Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 10.03.2021, Az.: 8 U 156/20

Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach Widerspruch; Belehrung über das Rücktrittsrecht

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
10.03.2021
Aktenzeichen
8 U 156/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 72164
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 24.09.202 - AZ: 6 O 96/20

In dem Rechtsstreit
D. L., ...,
Kläger und Berufungskläger,
Prozessbevollmächtigte:
H., ...,
gegen
... Lebensversicherung AG, ...,
Beklagte und Berufungsbeklagte,
Prozessbevollmächtigte:
B., ...,
hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ... am 10. März 2021 beschlossen:

Tenor:

  1. 1.

    Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 24. September 2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 6. Zivilkammer des Landgerichts Hannover durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen.

  2. 2.

    Den Parteien wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses gegeben.

  3. 3.

    Der auf den 15. März 2021 bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

  4. 4.

    Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren und das Berufungsverfahren auf jeweils bis 19.000,- € festzusetzen.

Gründe

I.

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages nach Widerspruch.

Mit Antrag vom 8. Juni 2000 (Anlage BLD 1, Bl. 25 ff. d. A.) beantragte der Kläger den Abschluss einer fondsgebundenen Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit einem anfänglichen Monatsbeitrag in Höhe von 100,00 € und einer jährlichen Dynamik von 6 %. Versicherungsbeginn sollte der 1. August 2000, Versicherungsablauf der 31. Juli 2029 sein. Versicherte Leistung aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung sollte Beitragsbefreiung sein. Bei Antragstellung erhielt der Kläger die Allgemeinen und Besonderen Versicherungsbedingungen (AVB) sowie eine Verbraucherinformation. Das Antragsformular enthält auf der vierten Seite unter anderem eine Belehrung über das Rücktrittsrecht, die der Kläger unterzeichnete.

Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 8. Juni 2000 galt ein Höchstrechnungszins in Höhe von 4,00 %. Zum 1. Juli 2000 wurde der Höchstrechnungszins durch das Bundesministerium der Finanzen durch Verordnung auf 3,25 % herabgesetzt.

Die Beklagte policierte den Vertrag mit Versicherungsschein vom 17. Juli 2000. Mit dem Versicherungsschein erhielt der Kläger erneut Versicherungsbedingungen sowie eine Verbraucherinformation. Im Policenbegleitschreiben ist dazu Folgendes ausgeführt:

"Ihre Versicherung gehört zu einer am 01.07.2000 neu eingeführten Tarifgeneration. Diese berücksichtigt u. a. die Absenkung des Höchst-Rechnungszinses von 4,00 % auf 3,25 %, die - nach einer Verordnung des Bundesfinanzministeriums - ab diesem Zeitpunkt für alle Versicherungen mit Zinsgarantie wirksam wird. Bei Antragstellung wurde allerdings noch ein altes Antragsformular verwendet, so dass die Ihnen mit der Antragsdurchschrift ausgehändigten Versicherungsbedingungen sowie die zugehörige Verbraucherinformation nicht mehr dem aktuellen Stand entsprechen. Die für Ihren Vertrag maßgeblichen neuen Versicherungsbedingungen sowie die hieran angepasste neue Verbraucherinformation haben wir dem Versicherungsschein beigefügt."

Auf Seite 2 der Verbraucherinformation unter Nr. 7 sowie auf Seite 2 der Versicherungsbedingungen in § 4 findet sich jeweils eine Belehrung über ein Rücktritts- und Widerspruchsrecht. Wegen der Einzelheiten des Versicherungsscheins, des Policenbegleitschreibens, der Verbraucherinformation und der Versicherungsbedingungen wird auf die Anlagen K 1 bis K 4 Bezug genommen.

Während der Vertragslaufzeit widersprach der Kläger mehrfach - soweit ersichtlich: viermal - der Dynamik. Insgesamt zahlte er bis März 2020 Beiträge in Höhe von 18.157,76 €.

Mit Anwaltsschreiben vom 30. November 2017 erklärte der Kläger den Widerspruch bezüglich seiner Vertragserklärung. Die Beklagte trat dem mit Schreiben vom 18. Dezember 2017 entgegen.

Der Kläger hat gemeint, er sei wegen einer unzureichenden Belehrung über das Widerspruchsrecht nach wie vor zum Widerspruch befugt gewesen. Er hat einen Gesamtanspruch in Höhe von 32.950,83 € ermittelt; wegen der Berechnung wird auf die Ausführungen auf Seite 10-15 der Klageschrift (Blatt 6R ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.950,83 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18. Dezember 2017 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat gemeint, der Vertrag sei im Antragsmodell zustande gekommen, die Belehrung über das Rücktrittsrecht sei ausreichend. Ein etwaiges Widerspruchsrecht sei ohnehin verwirkt.

Hinsichtlich der Anspruchshöhe hat die Beklagte behauptet, ein Beitragsanteil von 1.461,16 € sei auf die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung entfallen. Die Risikokosten der Hauptversicherung betrügen 1.785,01 €, die Abschlusskosten 1.052,76 € und die Verwaltungskosten 2.131,05 €. Die investierten Fonds hätten einen Gewinn in Höhe von 9.778,43 € generiert.

Das Landgericht hat mit Urteil vom 24. September 2020 (Bl. 64 ff. d. A.), auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten der Entscheidungsgründe Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Vertrag sei im Antragsmodell zustande gekommen, weil der Kläger die Versicherungsbedingungen und die Verbraucherinformation bei Antragstellung erhalten habe. Die Belehrung im Antrag über das Rücktrittsrecht sei formal wie inhaltlich ausreichend.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Der Kläger macht geltend, das Landgericht sei zu Unrecht von einem Vertragsschluss im Antragsmodell ausgegangen. Die bei Antragstellung ausgehändigten Unterlagen seien unvollständig gewesen; so habe ein Hinweis auf die garantierten Werte bzw. Todesfallsummen gefehlt. Die Widerspruchsbelehrung sei nicht drucktechnisch hervorgehoben, auch fehle ein Hinweis auf das Schriftformerfordernis. Bei der Berechnung des Fondsguthabens habe er die jährlichen Informationen der Beklagten verwendet. Bei einem fondsgebundenen Vertrag bezögen sich die Nutzungszinsen ausschließlich auf die Verwaltungskosten. Es seien nicht die gesamten Verwaltungskosten für die Verwaltung des Vertrages angefallen.

Der Kläger beantragt,

  1. 1.

    das Urteil des Landgerichts Hannover vom 24. September 2020 - 6 O 96/20 - abzuändern,

  2. 2.

    die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.950,83 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 18. Dezember 2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil. Sie ist weiterhin der Auffassung, der Versicherungsvertrag sei im Antragsmodell zustande gekommen. Die Übermittlung aktualisierter Allgemeiner und Besonderer Versicherungsbedingungen sowie Verbraucherinformationen mit dem Versicherungsschein falle in den Anwendungsbereich des § 5 VVG und führe nicht zu einem Vertragsabschluss nach § 5a VVG a. F. Die bei Antragstellung übergebenen Verbraucherinformationen seien vollständig gewesen. Die Beklagte habe bei Antragstellung unter Ziffer 2 und 5 der Verbraucherinformationen sowie in § 1 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen über den Umfang übernommener Garantien informiert. Die Versicherungssumme sowie die Todesfallsumme seien dem Kläger im Antragsformular mitgeteilt worden. Ausweislich Punkt 15 der Verbraucherinformationen seien weder Rückkaufswerte noch beitragsfreie Versicherungssummen garantiert worden. Schließlich habe der Kläger die Ausübung eines Rücktrittsrechts verwirkt. Der Kläger sei nicht daran gehindert gewesen, sein Rücktrittsrecht nach § 8 Abs. 5 VVG a. F. fristgemäß auszuüben.

II.

Die Voraussetzungen, unter denen der Senat die Berufung des Klägers gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückweisen soll, liegen vor.

1. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des Berufungsgerichts ist weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 und 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO). Die bereits erfolgte Terminierung steht nicht entgegen (vgl. Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 522 Rn. 31 m. w. N.).

2. Die Berufung des Klägers bietet auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO, noch rechtfertigen die gemäß § 529 Abs. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass dem Kläger weder ein Anspruch auf Herausgabe der Versicherungsprämien nach § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB noch der Nutzungen nach § 818 Abs. 1 BGB zusteht. Der Kläger hat nicht dargelegt und bewiesen, dass die Leistungen ohne Rechtsgrund erfolgten, § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB.

a. Zwischen den Parteien bestand unstreitig ein fondsgebundener Lebensversicherungsvertrag.

b. Hiervon ist der Kläger nicht durch das Anwaltsschreiben vom 30. November 2017 gemäß § 8 Abs. 5 VVG in der Fassung vom 21. Juli 1994 - BGBl. I, S. 1630 <1659> - (a. F.) wirksam zurückgetreten. Danach kann der Versicherungsnehmer innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Abschluss des Vertrages vom Vertrag zurücktreten. Die Frist beginnt erst zu laufen, wenn der Versicherer den Versicherungsnehmer über sein Rücktrittsrecht belehrt und der Versicherungsnehmer die Belehrung durch Unterschrift bestätigt hat.

aa. Gemessen hieran begann die Frist mit der vom Kläger unterzeichneten Rücktrittsbelehrung auf dem Antragsformular vom 8. Juni 2000. Die Frist war demnach am 30. November 2017 ersichtlich abgelaufen.

bb. Der Fristbeginn ist nicht mangels wirksamer Belehrung nicht in Gang gesetzt worden. Der Kläger wurde ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht belehrt.

(1) Eine Belehrung nach § 8 Abs. 5 VVG a. F. über das Rücktrittsrecht musste zur Erreichung ihres gesetzlichen Zweckes inhaltlich möglichst umfassend, unmissverständlich und aus Sicht der Verbraucher eindeutig sein. Das erforderte eine Form der Belehrung, die dem Aufklärungsziel Rechnung trug und darauf angelegt war, den Angesprochenen aufmerksam zu machen und das maßgebliche Wissen zu vermitteln (BGH, Urteil vom 28. September 2016 - IV ZR 41/14 -, Rn. 16, juris). Das Landgericht hat insoweit zutreffend festgestellt, dass die Belehrung diesen Anforderungen entsprochen hat.

(2) Der Senat hält auch die Berufungsangriffe gegen die Ordnungsgemäßheit der erteilten Rücktrittsbelehrung im Antragsformular nicht für begründet.

(a) Die Beklagte musste nicht über eine etwaige Form der Rücktrittserklärung belehren, weil von ihr nicht verlangt werden konnte, die insoweit unklare gesetzliche Bestimmung des § 8 Abs. 5 VVG a.F. auszulegen (BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018 - IV ZR 106/17 -, Rn. 15, juris; BGH, Urteil vom 29. Juni 2016 - IV ZR 24/14 -, Rn. 15, juris).

(b) Auch die Hervorhebung der Belehrung ist (noch) ausreichend. Die Belehrung findet sich als letzter Satz unmittelbar über der Unterschrift des Klägers. Sie ist in Fettdruck gehalten. Sie ist in einem insgesamt nur 5 Zeilen langen Abschnitt enthalten, der mit der Überschrift "wichtige Hinweise" gekennzeichnet ist.

Zwar findet sich unter der Überschrift auch der ebenso hervorgehobene Hinweis auf die Schlusserklärung des Antragstellers und der zu versichernden Person. Das hat aber nicht zur Folge, dass die Rücktrittsbelehrungen damit in den Hintergrund rücken. Es hat vielmehr zur Folge, dass der Hinweis auf die Schlusserklärung ebenso hervorgehoben ist wie die Rücktrittsbelehrung. Weil sich die Belehrung zudem unmittelbar vor der vom Versicherungsnehmer zu leistenden Unterschrift befindet, kann sie selbst bei einer nur oberflächlichen Durchsicht des Antragsformulars nicht übersehen werden (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 16. Oktober 2018 - 4 U 943/18; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2017, 1377 [OLG Karlsruhe 15.08.2017 - 12 U 97/17]; OLG Celle, 8. Zivilsenat, Beschluss vom 8. Oktober 2020, 8 U 135/20 - nicht veröffentlicht; OLG Schleswig, Anl. BLD 2, Bl. 28 ff. d. A.; OLG Köln, Beschluss vom 15. Februar 2016 - 20 U 12/16, juris Rn. 8).

(c) Schließlich liegt auch die erforderliche Bestätigung des Erhalts der Belehrung durch Unterschrift vor, denn dafür genügt, dass die Belehrung unmittelbar über der Unterschriftszeile des Formulars abgedruckt war (vgl. BGH, Urteil vom 17. Oktober 2018 - IV ZR 106/17 -, Rn. 17, juris); eine gesonderte Bestätigung der Rücktrittsbelehrung war nach dem Gesetzeswortlaut des § 8 Abs. 5 Satz 3 VVG a. F. nicht erforderlich (BGH, a. a. O., Rn. 18, juris).

c. Der Kläger hat auch nicht dem Zustandekommen des Versicherungsvertrages gemäß § 5a VVG in der Fassung vom 21. Juli 1994 - BGBl. I, S. 1630 <1658> - (a. F.) wirksam widersprochen. Danach kann der Versicherer innerhalb von 14 Tagen widersprechen, wenn der Versicherer dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen nicht übergeben oder eine Verbraucherinformation nach § 10a des VAG unterlassen hat.

aa. Für die Frage, ob der Vertrag im Antragsmodell oder im Policenmodell zustande gekommen ist, kommt es darauf an, ob dem Versicherungsnehmer bei Antragstellung die Versicherungsbedingungen und Verbraucherinformationen bereits vorlagen (dann Antragsmodell) oder nicht (dann Policenmodell). Vorliegend ist der Vertrag im Antragsmodell nach § 8 Abs. 5 VVG a. F. zustande gekommen.

(1) Nach der vom Kläger nicht angegriffenen Feststellung des Landgerichts hat der Kläger die AVB nebst Verbraucherinformationen ausgehändigt erhalten. Nach der (ebenfalls nicht angegriffenen) Erläuterung der Beklagten in der Berufungserwiderung handelte es sich um die dort näher bezeichneten Bedingungen mit Stand "07.99" bzw. "06.98" und eine darauf bezogene Verbraucherinformation. Die Beklagte hat eine Kopie eines kompletten blanko Antragsformulars der betroffenen Tarifgeneration als Anlage BLD 4 vorgelegt. Der Kläger hat trotz Hinweises mit der Ladungsverfügung vom 15. Dezember 2020 (Bl. 99 f. d. A.) hingegen nach wie vor nicht die ihm ursprünglich mit der Antragsdurchschrift überlassenen AVB und Verbraucherinformationen vorgelegt.

(2) Dass die Beklagte sodann mit dem Policenbegleitschreiben vom 17. Juli 2000 zusammen mit dem Versicherungsschein die (im Hinblick auf die zwischen Antragstellung und Policierung wirksam gewordene gesetzliche Absenkung des Höchstrechnungszinses) angepassten neuen AVB und Verbraucherinformationen mit Stand "06.00" (Anlage BLD 5 - 7 und Anlagen K 1 und K 3) übermittelt hat, führt nicht zur Anwendbarkeit des Policenmodells.

(3) Vielmehr unterliegt diese Konstellation - jedenfalls für Fälle vor der Reform des VVG und der Einfügung von § 7 VVG n. F. im Jahr 2017 - dem Anwendungsbereich von § 5 VVG. Das hat der BGH am 28. Mai 1969 (IV ZR 617/68) für eine vergleichbare Fallgestaltung entschieden; auch in der Literatur wird dem zugestimmt (Prölss/Martin/Prölss, 27. Aufl. (2004), VVG, 5a Rn. 70; bejahend sogar für das neue Recht: Brömmelmeyer, in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 4. Aufl. (2020), § 5 Rn. 11; Langheid/Rixecker/Rixecker, VVG, 6. Aufl. (2019), § 5 Rn. 10 a. E.; Looschelders/Pohlmann, VVG, 3. Aufl., § 5 Rnrn. 13, 25).

(4) Stellt aber eine Abweichung in den AVB eine Abweichung im Sinne von § 5 VVG a. F. dar, kann dies nicht gleichzeitig die - erstmalige - Aushändigung der Versicherungsunterlagen im Sinne von § 5a VVG a. F. bedeuten. Dies steht auch im Einklang mit dem Gesetzeszweck des § 5a VVG a. F., der ausweislich der Entwurfsbegründung dazu diente, die der Versicherungswirtschaft entstehenden Schwierigkeiten aufgrund der Informationsverpflichtung zu kompensieren (BT-Drs. 12/7595, Seite 102). Hingegen diente § 5a VVG a. F. nicht dazu - anders als § 7 VVG n. F. (vgl. Langheid/Wandt/Armbrüster, 2. Aufl. (2016), VVG § 7 Rn. 47) -, etwaige Änderungen in den Versicherungsbedingungen einzubeziehen bzw. auszuschließen.

(5) Die Beklagte hat bei Übersendung der neuen Bedingungen auch ausreichend und deutlich auf die geänderten AVB und Verbraucherinformationen hingewiesen. Selbst wenn dies im Übrigen nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte das nach § 5 VVG - nur - zur Folge, dass der Vertrag mit dem Inhalt der bei Antragstellung übermittelten AVB zustande gekommen wäre.

bb. Eine Unvollständigkeit der dem Kläger mit der Antragsdurchschrift ausgehändigten Unterlagen lässt sich nicht feststellen.

(1) Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung erstmals behauptet, ihm seien vor Unterzeichnung seines Antrags die garantierten Werte bzw. Todesfallsummen nicht überreicht worden - weshalb die Verbraucherinformationen unvollständig gewesen seien und der Vertrag deswegen im Policenmodell zustande gekommen sei -, ist schon fraglich, ob dieses Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 ZPO zuzulassen ist. Die Beklagte hat bereits in der Klageerwiderung geltend gemacht, der Vertrag sei im Antragsmodell geschlossen worden. Die mangelnde Vollständigkeit der Verbraucherinformationen bei Antragstellung war deshalb für die Einordnung des Vertrages gemäß § 5a VVG a. F. von entscheidender Bedeutung. Zu den Voraussetzungen des § 5a VVG a. F., insbesondere des Fehlens etwaiger Informationen bei Antragstellung, hat der Kläger weder in der Klageschrift noch danach vorgetragen. Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, die Verbraucherinformationen seien unvollständig gewesen, handelt es sich daher um neuen erheblichen Vortrag. Die Beklagte hat substanziiert bestritten, dass die Verbraucherinformationen unvollständig gewesen seien (Bl. 129 f. d. A.).

(2) Der Einwand wäre aber auch in der Sache unbegründet. Die beim Antrag übergebenen AVB und Verbraucherinforationen hat der Kläger trotz Hinweises des Senats nicht vorgelegt. Auf der Grundlage der vorliegenden Unterlagen (Versicherungsantrag, Anlage K 4 und Blankokopie, Anlage BLD 4) ist darüber hinaus die Behauptung der unvollständigen Verbraucherinformationen in Bezug auf die Garantiewerte auch unrichtig. Die Angabe der Mindest-Todesfallsumme ergibt sich aus Seite 2 unten des Versicherungsantrags (Anlage K 4) [Mindesttodesfallsumme = 150 % der Versicherungssumme, wobei diese auf Seite 3 oben des Versicherungsantrags eingetragen ist]. Weitere Informationen zu den Garantien enthalten die ursprünglichen Verbraucherinformationen (Anlage BLD 4) unter Ziffer 2 (Seite 17) und Ziffer 1 (Seite 10) sowie Ziffer 15 (Seite 20) sowie die ursprünglichen AVB in § 1 Abs. 2 und 3.

III.

Die beabsichtigte Streitwertfestsetzung beruht auf § 43 Abs. 1 GKG. Da bei dem hier streitbefangenen ungekündigten Vertrag die volle Hauptforderung (gezahlte Prämien) Gegenstand des Rechtsstreits ist, bleiben die Nutzungen als Nebenforderungen für die Wertberechnung außer Ansatz.

IV.

Da die Berufung des Klägers im Ergebnis offensichtlich ohne Erfolg bleiben dürfte, sollte der Kläger aus Kostengründen die Rücknahme seines Rechtsmittels erwägen, das anderenfalls im Beschlusswege gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen wäre.