Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 18.03.2021, Az.: 6 W 27/21

Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung für einen Nachlassverwalter; Vergütungsbemessung einer Nachlasspflegschaft als Unterart der Nachlassverwaltung; Berücksichtigung eines höheren Haftungsrisikos; Einwendungen gegen die Art der Geschäftsführung; Einrede der Verjährung

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
18.03.2021
Aktenzeichen
6 W 27/21
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 54421
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Fundstellen

  • ErbR 2022, 68-71
  • FGPrax 2021, 175-178
  • FamRZ 2023, 796
  • ZEV 2021, 750-753
  • ZErb 2021, 482-486

Amtlicher Leitsatz

  1. 1.

    Die Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG gilt nicht für die Vergütung des Nachlassverwalters.

  2. 2.

    Bei der Bemessung der angemessenen Vergütung kann mangels entgegenstehender Bestimmungen in § 1987 BGB auf die in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Vergütung genannten Kriterien, also auf die für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse sowie auf Umfang und Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte zurückgegriffen werden, weil die Nachlassverwaltung gemäß § 1975 BGB eine Unterart der Nachlasspflegschaft ist; die Vergütung kann nur im Rahmen eines Ermessensspielraums bestimmt werden.

  3. 3.

    Dass auf diese Weise der Nachlassverwalter unter Umständen zu einer höheren Vergütung kommt als ein nach § 1960 oder 1961 BGB bestellter Nachlasspfleger ist durchaus gerechtfertigt, weil die Nachlassverwaltung sich von der Nachlasspflegschaft sowohl durch ihren besonderen Zweck (§ 1975 BGB) als auch durch das mit diesem speziellen Zweck verbundene höhere Haftungsrisiko des Verwalters (§ 1985 Abs. 2 BGB) unterscheidet.

  4. 4.

    Es liegt nicht im Ermessen des Nachlassverwalters, in welcher Weise die Abrechnung zu erfolgen hat; die Ermessensausübung hängt nicht von seiner Antragstellung ab, sondern der Tatrichter hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sein Ermessen auszuüben, etwa - wie vorliegend - dahingehend, dass nach Stunden abzurechnen ist. Weigert sich der Nachlassverwalter (ungeachtet ihm vorliegender Aufstellungen), nach Stunden abzurechnen, ist sein Aufwand entsprechend § 287 ZPO zu schätzen, ohne dass das Gericht gezwungen wäre, statt des Nachlassverwalters dessen (umfangreiche) Unterlagen auszuwerten.

  5. 5.

    Einwendungen gegen die Art der Geschäftsführung sind nicht im Verfahren nach § 168 Abs. 5 FamFG zu berücksichtigen, sondern vor dem Prozessgericht geltend zu machen.

  6. 6.

    Der Beschluss zur Vergütungsfestsetzung ist nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ein Vollstreckungstitel, der nach den Vorschriften der ZPO vollstreckt wird (§ 95 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FamFG).

  7. 7.

    Bei der Einrede der Verjährung handelt es sich um eine im Festsetzungsverfahren (nach § 168 FamFG) berücksichtigungsfähige Einwendung. Die Verjährungsfrist für den Vergütungsanspruch aus § 1987 BGB richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften. Der Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters entsteht nicht mit der Ausübung seiner jeweiligen Amtstätigkeit, sondern wie bei einem Insolvenzverwalter wird er erst mit der Erledigung der zu vergütenden Tätigkeit fällig. Ein Vergütungsantrag bewirkt keine Hemmung der Verjährung, wenn er dem Gericht nicht die erforderliche "Prüfung und Feststellung der zutreffenden Vergütungshöhe ermöglicht, sondern der Nachlassverwalter sich darauf beschränkt, die "Festsetzung einer angemessenen Vergütung gemäß § 1987 BGB" zu beantragen. Der Vergütungsantrag des Nachlassverwalters ist "Klage auf Leistung" im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise geändert und die von der Beteiligten zu 1 an den Beteiligten zu 2 zu zahlende Vergütung für dessen Tätigkeit als Nachlassverwalter auf 46.410 € festgesetzt.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 2 trägt die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu 91 % und hat der Beteiligten zu 1 die zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens notwendigen Aufwendungen zu 91 % zu erstatten.

Beschwerdewert: 505.750 €

Gründe

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

I.

Die Vergütung des Beteiligten zu 2 für seine Tätigkeit als Nachlassverwalter in der Zeit von seiner Bestellung am 17. Dezember 2014 bis zur Aufhebung der Nachlassverwaltung am 19. Dezember 2017 war gemäß § 168 Abs. 5 FamFG i. V. m. §§ 1987, 1975 BGB auf insgesamt 46.410 € festzusetzen (= 600 Stunden x 65 € pro Stunde +19 % Umsatzsteuer).

Zur Überzeugung des Senats rechtfertigt der vorgetragene Sachverhalt nur eine Schätzung der angemessenen Vergütung auf diesen Betrag.

1. Der am 19. Dezember 1946 geborene und am 24. Mai 2013 verstorbene Erblasser wurde von der Beteiligten zu 1, seiner Ehefrau, allein beerbt (Erbschein des Amtsgerichts Tostedt vom 30. August 2016).

Mit eigenhändig geschriebenem und unterschriebenem "Testament" vom 4. Dezember 2012 (Bl. 223 Bd. I d. A.) bestimmte der Erblasser:

"Ich ... vermache mein Vermögen wie folgt:

1. G. GmbH ... H.

Die Anteile von Herrn A. K. ... sollen von jetzt 10 % auf 80 % erhöht werden.

Die restlichen 20 % sollen an Lena (Beteiligte zu 1) gehen.

2. F. H. GmbH

80 % der Anteile gehen an (Beteiligte zu 1)

20 % an Herrn A. K.

3. Bierlokal G., ...

Das G. vererbe ich der KKI,

K-Initiative Buchholz

4. Mein restliches Vermögen soll an (die Beteiligte zu 1) gehen."

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2014 (Bl. 1 ff. Bd. I d. A.) beantragte die K-Initiative die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft zur Vermächtniserfüllung. Die Rechtspflegerin hat diesen Antrag als Begehren auf Nachlassverwaltung im Sinne von § 1975 BGB ausgelegt (Bl. 3 Bd. I d. A.), mit Beschluss vom 17. Dezember 2014 Nachlassverwaltung angeordnet (Bl. 4 Bd. I d. A.) und den Beteiligten zu 2 als Nachlassverwalter zur Sicherung und Verwaltung des Nachlasses mit der Begründung bestellt, "eine ordnungsgemäße Verwaltung des Nachlasses (sei) bis zur Klärung der Erbberechtigung derzeit nicht gesichert" und "die Befriedigung der Nachlassgläubiger erschein(e) durch das Verhalten der Erben gefährdet".

Die dagegen gerichtete Beschwerde der K-Initiative hat diese mit Schriftsatz vom 13. Januar 2015 zurückgenommen. Die Beteiligte zu 1 hat mit Schriftsatz vom 29. Januar 2015 erklärt, an der angeordneten Nachlassverwaltung festzuhalten, die durch Beschluss des Amtsgerichts vom 19. Dezember 2017 aufgehoben worden ist (Bl. 32 Bd. X d. A.).

Mit Schriftsatz vom 11. Februar 2019 (Bl. 192-217 Bd. X d. A.) hat der Beteiligte zu 2 die Festsetzung seiner Vergütung als Nachlassverwalter nach folgender Berechnung beantragt:

Konstituierungsgebühr 1,5 % von 18.923.000 € (Bl. 193 Bd. X d.A.)

283.845,00 €

Zuschlag für aufwendige Grundtätigkeit wegen der besonderen Maßnahmen zur Ermittlung und Inbesitznahme des Nachlasses (2/10 von 283.845,00 € =)

56.769,00 €

Zuschlag für die Auseinandersetzung des Nachlasses durch Erfüllung der Vermächtnisse

56.769,00 €

Zuschlag für komplexe Nachlassverwaltung resultierend aus den Schwierigkeiten bei der Verwaltung des Nachlasses, auch gerade wegen der vielen Rechtsstreitigkeiten

56.769,00 €

Zuschlag für aufwendige und schwierige Gestaltungsaufgaben, hier Mitwirkung an der Umstrukturierung der Gesellschaften

56.769,00 €

Zuschlag für Steuerangelegenheiten aufgrund der komplexen Materie mit mehreren Steuerberatern, Befassung der steuerlichen Auswirkungen und der Erbschaftssteuer

56.769,00 €

Summe

567.690,00 €

./. 25 % Abschlag, weil die Nachlassverwaltung keine vollständige Auseinandersetzung des Nachlasses beinhaltet hat

- 141.922,50 €

Differenz

425.767,50 €

gerundet

425.000,00 €

+ 19 % Umsatzsteuer

beantragter Betrag

505.750,00 €

2. Dem Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 2 steht nicht entgegen, dass bei Eingang des Vergütungsantrags mehr als 15 Monate seit Beginn der Tätigkeit vergangen waren. Denn die Ausschlussfrist des § 2 Satz 1 VBVG gilt nicht für die Vergütung des Nachlassverwalters (Beschluss des BGH vom 14. März 2018 zu IV ZB 16/17, zitiert nach juris, dort Rn. 11).

II.

1. Nach § 1987 BGB kann "der Nachlassverwalter ... für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung verlangen". Bei der Festsetzung sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:

Diese Vorschrift regelt den Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters nach Grund und Höhe eigenständig und abschließend. Die Vergütung ist angemessen, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falls der Billigkeit entspricht. Bei der Bemessung kann mangels entgegenstehender Bestimmungen in § 1987 BGB auf die in § 1915 Abs. 1 Satz 2 BGB für die Vergütung des Klägers genannten Kriterien, also auf die für die Führung der Pflegschaftsgeschäfte nutzbaren Fachkenntnisse sowie auf Umfang und Schwierigkeit der Pflegschaftsgeschäfte zurückgegriffen werden, weil die Nachlassverwaltung gemäß § 1975 BGB eine Unterart der Nachlasspflegschaft ist. Die Vergütung kann nur im Rahmen eines Ermessensspielraums bestimmt werden (Beschluss des BGH vom 14. März 2018 zu IV ZB 16/17, zitiert nach juris, dort Rn. 11, 12, 22 und 23 m.w.N.). Zu berücksichtigen ist aber auch der "Gesamtbetrag aller vom Verwalter erfüllten oder sichergestellten Nachlassverbindlichkeiten, einschließlich der von ihm erfolgreich abgewehrten Ansprüche vermeintlicher Nachlassgläubiger (Staudinger/Dobler, BGB, Neubearbeitung 2020, § 1987, Rn. 7 und 10). Dass auf diese Weise der Nachlassverwalter unter Umständen zu einer höheren Vergütung kommt als ein nach § 1960 oder 1961 BGB bestellter Nachlasspfleger ist durchaus gerechtfertigt, weil die Nachlassverwaltung sich von der Nachlasspflegschaft sowohl durch ihren besonderen Zweck (§ 1975 BGB) als auch durch das mit diesem speziellen Zweck verbundene höhere Haftungsrisiko des Verwalters (§ 1985 Abs. 2 BGB) unterscheidet (Staudinger/Dobler, am angegebenen Ort, Rn. 8).

2. Der Senat schließt sich der Entscheidung des Amtsgerichts an, dass es im vorliegenden Fall angemessen ist, die Vergütung des Nachlassverwalters nach Stunden festzusetzen.

Diese Entscheidung stand im Ermessen des Nachlassgerichts und steht im Beschwerdeverfahren im Ermessen des Senats.

a) Der Beschwerdeeinwand des Beteiligten zu 2 (Seite 3 der Beschwerdebegründung, Bl. 160 Bd. XI d. A.), das Amtsgericht habe übersehen, dass in der Entscheidung des BGH vom 14. März 2018 zu IV ZB 16/17 der "Nachlassverwalter seine Vergütung gerade nicht pauschal, sondern auf Grundlage einer Stundenabrechnung beantragt hatte", ist unerheblich. Der Beteiligte zu 2 unterliegt der Fehlvorstellung ("habe ich ... gewählt", Schriftsatz vom 16. Oktober 2019, Bl. 12 Bd. XI d. A.), dass es in seinem Ermessen liegt, in welcher Weise die Abrechnung zu erfolgen hat. Die Ermessensausübung hängt nicht von seiner Antragstellung ab, sondern der Tatrichter hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls sein Ermessen auszuüben.

b) Diese Ermessensausübung rechtfertigt im vorliegenden Fall die Entscheidung, die Vergütung des Beteiligten zu 2 nach Stunden festzusetzen. Für die Stundenabrechnung spricht, dass die Interessenlage der Erbprätendenten, Vermächtnisnehmer und der anderen Nachlassgläubiger bei Anordnung der Nachlassverwaltung eher derjenigen bei der Nachlasspflegschaft entsprochen hat, was für den Beteiligten zu 2 erkennbar war. Denn die K-Initiative hat die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft zur Vermächtniserfüllung beantragt. Der Befriedigung der Nachlassgläubiger stand nur im Wege, dass die Erbfolge noch nicht hinreichend geklärt war und noch kein Erbschein vorlag. Im Übrigen bestand kein Grund zu der Annahme, dass die Befriedigung der Nachlassgläubiger aus dem Nachlass durch das Verhalten und die Vermögenslage der Erben gefährdet wird (§ 1981 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Die Abrechnung nach Stunden ist für den Beteiligten zu 2 nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden. Zum einen hat er die Möglichkeit, seinen Zeitaufwand konkret darzulegen. Zum anderen können alle oben genannten Kriterien für die Bemessung der Vergütung bei Bestimmung des angemessenen Stundensatzes berücksichtigt werden. Ferner war dem Beteiligten zu 2 aus seiner früheren Tätigkeit als Nachlassverwalter und der dort von ihm vorgenommenen Abrechnung bekannt, dass diese nach Stunden erfolgen kann (Beschluss des Senats vom 4. Juli 2019 zu 6 W 61/19, dem Festsetzungen des Amtsgerichts Buxtehude zu 9 VI 360/12 für die Nachlassverwaltervergütung nach Zeitaufwand für die Zeit ab dem 17. September 2012 zugrunde lagen). Solange in der vorliegenden Sache nicht geklärt war, in welcher Weise die Abrechnung erfolgt, gab es keinen Grund für den Beteiligten zu 2 davon abzusehen, Stundenaufstellungen anzufertigen.

Der Einwand, eine Zeitabrechnung würde einer Nachlassverwaltung, bei der ein mittelständisches Unternehmen zum Nachlass gehört, nicht gerecht (Bl. 161 Bd. XI d. A.), steht der vorgenannten Ermessensausübung nicht entgegen, weil die oben angegebenen besonderen Umstände der Anordnung der Nachlassverwaltung die Stundenabrechnung rechtfertigen.

c) Der weitere Einwand des Beteiligten zu 2, ihm sei eine Stundenaufstellung unmöglich, weil er eine solche nicht zeitnah angefertigt habe, ist nicht nachvollziehbar und unzutreffend. "Der zu berücksichtigende Zeitaufwand (muss) nicht minutengenau belegt werden. Ausreichend ist, dass die Angaben die Feststellung der ungefähren Größenordnung ermöglichen und Grundlage einer gegebenenfalls durchzuführenden Schätzung entsprechend § 287 ZPO sein können" (Beschluss des BGH vom 14. März 2008 zu IV ZB 16/17, Rn. 27).

Hier hat der Beteiligte zu 2 selbst vorgetragen, dass er über umfangreiche Unterlagen in Ordnern und über E-Mails verfügt. Insoweit wäre es ihm jedenfalls in groben Zügen möglich gewesen, Gegenstand und Umfang seiner jeweiligen Tätigkeit anzugeben. Aus den Unterlagen könnte er weiterhin nachvollziehen, welchen Schriftverkehr er geführt, welche Termine er wahrgenommen und welche Entscheidungen er in welcher Weise vorbereitet hat.

3. Die aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts vom Senat "durchzuführende Schätzung entsprechend § 287 ZPO" (BGH a. a. O.) ergibt einen Aufwand des Beteiligten zu 2 von 600 Stunden (= 300 Ereignisse x 2 Stunden).

a) Bei der Schätzung konnte der Senat nur die Ereignisse berücksichtigen, die im Schriftsatz des Beteiligten zu 2 vom 11. Februar 2019 genannt sind und bei denen der Beteiligte zu 2 tätig war. Hierbei sind sowohl Tätigkeiten vorhanden, bei denen anzunehmen ist, dass der Beteiligte zu 2 einen ganzen Arbeitstag aufgewandt hat, als auch Ereignisse, bei denen die Tätigkeit des Beteiligten zu 2 sich auf einen sehr geringen Zeitraum beschränkte, zum Beispiel die Entgegennahme von Beschlussfassungen des Amtsgerichts oder des Senats. Bei einer Mindestschätzung kann daher nur ein Aufwand von durchschnittlich 2 Stunden angesetzt werden, so dass sich bei geschätzten 300 vergütungspflichtigen Ereignissen ein Aufwand des Beteiligten zu 2 von 600 Stunden ergibt (= 300 x 2 Stunden). Für die Annahme, dass der Beteiligte zu 2 durchschnittlich weit weniger als einen Arbeitstag aufgewandt hat, spricht, dass er nicht geltend macht, seine übrige Tätigkeit eingeschränkt zu haben.

Eine geringere Schätzung erschien dem Senat unangemessen, weil ihm aus den zahlreichen Verfahren in dieser Angelegenheit der außergewöhnliche Umfang der Streitfragen im Zusammenhang mit dieser Nachlassverwaltung bekannt sind, wobei der Umfang zum Teil auf dem Verhalten der Beteiligten zu 1 und ihres Verfahrensbevollmächtigten beruhte. Die Schätzung des Senats auf 600 Stunden hat nur zur Folge, dass der Beteiligte zu 2 weniger als durchschnittlich 1 Stunde pro Arbeitstag für die drei Jahre der Nachlassverwaltung als Vergütung erhält.

b) Der Einwand des Beteiligten zu 2, das Gericht habe hierzu die Akten des Nachlassverwalters einsehen und auswerten müssen (Bl. 162 Bd. XI d. A.), ist unerheblich. Es ist nicht Aufgabe des Nachlassgerichts oder des Senats, die Unterlagen des Nachlassverwalters durchzusehen und Anhaltspunkte für die Festsetzung der Vergütung zu suchen. Eine solche Einsicht kommt in Betracht, wenn Streit über konkrete Punkte des Vergütungsantrags besteht und insoweit eine Plausibilitätskontrolle durch das Gericht durchzuführen ist. Der Beteiligte zu 2 kann das Gericht nicht darauf verweisen, die von ihm verweigerte Aufstellung nachzuholen. Der Beteiligte zu 2 hat die Nachteile zu tragen, die daraus resultieren, dass er sich trotz deutlicher Hinweise des Nachlassgerichts beharrlich geweigert hat, eine konkrete Stundenaufstellung vorzulegen.

4. Dem Senat erscheint unter Berücksichtigung der vorgetragenen und dem Senat bekannten besonderen Umstände des vorliegenden Einzelfalls ein Stundensatz von 65 € angemessen.

a) Die Beteiligte zu 1 hat unter Hinweis auf den Beschluss des OLG Schleswig vom 6. Juni 2016 zu 3 Wx 12/16 einen Stundensatz von 65 € akzeptiert (S. 2 des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2020, Bl. 6 Bd. XII d. A.).

b) Der Beteiligte zu 2 hat nichts vorgetragen, was einen höheren Satz rechtfertigt.

c) Danach erscheint dem Senat dieser Betrag angemessen. Die höhere Verantwortung des Nachlassverwalters (s. o.) rechtfertigt zwar eine gewisse Erhöhung gegenüber dem Nachlasspfleger. Eine Erhöhung auf über 65 € kommt aber im vorliegenden Einzelfall nicht in Betracht, weil der Beteiligte zu 2 in erheblichem Umfang Sonderfachleute hinzugezogen hat (Steuerberater und Rechtsanwälte), wie vom Beteiligten zu 1 mit Schriftsatz vom 19. März 2019 vorgetragen (Seite 3 des Schriftsatzes vom 27. März 2019, Bl. 241 Bd. X d. A.), auch wenn dies zum Teil auf der Verhaltensweise und Prozessführung der Beteiligten zu 1 beruhte.

d) Der Einwand der "Waffengleichheit" (Seite 2 des Schriftsatzes vom 12. Juni 2019, Bl. 5 Bd. XI der Akten) erfordert es nicht, den Stundensatz zu erhöhen. Die Zuziehung von Sonderfachleuten reduziert die Gefahr einer Haftung des Nachlassverwalters, der gegebenenfalls die Sonderfachleute wegen Falschberatung in Anspruch nehmen kann.

5. Einwendungen der Beteiligten zu 1 gegen die Art der Geschäftsführung sind nicht im Verfahren nach § 168 Abs. 5 FamFG zu berücksichtigen, sondern vor dem Prozessgericht geltend zu machen.

6. Auf die angemessene Vergütung ist Umsatzsteuer zu erheben.

7. Dieser Beschluss ist - wie vom Beteiligten zu 2 begehrt (S. 26 des Schriftsatzes vom 11. Februar 2019, Bl. 217 Bd. X d. A.) - nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 FamFG ein Vollstreckungstitel, der nach den Vorschriften der ZPO vollstreckt wird (§ 95 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FamFG, siehe auch Keidel/Engelhardt, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 168 Rn. 39).

8. Die Beteiligte zu 1 ist nicht berechtigt, die Zahlung wegen der von ihr mit Schriftsatz vom 1. Januar 2021 erhobenen Einrede der Verjährung zu verweigern (§ 214 BGB).

Der Ablauf der Verjährung ist seit dem Vergütungsantrag des Beteiligten zu 2 vom 9. Februar 2019 gehemmt.

a) "Bei der Einrede der Verjährung handelt es sich um eine im Festsetzungsverfahren (nach § 168 FamFG) berücksichtigungsfähige Einwendung, die im Vergütungsrecht ihren Grund hat" (Beschluss des BGH vom 5. November 2014 zu XII ZB 186/13, zitiert nach juris, dort Rn. 19).

b) Die Verjährungsfrist für den Vergütungsanspruch aus § 1987 BGB beträgt nach § 195 BGB drei Jahre (vgl. für die Betreuervergütung: Beschluss des BGH vom 25. Januar 2012 zu XII ZB 461/11, zitiert nach juris, dort Rn. 11). Das Gesetz enthält für den Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters keine abweichende Bestimmung.

c) Diese dreijährige Frist hat nicht vor dem Ablauf des 31. Dezember 2017 zu laufen begonnen (§ 199 Abs. 1 BGB), weil die Tätigkeit des Beteiligten zu 2 als Nachlassverwalter erst im Jahr 2017 beendet worden ist.

Nach dieser Vorschrift beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem "1. der Anspruch entstanden ist und 2. der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste."

d) Der Vergütungsanspruch des Nachlassverwalters entsteht nicht "mit der Ausübung seiner jeweiligen Amtstätigkeit" (so aber für den Vergütungsanspruch des Betreuers: Beschluss des BGH vom 25. Januar 2012 zu XII ZB 461/11, zitiert nach juris, dort Rn. 15, und für den berufsmäßigen Nachlasspfleger: Palandt/Weidlich, BGB, 80. Aufl. 2021, § 1960 Rn. 22 m. w. N.), sondern wie bei einem Insolvenzverwalter wird er erst mit der "Erledigung der zu vergütenden Tätigkeit fällig" (Beschluss des BGH vom 29. März 2007 zu IX ZB 153/06, zitiert nach juris, dort Rn. 5), im vorliegenden Fall also erst im Jahr 2017, weil die Nachlassverwaltung zuvor nicht erledigt war.

Zwar enthält das Gesetz für die Nachlassverwaltung, die "eine Nachlasspflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlassgläubiger" ist (§ 1975 BGB), keine Regelung zur Entstehung des Vergütungsanspruchs. Doch ist die entsprechende Anwendung der Regeln für den Insolvenzverwalter gerechtfertigt, weil - wie bereits ausgeführt - für die Bemessung der Vergütung des Nachlassverwalters auch das Ergebnis seiner Tätigkeit von Bedeutung ist, sodass eine endgültige Bemessung erst nach Erledigung der Tätigkeit möglich wird.

e) Der Vergütungsantrag des Beteiligten zu 2 vom 26. Dezember 2018, der per Telefax am 27. Dezember 2018 beim Amtsgericht Tostedt eingegangen ist (Bl. 188 Bd. X d. A.), hat keine Hemmung der Verjährung bewirkt, weil er dem Nachlassgericht nicht die erforderliche "Prüfung und Feststellung der zutreffenden Vergütungshöhe ermöglicht" (Beschluss des BGH vom 24. Oktober 2012 zu IV ZB 13/12, zitiert nach juris, dort Rn. 9), sondern der Beteiligte zu 2 sich darauf beschränkt hat, die "Festsetzung einer angemessenen Vergütung gemäß § 1987 BGB" zu beantragen und anzukündigen, "eine Darstellung der besonderen Schwierigkeiten dieser Nachlassverwaltung, ihres Umfangs und der Höhe des verwalteten Vermögens sowie einer Berechnung der sich aus (seiner) Sicht ergebenen Vergütungshöhe ... baldmöglichst nach (zu) reichen". Diese Angaben ermöglichten dem Nachlassgericht keine Einschätzung, welche Vergütung des Beteiligten zu 2 angemessen sein könnte.

f) Erst der Vergütungsantrag des Beteiligten zu 2 aus dem Schriftsatz vom 11. Februar 2019 (Bl. 192 Bd. X d. A.) hat den Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist (§ 195 BGB) gehemmt.

(1) Dieser Antrag ist "Klage auf Leistung" im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, weil eine Leistungsklage des Nachlassverwalters gegen den Erben auf Festsetzung der Vergütung nach § 1987 BGB vor dem Prozessgericht nicht zulässig ist, sondern diese Festsetzung im Verfahren nach § 168 Abs. 5 FamFG i.V.m. §§ 1987, 1975 BGB vor dem Nachlassgericht zu erfolgen hat (vergleiche zur entsprechenden Anwendung beim Vergütungsantrag des Insolvenzverwalters: Beschluss des BGH vom 29. März 2007 zu IX ZB 153/06, zitiert nach juris, dort Rn. 15).

(2) Dieser Antrag hat eine Hemmung bewirkt, soweit er dem Nachlassgericht die erforderliche "Prüfung und Feststellung ... ermöglichte" (Beschluss des BGH vom 24. Oktober 2012 zu IV ZB 13/12, zitiert nach juris, dort Rn. 9), welche Vergütung für die Tätigkeiten angemessen ist, die der Beteiligte zu 2 in diesem Schriftsatz dargelegt hat.

f) Diese Hemmung dauert an, weil das noch nicht beendete Festsetzungsverfahren bisher nicht zum Stillstand gekommen ist (§ 204 Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB).

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 84 FamFG, weil die Beschwerde nur in geringem Umfang erfolgreich war.

Eine Kostenerstattung durch die Beteiligte zu 1 entspricht weder billigem Ermessen (§ 81 Abs. 1 FamFG), noch sind Tatsachen für eine Kostenentscheidung nach § 81 Abs. 2 FamFG vorgetragen oder ersichtlich. Die Vergütungshöhe hing von einer gerichtlichen Schätzung ab.

Die Wertfestsetzung beruht auf dem Festsetzungsantrag des Beteiligten zu 2.