Landgericht Oldenburg
Urt. v. 11.05.1988, Az.: 12. O. 4090/87

Untervermietung von gemieteten Räumen an einen Spielhallenbetreiber; Rechte und Pflichten bei einer Untervermietung an ein branchenfremdes Unternehmen; Vorliegen der Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung

Bibliographie

Gericht
LG Oldenburg
Datum
11.05.1988
Aktenzeichen
12. O. 4090/87
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1988, 20391
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGOLDBG:1988:0511.12.O.4090.87.0A

Fundstelle

  • NJW-RR 1989, 81-82 (Volltext mit red. LS)

In dem einstweiligen Verfügungsverfahren
hat die 12. Zivilkammer - 2. Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Oldenburg
auf die mündliche Verhandlung
vom 20. April 1988
für Recht erkannt:

Tenor:

Die einstweilige Verfügung vom 24. Dezember 1987 bleibt aufrechterhalten.

Die Antragsgegnerin trägt die weiteren Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Antragsteller sind in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts Eigentümer eines Geschäftsgrundstücks in Oldenburg, .... Voreigentümer war die Firma ... (im folgenden Firma ...). Als die Antragsteller das Grundstück mit Kaufvertrag vom 13.12.1985 erwarben, traten sie gleichzeitig in den bereits bestehenden Mietvertrag mit der Antragsgegnerin ein, die einen Teil der gewerblichen Räume zum Betrieb eines Supermarktes nutzte. Gleiches gilt für einen weiteren Mietvertrag, den die Firma ... am 15.11.1985 mit der Firma ... (im folgenden Firma ...) geschlossen hatte. Nach § 6 dieses Vertrages übernahm die Firma ... die Verpflichtung, der Firma ..., die eine Spielothek eingerichtet hatte, weder direkt noch indirekt Wettbewerb zu machen oder solchen Wettbewerb zu ermöglichen.

2

Im Laufe des Jahres 1987 stellte die Antragsgegnerin den Betrieb des Supermarktes wegen mangelnder Rentabilität ein, nachdem sie bereits am 10.04./21.04.1987 mit der Firma ... in Bremen (im folgenden Firma ...) einen Untermietvertrag geschlossen hatte. Diese Gesellschaft eröffnete im Dezember 1987 in den bisher von der Antragsgegnerin genutzten Räumen ebenfalls eine Spielhalle.

3

Auf Antrag der Firma ..., die sich auf den vertraglich vereinbarten Konkurrenzschutz berief, wurde den Antragstellern durch einstweilige Verfügung des Landgerichts Oldenburg vom 10.12.1987 - 5. O. 3932/87 - untersagt, in den Geschäftsräumen ... 320 die Eröffnung und/oder das Betreiben einer anderen Spielothek als der der Firma ... zuzulassen.

4

Die Antragsteller erwirkten daraufhin im vorliegenden Verfahren am 24.12.1987 eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin, der ebenfalls untersagt wurde, den Betrieb einer Spielhalle durch ihren Untermieter zuzulassen, und aufgegeben wurde, alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um das bestehende Vertragsverhältnis zu beenden und die sofortige Einstellung des Spielhallenbetriebes herbeizuführen. Die Antragsgegnerin hat dagegen Widerspruch eingelegt.

5

Die Antragsteller tragen zur Rechtfertigung ihres Antrages vor, die Antragsgegnerin könne sich nicht auf den vermeintlich eindeutigen Wortlaut der §§ 1 und 5 des Mietvertrages berufen, der nur auf dem ersten Blick ein uneingeschränktes Recht zur Nutzung und Untervermietung begründe. Bei verständiger Auslegung des gesamten Vertragstextes und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Zusammenhänge sei offenkundig, daß die Vertragsparteien von dem Betrieb eines Supermarktes oder allenfalls eines verwandten Gewerbes ausgegangen seien, zumal die Antragsgegnerin bundesweit eine Ladenkette betreibe und sich mit anders gearteten Unternehmungen gar nicht befasse. Eine entsprechende Nutzungsbeschränkung müsse deshalb in den Vertrag hineingelesen werden. Die Antragsgegnerin könne nicht für sich in Anspruch nehmen, ohne Zustimmung des Vermieters ein völlig artfremdes Gewerbe zu beginnen. Mit dieser Einschränkung habe demzufolge auch das Recht zur Untervermietung nur Bestand. Die Untervermietung an einen Spielhallenbetreiber sei demzufolge vertragswidrig.

6

Ganz abgesehen davon habe die Antragsgegnerin von der Vermietung eines Teils der gewerblichen Räume an die Firma ... und der beabsichtigten Spielothek ebenso gewußt wie von dem Konkurrenzschutz, der der Firma ... gewährt worden sei. Sie sei nämlich damals in die Verhandlungen und Überlegungen, wie der noch freie Teil des Geschäftshauses zweckmäßigerweise genutzt werden könnte, einbezogen worden und habe ausdrücklich ihr Einverständnis mit der Vermietung an einen Spielhallenbetreiber erklärt. Sie bestreite dies jetzt wider besseres Wissen.

7

In jedem Fall sei die Antragsgegnerin verpflichtet gewesen, sich vor Abschluß des Untermietvertrages mit der Firma ... zu vergewissern, inwieweit eine solche Maßnahme ihre, der Antragstellerin, Interessen beeinträchtigen könnte. Bei einem gemeinschaftlich gewerblich genutzten Mietobjekt sei jeder Mieter auch ohne ausdrückliche vertragliche Regelung verpflichtet, das Branchengefüge im Auge zu behalten und bei der Auswahl des Untermieters vertragliche Bindungen des Vermieters gegenüber anderen Mietern zu berücksichtigen. Daraus leite sich im vorliegenden Fall angesichts des bereits bestehenden Betriebes der Firma das Verbot ab, einen Wettbewerber ins Haus zu holen.

8

Die Antragsteller beantragen,

die einstweilige Verfügung vom 24.12.1987 aufrechtzuerhalten.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung unter Aufhebung des Beschlusses vom 24.12.1987 zurückzuweisen.

10

Sie vertritt die Auffassung, es fehle die für eine einstweilige Verfügung vorausgesetzte Eilbedürftigkeit, denn die Untervermietung sei den Antragstellern schon seit Mai 1987 bekannt. Schon im August 1987 habe die Firma ... gerichtliche Schritte angekündigt, gleichwohl seien die Antragsteller untätig geblieben.

11

Die angefochtene Entscheidung verlange zudem etwas Unmögliches, denn der Untermietvertrag mit der Firma ... sei, wie vom Gericht in der Parallelentscheidung 12. O. 325/88 vom 16.03.1988 bestätigt, rechtswirksam und derzeit unkündbar. Sie, die Antragsgegnerin, habe deshalb keine tatsächliche oder rechtliche Handhabe, das Vertragsverhältnis zu beenden oder für eine Einstellung des Spielhallenbetriebes Sorge zu tragen.

12

Materiell rechtlich garantiere ihr der Mietvertrag mit den Antragstellern das Recht der uneingeschränkten Nutzung des Mietobjektes und damit auch die Möglichkeit einer entsprechenden Untervermietung. Der Vertragswortlaut sei eindeutig. Die übrigen Rechtsausführungen der Antragsteller seien unzutreffend. Ihre Behauptung, sie, die Antragsgegnerin, habe von der Vermietung an die Firma ... und der Konkurrenzschutzklausel gewußt, entspreche nicht den Tatsachen.

13

Die Antragsteller erwidern, der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei zunächst nicht gestellt worden, weil die Antragsgegnerin bis in den Monat November 1987 Verhandlungen mit der Firma ... und der Firma ... geführt habe, die schließlich gescheitert seien. Die Firma ... habe dann die einstweilige Verfügung erwirkt und dadurch eine gänzlich neue Sachlage geschaffen. Das gerichtliche Gebot und die drohenden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen rechtfertigten die Eilbedürftigkeit der Entscheidung.

14

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluß vom 20.04.1988. Auf den Inhalt des Beweisbeschlusses und das Ergebnis der Beweisaufnahme zur gerichtlichen Niederschrift vom selben Tage wird Bezug genommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrages wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

15

Die einstweilige Verfügung vom 24.12.1987 mußte aufrechterhalten werden, weil die Antragsgegnerin unter den gegebenen Umständen materiell rechtlich weder jetzt noch künftig befugt ist, die gemieteten Räume an einen Spielhallenbetreiber unterzuvermieten. Daraus ergibt sich gleichzeitig die weitere aus der angefochtenen Entscheidung ersichtliche Verpflichtung.

16

Die Beweisaufnahme hat zwar nicht ergeben, daß die Antragsgegnerin im Herbst 1985 in die Verhandlungen der Firma ... mit der Firma ... einbezogen war, der Vermietung an einen Spielhallenbetreiber zugestimmt hat und insbesondere auch von der Konkurrenzschutzklausel in § 6 wußte. Die Aussage des Zeugen ... reicht für eine solche Feststellung nicht aus.

17

Letztlich kann dies jedoch ebenso dahinstehen wie die Frage, ob die Antragsgegnerin jedenfalls vor Abschluß des Vertrages mit der Firma Hanseaten über die benachbarte Spielothek informiert war. Die Kammer schließt sich nämlich den Rechtsausführungen der Antragsteller im Schriftsatz vom 15.04.1988 an und stützt sich dabei insbesondere auf die sachkundige Auffassung der beteiligten Handelsrichter, die die Interpretation des Vertragstextes nach den Umständen des Falles und unter Berücksichtigung kaufmännisch-wirtschaftlicher Gesichtspunkte für zutreffend halten. Danach ist davon auszugehen, daß sich das Nutzungsrecht der Antragsgegnerin aus den von den Antragstellern im einzelnen vorgetragenen Erwägungen auf den Betrieb eines Supermarktes und allenfalls eines verwandten Gewerbes beschränkt und damit auch das Recht der Untervermietung entsprechend eingegrenzt ist. Mit Rücksicht auf das Branchengefüge des Gesamtobjekts und die Tatsache, daß die Parteien bei Abschluß des Vertrages eine gänzlich andere Nutzung des Objekts durch die Antragsgegnerin gar nicht in ihre Überlegungen einbezogen haben dürften, war die Antragsgegnerin verpflichtet, vor Umsetzung ihrer Entscheidung die Interessen der Antragsteller zu beachten und zu prüfen, ob die Untervermietung an ein völlig branchenfremdes Unternehmen nach Lage der Dinge Bedenken begegnen könnte. Es wäre ihre Aufgabe gewesen, vor Abschluß des Vertrages mit der Firma ... sich vor Ort umzusehen, um festzustellen, ob und inwieweit der beabsichtigte Spielhallenbetrieb andere Mieter beeinträchtigt und damit auch zugleich die Antragsteller davon betroffen sein könnten, denn gerade im Bereich der gewerblichen Vermietung sind Konkurrenzschutzklauseln durchaus üblich. Die Antragsgegnerin kann sich deshalb nicht darauf berufen, von der Spielothek der Firma ... und der Vereinbarung in § 6 keine Kenntnis gehabt zu haben. Der Abschluß des Vertrages mit der Firma ... ohne vorherige Erkundigungen und Rücksprache mit den Antragstellern stellt sich somit als vertragswidrig dar. Gemäß § 550 BGB haben die Antragsteller einen Anspruch auf Unterlassung, der grundsätzlich auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.

18

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist ein Verfügungsgrund gegeben. Ob die Antragsteller schon seit Mai 1987 von der Untervermietung Kenntnis hatten, kann dahingestellt bleiben. Gleiches gilt für die im August 1987 von der Firma ... angedrohte einstweilige Verfügung. Die Eilbedürftigkeit trat nämlich erst mit dem Erlaß der einstweiligen Verfügung durch die 5. Zivilkammer des Landgerichts Oldenburg am 10.12.1987 ein. Mit Rücksicht auf diese verbindliche Entscheidung waren die Antragsteller gezwungen, ihrerseits sofort geeignete Schritte zu unternehmen, wollten sie nicht Gefahr laufen, sich Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auszusetzen. Daß die Firma ... im Termin am 03.03.1988 ihren Vollstreckungsantrag zurückgenommen hat, ändert nichts an der Existenz des Titels und der Tatsache, daß den Antragstellern daraus weiterhin nachteilige Konsequenzen drohen. Es ist auch gerichtsbekannt, daß die Firma ... die Antragsteller inzwischen beim Landgericht Oldenburg auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von ca. 50.000,- DM in Anspruch genommen hat, ein weiterer Grund, der die Eilbedürftigkeit unterstreicht.

19

Schließlich macht die Antragsgegnerin zu Unrecht geltend, die angefochtene Entscheidung verlange von ihr etwas Unmögliches und sei deshalb zu Unrecht ergangen. Zwar hat die Kammer durch Urteil vom 16.03.1986 festgestellt, daß die Antragsgegnerin der Firma ... gegenüber rechtlich verpflichtet ist, den Betrieb der Spielothek weiterhin zu gestatten. Ihr ist jedoch auch aufgegeben worden, alle tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, um eine Einstellung des Betriebes herbeizuführen. Daß dies in jeder Hinsicht versucht worden ist, hat die Antragsgegnerin bisher nicht dargelegt. Eine Entscheidung darüber, ob sie insoweit geeignete Maßnahmen versäumt hat, kann daher erst im Rahmen eines evtl. Vollstreckungsverfahrens geprüft werden.

20

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.