Verwaltungsgericht Braunschweig
Urt. v. 07.09.2016, Az.: 5 A 99/15

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
07.09.2016
Aktenzeichen
5 A 99/15
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 36765
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • Kriminalistik 2017, 48
  • NdsVBl 2016, 7

Amtlicher Leitsatz

Einzelfall, in dem die Behörde rechtmäßig einen Reisepass eingezogen und den räumlichen Geltungsbereich eines Personalausweises beschränkt hat, weil zur Person des Passinhabers bekannte Tatsachen es hinreichend nahe legen, er wolle am bewaffneten Jihad teilnehmen oder diesen unterstützen.

In der Verwaltungsrechtssache
des Herrn A.,
Klägers,
Proz.-Bev.:
Rechtsanwalt Ögüt, Schillergalerie,
Goethestraße 61, 38440 Wolfsburg, - B. -
gegen
die Stadt Wolfsburg, vertreten durch den Oberbürgermeister,
Porschestraße 49, 38440 Wolfsburg, - C. -
Beklagte,
Streitgegenstand: Pass- und Ausweisrecht
hat das Verwaltungsgericht Braunschweig - 5. Kammer - am 7. September 2016 ohne mündliche Verhandlung durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht Schlingmann-Wendenburg, die Richterin Hoke, den Richter am Verwaltungsgericht Brölsch, die ehrenamtliche Richterin D. und den ehrenamtlichen Richter E. für Recht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10.000 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich dagegen, dass die Beklagte ihm den Reisepass entzogen und ihm die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland untersagt hat.

Der im Jahr 1986 in Deutschland geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger; im Bundeszentralregister ist auch eine (frühere) algerische Staatsangehörigkeit für ihn eingetragen. Er lebt mit seiner Ehefrau und seinen Eltern im Stadtgebiet der Beklagten und ist in einer Festanstellung bei der F. beschäftigt.

Das Bundeszentralregister (Bl. 93 f. der Gerichtsakte) enthält aktuell zwei strafrechtliche Verurteilungen des Klägers: im Jahr 2006 wegen einer falschen uneidlichen Falschaussage in Tateinheit mit versuchter Strafvereitelung zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen und im Jahr 2007 wegen einer Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von 4 Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Unter dem 14. Mai 2009 erteilte die Beklagte dem Kläger einen bis zum 13. Mai 2015 gültigen Reisepass. Auf diesem sind Reisen des Klägers nach Ägypten (vom 24. Dezember 2011 bis zum 7. Januar 2012 sowie vom 28. April 2012 bis zum 8. Mai 2012; Ein- und Ausreise jeweils mit dem Flugzeug), Saudi-Arabien (vom 15. Oktober 2012 bis zum 4. November 2012) sowie seit dem Jahr 2012 insgesamt sechs Reisen in die Türkei vermerkt. Der Kläger hielt sich hierbei für die folgende Anzahl an Nächten in der Türkei auf: 14 (Dezember 2012), 6 (März 2013), 3 (Anfang Dezember 2013), 4 (Ende Dezember 2013), 1 (Mai 2014), 8 (August 2014). Auf den letzten drei dieser Reisen im Zeitraum von Ende Dezember 2013 bis zum August 2014 reiste der Kläger jeweils auf dem Landweg über Edirne in die Türkei ein und gelangte auf dem Luftweg von Istanbul aus zurück nach Deutschland. Wegen der Einzelheiten wird auf die Auswertung der im Reisepass eingetragenen Stempel (Bl. 26 ff. der Beiakte A zum Verfahren 5 A 202/15) verwiesen.

Der Kläger war vom Landeskriminalamt Niedersachsen (LKA Niedersachen) sowie vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur Kontrolle und Grenzfahndung ausgeschrieben, weil die Sicherheitsbehörden davon ausgingen, dass er Teil der gewaltbereiten islamistischen Szene sei und "Jihadkämpfer" rekrutieren und unterstützen bzw. sich selbst an Aktionen des militanten "Jihad" beteiligen wolle.

Am 28. Dezember 2014 beabsichtigte der Kläger, vom Flughafen G. nach Istanbul zu fliegen. Weil er zur Grenzfahndung ausgeschrieben war, kontrollierten ihn Beamte der Bundespolizei beim Checkin. Ausweislich des polizeilichen Berichts vom 28. Dezember 2014 (Bl. 8 ff. der Beiakte A zum Verfahren 5 A 202/15) sowie des Bescheids der Bundespolizeidirektion G. vom selben Tag (Bl. 11 ff. der Beiakte A zum Verfahren 5 A 202/15) gab der Kläger auf Befragen gegenüber den ihn kontrollierenden Beamten an, für vier Tage nach Istanbul reisen zu wollen, um sich dort einer Zahnbehandlung zu unterziehen; weitere Pläne habe er nicht, nach der Behandlung wolle er sofort nach Deutschland zurückreisen. Den genauen Termin für die Behandlung habe er nicht nennen, Belege für eine beabsichtigte zahnärztliche Behandlung habe er nicht vorweisen können. Anschließend wurde das Gepäck des Klägers durchsucht. Dort befanden sich unter anderem in einem speziellen Transportkoffer ein neuwertiger sogenannter Quadrocopter (Flugdrohne) mit einer Kamera im Wert von circa 1.200 € sowie Bargeld im Wert von 9.350 €. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll der Bundespolizei G. über die Asservierung der Drohne und des Geldes sowie die Lichtbilder (Bl. 19 ff. der Beiakte A zum Verfahren 5 A 202/15) verwiesen. Auf Vorhalt gab der Kläger gegenüber den Beamten der Bundespolizei ausweislich des Protokolls insoweit an, die Flugdrohne neu erworben zu haben und in Istanbul erstmals ausprobieren zu wollen; mit dem Bargeld habe er die Zahnbehandlung bezahlen und Geschenke für seine Ehefrau kaufen wollen.

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2014 untersagte die Bundespolizeidirektion G. dem Kläger auf der Grundlage von § 10 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 i.V.m. § 7 Abs. 1 Passgesetz (PaßG) befristet bis zum 25. Januar 2015 die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland und begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Die Sicherheitsbehörden hätten aus der salafistischen Szene in Wolfsburg, der der Kläger angehöre, vermehrt Hinweise erhalten, dass der Kläger beabsichtige, nach Syrien zu reisen, um sich aufseiten des sogenannten Islamischen Staates (IS) an Kampfhandlungen zu beteiligen. Der Kläger habe Kontakte zu Personen, die sich bereits in Syrien aufhielten und an Kampfhandlungen teilnähmen. Die Flugdrohne, die er bei sich geführt habe, sei als militärisches Gerät nutzbar. Seine Angaben zu deren Verwendung sowie zum Grund seines Besuchs in der Türkei seien nicht plausibel, zumal er nicht schlüssig habe darlegen können, weswegen er eine so hohe Summe Bargeld mitgeführt habe. Aus den Eintragungen im Reisepass ergebe sich, dass er bereits häufiger in "Jihad-Regionen" gereist sei. Er sei wiederholt aufgrund diverser Straftaten (u.a. wegen Gewaltdelikten) polizeilich in Erscheinung getreten. In Anbetracht all dessen müsse davon ausgegangen werden, dass er aus der Bundesrepublik Deutschland ausreisen wolle, um sich aufseiten des IS an Kampfhandlungen zu beteiligen.

Die Bundespolizeidirektion G. beschlagnahmte zudem die Flugdrohne, das vom Kläger mitgeführte Bargeld in einer Höhe von 9.000 Euro sowie dessen Mobiltelefon. Unter dem 29. Dezember 2014 beantragte die Bundespolizeidirektion G. beim Amtsgericht Hannover die richterliche Bestätigung der Beschlagnahme. Im schriftlichen Bericht führte sie insoweit ergänzend im Wesentlichen wie folgt aus: In Wolfsburg habe es bereits in den Jahren 2007 bis 2010 ein Netzwerk gegeben, aus dem heraus wiederholt Kämpfer und Unterstützer für den religiös motivierten bewaffneten Kampf rekrutiert worden seien. Aktuell sei festzustellen, dass wieder vermehrt Personen aus Niedersachsen ausreisen würden, um sich dem bewaffneten "Jihad" z.B. aufseiten des IS in Syrien anzuschließen. Teilweise seien strafrechtliche Ermittlungsverfahren nach § 89 a/b StGB eingeleitet worden, teilweise würden Gefahrenermittlungen durchgeführt. Hinsichtlich des Klägers lägen Hinweise vor, dass er in die Rekrutierung / Unterstützung von Kämpfern involviert sei. So habe es am 5. Juni 2014 einen vertraulichen Hinweis gegeben, dass der Kläger vier Angehörige der salafistischen Szene in Wolfsburg zum Flughafen G. gebracht habe und sich diese nach Syrien begeben hätten. Drei dieser Personen hätten anschließend nachweislich aufseiten des IS im Irak bzw. in Syrien gekämpft; die vierte Person habe nicht ermittelt werden können. Außerdem habe der Kläger Kontakte zu weiteren Personen, die nachgewiesenermaßen für den IS gekämpft hätten. Seit dem Jahr 2013 habe der Kläger wiederholt Infostände mit Koranverteilungsaktionen im Bereich von Wolfsburg und Braunschweig angemeldet. Hinsichtlich der zahlreichen Reisen in die Türkei falle auf, dass der Kläger zuletzt die aufwändige Einreise über den Landweg gewählt habe, aber mit dem Flugzeug zurückgekehrt sei. Es sei nicht auszuschließen, dass dies geschehen sei, um strengere Kontrollen an den Flughäfen zu umgehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht zum Gefahrenermittlungsvorgang "H." (Bl. 1 ff. der Beiakte A zum Verfahren 5 A 202/15) verwiesen. Mit Beschluss vom 2. Januar 2015 bestätigte das Amtsgericht Hannover die Sicherstellung des Mobiltelefons und wies den Antrag, die Sicherstellung der Flugdrohne und des Bargeldes zu bestätigen, zurück. Das Amtsgericht begründete die Entscheidung im Wesentlichen wie folgt: Es bestünden aufgrund der durch das LKA Niedersachsen geführten Ermittlungen hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger die Teilnahme deutscher Staatsangehöriger am bewaffneten "Jihad" fördere. Zur Gefahrenabwehr sei die Auswertung der auf dem Mobiltelefon gespeicherten Daten erforderlich und angemessen. Dem Akteninhalt ließen sich hingegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Sicherstellung des Bargeldes und der Flugdrohne erforderlich seien, um eine Teilnahme des Klägers oder sonstiger Personen an Ausbildungs- oder Kampfhandlungen im Ausland oder eine sonstige Unterstützung von gewaltbereiten "Jihadisten" zu verhindern. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Amtsgerichts (Bl. 3 der Beiakte B zum Verfahren 5 A 202/15) verwiesen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 19. Januar 2015 entzog die Beklagte dem Kläger nach § 8 i.v.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 PaßG den Reisepass und untersagte nach § 6 Abs. 7 des Gesetzes über Personalausweise und den elektronischen Identitätsnachweis (PAuswG) die Ausreise aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Sie begründete dies im Wesentlichen wie folgt: Ein Pass könne entzogen werden, wenn Tatsachen bekannt würden, die nach § 7 Abs. 1 PaßG die Versagung der Passerteilung rechtfertigen würden. Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 PaßG sei dies der Fall, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passbewerber die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Dies sei hinsichtlich des Klägers der Fall. Von Polizeibehörden habe sie erfahren, dass er Angehöriger der salafistischen Szene in Wolfsburg sei und Kontakte zu Personen habe, die sich aktuell in Syrien aufhielten und aufseiten des IS an Kampfhandlungen teilnähmen. Es sei bekannt, dass er aktuell bzw. früher Kontakte zu bekannten militanten "Jihadisten" habe bzw. gehabt habe, namentlich zu Herr I., Herrn J. und zu Herrn K.. Unter Berücksichtigung seines Reiseverhaltens, das in seinem Reisepass dokumentiert sei, sowie wegen der bei dem Ausreiseversuch am 28. Dezember 2014 sichergestellten Gegenstände sei davon auszugehen, dass er Deutschland verlassen wolle, um an Kriegshandlungen des IS oder anderer militanter islamistischer Gruppierungen teilzunehmen oder diese zu unterstützen. Von seiner grundsätzlichen Gewaltbereitschaft sei bereits wegen diverser früherer Straftaten auszugehen. Aus diesem Grund untersage sie ihm zugleich nach § 6 Abs. 7 PAuswG die Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland. Die Beklagte ordnete die sofortige Vollziehung der beiden Maßnahmen an.

Mit Bescheid vom 13. Mai 2015 stellte die Beklagte die Flugdrohne und das Bargeld in Höhe von 9.000 Euro, die der Kläger am 28. Dezember 2014 mit sich geführt hatte, sicher und ordnete deren Vernichtung an. Dieser Bescheid ist Gegenstand des beim erkennenden Gericht anhängigen Verfahrens 5 A 192/15.

Mit Bescheid vom 4. Juni 2015 ordnete die Beklagte auf Anregung des Landeskriminalamtes Niedersachsen vom 3. Juni 2015 an, dass sich der Kläger im Zeitraum vom 8. Juni 2015 bis zum 20. Juli 2015 täglich unter Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises persönlich entweder bei der Polizeiinspektion in L., in M. oder bei jeder anderen Polizeidienststelle im Bundesgebiet zu melden habe. Sie ordnete die sofortige Vollziehung an und drohte für den Verstoß gegen die Meldeauflage an, ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro festzusetzen. Die sofortige Vollziehung dieses Bescheids hat das erkennende Gericht mit dem Beschluss vom 25. Juni 2015 im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren 5 B 203/15 bestätigt; die Rechtmäßigkeit der Meldeauflage ist Gegenstand des beim erkennenden Gericht anhängigen Hauptsacheverfahrens 5 A 202/15.

Am 5. Februar 2015 hat der Kläger die vorliegende Klage gegen den Bescheid vom 19. Januar 2015 erhoben. Im Hinblick darauf, dass die Gültigkeit des eingezogenen Reisepasses zum 13. Mai 2015 abgelaufen war, verfolgt er sein Begehren insoweit im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage weiter. Ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO, so der Kläger, resultiere schon daraus, dass die Beklagte die Ausstellung eines neuen Reisepasses aus den Gründen des Bescheids vom 19. Januar 2015 ablehnen werde. Gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 19. Januar 2015 wendet er ein, die Beklagte lege ihren Entscheidungen unzutreffende Annahmen zugrunde. Er habe nicht die Absicht, sich an Kriegs- oder Terrorhandlungen zu beteiligen. Er plane nicht - wie die Beklagte ihm unterstelle -, Kämpfer für den "Jihad" zu rekrutieren oder selbst hieran teilzunehmen oder sonstige Unternehmungen, die die innere oder äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder sonstige erhebliche Belange verletzten oder gefährdeten. Solche Handlungen habe er auch in der Vergangenheit nicht durchgeführt. Die Beklagte habe ihre gegenteiligen Behauptungen nicht nachgewiesen; sie sei aber darlegungs- und materiell beweisbelastet. Sie müsse ihre Gefahrenprognose nachvollziehbar und so konkret darlegen, dass sie im verwaltungsgerichtlichen Verfahren überprüft werden könne. Die Beklagte habe aber bereits keine Anknüpfungstatsachen für ihre Gefahrenprognose dargelegt, sondern stelle ausschließlich auf "Erkenntnisse" des LKA Niedersachsen und anderer Sicherheitsbehörden ab. Die Einlassung der Beklagten einschließlich seiner Verbindung zu militanten "Jihadisten" bleibe so eine bloße Behauptung der Beklagten. Er bestreite diese vollumfänglich. Stütze eine Behörde eine ordnungsrechtliche Maßnahme auf die Erkenntnisse anderer Behörden, müssten deren Erkenntnisse aber nachvollziehbar dargelegt werden. Die Einschätzung der Sicherheitsbehörden zu seiner Person werde diesen Anforderungen nicht gerecht.

Der Kläger beantragt,

festzustellen, dass der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2015 rechtswidrig gewesen ist und ihn in seinen Rechten verletzt hat, soweit die Beklagte ihm hiermit den Reisepass entzogen hat, und den Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2015 aufzuheben, soweit sie ihm hiermit die Ausreise aus dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untersagt.

Die Beklagte beantragt,

die Klagen abzuweisen.

Sie nimmt Bezug auf die angefochtenen Bescheide und trägt ergänzend im Wesentlichen wie folgt vor:

Der Kläger habe schon im November 2007 Kontakte zu Herrn N. unterhalten. Dieser sei als "Jihadist" einzustufen. Es sei davon auszugehen, dass dieser aktuell für den IS im Ausland tätig sei; insoweit sei ein Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Berlin anhängig. Herr N. sei bereits als Jugendlicher für die sogenannte Sauerlandgruppe tätig gewesen und habe für diese Bombenzünder über die Balkanroute beschafft.

Darüber hinaus habe der Kläger Kontakt zu Herrn K. gehabt. Dieser habe Wolfsburg im Jahr 2014 verlassen und sich dem IS angeschlossen. Im August 2014 habe er im Irak ein Selbstmordattentat verübt. Des Weiteren seien Kontakte des Klägers zu Herrn O. aus Wolfsburg belegt. Dieser habe Wolfsburg im November 2014 verlassen und sich dem IS angeschlossen, im Frühjahr 2015 sei er bei Kampfhandlungen für den IS ums Leben gekommen. Außerdem habe der Kläger Kontakt zu Herrn P. aus Wolfsburg. Zu diesem liege ein Behördenzeugnis des Bundesamtes für Verfassungsschutz wegen eines Organisationsbezugs zum IS und einer Ausreiseabsicht vor. Es gebe Hinweise, dass der Kläger am 28. Mai 2014 vier Personen bei der Ausreise nach Syrien unterstützt habe, unter anderem Herrn I.. Herr I. sei im Januar 2015 in Wolfsburg verhaftet worden wegen des Vorwurfs, er habe beim IS eine militärische Ausbildung erhalten und an Kampfhandlungen aufseiten des IS teilgenommen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger darüber hinaus zahlreiche weitere Kontakte zu Personen habe, die "jihadorientiert" seien, zumal er häufig die Q. Moschee in R. Straße in Wolfsburg besuche und diese Ausgangspunkt der "jihadistischen" Zelle in Wolfsburg sei.

Am 3. April 2015 sei der Kläger auf der BAB 60 mit Herrn S., einem szenebekannten Salafisten bzw. "Jihad"-Sympathisanten in einem Mietwagen in der Nähe der belgisch/luxemburgischen Grenze kontrolliert worden. Auffällig sei gewesen, dass ein Mietfahrzeug benutzt worden sei, obwohl sowohl der Kläger als auch Herr S.eigene Fahrzeuge besäßen und dass der Kläger 4.000 € Bargeld mit sich geführt und keine Angaben zum Verwendungszweck gemacht habe.

Ab dem 8. Juni 2015 habe er 6 Wochen Urlaub außerhalb der Werksferien beantragt und genehmigt bekommen, ohne dass ein nachvollziehbarer Grund hierfür erkennbar gewesen sei. Hieran sei auffällig , dass sich "Jihadisten" in der Vergangenheit regelmäßig während ihres Jahresurlaubs in das Ausland abgesetzt hätten.

Der Kläger habe sich auch weiterhin auffällig verhalten: So habe er ein Darlehen über 50.000 Euro ausgezahlt bekommen; außerdem habe er das Eigentum an einem Grundstück in Wolfsburg auf seinen jüngeren Bruder überschrieben. Der Kläger stehe in einem festen Arbeitsverhältnis bei der F. und bewohne mit seiner Ehefrau und seinen Eltern ein Wohnhaus. Ein nachvollziehbarer Grund für das hohe Darlehen sei nicht ersichtlich. Das Verhalten des Klägers entspräche insoweit aber einem typischen Muster ausreisewilliger "Jihadisten", weil Schulden bei aus deren Sicht Ungläubigen im Fall eines Märtyrertodes keine Schulden vor Allah seien.

Auffällig sei auch, dass der Kläger des Öfteren die salafistisch geprägte Braunschweiger Moschee der T. besuche. Es sei ungewöhnlich, dass der Kläger extra in eine andere Stadt reise, um dort die Moschee zu besuchen. Es sei aber polizeibekannt, dass aus der Klientel dieser Moschee seit Jahren wiederholt "Jihadisten" hervorgegangen seien.

Die Personen, die an den vom Kläger angemeldeten Informationsständen in Wolfsburg mitgewirkt hätten, seien nach Einschätzung der Polizeiinspektion überwiegend der salafistischen Szene in Wolfsburg und Umgebung zuzuordnen. Zahlreiche dieser Personen seien nach den Erkenntnissen des Landeskriminalamts später ins Ausland ausgereist, um am "Jihad" teilzunehmen, bzw. stünden im Verdacht, dies zu wollen. Dies gelte für Herrn U. (Ausreise zum IS im Jahr 2014), Herrn V. (Ausreise zu IS mit Ehefrau und Kindern im Oktober 2014), Herrn O. (Ausreise zum IS im November 2014, umgekommen im April 2015), Herrn W. (Verdacht des Werbens für den IS), Herrn X. (Verdacht, einer der führenden Köpfe des jihadistischen Salafismus in der Region zu sein), Herrn Y. (Verdacht, Anhänger des jihadistischen Salafismus zu sein), Herrn Z. (Verdacht, zum IS ausreisen zu wollen), Herrn AA. (Verdacht, zum IS ausreisen zu wollen; der Bruder AA. sei vermutlich zum IS ausgereist). Das Informationsmaterial an den Ständen sei nach der Bewertung der Islamwissenschaftler des Landeskriminalamtes überwiegend dem salafistischen Spektrum zuzurechnen. Wegen der Einzelheiten verweise sie auf die Liste der an den Informationsständen festgestellten Teilnehmer und Unterlagen (Beiakte 4).

Der Kläger sei auf einem Foto, das bei Facebook eingestellt gewesen sei, identifiziert worden. Es zeige ihn in einem Lokal in Berlin unter anderem in Begleitung von Herrn AB. und Herrn O., die sich kurz darauf dem IS angeschlossen hätten und mittlerweile bei Kampfhandlungen ums Leben gekommen seien.

In der mündlichen Verhandlung vom 16. April 2016 hat die erkennende Kammer den Kläger informatorisch sowie die Polizeibeamten Kriminalhauptkommissar AC. und Kriminalhauptkommissar AD. vom Landeskriminalamt sowie den Kriminaloberkommissar AE. von der Polizeiinspektion M. als Zeugen angehört. Wegen der Einzelheiten der jeweiligen Angaben wird auf das Sitzungsprotokoll (Bl. 98 ff. der Gerichtsakte) verwiesen. Mit einem Auflagen- und Beweisbeschluss vom 11. Mai 2016 hat die erkennende Kammer den Beteiligten aufgegeben, ihren bisherigen Sachvortrag zu im Einzelnen aufgeführten Gesichtspunkten zu substanziieren bzw. zu belegen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss (Bl. 111 ff. der Gerichtsakte) verwiesen. Der Kläger hat hierauf nicht reagiert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten in diesem sowie den Verfahren 5 A 192/15 und 5 A 202/15 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage, über die das Gericht mit dem Einverständnis der Beteiligten nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne weitere mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet.

Soweit sich der Kläger gegen die Entziehung seines Reisepasses wendet, ist die Klage als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig, nachdem sich die ursprünglich zulässige Anfechtungsklage im Sinne von § 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO mit Ablauf der Gültigkeit des Reisepasses zum 13. Mai 2015 während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens erledigt hat. Insbesondere hat der Kläger ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO an der gerichtlichen Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entziehung. Das berechtigte Interesse ergibt sich schon wegen der Vorgreiflichkeit der gerichtlichen Entscheidung über die Entziehung für eine zukünftige Neuerteilung: Beides beurteilt sich nach dem Maßstab von § 7 PaßG.

Soweit sich der Kläger gegen die ebenfalls mit dem Bescheid vom 19. Januar 2015 verfügte Beschränkung des räumlichen Geltungsbereichs seines Personalausweises wendet, ist die Anfechtungsklage statthaft. Die Beschränkung wirkt fort und hat sich prozessual nicht erledigt.

Die Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Januar 2015 ist rechtmäßig gewesen bzw. weiterhin rechtmäßig. Er hat den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt bzw. verletzt ihn auch aktuell nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 und Satz 4 VwGO.

Die Beklagte hat zu Recht nach § 8 i.V.m. § 7 Abs. 1 Nr. 1 PaßG den Reisepass des Klägers eingezogen und § 6 Abs. 7 PAuswG i.V.m. § 7 Abs. 1 PaßG den räumlichen Geltungsbereich des Personalausweises des Klägers so beschränkt, dass dieser nicht mehr zum Verlassen Deutschlands berechtigt. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, der Passbewerber gefährde die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist hinsichtlich des Klägers der Fall.

Zum rechtlichen Maßstab für die verwaltungsgerichtliche Kontrolle von behördlichen Entscheidungen nach den genannten Vorschriften hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen im Urteil vom 4. Mai 2015 (- 19 A 2097/14 -, Rn. 23 ff.) wie folgt ausgeführt:

"Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich. Denn sowohl bei der Entziehung des Reisepasses als auch bei der räumlichen Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Dauerverwaltungsakte sind solche Verfügungen, die einen fortwährenden Regelungsgehalt haben, und deren Rechtsgrundlage verlangt, dass ihre tatbestandlichen Voraussetzungen während des gesamten Wirkungszeitraums der Regelung vorliegen. ... Dies ist hier der Fall. Sowohl die Passentziehung als auch die räumliche Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises erschöpfen sich nicht in einer einmaligen Anordnung, sondern entfalten dauerhafte Wirkung für den Betroffenen.

...

Die Ausreise eines Deutschen zum Zweck der Unterstützung des militanten "Jihad" begründet eine Gefährdung sonstiger erheblicher Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne der 3. Variante des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Der Begriff "sonstige erhebliche Belange" ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, dessen Vorliegen der Senat in vollem Umfang nachzuprüfen hat. Er erfasst Tatbestände, die in ihrer Erheblichkeit den beiden anderen Tatbestandsvarianten (innere und äußere Sicherheit) nahekommen. Sie müssen so gewichtig sein, dass die Passbehörde sie aus zwingenden staatspolitischen Gründen der freiheitlichen Entwicklung in der Bundesrepublik voranstellen muss. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang der drei Tatbestandsvarianten des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG. Der Passinhaber gefährdet sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland insbesondere, wenn bestimmte Tatsachen die Prognose rechtfertigen, er werde sich im Ausland an Gewalttätigkeiten beteiligen, die geeignet sind, die auswärtigen Beziehungen oder unter besonderen Umständen auch das internationale Ansehen der Bundesrepublik zu schädigen.

...

Die Beteiligung am militanten "Jihad" ist geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik zu schädigen. Terroranschläge des militanten "Jihad", an denen deutsche Staatsangehörige mitwirken, tangieren massiv die Sicherheitsinteressen der davon betroffenen Länder sowie der internationalen Staatengemeinschaft und sind geeignet, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik nachhaltig zu beeinträchtigen. ... Dies unterstreicht der Umstand, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit der am 24. September 2014 verabschiedeten Resolution 2178 (2014) die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Personen, die im Ausland terroristische Taten begehen wollen, an der Einreise, dem Transit und der Ausreise zu hindern und entsprechende Taten unter Strafe zu stellen. Dabei werden sämtliche Vorbereitungs-, Unterstützungs- und Finanzierungshandlungen erfasst. ... Zudem gibt eine Vielzahl der militanten Kämpfer seine Herkunft und seine Staatsangehörigkeit in Videobotschaften in den sozialen Netzwerken öffentlich bekannt und kokettiert nicht selten sogar damit, Bürger eines westlichen Staates zu sein, den dieser Staat eingebürgert hat.

...

Der Passversagungstatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG setzt voraus, dass konkrete Tatsachen vorliegen, die die Begründetheit der behördlichen Gefahreneinschätzung nachvollziehbar rechtfertigen. Hinsichtlich dieser Gefahreneinschätzung erfordert § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG keine eindeutigen Beweise; es reicht aus, wenn der begründete Verdacht einer Gefährdung der Belange der Bundesrepublik Deutschland besteht. Eine bloße Möglichkeit, eine reine Vermutung oder ein durch konkrete Tatsachen nicht belegbarer Verdacht genügen hingegen nicht, um eine konkrete Gefährdungslage im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG zu begründen. Diese Herabstufung des anzulegenden Wahrscheinlichkeitsmaßstabs in Bezug auf die vorausgesetzte Gefährdung ergibt sich aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG, der lediglich verlangt, dass Tatsachen "die Annahme" einer Gefährdung im Sinne der Nr. 1 begründen, ohne dass die Gefährdung selbst vorliegen muss.

...

Insofern führt der Passversagungstatbestand in § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG zu einer ähnlichen Vorverlagerung des Gefährdungsschutzes wie auch der Ausschlusstatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 1 StAG im Rahmen der Einbürgerung.

...

Die Herabstufung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabs nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG erstreckt sich auf die von dieser Vorschrift vorausgesetzte Gefährdung, nicht aber auch auf die einzelnen "bestimmten Tatsachen" im Sinne dieses Eingriffstatbestandes. Diese Anknüpfungstatsachen für die Gefahrenprognose müssen nach Zeit, Ort und Inhalt so konkret gefasst sein, dass sie einer Überprüfung im gerichtlichen Verfahren zugänglich sind; für sie verbleibt es bei dem Regelbeweismaß der vollen richterlichen Überzeugungsgewissheit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

...

Bei einer Passentziehung wegen befürchteter Ausreise zur Teilnahme am bewaffneten "Jihad" kommen ebenso wie bei der Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises als Anknüpfungstatsachen vor allem konkrete Äußerungen des Passinhabers und seine Einbindung in einen Personenkreis von gewaltbereiten Islamisten sowie deren bisherige Aktivitäten und politische Ziele in Betracht (z. B. Teilnahme an regelmäßigen Zusammenkünften oder an einem Ausbildungscamp für Terroristen; Auffinden von Notizzetteln mit Rufnummern oder Anschriften).

...

Dabei ist es nicht erforderlich, dass das Reiseziel, die Art und Weise der Beteiligung am "Jihad" und die Rückkehrabsicht des Verfügungsadressaten jeweils konkret bezeichnet werden können. Angesichts des erheblichen Gewichts der Gefährdung kann insoweit auf allgemeine Erkenntnisse zur Unterstützung des bewaffneten "Jihad" zurückgegriffen werden. Hierzu ist dem Verfassungsschutzbericht 2013 unter anderem zu entnehmen, die Grenzen zwischen politischen und "jihadistischen" Salafisten seien fließend."

Die erkennende Kammer macht sich diesen Maßstab zu eigen. Mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Personalausweisgesetzes, zur Einführung eines Ersatz-Personalausweises und zur Änderung des Passgesetzes in Kraft getreten (BGBl. I, 2015, 970 ff.) haben sich insoweit keine maßgeblichen Veränderungen ergeben.

Diesen Maßstab zugrunde gelegt, nimmt die Beklagte zu Recht an, dass in der Person des Klägers der Passversagungsgrund nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 PaßG erfüllt ist. Die Kammer erkennt auf der Grundlage der Feststellungen im Verwaltungsverfahren sowie dem Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hinreichend bestimmte Anknüpfungstatsachen, die den Verdacht begründen, der Kläger werde durch seine Unterstützung oder Teilnahme am bewaffneten "Jihad" sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 PaßG gefährden. Dass die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid maßgeblich auf die 1. und 2. Variante von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PaßG - die Gefährdung der inneren oder äußeren Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland - abgestellt hat, ist schon deshalb unerheblich, weil es sich bei den verschiedenen Varianten von § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PaßG um tatbestandliche Voraussetzungen für ein Handeln der Beklagten handelt, sodass allein maßgeblich ist, ob sie objektiv erfüllt sind, und nicht, welche der verschiedenen Varianten die Beklagte als erfüllt angesehen hat.

Im Einzelnen erkennt das Gericht folgende Anknüpfungstatsachen:

Der Kläger hat zahlreiche Kontakte zu Personen, die dem "Jihad" beziehungsweise dem "jihadistischen Salafismus" angehören oder jedenfalls nahestehen. So hat bzw. hatte der Kläger, dies ist unstreitig, unter anderem zu folgenden Personen Kontakt:

- Herrn I. und Herrn AF., die mit rechtskräftigem Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Dezember 2015 (Aktenzeichen: 4-1/15) wegen der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden sind. Beide sind nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Celle gegen Ende Mai 2014 aus Wolfsburg ausgereist und über die Türkei nach Syrien zum IS gelangt. Der Kläger kennt sie, eigenen Angaben zufolge, aus der Q. Moschee in Wolfsburg. Sie waren dort - wie der Kläger - Mitglieder der zahlenmäßig kleinen Gruppe um Herrn AG.. Herr AF. hat - ausweislich des Sachaktenvermerks des Landeskriminalamtes Niedersachsen vom 22. Juni 2016 (Beiakte 4) zur Person des Klägers erklärt, er gehe davon aus, dass der Kläger zu den Radikalen gehöre und Kontakte zu den anderen in der Gruppe habe bzw. alle anderen kenne, weil er schon lange vor ihm in der Szene gewesen sei.

- Herrn K., der ausweislich der Feststellungen im genannten Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Dezember 2015 ebenfalls Mitglied der Wolfsburger Gruppe um Herrn AG. war und gemeinsam mit Herrn I. und Herrn AF. Ende Mai 2014 aus Wolfsburg ausgereist, über die Türkei nach Syrien gelangt ist und sich dem IS angeschlossen hat. Nach den Erkenntnissen des Landeskriminalamtes ist Herr K. im Herbst des Jahres 2014 bei einem Selbstmordattentat im Irak ums Leben gekommen. Der Kläger hat gegenüber dem erkennenden Gericht zugestanden, Herrn K. zu kennen.

- Herrn O., der nach den Erkenntnissen des Landeskriminalamtes Niedersachsen gemeinsam mit AH. Wolfsburg im November 2014 verlassen hat und im Frühjahr 2015 bei Kampfhandlungen für den IS ums Leben gekommen ist. Der Einlassung des Klägers, Herr O. habe nicht an den von ihm angemeldeten Informationsständen in der Wolfsburger Innenstadt mitgewirkt, steht die Feststellung der Polizeiinspektion M. (Beiakte 4) entgegen, wonach dieser jedenfalls am ...November 2014 gemeinsam mit dem Kläger an dem Stand festgestellt worden war. Ausweislich des Sachaktenvermerks vom 22. Juni 2016 (Beiakte 4) hat Herr AF. gegenüber dem Landeskriminalamt ausgesagt, der Kläger sei in der Q. Moschee oft mit Herrn O. zusammen gewesen, er habe sie beide gesehen. Ausweislich des Sachaktenvermerks des Landeskriminalamtes vom 22. Juni 2016 (Beiakte 4) ist der Kläger auf einem Foto unter anderem mit Herrn O. im Berliner Lokal AI. zu sehen.

- Herrn N., der bereits als jugendlicher Kurier Zünder für die sogenannte Sauerlandgruppe nach Deutschland gebracht haben und nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden beim IS verstorben sein soll.

- Herrn U., Herrn Y., Herrn AA., Herrn P., Herrn V., Herrn W., Herrn X., die sämtlich an den Informationsständen des Klägers in der Wolfsburger Innenstadt mitgewirkt haben. Der Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016, die Gebrüder AA. hätten mit seinem Stand nichts zu tun gehabt, steht entgegen, dass die Polizeiinspektion M. jedenfalls Herrn AA. bei der Kontrolle am 13. Juli 2013 dort festgestellt hat. Nach den Erkenntnissen der Polizeiinspektion M. bzw. des Landeskriminalamtes haben diese Personen folgende Bezüge zum "jihadistischen Salafismus" bzw. zum IS: Herr U. soll Deutschland zu Beginn des Jahres 2014 verlassen und sich dem IS angeschlossen haben; Herr Y. sei ein Konvertit und bezeichne sich als "Schüler von Ciftci", für Herrn AA. habe der Verdacht bestanden, dass er zum IS ausreisen wolle, er sei der Bruder des nach Syrien und mutmaßlich zum IS ausgereisten Herrn AJ. AA.; ein entsprechender Verdacht habe für Herrn P. bestanden, dieser habe enge Kontakte zu Herrn N. gehabt; Herr V. habe Deutschland mit seiner Ehefrau und zwei Kindern im Oktober 2014 verlassen und sich dem IS angeschlossen; Herr W. stehe im Verdacht, Personen für den "Jihad" in Syrien geworben zu haben; Herr X. werde als führender Kopf in der salafistischen Szene in Wolfsburg angesehen.

- Herrn AB., der im August 2014 aus der Bundesrepublik Deutschland ausgereist und im Frühjahr 2015 bei Kampfhandlungen für den IS gestorben sein soll. Der Kläger ist auf dem Foto aus dem Berliner Lokal AI. (Beiakte 4) gemeinsam mit Herrn AB. zu sehen. Das Foto ist nach dem Kenntnisstand des Landeskriminalamtes Niedersachsen kurz vor dessen Ausreise zum IS entstanden.

Schon angesichts der Vielzahl dieser Kontakte ist die Einlassung des Klägers, es handele sich insoweit um zufällige Bekanntschaften, die sich wegen des gleichen Wohnorts, wegen Bekanntschaft der Familien oder des Besuchs derselben Moscheen ergeben hätten, nicht geeignet, den hieraus resultierenden Verdacht maßgeblich zu entkräften.

Dieser Einlassung steht zudem entgegen, dass der Kläger Kontakte zu Personen mit einem "jihadistischsalafistischem" Hintergrund offensichtlich aktiv sucht und fördert. Hierfür spricht bereits, dass ein Großteil der aufgeführten Kontakte - jedenfalls auch - über die Teilnahme an den Informationsständen bestanden hat, die der Kläger in der Wolfsburger Innenstadt organisiert und verantwortet hat. Der Kläger hat nach eigener Darstellung in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 selbst entschieden, wer an seinen Infoständen mitwirken darf, und die entsprechenden Personen aktiv angesprochen; das Auswahlkriterium sei für ihn die "Qualität" der Personen im Hinblick auf die Tätigkeit gewesen. Dafür, dass der Kläger Kontakte zur "jihadistisc-salafistische" Szene sucht, spricht auch das Foto aus dem Sachaktenvermerk des Landeskriminalamtes Niedersachsen vom 22. Juni 2016 (Beiakte 4), das den Kläger in geselliger Runde im Berliner Lokal AI. unter anderem mit Herrn AB. und Herrn O. zeigt. In die gleiche Richtung weist der Umstand, dass der Kläger ausweislich desselben Sachaktenvermerks im August 2013 unter anderem mit Herrn X. an einem Paintball-Training teilgenommen hat. Herr AF. hat schließlich über den Kläger ausgesagt, er gehe davon aus, dass der Kläger, weil er schon lange vor ihm selbst in der radikalen Szene gewesen sei, dort alle kenne (Sachaktenvermerk des Landeskriminalamtes vom 22. Juni 2016, Beiakte 4). Zu berücksichtigen ist schließlich auch, dass der Kläger die Moschee AK. in Braunschweig aufsucht und hierfür extra aus Wolfsburg anreist. Diese Moschee gilt als einer der zentralen salafistischen Anlaufpunkte in Niedersachsen (Verfassungsschutzbericht 2015 des Landes Niedersachsen - Vorabfassung -, S. 94).

Dass der Kläger über einen langen Zeitraum in der Wolfsburger Innenstadt Informationsstände zum Islam betrieben hat, begründet bzw. verstärkt angesichts der konkreten Umstände, wie die Polizeiinspektion M. bei ihren Kontrollen festgestellt und gegenüber dem erkennenden Gericht belegt hat, den Verdacht nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 3. Var. PaßG. Das von der Polizeiinspektion M. an den Ständen festgestellte Informationsmaterial (vgl. die Liste Beiakte 4) ist dem salafistischen Spektrum zuzuordnen, beispielsweise mit den Schriften von AL., der nach dem Bericht der Niedersächsischen Verfassungsschutzes 2015 - Vorabfassung - (S. 95) als einer der bekanntesten deutschsprachigen salafistischen Prediger gilt. Die Materialien belegen zugleich eine große inhaltliche Nähe zur Koranverteilungsaktion "Lies!", beispielsweise mit dem für die Aktion "Lies!" maßgeblichen Werk "Der Edle Qur'an" des Herausgebers AM.. Die inhaltliche Nähe zeigt sich auch daran, dass der Kläger erklärt hat, durch die Aktion "Lies!" inspiriert worden zu sein. Dies sowie der Umstand, dass ein Großteil der an den Ständen festgestellten Personen wie zuvor dargelegt dem (jihadistischen) Salafismus zugerechnet werden konnte, spricht dafür, dass die Stände in vergleichbarer Art und Weise wie bei der Aktion "Lies!" der offensiven Verbreitung salafistischer Propaganda sowie der Rekrutierung von Salafisten gedient haben, auch wenn der Kläger erklärt, seine Stände hätten nichts mit der Aktion "Lies" zu tun. Die Kampagne "Lies!" ist als salafistisch-extremistische Aktionsform zu bewerten und dient einem Heranführen junger Menschen an die extremistische Szene (vgl. VG Hannover, U. v. 16.09.2015 - 7 A 3648/15 -, Rn. 32; VG Minden, U. v. 27.10.2015 - 8 K 1220/15 -, Rn. 43; Verfassungsschutzbericht des Bundes 2015 - Stand: Juni 2016, S. 172 ff.; Verfassungsschutzbericht 2015 des Landes Niedersachsen - Vorabfassung -, S. 93).

Als Anknüpfungstatsache hat für die erkennende Kammer besonderes Gewicht, dass der Kläger engen Kontakt zu Herrn AG. gehabt hat. Herr AG. ist nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts Celle im Urteil vom 7. Dezember 2015 Mitglied des IS und aus Syrien eigens mit dem Ziel nach Wolfsburg gekommen, neue Mitglieder für den IS zu werben und zur Ausreise nach Syrien zu bewegen. Er war hiernach eine besonders charismatische Persönlichkeit mit großem demagogischen Geschick und einem ausgeprägten Blick, welche jungen Männer empfänglich für eine islamistische Radikalisierung und spätere Rekrutierung für den IS waren. Aus diesem Grund sammelte er eine Gruppe junger Männer um sich. auf. Anfangs gab er vor, diese in der wahrhaftigen Praktizierung des Islam unterrichten zu wollen. Später - circa ab Ende des Jahres 2013 - ist der "Unterricht" zunehmend radikaler geworden und er hat den jungen Männern eingeredet, es sei ihre religiöse Pflicht, nach Syrien zu gehen und dort aufseiten des IS zu kämpfen. Zahlreiche Mitglieder der Gruppe kamen dieser Aufforderung ab Dezember 2013, im Wesentlichen aber im Verlauf des Jahres 2014 nach. Jedenfalls bezüglich Herrn I., Herrn AF. und Herrn K. organisierte Herr AG. nach den Feststellungen im Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 7. Dezember 2015 die Ausreisen über die Türkei nach Syrien. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 erklärt, es überrasche ihn nicht wirklich, dass Herr AG. nach den Feststellungen im Urteil des Oberlandesgerichts Celle als Anwerber für den IS in der Wolfsburger Q. Moschee tätig gewesen ist.

Der Kläger hat nach eigenen Angaben die Nähe zu Herrn AG. gesucht und - während der gesamten Dauer dessen Aufenthalts - zwei- bis dreimal wöchentlich in der kleinen Gruppe von nach Angaben des Klägers 5 bis circa 15 Personen mitgewirkt, in deren Rahmen Herr AG. den "wahren" Islam unterrichtet hat. Mitglieder dieser Gruppe waren unter anderem Herr I., Herr AF. und Herr K., die später alle nach Syrien ausgereist sind. Der Kläger ist stark von der Persönlichkeit und Ausstrahlung von Herrn AG. beeindruckt gewesen und ist dies - nach dem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung - weiterhin. Der Kläger hat nach seiner Einlassung in der mündlichen Verhandlung bei sich - und bei den weiteren Mitgliedern der Gruppe - ein "Bedürfnis" nach einer solchen Art der Unterrichtung ausgemacht; dieses Bedürfnis sei durch frühere, herkömmliche Prediger in den Moscheen nicht bedient worden.

Das Reiseverhalten des Klägers - soweit es der Beklagten bzw. den Sicherheitsbehörden bekannt geworden ist - ist auffällig; dies unterstützt die Gefahrenprognose im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 3. Var. PaßG und lässt zugleich auf seinen Willen schließen, aus der Bundesrepublik Deutschland auszureisen:

Im Dezember 2014 wollte der Kläger vom Flughafen G. in die Türkei ausreisen. Nicht nur in zeitlicher Hinsicht - aus der Wolfsburger Gruppe um Herrn AG. sind die meisten der zum IS ausgereisten jungen Männer im Laufe des Jahres 2014 ausgereist - und hinsichtlich des Reiseziels - Türkei, die häufig Transitland für Reisen zum IS gewesen ist -, sondern auch im Hinblick darauf, dass der Kläger mit mehr als 9.000 € eine große Menge an Bargeld gerade unterhalb der anzeigepflichtigen Summe mit sich geführt hat, entsprach dies einem typischen Verhaltensmuster vieler ausreisewilliger "Jihadisten" sowie insbesondere der aus Wolfsburg zum IS ausgereisten Personen. Der Kläger hat auch im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht plausibel darlegen können, zu welchem Zweck er die große Menge Bargeld mit sich geführt hat. Seine Behauptung, in der Türkei wie schon häufiger zuvor, unangekündigt eine Zahnbehandlung vornehmen zu lassen, hat er nicht näher nicht belegt. Auch nach der Einlassung des Klägers hätte er hierfür nicht ansatzweise eine derart große Menge Bargeld, sondern allenfalls 1.000 bis 2.000 € benötigt. Ebenfalls nicht schlüssig sind die Angaben des Klägers, vom Rest des Geldes Geschenke für die Ehefrau kaufen bzw. dieses als eine finanzielle Reserve mitführen zu wollen. Dass er mit dem Quadrocopter ein potenziell kriegstaugliches Gerät bei sich hatte, ist zusätzlich verdächtig, zumal die Angabe des Klägers, die Drohne in der Türkei erstmals im Freien im Bereich der Hagia Sophia ausprobieren und dort Fotos zu machen zu wollen, ebenfalls wenig glaubhaft ist.

Hinzukommt, dass der Kläger schon früher ein auffälliges Reiseverhalten gezeigt hat, wie sich aus den Eintragungen in seinem Reisepass ergibt. Insbesondere sind die häufigen Reisen in kurzer Frequenz und mit kurzen Aufenthaltsdauern in die Türkei auffällig, zumal der Kläger zuletzt wiederholt jeweils auf dem Landweg mit dem Auto eingereist und nach kurzem Aufenthalt mit dem Flugzeug zurückgereist war. Eigenen Angaben zufolge hat er hierbei "Glaubensbrüder" begleitet, deren Namen er nicht nennen wolle. Seine Einlassung, dass er dies gemacht habe, weil er gerne Auto fahre, er aber nicht wisse, ob er selbst oder die "Glaubensbrüder" jeweils für die Kosten des Rückflugs aufgekommen seien, und er auch nicht den jeweiligen Grund der Reisen kenne, weil er mit den Leuten nicht gesprochen habe, ist nicht glaubhaft. Das Verhalten des Klägers begründet - in der Gesamtbetrachtung mit den weiteren Anknüpfungstatsachen - vielmehr den Verdacht, dass der Kläger mit diesen Reisen in die Türkei, die - wie zuvor bereits dargelegt - häufig Transitland für Reisen zum IS gewesen ist, Ziele seines jihadistisch-salafistischen Netzwerks verfolgt bzw. unterstützt hat.

Schließlich hat sich der Kläger während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens am 3. April 2015 in Begleitung eines - nach Einschätzung des Landeskriminalamtes Niedersachsen - szenebekannten Salafisten/Jihad-Sympathisanten in einem Mietwagen in die Nähe der belgisch-luxemburgischen Grenze begeben. Erneut hatte der Kläger mit 4.000 € eine erheblichen Summe Bargeld mitgeführt, ohne dies - auch bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 14. April 2016 - plausibel erklären zu können.

Den Verdacht im Sinne von § 7 Abs. 1 Nr. 1 3. Var. PaßG rundet ab, dass sich der Kläger in weiteren Gesichtspunkten auffällig verhalten hat, indem er im September 2015 ein hohes persönliches Darlehen über 50.000 € aufgenommen hat, ohne dass er hierfür einen nachvollziehbaren Grund angegeben hat oder ein solcher erkennbar wäre. Die Beklagte hat nachvollziehbar dargelegt, dass dies - vor dem Hintergrund, dass nach islamistischem Verständnis Schulden bei "Ungläubigen" im Falle eines Märtyrertods keine Schulden vor Allah seien - einem üblichen Verhaltensmuster von ausreisewilligen "Jihadisten" entspreche. Außerdem hat der Kläger im Juli 2015 sein Immobilieneigentum an zwei vollständig abbezahlten Eigentumswohnungen an Familienangehörige übertragen, ohne dass hierfür - neben einem Übertritt zu einer islamistischen Gruppierung - ein plausibler Grund erkennbar wäre. Der Kläger hat sowohl die Aufnahme des Darlehens als auch die Übertragung des Immobilieneigentums gegenüber dem erkennenden Gericht bestätigt, sich zu den Gründen hierfür aber nicht erklärt.

In der Gesamtbetrachtung und -bewertung legen es diese Anknüpfungstatsachen hinreichend nahe, dass sich der Kläger in den von ihm besuchten Moscheen im Sinne eines "jihadistischen Salafismus" radikalisiert, einen Bekanntenkreis bzw. ein Netzwerk von Personen mit einem "Jihad"-Bezug gesucht und aufgebaut und in diesem Netzwerk im Sinne des "jihadistischen Salafismus" agiert hat; zugleich resultiert hieraus der hinreichend schwerwiegende Verdacht, dass der Kläger im Dezember 2014 die Absicht gehabt hat und diese Absicht auch weiterhin hat, ins Ausland zu reisen, um sich einer "jihadistischen" / islamistischen Organisation anzuschließen.

Ermessensfehler der Beklagten sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 1 PaßG, wonach von einer Passversagung abzusehen ist, wenn sie unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn es genügt, den Geltungsbereich oder die Gültigkeitsdauer des Passes zu beschränken, nicht erfüllt. Die Maßnahmen sind geeignet, erforderlich und auch angemessen, die nach dem oben Ausgeführten weiterhin gegebene Gefahr einer Teilnahme des Klägers am bewaffneten "Jihad" im Ausland oder dessen Unterstützung zumindest zu verringern. Mildere Mittel mit gleicher Eignung zur Zielerreichung sind nicht ersichtlich. Insbesondere scheidet angesichts der Unbestimmtheit der konkreten Unterstützungshandlungen und der Vielzahl der Ausreisemöglichkeiten eine Beschränkung des Geltungsbereichs des Passes auf bestimmte Länder aus. Da derzeit keine hinreichenden Erkenntnisse dafür vorliegen, dass die Ausreiseabsicht des Klägers zeitlich begrenzt wäre, führt auch die mangelnde Befristung nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Maßnahmen. Die Behörde hat den Fall außerdem unter Kontrolle zu halten, da den Entscheidungen Dauerwirkung zukommt. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 3 PaßG wird auf Antrag ein neuer Pass ausgestellt, soweit die Voraussetzungen für die Beschränkung fortfallen.

Die erkennende Kammer verkennt insoweit nicht, dass die Entziehung des Passes für den Kläger einen erheblichen Eingriff in seine grundgesetzlich geschützte Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG darstellt. Dieser Eingriff ist jedoch angesichts der Schwere des hier zu schützenden Rechtsguts gerechtfertigt. Dem Schutz der damit betroffenen Rechtsgüter - insbesondere dem Schutz von Leib und Leben unbeteiligter Dritter vor terroristischen Anschlägen als international anerkanntem Schutzgut - kommt angesichts der ihnen nach Lage der Dinge drohenden Beeinträchtigungen überragendes Gewicht zu.

Entsprechendes gilt im Hinblick auf die verfügte Beschränkung des Geltungsbereichs des Personalausweises des Klägers. Die Ergänzung des Passentzugs um die Beschränkung des räumlichen Geltungsbereichs des Personalausweises nach § 6 Abs. 7 PAuswG ist sachlich sinnvoll. Auch insoweit sind mit gleichen Erwägungen wie zuvor keine Ermessensfehler ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG und orientiert sich an der Empfehlung des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. NVwZ 2013, Beilage Heft 2, 57 ff., hier Nr. 30.1). Das Gericht hat hiernach für die Entziehung des Reisepasses und die räumliche Beschränkung des Personalausweises jeweils einen Streitwert in Höhe von 5.000 € zugrunde gelegt, die nach § 39 Abs. 1 GKG zu addieren waren.

Schlingmann-Wendenburg
Hoke
Brölsch