Amtsgericht Vechta
Beschl. v. 03.06.2008, Az.: 12 F 231/08 PKH2

Erfolgsaussicht; Kindesunterhalt; Leistungsfähigkeit; Leistungsunfähigkeit; Mangelfall; Nachehelichenunterhalt; Nettoeinkommen; Rangfolge; Rechtsverteidigung; Splittingvorteil; Steuerklasse; Unterhaltsreform; Vorrang

Bibliographie

Gericht
AG Vechta
Datum
03.06.2008
Aktenzeichen
12 F 231/08 PKH2
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2008, 54962
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag der Beklagten auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.

Gründe

1

Die beabsichtigte Rechtsverteidigung hat keine Aussicht auf Erfolg.

2

Es kann dahinstehen, ob der von dem Kläger geschiedenen Beklagten dem Grunde nach noch ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB zusteht. Denn jedenfalls ist der Kläger hinsichtlich eines etwaigen Anspruches nicht leistungsfähig, da er vorrangig gegenüber seinen drei Kindern im Alter von 14, 8 und 3 Jahren unterhaltsverpflichtet ist.

3

Der wiederverheiratete Kläger verfügt nach seinen unwidersprochen gebliebenen Angaben über ein tatsächliches - nach Steuerklasse III versteuertes - monatliches Nettoeinkommen von 1.766 €. Für die Ansprüche der Kinder ist jedoch maßgeblich das um den Splittingvorteil aus der neuen Ehe bereinigte Einkommen (vgl. Ziffer 12.1 der Leitlinien des OLG Oldenburg). Dies hat der Kläger zutreffend mit 1.528 € berechnet. Es ergeben sich dann bei Eingruppierung in Gruppe 1 der Düsseldorfer Tabelle für den Kindesunterhalt Zahlbeträge in Höhe von 288 €, 245 € und 202 €, insgesamt also 735 €. Dann verbleiben dem Kläger 717 €. Es liegt also bereits auf der ersten Stufe ein Mangelfall vor.

4

Die Beklagte geht den Kinder gem. § 1609 Nr. 2 BGB im Rang nach. Deshalb verbleibt für sie kein einzusetzendes Einkommen.

5

Für den Unterhalt der Beklagten ist auch nicht die Differenz zwischen dem Einkommen nach Steuerklasse I und demjenigen nach Steuerklasse III heranzuziehen.

6

Nach richtiger Auffassung (vgl. Schürmann FamRZ 2008, 313, 323) ist auch für den Unterhalt der geschiedenen Ehefrau nur das um den Splittingvorteil aus der neuen Ehe bereinigte Einkommen maßgeblich. Denn nach der Rechtsprechung der BVerfG (FamRZ 2003, 1821) dürfen steuerliche Vorteile, deren Entstehen von Schluss der Ehe ausgelöst werden, von den Gerichten nicht dadurch wieder entzogen werden, dass sie auch der geschiedenen Ehe zugeordnet werden und über die Unterhaltsberechnung auch den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten erhöhen. An diesem Grundsatz hat sich durch die durch die Unterhaltsreform geänderte Rangfolge nach zutreffender Auffassung nichts geändert. Es ist deshalb nicht zulässig, für die Unterhaltsberechnung des geschiedenen Ehegatten auf das nach Steuerklasse III versteuerte Einkommen des wiederverheirateten Unterhaltspflichtigen abzustellen.