Verwaltungsgericht Braunschweig
Beschl. v. 06.06.2002, Az.: 3 B 102/02

Anordnungsanspruch; Anordnungsgrund; einstweilige Anordnung; Kündigung; Mietrückstand; Schulden; Schuldentilgung

Bibliographie

Gericht
VG Braunschweig
Datum
06.06.2002
Aktenzeichen
3 B 102/02
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2002, 41856
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Tenor:

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Antragstellerin zu tragen; Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

1

Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegner verpflichtet werden soll, der Antragstellerin ein Darlehen zur Begleichung der Mietforderung für den Monat Mai 2002 sowie Hilfe zum Lebensunterhalt zur Überbrückung zu gewähren, ist nicht begründet.

2

Die Antragstellerin hat in Bezug auf das begehrte Darlehen für die Miete des Monats Mai 2002 den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) erforderlichen Anordnungsanspruch, d.h. die überwiegende Wahrscheinlichkeit für die materielle Berechtigung ihres Begehrens, nicht glaubhaft gemacht.

3

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erlassen werden, wenn diese Regelung, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Da nach Wesen und Zweck des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die vorläufige Regelung grundsätzlich die Entscheidung in der Hauptsache nicht vorwegnehmen darf, kann eine Verpflichtung zur Erbringung von Geldleistungen - wie sie im vorliegenden Fall von der Antragstellerin begehrt wird - im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nur ausgesprochen werden, wenn die Antragstellerin die tatsächlichen Voraussetzungen für einen entsprechenden Anspruch (Anordnungsanspruch) und weiterhin glaubhaft macht, sie befinde sich wegen fehlender anderer Geldmittel in einer existentiellen Notlage und sei deswegen - mit gerichtlicher Hilfe - auf die sofortige Befriedigung ihres Anspruchs dringend angewiesen (Anordnungsgrund).

4

Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes angezeigten summarischen Prüfung steht der Antragstellerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Die Antragstellerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sie einen Anspruch auf darlehensweise Übernahme der Mietkosten für Mai 2002 hat.

5

Gemäß § 15a Abs. 1 BSHG kann Hilfe zum Lebensunterhalt in Fällen, in denen nach den sonstigen Bestimmungen des BSHG die Gewährung von Hilfe nicht möglich ist, gewährt werden, wenn dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Geldleistungen können als Beihilfe oder als Darlehen gewährt werden. Hierunter fällt z.B. die Übernahme von Mietschulden zur Abwendung der Rechtswirksamkeit einer Kündigung durch den Vermieter (vgl. LPK, BSHG: § 15a Rn. 4). Voraussetzung eines derartigen Anspruches ist damit, dass ein Mietrückstand besteht und der Verlust der Wohnung durch (erst bei einem Mietrückstand von drei Monatsmieten zulässiger) Kündigung bzw. Räumung tatsächlich droht.

6

Im Fall der Antragstellerin, der nach den übrigen Bestimmungen des BSHG kein Hilfeanspruch zusteht, liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Sie hat nicht dargelegt, dass der Verlust der Wohnung im Raum steht. Vielmehr ist die Miete für Mai 2002 laut der vorgelegten Quittung am 21.05.2002 bar bezahlt worden. Es liegen keinerlei Hinweise auf eine Kündigung der Wohnung vor. Vor diesem Hintergrund ist eine darlehensweise Hilfegewährung zur Sicherung der Unterkunft nicht im Sinne von § 15a Abs. 1 BSHG gerechtfertigt.

7

In Bezug auf die begehrte Hilfe zum Lebensunterhalt zur Überbrückung bis zur nächsten Kindergeldzahlung und Lohnzahlung an den Lebensgefährten der Antragstellerin im Juni 2002 hat die Antragstellerin einen Anordnungsgrund, d.h. das Bestehen einer existentiellen Notlage wegen fehlender anderer Geldmittel, nicht glaubhaft gemacht. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass zwei Tage vor dem Verlust der Geldbörse mit 1.500,00 ¤ bereits 600,00 € von dem Girokonto abgehoben worden sind. Darüber hinaus befand sich noch am 17.05.2002 auf dem Konto ein Restbetrag von 143,49 €. Außerdem hat der Antragsgegner im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren eine Summe von rd. 236,00 € an die Familie der Antragstellerin gezahlt. Zwar handelt es sich dabei um in den Monaten Mai und Juni 2002 nicht gezahlte Leistungen für den anteiligen Unterkunftsbedarf der Tochter Nadine der Antragstellerin, welche grundsätzlich der Bedarfsdeckung der Tochter dienen. Da die Antragstellerin jedoch insoweit für ihre Tochter in Vorleistung getreten ist, kann dieser Betrag nunmehr zur Bedarfsdeckung der Familie aufgewendet werden. Im Übrigen hat die Antragstellerin den laufenden Unterhaltsbedarf der Familie ausweislich ihrer Angaben anlässlich eines Telefonates mit der Berichterstatterin durch die Aufnahme eines Darlehens bei ihren Eltern über 800,00 € und ihrem Bruder über 200,00 € gedeckt. Damit kann eine existentielle Notlage als Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht angenommen werden. Eine Verpflichtung zur Schuldentilgung kommt in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht (vgl. B. d. Kammer v. 28.03.2000 - 3 B 56/00 - und vom 25.09.2001 - 3 B 256/01 -).

8

Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt die Kammer auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge Bezug.

9

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.