Verwaltungsgericht Stade
Beschl. v. 29.04.1992, Az.: 9 A 12/91
Vorläufige Dienstenthebung eines Beamten aufgrund des Verdachts eines Dienstvergehens; Vorläufige Dienstenthebung bei einem laufenden Vorermittlungsverfahren
Bibliographie
- Gericht
- VG Stade
- Datum
- 29.04.1992
- Aktenzeichen
- 9 A 12/91
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1992, 17221
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:VGSTADE:1992:0429.9A12.91.0A
Rechtsgrundlagen
- § 26 NDO
- § 91 NDO
- § 95 Abs. 2 Satz 1 NDO
Sonstige Beteiligte
Oberstudiendirektor
Bezirksregierung
In der Disziplinarsache
hat die Disziplinarkammer (9. Kammer) bei dem Verwaltungsgericht Stade
aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 29. April 1992,
an der teilgenommen haben:
Präsident des Verwaltungsgerichts ... als Vorsitzender
Richter am Verwaltungsgericht ... als Berufsrichter
Oberstudiendirektor ... als ehrenamtlicher Richter
beschlossen:
Tenor:
Die mit Verfügung der Bezirksregierung vom 23. April 1991 ausgesprochene vorläufige Dienstenthebung bleibt aufrechterhalten.
Der Beamte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Der Beamte wendet sich gegen seine vorläufige Dienstenthebung.
Mit Verfügung vom 28. Januar 1991 leitete die Bezirksregierung gegen den Beamten wegen des Verdachts eines Dienstvergehens Vorermittlungen nach § 26 NDO ein und sprach mit weiterer Verfügung vom gleichen Tage ein Verbot der Amtsführung aus. Mit Verfügung vom 23. April 1991 wurde gegen den Beamten das förmliche Disziplinarverfahren eingeleitet, und er wurde zugleich vorläufig des Dienstes enthoben. Hiergegen richtet sich der am 23. Dezember 1991 bei Gericht eingegangene Antrag.
Der Beamte ist der Auffassung, die vorläufige Dienstenthebung sei aufzuheben, da er ausdrücklich erklärt habe, weiterhin die ihn bindenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften beachten zu wollen. Er beantragt,
die angefochtene Verfügung aufzuheben.
Die beteiligte Behörde beantragt,
den Antrag abzuweisen.
Mit Anschuldigungsschrift vom 3. Februar 1992 - eingegangen bei Gericht am 6. Februar 1992 - hat die Vertreterin der Einleitungsbehörde den Beamten angeschuldigt, ein Dienstvergehen begangen zu haben. Die Kammer hat mit Urteil vom 29. April 1992 festgestellt, daß der Beamte eines Dienstvergehens schuldig ist und ihn in das Amt eines Oberstudienrates mit der Besoldungsgruppe A 14 versetzt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte des Verfahrens 9 A 2/92 und die vorgelegten Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Gemäß § 91 NDO kann die Einleitungsbehörde einen Beamten vorläufig des Dienstes entheben, wenn das förmliche Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird oder eingeleitet worden ist. Hier hat die Bezirksregierung als zuständige Einleitungsbehörde mit Verfügung vom 23. April 1991 das förmliche Disziplinarverfahren gegen den Beamten eingeleitet und auch die vorläufige Dienstenthebung ausgesprochen. In formeller Hinsicht ist diese Maßnahme nicht zu beanstanden.
Auch in der Sache ist die getroffene Anordnung nicht zu beanstanden und war somit durch Beschluß aufrechtzuerhalten (§ 95 Abs. 2 Satz 1 NDO). Die Kammer nimmt hierzu im einzelnen Bezug auf ihr Urteil vom gleichen Tage in der Sache 9 A 2/92. Eine Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung des Beamten kam im vorliegenden Fall auch nicht deshalb in Betracht, weil die Kammer mit dem Urteil in der Sache 9 A 2/92 lediglich eine Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt ausgesprochen hat und nicht die Entfernung aus dem Dienst. Es ist der Kammer verwehrt, eine Aufhebung der vorläufigen Dienstenthebung etwa mit der Maßgabe zu beschließen, daß der Beamte nunmehr Dienst als Oberstudienrat leisten dürfe. Dieses setzte voraus, daß die Entscheidung der Kammer im Hauptverfahren bereits rechtskräftig wäre.
Im Ergebnis ist damit festzustellen, daß die vorläufige Dienstenthebung aufrechtzuerhalten ist, solange über eine Degradierung des Beamten nicht abschließend rechtskräftig entschieden ist.
Davon unberührt bleibt die Möglichkeit der Einleitungsbehörde, nach § 95 Abs. 1 NDO die nach § 91 getroffene Anordnung jederzeit ganz oder teilweise wiederaufzuheben. Es ist insoweit jedoch nicht Sache der Disziplinarkammer, hierzu Entscheidungen zu treffen. Solange die Einleitungsbehörde von sich aus eine solche Maßnahme nicht getroffen hat, bestand wegen der Schwere des dem Beamten vorgeworfenen Fehlverhaltens kein Anlaß, die vorläufige Dienstenthebung aufzuheben. Es verbleibt damit bei dem Grundsatz des § 95 Abs. 3 NDO, wonach erst mit dem rechtskräftigen Abschluß des Disziplinarverfahrens die Anordnungen ihre Wirkung verlieren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 114 Abs. 3 NDO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 NDO.