06.1986 nachrichtlich übersandt. Die Tatsache, daß unzutreffend von einen "Widerruf" die Rede ist, und auch eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht erfolgt ist, führt nicht dazu, die Verwaltungsaktqualität abzulehnen. Mit Recht hat daher auch die Bezirksregierung Braunschweig das Einspruchsschreiben des Klägers als Widerspruch behandelt. Richtigerweise stellt der Widerspruchsbescheid den Ausgangsbescheid auf die allein in Betracht kommende Rechtsgrundlage, nämlich § 48 des VwVfG. Vorliegend kommt nämlich nur die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes in Betracht. Der Ausgangsbescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides erweist sich jedoch als rechtswidrig im Sinne von § 113 Abs. 1 VwGO, weil er der Rechtslage nicht entspricht. Die Anerkennung als schadstoffarm für das Kraftfahrzeug des Klägers war nämlich nicht rechtswidrig, sondern rechtmäßig. Die Voraussetzungen für den Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 49 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor, ganz abgesehen davon, daß der Beklagte sich auf diese Ermessensbestimmung auch nicht bezogen hat.
Der Beklagte könnte nur im Recht sein, wenn § 47 Abs. 2 a StVZO i.V.m. der Anlage XXIII unter dem Gesichtspunkt verfassungsmäßig ist, daß Fahrzeuge mit weniger als 1400 cm³ von vornherein nicht als schadstoffarm anerkannt werden können. Das ist jedoch nicht der Fall.
§ 47 Abs. 2 a Satz 1 StVZO lautet: "Fahrzeuge mit Fremd- oder Selbstzündungsmotoren, die den Vorschriften der Anlage XXIII entsprechen, gelten als schadstoffarm.". § 47 Abs. 2 b Satz 1 StVZO lautet: "Fahrzeuge mit Fremd- oder Selbstzündungsmotoren, die den Vorschriften der Anlage XXIV entsprechen, gelten als bedingt schadstoffarm.". Während in der Anlage XXIII kein Ausschluß der Fahrzeuge unter 1400 cm³ vorgesehen ist, bestimmt die Anlage XXIV unter 1.2.3, daß als bedingt schadstoffarme Pkw der Stufe C Personenkraftwagen mit Motoren gelten, die einen Hubraum von weniger als 1400 cm³ haben, wenn diese den weiteren Anforderungen der Anlage XXIV entsprechen. Hieraus ergibt sich, daß Fahrzeuge mit Motoren mit weniger als 1400 cm³ auch dann nicht unter die Anerkennung nach Anlage XXIII als schadstoffarm fallen können, wenn sie die strengere Abgasnorm ansonsten erfüllen.
Diese Regelung verstößt gegen Artikel 3 GG und ist Insoweit unwirksam. Artikel 3 Abs. 1 GG enthält die allgemeine Weisung an den Gesetzgeber (hier: Verordnungsgeber), bei steter Orientierung am Gerechtigkeitsgedanken "Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden" zu behandeln. Eine Maßnahme ist nicht am Gerechtigkeitsgedanken orientiert und damit der Gleichheitssatz verletzt, wenn sich für sie keine vernünftigen Erwägungen finden lassen, die sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonstwie einleuchtend sind, die Maßnahme also als willkürlich bezeichnet werden muß. Artikel 3 Abs. 1 GG gebietet, weder wesentlich Gleiches willkürlich ungleich, noch wesentlich Ungleiches willkürlich gleich zu behandeln. (Vgl. von Münch-Gubelt, Grundgesetz-Kommentar, Art. 3 Anm. 10 mit Nachweisen der Rechtsprechung des BVerfG.) Vorliegend geht es um das Differenzierungsmerkmal der Hubraumgröße, wobei Fahrzeuges mit Motoren über 1400 cm³ bevorteilt, Fahrzeuge mit Motoren unter 1400 cm³ benachteiligt werden. Zu beurteilen ist vorliegend die gewählte Grenze von 1400 cm³ Hubraum. Hierzu gilt: "Das gewählte Differenzierungskriterium muß geeignet sein, das Differenzierungsziel zu erreichen. Dabei hat besondere Bedeutung der Gesichtspunkt der Sachgemäßheit, verschiedentlich auch als "Systemgerechtigkeit" bezeichnet. Der Gesetzgeber (hier: Verordnungsgeber) muß den tatsächlichen Gegebenheiten, der Sachgesetzlichkeit des zu ordnenden Tatbestandes Rechnung tragen. Einmal muß das Differenzierungskriterium - und damit die Ungleichbehandlung selbst - den Gesetzlichkeiten entsprechen, die sich aus der Art des zu regelnden Lebensbereiches speziell ergeben, zum anderen müßten die von dem konkreten Gesetz erfaßten Tatbestände in sich sachgesetzlich geregelt werden" (vgl. von Münch-Gubelt, Art. 3 GG Anm. 24 m.w.N. aus der Rechtsprechung des BVerfG). Diese aus Art. 3 GG sich ergebenden Forderungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die in Rede stehende Differenzierung ist nämlich offenkundig nicht aus Gründen der Sachgerechtigkeit, sondern lediglich aus Gründen politischer Rücksichtnahmen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft erfolgt. Mutmaßlich geht es darum, daß die Herstellerländer von kleinen Kraftfahrzeugen (Frankreich, Italien) sich nicht in der Lage sahen, Kleinfahrzeuge mit geregelten 3-Wege-Katalysator (US-Abgasnorm) wettbewerbsfähig auf den Markt zu bringen. Offenbar ist aus diesen Grunde eine Einigung dergestalt erzielt worden, daß die Kleinfahrzeuge unter 1400 cm³ aus der Steuerbefreiung herausgenommen werden sollten, um den betreffenden Herstellerländern Wettbewerbsnachteile zu ersparen. In der Begründung zur Änderungsverordnung zur StVZO vom 24.06.1985 (Bundesrats-Drucksache 160/85) heißt es unter Ziff. 7: "Aufgrund der Beschlüsse des Ministerrats (Umweltminister) der E6 vom 21.03.1985 wird für Kraftfahrzeuge mit einem Hubraum bis 1400 cm³ eine diesen Beschlüssen entsprechende Regelung getroffen ... Sie werden daher zunächst als bedingt schadstoffarme Fahrzeuge der Stufe C in die Anlage XXIV eingeordnet ... und demgemäß aus der Anlage XXIII herausgenommen ... In einer zweiten zeitlichen Phase, die beginnen soll, wenn für diese Fahrzeuge 1987 im Rahmen der EG schärfere Grenzwerte festgelegt sind, wird sich die steuerliche Förderung ändern, da diese Fahrzeuge dann als schadstoffarm gelten werden.". Hieraus ergibt sich, daß die Schlechterstellung der kleineren Fahrzeuge lediglich aufgrund von "Beschlüssen des Ministerrates der EG" erfolgt ist. Die Schlechterstellung wird also insbesondere nicht mit den schlechteren technischen Werten dieser Fahrzeuge begründet. Vielmehr soll sich nach der zitierten Begründung die steuerliche Förderung später ändern, da diese Fahrzeuge dann als schadstoffarm gelten sollten, wenn im Rahmen der EG schärfere Grenzwerte festgelegt worden sind. Die Stellungnahme des Bundesministers für Verkehr vom 19. Januar 1988 ergibt im übrigen, daß auch dieser für die von ihm erlassene Verordnung keine sachlichen Gründe hinsichtlich der Benachteiligung der kleineren Kraftfahrzeuge vortragen kann. Er hat insoweit lediglich ausgeführt, daß die Personenkraftwagen unter 1400 cm³ Hubraum gemäß Beschluß der EG-Umweltminister vom 20./21. März 1985 aus der Förderung der schadstoffarmen Personenkraftwagen herausgenommen werden müßten. Von schlechteren technischen Werten der kleineren Fahrzeuge geht der Bundesminister für Verkehr selbst offenbar nicht aus, da er weiterhin ausgeführt hat, daß Kleinfahrzeuge mit geregeltem Katalysator nach den Smog-Verordnungen der Länder im allgemeinen bei Smogalarm benutzt werden können, also in diesen Zusammenhang ebenso wie die größeren abgasgereinigten Fahrzeuge behandelt werden.
Danach ist jedenfalls im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ein sachlicher (aus der Natur der Sache heraus sich ergebender) Grund für die Schlechterstellung der kleineren Fahrzeuge nicht ersichtlich. Politische Rücksichtnahmen ersetzen nicht das Gebot der Gleichbehandlung im wesentlichen gleicher Sachverhalte. Ganz im Gegenteil ist aus der Steuergesetzgebung zu entnehmen, daß die kleineren Fahrzeuge höhere steuerliche Vorteile genießen. Aus § 3 b Abs. 2 des KFZ-SteuerG ergibt sich, daß die steuerliche Förderung um so geringer ist, je größer der Hubraum des betreffenden Pkw-Motors ist. Die größte steuerliche Förderung ergibt sich für die Fahrzeuge zwischen 1400 und 1500 cm³ Hubraum. Auch bei der Steuerbefreiung für bedingt schadstoffarme Personenkraftwagen Stufe C ergibt sich nach § 3 c KFZ-SteuerG, daß auch hier die Kleinfahrzeuge bis 1000 cm³ Hubraum den größten Steuervorteil genießen, die Fahrzeuge von 1300 cm³ bis weniger als 1400 cm³ einen geringeren Steuervorteil erhalten können. Weshalb also Fahrzeuge lit Motoren, die die Anlage XXIII zu § 47 Abs. 2 a StVZO erfüllen, jedoch geringeren Hubraum als 1400 cm³ aufweisen, aus der steuerlichen Förderung als schadstoffarm herausfallen sollen, ist nicht nachvollziehbar.
Die Kammer ist selbst in der Lage, die Unwirksamkeit der Verordnung in diesem Punkt auszusprechen und dem Kläger durch Wiederherstellung der ursprünglichen Entscheidung zur Anerkennung seines Fahrzeuges als schadstoffarm zu verhelfen. Nach Art. 100 GG besteht das sog. Verwerfungsmonopol des Bundesverfassungsgerichtes hinsichtlich von Rechtsnormen allein bei Gesetzen. Vorliegend handelt es sich nicht um ein Gesetz, sondern um eine Verordnung. Das Gericht ist im Rahmen der sog. "Inzident-Kontrolle" selbst befugt, die Verfassungsmäßigkeit der Verordnung zu überprüfen.
Durch den vorliegend ausgesprochenen Klageerfolg des Klägers wird auch nicht etwa der Geltungsbereich einer begünstigenden Rechtsnorm über den vom Verordnungsgeber hinaus gewollten Berechtigtenkreis unzulässig erweitert. Hierzu hat das BVerfG mit Beschluß vom 28.11.1967 (BVerfGE 32, 349 f. (360)) ausgeführt: Die Zulässigkeit verfassungsrechtlicher Angriffe gegen solche "Gesetzeslücken" unter Berufung auf Art. 3 Abs. 1 GG, besonders dagegen, daß die bestimmten Gruppen zuerkannten Leistungen oder Vergünstigungen trotz angeblich gleichliegenden Sachverhalts nicht auch anderen Personengruppen gewährt werden, kann zunächst nicht davon abhängen, auf welche Weise der Wille des Gesetzgebers Ausdruck gefunden hat. Ergibt sich der behauptete Verfassungsverstoß daraus, daß der Gesetzgeber die betroffene Gruppe ausdrücklich ausgeschlossen hat, so bereitet gesetzestechnisch die Zulässigkeit keine Schwierigkeiten, weil ohne weiteres die Möglichkeit besteht, den Verfassungsverstoß dadurch zu beseitigen, daß die Ausstoßvorschrift oder die einschränkenden Satzteile oder Worte für nichtig erklärt werden (...) mit der Folge, daß die Vergünstigung nunmehr auch der zunächst ausgeschlossenen Gruppe zugute kommt. Liegt dagegen der angebliche Verfassungsverstoß in einen Schweigen des Gesetzgebers - nämlich darin, daß die begünstigende Regelung die benachteiligte Gruppe überhaupt nicht erwähnt und nach Wortlaut und Sinn auch keine entsprechende Anwendung auf sich zuläßt -, so ist es gesetzestechnisch nicht möglich, eine solche Lücke für nichtig zu erklären (...); die Einbeziehung der benachteiligten Gruppe kann also durch eine Nichtigerklärung oder Teilnichtigerklärung der gesetzlichen Regelung nicht erreicht werden. Das Bundesverfassungsgericht kann daher, wenn es den Verfassungsverstoß als gegeben ansieht und dem Anliegen des Beschwerdeführers entsprechen will, im Entscheidungssatz nur aussprechen, daß die bestehende gesetzliche Regelung Art. 3 Abs. 1 GG dadurch verletzt, daß sie die betroffene Personengruppe nicht berücksichtigt; die einbezogene Gruppe in die begünstigende Regelung bleibt dann Sache des Gesetzgebers. Diese Grundsätze sind auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zu übertragen, welches im Rahmen der "Inzident-Kontrolle" Rechtsnormen unterhalb der Gesetze verwerfen kann. In diesem Rahmen kann der Zusatz in Anlage XXIV zu § 47 Abs. 2 b StVZO unter 1.2.3 "mit einem Hubraum von weniger als 1400 cm³" für unwirksam erklärt werden. Hieraus ergibt sich dann automatisch, daß auch Fahrzeuge mit Motoren unter 1400 cm² unter die Anerkennung als schadstoffarm nach § 47 Abs. 2 a StVZO fallen, wenn sie im übrigen die Abgasnorm der Anlage XXIII erfüllen. So liegen die Dinge hier. Durch die Aufhebung des Bescheides vom 23.06.1986 wird die ursprüngliche Anerkennung des Fahrzeuges des Klägers als schadstoffarm wieder hergestellt mit der Folge, daß das Finanzamt für die Besteuerung diesen Sachverhalt im Wege der Tatsbestandswirkung zu berücksichtigen hat. Die weiteren steuerrechtlichen Fragen dieses Sachverhaltes müssen gegebenenfalls in einem späteren steuerrechtlichen Verfahren geklärt werden.
Der Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Ziff. 11 ZPO.