Oberlandesgericht Celle
Beschl. v. 26.02.2021, Az.: 4 U 37/20

Wirksamkeit einer Kündigungsandrohung; Einwand fehlender Bevollmächtigung; Treuwidrige Zurückweisung eines einseitigen Rechtsgeschäfts

Bibliographie

Gericht
OLG Celle
Datum
26.02.2021
Aktenzeichen
4 U 37/20
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2021, 64754
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
LG Hannover - 02.03.2020 - AZ: 12 O 92/18

Fundstellen

  • BauR 2022, 1366-1369
  • IBR 2022, 281
  • IBR 2022, 284

In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ... am 26. Februar 2021 einstimmig beschlossen:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 2. März 2020 verkündete Zwischenfeststellungsurteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Hannover wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit leistet in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Wert der Berufung wird auf 1.019.094,11 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt offensichtlich ohne Erfolg. Des Weiteren kommt der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung zu, und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 ZPO ist nicht geboten.

II.

Der Senat hat mit Beschluss vom 18. November 2020 (Bl. 870 ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass erwogen wird, die Berufung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Wegen der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf diesen Beschluss (unter Ziffer I) Bezug genommen.

Innerhalb der mit diesem Beschluss eingeräumten Frist hat die Klägerin zu dem Vorhaben des Senats Stellung genommen (vgl. Schriftsatz vom 29. Januar 2021, Bl. 949 ff. d. A.). Das beklagte Land hat hierauf mit Schriftsatz vom 3. Februar 2021 (Bl. 995 ff. d. A.) reagiert.

III.

1. Die Voraussetzungen für die Zurückweisung der Berufung durch einstimmigen Senatsbeschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO liegen aus den in dem Beschluss vom 18. November 2020 unter Ziffer II genannten Gründen vor.

2. Der Schriftsatz der Klägerin gibt dem Senat keine Veranlassung zu einer anderen Beurteilung.

a) Der Senat bleibt dabei, dass die Klägerin nach § 242 BGB daran gehindert ist, gegenüber der Kündigungsandrohung durch Herrn Ru. nach § 174 BGB einzuwenden, dass der Kündigungsandrohung keine Vollmacht beigelegt worden sei.

aa) Für die Frage, ob zwischen den Parteien eine ständige Geschäftsbeziehung vorlag, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die Parteien bereits vor den beiden hier streitbefangenen Bauverträgen zum Umbau des Niedersächsischen Landtags weitere vertragliche Beziehungen unterhielten. Vielmehr reichen vorliegend die beiden streitgegenständlichen Bauverträge für die Annahme einer ständigen Geschäftsbeziehung aus. Denn bei diesen Bauverträgen handelt es sich um Verträge, die eine längere Vertragsausführungszeit mit einer Vielzahl von während dieser Zeit nötiger Absprachen voraussetzten.

bb) Soweit die Klägerin ausführt, sie habe keine Veranlassung gesehen, § 174 BGB im Zusammenhang mit den beiden von Herrn Ru. unterzeichneten Kündigungsandrohungen vom 11. und 27. Juli 2016 zu bemühen, weil sie der den Kündigungsandrohungen zu Grunde liegenden Forderung abgeholfen habe, zeigt gerade die behauptete Abhilfe, dass die Klägerin die durch Herrn Ru. ausgesprochenen Kündigungsandrohungen ernst nahm und davon ausging, dass er entsprechend bevollmächtigt sei. Insofern kommt es auch nicht darauf an, ob Herr Ru. Projektleiter oder stellvertretender Projektleiter war.

cc) Soweit die Klägerin meint, für die Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben nach § 242 BGB sei im Bereich des § 174 BGB grundsätzlich kein Platz, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Im Gegenteil geht er mit der herrschenden Meinung davon aus, dass eine Zurückweisung des einseitigen Rechtsgeschäfts treuwidrig ist, wenn der Geschäftsgegner wiederholt mit dem Vertreter im Rahmen einer Geschäftsbeziehung Kontakt hatte und sein Vertreterhandeln ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde anerkannt hat (vgl. MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2018 Rn. 31, BGB § 174 Rn. 31; BeckOK BGB/Schäfer, 56. Ed. 1. November 2020, BGB § 174 Rn. 14; Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl. 2021, § 174 Rn. 7; OLG München, Urteil vom 4. August 1985 - 21 U 5934/94 -, beck-online; OLG Celle, Beschluss vom 9. Januar 2017 - 13 Verg 9/16 -, Rn. 48, juris; OLG Saarbrücken, Urteil vom 20. Februar 2002 - 1 U 680/01 -, juris).

dd) Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es vorliegend für die Annahme eines Treueverstoßes nicht darauf an, ob es der Beklagten zumutbar gewesen wäre, eine Vollmacht von Herrn Ru. nach entsprechender Rüge durch die Klägerin vorzulegen. Der Treueverstoß der Klägerin ist darin zu sehen, dass sie sich auf die formale Position des § 174 BGB zurückzog, um eine außerordentliche Kündigung zu verhindern, obwohl ihr aufgrund vorherigen Handelns bekannt war, dass Herr Ru. zum Ausspruch von Kündigungsandrohungen berechtigt war. Die Klägerin hatte keinen Anlass, eine vermeintlich unklare Vertreterstellung zu klären, weil ihr diese nämlich nicht unklar war.

b) Soweit die Klägerin auch im Zusammenhang mit der außerordentlichen Kündigung durch Herrn R. vom 10. August 2016 auf deren Zurückweisung nach § 174 BGB abstellt, hat der Senat bereits in seinem Hinweisbeschluss vom 18. November 2020, dort auf Seite 6 und 7, darauf hingewiesen, dass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob die Kündigung vom 10. August 2016 wirksam war. Denn in jedem Fall liegt eine wirksame Kündigung vom 15. August 2016 vor, die auch die Klägerin anerkennt und die bei verständiger Auslegung ebenfalls als außerordentliche Kündigung zu verstehen ist.

c) Soweit die Klägerin meint, eine außerordentliche Kündigung in analoger Anwendung des § 314 BGB sei bei Vereinbarung der VOB/B ausgeschlossen, teilt der Senat diese Ansicht nicht. Dieses kann schon deshalb nicht sein, weil § 314 BGB in seinem Kern zwingendes Recht ist und deshalb nicht durch AGB eingeschränkt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 2012 - XII ZR 42/10 -, Rn. 27, juris). Soweit die Rechtsprechung den Rechtsgedanken des § 314 BGB und somit das Recht zu einer außerordentlichen Kündigung auch auf Bauverträge überträgt, gilt dies auch für VOB/B-Verträge (vgl. BGH, Urteil vom 7. April 2016 - VII ZR 56/15 -, juris; BGH, Urteil vom 8. März 2012 - VII ZR 118/10 -, juris).

d) Der Senat bleibt bei seiner Einschätzung, dass der in dem Bauzeitenplan V 19 genannte Montageendtermin als Vertragsfrist zwischen den Parteien vereinbart wurde. Aus dem Protokoll der Bauanlaufbesprechung vom 15. Juli 2015 ergibt sich bereits, dass die Gesamtmaßnahme im Dezember 2016 fertiggestellt werden sollte. Im Anschluss an diese Baubesprechung sollte dann ein detaillierter Bauablaufterminplan erstellt und gemeinsam abgestimmt werden. Die in der Terminplanung abgestimmten Zwischentermine sollten dann als ergänzende Vertragstermine gemeinsam vereinbart werden. Unstreitig ist der Bauzeitenplan V 19 zwischen den Parteien abgestimmt worden. Dort ist der Montageendtermin genannt, so dass bereits aufgrund des Bauzeitenplanes von der Festschreibung eines gemeinsamen Vertragstermins ausgegangen werden kann. Das bedeutet, schon nach dessen Übersendung hätte die Klägerin widersprechen müssen, wenn sie den dort genannten, bereits im Juli 2015 anvisierten Montageendtermin nicht als Vertragstermin gegen sich hätte gelten lassen wollen. Spätestens nach Übersendung des Protokolls des Termins vom 28. September 2015 (Anlage B 33) musste die Klägerin davon ausgehen, dass der in dem Bauzeitenplan genannte Montageendtermin, der bereits im Juli 2015 zu einem Vertragstermin erhoben werden sollte, nunmehr aus Sicht der Beklagten auch tatsächlich als Vertragstermin vereinbart worden war. Da sie dem Protokoll allerdings nicht widersprochen hat, muss sie die Vereinbarung des Montageendtermins als Vertragstermin nach den Grundsätzen des kaufmännischen Bestätigungsschreibens gegen sich gelten lassen.

e) Da die Klägerin den Montageendtermin im Dezember 2016 ohne eine Aufstockung des Personals, zu der sie ohne Annahme des Nachtragsangebotes 42 nicht bereit war, nicht einhalten konnte, kommt es für die Frage der Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung nicht darauf an, ob die Klägerin theoretisch den sich aus den besonderen Vertragsbedingungen ergebenden Vollendungstermin mit Abnahmereife zum 28. April 2017 (vgl. Formblatt 214 "Besondere Vertragsbedingungen", Anlage K 1, Anlagenband K 1 1. Teil) hätte halten können. Der Montageendtermin ist unter anderem deshalb vereinbart worden, damit eine ausreichende Inbetriebnahmephase mit Überprüfung aller Arbeiten und ggf. Zeit zur Mängelbeseitigung bereits vor Abnahme vorhanden war, um die Aufnahme des Betriebes im Niedersächsischen Landtag pünktlich zu gewährleisten. Die Klägerin wusste auch aufgrund der den Verträgen zugrundeliegenden Verdingungs-LV - Langtext -, dass vor Abnahme ein Probebetrieb von ca. drei Monaten einzuplanen war (vgl. Verdingungs-LV - Langtext -, Seite 366, Anlage K 1, Anlagenordner K 1 2. Teil bis K 3).

f) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat der Senat auf Seite 11 seines Hinweisbeschlusses nicht aus dem Nachtrag 42 den Umkehrschluss hergeleitet, dass die Klägerin den Termin zum 9. Dezember 2016 vertragswidrig nicht einhalte. Vielmehr hat der Senat dargelegt, dass er aufgrund des Nachtrags 42 davon ausgehe, dass zwischen den Parteien unstreitig der Montageendtermin im Dezember 2016 nicht ohne eine erhebliche Personalaufstockung eingehalten werden konnte. Ohne Abschluss des Nachtrags 42 war die Klägerin zu einer dauerhaften Personalaufstockung allerdings nicht bereit, wie sich eindeutig aus ihrem Schreiben vom 9. August 2016 (Anlage K 20, Seite 5, Anlagenband K 4 bis K 54) ergibt. Da die Beklagte ihrerseits nicht zum Abschluss des Nachtrags 42 bereit war und die diesbezüglich geführten Verhandlungen Anfang August 2016 scheiterten, durfte die Beklagte im Rahmen einer Prognoseentscheidung davon ausgehen, dass der vertraglich vereinbarte Montageendtermin im Dezember 2016 nicht eingehalten werden würde. Demnach drohte zu diesem Zeitpunkt objektiv eine Vertragspflichtverletzung, nämlich die Nichteinhaltung einer vertraglichen Frist.

g) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, ein Kündigungsgrund liege auch deshalb nicht vor, weil sie zu weiteren Verhandlungen über den Nachtrag 42 bereit gewesen sei, ein schwerwiegender Treuepflichtverstoß mangels Kooperation also nicht vorliege, kommt es hierauf nicht an. Denn die Berechtigung zur außerordentlichen Kündigung durch die Beklagte wird nicht auf einen Treuepflichtverstoß mangels Kooperation der Klägerin gestützt, sondern ist aufgrund der zum Kündigungszeitpunkt drohenden Vertragspflichtverletzung durch Nichteinhalten von Vertragsfristen begründet.

h) Der Senat bleibt bei seiner Einschätzung, dass es der Klägerin nicht gelungen ist, eine Bauzeitverzögerung aufgrund von Behinderungen ausreichend darzulegen. Das seitens der Klägerin vorgelegte BWI-Gutachten nebst Ergänzungsgutachten reicht nicht aus. Der Sachverständige B. stellt zwar in dem Ergänzungsgutachten vom 2. Dezember 2019 (Anlagenband Kläger II) dar, inwieweit Störungen sich auf die Planung der Bauzeit nach dem Bauzeitenplan V 19 in dem jeweils gestörten Bereich auswirkten. Nicht dargestellt wird aber, in welchem Bereich die Klägerin stattdessen Arbeiten ausführen konnte und somit in nicht gestörten Teilen der Baustelle vor der ursprünglichen Planung aus dem Bauzeitenplan V 19 lag. Da die Klägerin nicht behauptet, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt aufgrund von Störungen zu einem vollständigen Baustopp gekommen ist, ist eine behinderungsbedingte Bauzeitverlängerung nur dann ausreichend vorgetragen, wenn die Klägerin den tatsächlichen Bauablauf inklusive Verzögerungen in dem gestörten Bereich, aber auch Beschleunigungen in den freien Bereichen darlegt.

i) Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, der Bauzeitenplan V 19 sei für die Prognoseentscheidung, der Montageendtermin zum 9. Dezember 2016 könne nicht eingehalten werden, nicht belastbar, weil die Beklagte selbst durch verschiedene Anordnungen in den Bauzeitenplan eingegriffen habe, übersieht sie, dass die Prognoseentscheidung nicht darauf gestützt wurde, dass die Arbeiten der Klägerin zum Zeitpunkt der Kündigung nicht der ursprünglichen Planung aus dem Bauzeitenplan entsprachen. Zwischen den Parteien war unstreitig, dass der Montageendtermin zum 9. Dezember 2016 ohne eine Personalaufstockung nicht würde eingehalten werden können. Dass die einzelnen in dem Bauzeitenplan vorgesehenen Arbeitsschritte zwischenzeitlich verändert waren, änderte daran nichts.

j) Der Vortrag der Klägerin zu einem behaupteten Anspruch auf Bauzeitverlängerungen wegen Mehrmengen ist auch unter Berücksichtigung des Vortrags aus dem Schriftsatz vom 29. Januar 2021 nicht schlüssig. Schriftsätzlich vorgetragen hat die Klägerin nur zu einer Bauzeitverlängerung wegen veränderter Mengen von Bögen und Formstücken. Die jetzt vorgelegte Anlage 8 (Bl. 992 f. d. A.; zuvor bereits im Anlagenband Klägerin I vorgelegt) beinhaltet jedoch eine Vielzahl von Einzelteilen, zu denen schriftsätzlich nicht vorgetragen wurde. Der bloße Verweis auf die Anlage 8 reicht schon deshalb nicht aus, weil eine gewisse Mengentoleranz einzukalkulieren ist und nicht jede auch noch so geringe Mehrmenge zu einer Verlängerung der Ausführungsfrist führt. Da sich aus der Anlage 8 allerdings nicht ergibt, in welchem Verhältnis die dort veranschlagte Mehrmenge zu der ursprünglich kalkulierten Menge steht, kann nicht geprüft werden, ob die behauptete Mehrmenge noch innerhalb der nicht zu einer Bauzeitverlängerung führenden Toleranz liegt oder ob sie diese überschreitet. Insoweit ist auch zu den Bögen nicht ausreichend vorgetragen. Aber selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass zumindest hinsichtlich der Bögen der Vortrag zu einer erheblichen Mengenabweichung ausreicht, ergibt sich für diese aus der Anlage 8 lediglich eine Bauzeitverlängerung von 1,215 Arbeitstagen. Wenn man die in dem Hinweisbeschluss bereits benannten 7,14 Arbeitstage für die Formstücke hinzurechnet, ergäbe sich allenfalls eine Bauzeitverlängerung von 8,355 Arbeitstagen. Aber auch unter Berücksichtigung einer Bauzeitverlängerung von 8,355 Arbeitstagen hätte die Klägerin noch vor Weihnachten 2016 mit den Arbeiten fertig werden müssen, um den Vorwurf einer schuldhaften Vertragspflichtverletzung zu entgehen. Dass ein Montageendtermin vor Weihnachten 2016 hätte eingehalten werden können, ist aufgrund der zum Zeitpunkt der Kündigung bereits eingetretenen Bauablaufverzögerung nach wie vor nicht ersichtlich und wird seitens der Klägerin auch nicht behauptet.

k) Eine Bauzeitverlängerung aufgrund der ausgeschriebenen Ersatzvornahmeleistungen ist ebenfalls nicht schlüssig dargelegt. Zu Recht hatte in diesem Zusammenhang bereits das Landgericht darauf hingewiesen, dass ein Rückschluss von einer bloßen Mehrmenge auf eine Bauzeitverzögerung, ohne dass die Klägerin zugleich eine auf der Mehrmenge basierende Änderung des Leistungsvolumens darlege, unzulässig sei. Im Übrigen sind in den Angaben des Gutachters B. zu der Bauzeitverlängerung im Hinblick auf die Ersatzvornahme auch weitere Leistungen enthalten, die dem ursprünglichen Angebot der Klägerin gerade nicht zugrunde lagen, so dass die Klägerin auch aus diesem Grund nicht ausreichend dargelegt hat, inwieweit sich die Bauzeit aufgrund von Mehrmengen zu ihren Gunsten verlängert hätte, wenn die Kündigung nicht ausgesprochen worden wäre.

l) Entgegen der Ansicht der Klägerin führt ein "kleinteiliges, zeitversetztes und insbesondere diskontinuierliches" Arbeiten nicht dazu, dass der Montageendtermin nicht einhaltbar gewesen sei. Unstreitig sind die einzelnen in dem Bauzeitenplan V 19 vorgesehenen Arbeitsschritte nicht vollständig eingehalten worden. Dies führt allerdings nicht dazu, dass eine Veränderung des Montageendtermins vereinbart worden wäre. Vielmehr hatten sich die Parteien auf ein "abschnittsweises, zeitversetztes, kleinteiliges, diskontinuierliches Arbeiten" vertraglich geeinigt (Verdingungs-LV - Langtext -, Seiten 33, 44, Anlage K 1, Anlagenband K 1 1. Teil). Demnach mussten beide Parteien damit rechnen, dass es zu Änderungen in der Reihenfolge der nach dem Bauzeitenplan V 19 geplanten Arbeiten kommen würde, ohne dass dies Auswirkungen auf Vertragsfristen haben würde.

k) Der Senat bleibt auch bei seiner Einschätzung, dass die Vertragsklausel, die eben jenes "abschnittsweises, zeitversetztes, kleinteiliges, diskontinuierliches Arbeiten" vorsah, nicht gegen §§ 305c, 307 BGB verstößt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter II. 4. d) bb) (2) des Hinweisbeschlusses vom 18. November 2020 verwiesen.

l) Die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 9. August 2016 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie "die seit 1. August 2016 erfolgte Personalaufstockung ab 12. August 2016 wieder beenden werden wird, wenn eine Vergütungsvereinbarung hinsichtlich bereits getroffenen Beschleunigungsmaßnahmen und zukünftiger Beschleunigungsmaßnahmen nicht erfolgt bzw. vom Auftraggeber zumindest keine Bereitschaft zur Vereinbarung einer gesonderten Vergütung für Beschleunigungsmaßnahmen gezeigt wird" (Anlage K 20, Seite 5, Anlagenband K 4 bis K 54). Unterstrichen hat sie diese Aussage noch mit den Worten: "Bei dieser Aussage bleibt es." Damit hat die Klägerin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Personalaufstockung von dem Abschluss eines Nachtrags abhängig mache. Ohne eine Personalaufstockung war der Montageendtermin aber unstreitig nicht einzuhalten. Zwar hat die Klägerin am Ende ihres Schreibens vom 9. August 2016 angegeben, gesprächsbereit und an der weiteren Projektdurchführung interessiert zu sein. Dies konnte von der Beklagten allerdings nicht dahin verstanden werden, dass die Klägerin auch ohne Abschluss eines Nachtrags bereit sei, ihr Personal so aufzustocken, dass der Montageendtermin noch eingehalten werden würde. Vielmehr ist das Gesprächsangebot der Klägerin dahin auszulegen, dass sie bereit gewesen ist, über die Bedingungen des Nachtragsangebots 42 zu verhandeln. Da die Beklagte eine weitere Verhandlung darüber aber bereits mit Schreiben vom 1. August 2016 (Anlagenkonvolut B 12, Anlagenband B 1 bis B 42) abgelehnt hatte, war das Einhalten des Montageendtermins aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 9. August 2016 nicht mehr zu erwarten.

m) Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, die Beklagte habe sich widersprüchlich verhalten, indem sie das Nachtragsangebot 42 in ihrem Schreiben vom 1. August 2016 in allen Punkten ohne weiteren Dialog und Verhandlung zurückgewiesen habe. Insoweit übersieht die Klägerin, dass die Beklagte zunächst durchaus bereit war, über den Nachtrag 42 zu verhandeln. Bereits mit Schreiben vom 19. Juli 2016 (Anlagenkonvolut B 12, Anlagenband B 1 bis B 42) hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass der Nachtrag 42 keine ausreichende Entscheidungsgrundlage für die geltend gemachte Mehrvergütung darstelle. Weiterhin hatte die Beklagte mitgeteilt, welche Ausführungen sie bezüglich der vermeintlichen Behinderung und dadurch eintretender Bauzeitverzögerungen erwarte. Darüber hinaus hatte sie die Klägerin zu einem gemeinsamen Gespräch für den 21. Juli 2016 eingeladen. Erst nachdem die Klägerin den Beanstandungen nicht nachgekommen war und den Nachtrag 42 nicht verändert hatte, lehnte die Beklagte eine weitere Verhandlung über diesen Nachtrag mit Schreiben vom 1. August 2016 ab.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

V.

Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung hält der Senat an dem vorläufig festgesetzten Streitwert unter Bezugnahme auf die in dem Beschluss vom 13. Juli 2020 (Bl. 790 f. d. A.) genannten Gründe fest.