Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 02.02.1998, Az.: Ss 97/97
Umweltgefährdende Abfallbeseitigung; Strafrechtlicher Abfallbegriff; Sache als Zwangsabfall; Zum Ausschlachten taugliche Autowracks; Wirtschaftsgut mit Gebrauchswert; Gefahr des unkontrollierten Austretens von Flüssigkeiten; Strafrechtlich relevantes Unterlassen; Privater "Müllplatz" im Garten; Autolagerplätze als genehmigungsbedürftige Anlagen
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 02.02.1998
- Aktenzeichen
- Ss 97/97
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 1998, 18335
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1998:0202.SS97.97.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- LG Braunschweig - 28.05.1997 - AZ: 33 Ns 108 Js 8519/96
Rechtsgrundlagen
- § 326 Abs. 1 Nr. 4a StGB
- § 1 Abs. 1 AbfG
- § 1 Abs. 2 AbfG
- § 13 Abs. 2 StGB
- § 327 Abs. 2 StGB
- § 327 Abs. 3 Nr. 2 StGB
- § 16 StGB
Fundstellen
- GewArch 1998, 500
- NStZ 1999, 137 (red. Leitsatz mit Anm.)
- NStZ-RR 1998, 175-177 (Volltext mit red. LS)
Verfahrensgegenstand
Umweltgefährdende Abfallbeseitigung
Prozessgegner
Kaufmann ..., wohnhaft ... verheiratet, Deutscher
Redaktioneller Leitsatz
- 1.
Der strafrechtliche Abfallbegriff ist in Anlehnung an den verwaltungsrechtlichen Abfallbegriff zu bestimmen, wonach solche Sachen als Abfall einzustufen sind, deren sich der Besitzer entweder entledigen will ("gewillkürter Abfall" oder "subjektiver Abfallbegriff") oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit geboten ist ("Zwangsabfall" oder "objektiver Abfallbegriff").
- 2.
Ist ein Autowrack nach dem objektiven Abfallbegriff als Abfall einzustufen, muss für eine Strafbarkeit nach § 326 Abs. 1 Nr. 4a Strafgesetzbuch (StGB) zusätzlich nachgewiesen sein, dass es zur Verunreinigung von Wasser, Luft oder Boden geeignet ist, was dann nicht der Fall ist, wenn die Behältnisse für Öl und Kühlflüssigkeit noch ausreichend dicht sind, weil die Gefahr des unkontrollierten Austretens der Flüssigkeiten dann nur theoretisch, nicht aber real und gegenwärtig ist.
In der Strafsache
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig
in der Sitzung vom 02. Februar 1998,
an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht ...,
Richter am Oberlandesgericht ... als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt ... als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Rechtsanwalt ... als Verteidiger und
Justizangestellte ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts ... vom 28. Mai 1997 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts ... zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht ... hat den Angeklagten am 20.11.1996 wegen umweltgefährdender Abfallbeseitigung in Tateinheit mit unerlaubtem Betreiben einer Anlage zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 100,00 DM verurteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht ... durch Urteil vom 28.05.1997 verworfen. Folgende Feststellungen hat das Landgericht der Verurteilung zugrundegelegt: Der Angeklagte sei als Inhaber eines Umzugs- und Transportbetriebes Eigentümer eines Grundstücks in ... welches er nach dem Brand einer Lagerhalle im Jahre 1991 nicht mehr als Betriebsgelände, sondern nur noch als Abstellfläche nutze. Mindestens in der Zeit von Ende 1995 bis zum 25.04.1996 seien auf dem Grundstück zahlreiche Gegenstände gelagert gewesen, die aufgrund ihres Zustandes ohne Gebrauchswert und deshalb als Abfall einzustufen gewesen seien, nämlich (a.) ein weißes Wohnmobil der Marke General Motors, (b.) ein blaues Ford-Cabriolet, (c.) ein rotlackierter Mercedes-Benz Möbelwagen, (d.) ein schwarz- und rotlackierter Mercedes-Benz Möbelwagen, (e.) ein rot-schwarzer containerartiger sog. "Wechselkoffer", (f.) ein alter grüner Anhänger-Bauwagen, (g.) ein weißer Anhänger-Kühlkoffer, (h.) eine schwarz-rote Kofferwechselpritsche, (i.) ein schwarz-roter Kofferaufbau mit Fenstern. Von unbekannten Personen seien auf dem Gelände gelagert worden: (j.) zwei defekte Bleiakkumulatoren mit Säurefüllung, (k.) 12 l Altöl in mehreren unverschlossenen Kunststoffbehältnissen, (l.) ein verschlossener Stahlbehälter mit etwa 0,2 l Benzin und eine verschlossene Dose mit ca. 1 l eingetrocknetem Unterbodenschutz, (m.) Altpapier darunter auch Broschüren der ..., Altholz, Sperrmüll, verunreinigte Cartonagen, Altreifen, defekter Fernseher und beschädigter Kühlschrank und anderer Abfall. Seit 1991 habe ein Angestellter des Angeklagten auf dessen Weisung oft Unrat von dem genannten Grundstück, das umzäunt sei, entfernt. In den in der vorstehenden Aufzählung enthaltenen Altfahrzeugen hätten sich Betriebsflüssigkeiten befunden, die "über kurz oder lang" auslaufen und in den Boden gelangen würden. Aufgrund dieser Feststellungen hat das Landgericht den Tatbestand der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung nach § 326 Abs. 1 Nr. 4.a StGB hinsichtlich der Gegenstände a. bis d. und j. bis 1. sowie den Tatbestand des unerlaubten Betreibens von Anlagen nach § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB hinsichtlich sämtlicher vorgenannter Gegenstände als erfüllt angesehen. Fehlvorstellungen des Angeklagten über die Abfalleigenschaft der genannten Gegenstände und über seine Verantwortung für von Dritten auf dem Gelände gelagerten Gegenstände hat das Landgericht unter dem Gesichtspunkt des vermeidbaren Verbotsirrtums gewürdigt.
Der Angeklagte hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht das Rechtsmittel der Revision eingelegt und begründet. Er erhebt die Sachrüge und macht zunächst geltend, daß das Landgericht von einem unzutreffenden Abfallbegriff ausgehe. Weiter vertritt der Angeklagte die Auffassung, das Urteil sei lückenhaft, weil es im Rahmen des § 326 Abs. 1 Nr. 4.a StGB in der überwiegenden Zahl der Einzelfalle nicht feststelle, daß die Gegenstände nach Art, Beschaffenheit oder Menge tatsächlich geeignet seien, Wasser oder Boden zu verunreinigen. Die auftretenden Irrtumsfragen habe das Landgericht nur teilweise zutreffend behandelt; insbesondere hätte die Strafkammer den Irrtum des Angeklagten über das Genehmigungserfordernis für eine Anlage i.S.d. § 327 Abs. 2 StGB als vorsatzausschließenden Tatbestandsirrtum werten müssen. Insbesondere zu diesem letztgenannten Punkt unterstützt die Generalstaatsanwaltschaft das Rechtsmittel des Angeklagten.
Der Angeklagte beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben.
Die Staatsanwaltschaft beantragt,
Aufhebung hinsichtlich der Verurteilung nach § 327 StGB insgesamt und hinsichtlich der Verurteilung nach § 326 StGB insoweit, als sie sich auf die Fahrzeuge b., c. und e. bezieht; im übrigen beantragt die Staatsanwaltschaft, die Revision zu verwerfen.
II.
Die Revision ist zulässig und begründet.
Unter dem Gesichtspunkt der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung (§ 326 Abs. 1 StGB) hat das Landgericht unzureichende Feststellungen getroffen, so daß es an einer tragfähigen Grundlage für die dem Revisionsgericht obliegende rechtliche Überprüfung des Schuldspruchs fehlt (vgl. dazu BGHSt 14, 162, 165) [BGH 04.03.1960 - 4 StR 31/60]. Im Zusammenhang mit dem Vorwurf des unerlaubten Betreibens einer Anlage (§ 327 Abs. 2 StGB) hat die Strafkammer einen Irrtum des Angeklagten rechtlich unzutreffend eingeordnet.
1.
Den Tatbestand der umweltgefährdenden Abfallbeseitigung gemäß § 326 Abs. 1 Nr. 4.a StGB hat das Landgericht bzgl. der Gegenstände a. bis d. und j. bis 1. angenommen.
a.
Basis für die Tatsachenfeststellungen der Kammer war ein zu wenig differenzierter Abfallbegriff. Auch bei der Beurteilung der Umweltgefahrdung, die von gelagerten Stoffen ausgeht, hat die Kammer einen zu pauschalen Maßstab angelegt.
aa.
Das Strafgesetzbuch definiert den Begriff des Abfalls nicht; der strafrechtliche Abfallbegriff ist nach allgemeiner Meinung in Anlehnung an den verwaltungsrechtlichen Abfallbegriff zu bestimmen (BGH NStZ 1997, 544; BGHSt 37, 21, 23) [BGH 24.04.1990 - 4 StR 24/90]. Grundlage hierfür war zur Tatzeit (Ende 1995 bis 25.04.1996) § 1 Abs. 1 AbfG, da das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz vom 27.09.1994 (KrWVAbfG) in seinen wesentlichen Teilen erst am 06.10.1996 in kraft getreten ist. Danach sind solche Sachen als Abfall einzustufen, deren sich der Besitzer entweder entledigen will ("gewillkürter Abfall" oder "subjektiver Abfallbegriff") oder deren geordnete Entsorgung zur Wahrung des Wohls der Allgemeinheit geboten ist ("Zwangsabfall" oder "objektiver Abfallbegriff"). Dieser Ansatz entspricht allgemeiner Auffassung (vgl. Steindorf in Erbs/Kohlhaas, Strafrechtliche Nebengesetze, § 1 AbfG Rdnr. 9 ff u. 23 ff AbfG, m.w.N.; Lenckner in Schönke/Schröder, StGB, 25. Aufl., § 326 Rdnr. 2 ff; BGH, a.a.O.). Als Zwangsabfall ist hiernach eine Sache zu beurteilen, die keinen Gebrauchswert mehr hat und deshalb nicht mehr als Wirtschaftsgut dienen kann. Darüber, wann dies der Fall ist, besteht im einzelnen -insbesondere im Hinblick auf Autowracks- Streit.
Es kommt für die Einstufung als Wirtschaftsgut nur darauf an, ob die alte Sache noch eine sinnvolle Aufgabe im Wirtschaftskreislauf erfüllen kann und deshalb ihr im Geschäftsleben ein Geldwert zugemessen wird; es kommt also nicht darauf an, ob die Sache zu dem sich aus ihrer Natur ergebenden Verwendungszweck noch gebraucht werden kann, sondern es reicht aus, wenn sie nach "Umwidmung" zu einem anderen Zwecke eingesetzt werden kann. So liegt eine rechtlich relevante Umwidmung dann vor, wenn ein Autowrack als Baubude weiterverwendet wird (vgl. LK/Steindorf, StGB, 10. Aufl., § 326 Rdnr. 15 m.Rspr.Nw.). Auch wenn sich bei einem Fahrzeugwrack das "Ausschlachten" lohnt, weil es noch funktionsfähige Aggregate von nicht unbedeutendem Wert enthält, die noch für andere Gebrauchtfahrzeuge genutzt werden können, stellt das Wrack noch ein Wirtschaftsgut dar (OLG Koblenz, NStZ-RR 1996, 9 [OLG Koblenz 15.09.1995 - 1 Ss 146/95]; Senat NVwZ 1994, 934, 935) [OLG Braunschweig 06.12.1993 - Ss 71/93]. Beispielsweise ist einem Altfahrzeug ein Gebrauchswert im vorgenannten Sinne zugemessen worden, als Hinterachse und Motor funktionsfähig und weiter verwendbar waren (OLG Koblenz, a.a.O.).
Die im Ergebnis abweichende Auffassung stellt zwar vom Ansatz her ebenfalls darauf ab, daß "Zwangsabfall" eine Sache ist, die zum einen wegen ihres konkreten Zustandes gegenwärtig ohne Gebrauchswert ist und zum anderen ohne Entsorgung die Umwelt gefährden würde; einen Gebrauchswert des alten Gegenstandes nimmt diese Auflassung jedoch nur an, wenn die Sache zu ihrem ursprünglichen Verwendungszweck oder zu einem unmittelbar (d.h. ohne Behandlung) an dessen Stelle tretenden neuen Verwendungszweck genutzt werden kann, d.h. wenn die Sache in ihrem gegenwärtigen Zustand als Ganzes weiterhin wirtschaftlichen Zwecken dient (BayObLG NVwZ-RR 1995, 513 [BayObLG 09.03.1995 - 3 ObOWi 19/95]; OLG Celle NStZ 1996, 191, 192 [OLG Celle 02.11.1995 - 3 Ss 144/95]) [OLG Celle 02.11.1995 - 3 Ss 144/95]. Zum Ausschlachten taugliche Autowracks werden nach dieser Auffassung nicht als Wirtschaftsgut mit Gebrauchswert angesehen; es wird darauf hingewiesen, daß durch das Ausschlachten eine Umweltgefahrdung (wegen der Gefahr des Auslaufens von Betriebsflüssigkeiten) besonders gefordert werde (BayObLG, a.a.O., S. 514).
Der von den letztgenannten Gerichten vertretene Abfallbegriff hat den Vorteil, leichter handhabbar zu sein, und damit die Zahl möglicher Zweifelsfalle zu verringern. Diese Auffassung läßt jedoch hinsichtlich der Wertschätzung von ausschlachtungswürdigen Autowracks die wirtschaftliche Wirklichkeit außer Acht. Tatsächlich besteht ein gewisser Markt für Autowracks; es werden nicht nur Unfallwagen zum Zwecke des Wiederaufbaus, sondern auch Autowracks zum Ausschlachten gesucht, sofern diese über noch funktionsfähige Aggregate verfügen, deren Kauf als Ersatzteil beim Kfz-Händler erhebliche Kosten verursachen würde. Das ist besonders augenfällig bei Fahrzeugen, die nach geringer Laufleistung einen Totalschaden erlitten haben, da die beim Unfall nicht beschädigten Teile in einem solchen Falle einen geringen Abnutzungsgrad aufweisen und deshalb als Auswechselteile besonders gefragt sind. Ausschlachtbare Autowracks haben somit einen Handelswert. Diese Erwägung wird durch den Umstand gestützt, daß in Wertgutachten von Kfz-Sachverständigen, die aufgrund ihrer Berechnungen zu der Annahme eines wirtschaftlichen Totalschadens kommen, grundsätzlich ein Fahrzeug-Restwert ausgewiesen wird. Eine weitere Bestätigung ist darin zu sehen, daß das Fahrzeug zu Buchstabe c. tatsächlich Air 4.000,00 DM "zum Ausschlachten" durch den Angeklagten weiterverkauft werden konnte.
Der Bundesgerichtshof geht von einem verbleibenden Gebrauchswert einer alten Sache sogar dann noch aus, wenn deren Besitzer sich zwar einerseits von dieser befreien will, weil sie für ihn persönlich wertlos ist, wenn er sie aber gleichzeitig aber auch deshalb weggibt, weil sie als Wirtschaftsgut neuen Aufgaben dienen kann (BGH NStZ 1997, 544, 545 [BGH 06.06.1997 - 2 StR 339/96] linke Spalte).
Dem Einwand, daß gerade der Vorgang des Ausschlachtens selbst die Umwelt gefährde (s. drei Absätze zuvor), könnte in dieser Allgemeinheit nur zugestimmt werden, wenn die Demontage regelmäßig "auf der grünen Wiese" und nicht in privaten Werkstätten oder wenigstens auf gepflasterten Höfen stattfände.
Daß alte Gegenstände noch Restwerte enthalten, steht ihrer Qualifikation als Abfall zwar nicht in jedem Falle entgegen, da nach dem zur Tatzeit geltenden § 1 Abs. 2 AbfG die Abfallentsorgung das Gewinnen von Stoßen oder Energien aus Abfallen umfaßt (sog. Abfallverwertung). Der Begriff der Verwertung im vorgenannten Sinne zielt aber nicht auf das technisch leicht machbare Herauslösen von Motoren oder Getrieben aus Autowracks, sondern vielmehr auf das Herauslösen von Bestandteilen aus chemischen Verbindungen ab. Das zeigt sogar das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, das gegenüber dem Abfallgesetz auf einem moderneren Umweltbewußtsein basiert; nach dessen § 4 Abs. 3 i.V.m. Anhang II B liegt eine stoffliche Verwertung von "Abfallen" beispielsweise in der Rückgewinnung von organischen Stoffen, der Rückgewinnung von Metallen und Metallverbindungen oder der Wiedergewinnung von Katalysatorenbestandteilen. Mit einer solchen Form von Abfallverwertung befaßt sich auch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 26.02.1991 (BGHSt 37, 333 ff[BGH 26.02.1991 - 5 StR 444/90]: Trennung der Wasserphase von der Ölphase bei stark verunreinigten Pyrolyseöl), weshalb diese Entscheidung entgegen der Auffassung des OLG Celle (NStZ 1996, 191, 192 [OLG Celle 02.11.1995 - 3 Ss 144/95]) [OLG Celle 02.11.1995 - 3 Ss 144/95] für die Beurteilung von Autowracks nicht einschlägig ist.
Hiernach werden die mit b. und c. bezeichneten Fahrzeuge nicht als Abfall, sondern als Wirtschaftsgüter anzusehen sein. Bei den mit a. und d. bezeichneten Fahrzeugen fehlt es an näheren tatsächlichen Feststellungen zu deren Wert. In dem weißen Wohnmobil waren Motor und Automatikgetriebe und in dem schwarz-roten Mercedes-Benz Möbelwagen war immerhin noch der Motor vorhanden, wie das Landgericht unter Bezugnahme auf die amtsgerichtlichen Feststellungen zugrundegelegt hat. Es müssen jedoch noch Feststellungen zum Alter und Erhaltungszustand dieser Aggregate getroffen werden.
bb.
Das Landgericht hat auch keine ausreichenden Feststellungen zum Zustand der Behältnisse in den Altfahrzeugen getroffen, in denen sich potentiell umweltgefährdende Flüssigkeiten befanden. Auch wenn ein Stoff nach dem objektiven Abfallbegriff als Abfall einzustufen ist, muß für eine Strafbarkeit nach § 326 Abs. 1 Nr. 4.a StGB zusätzlich nachgewiesen sein, daß er zur Verunreinigung von Wasser, Luft oder Boden geeignet ist. Eine solche Gefahr kann nur festgestellt werden, wenn in den Urteilsgründen der konkrete Zustand der Flüssigkeitsbehälter und -leitungen beschrieben ist und sich daraus eine gegenwärtige Gefahr des Auslaufens der für Boden oder Gewässer schädlichen Flüssigkeiten ergibt. Wenn die Behältnisse für Öl und Kühlflüssigkeit noch ausreichend dicht sind, fehlt es an der Eignung des Altfahrzeugs, die Umwelt zu verschmutzen, weil die Gefahr des unkontrollierten Austretens der Flüssigkeiten dann nur theoretisch, nicht aber real und gegenwärtig ist (OLG Schleswig NStZ 1997, 546 [OLG Schleswig 20.05.1997 - 2 Ss 334/96]; BayObLG NZV 1995, 83, 84 [BayObLG 27.10.1994 - 3 ObOWi 91/94]; OLG Koblenz NStZ-RR 1996, 9 [OLG Koblenz 15.09.1995 - 1 Ss 146/95]).
Zu den Fahrzeugen a. bis d. hat die Strafkammer in bezug auf Motoren und Getriebe konkret nur festgestellt, daß diese überhaupt mit Öl gefüllt waren (wobei allerdings die Fahrzeuge b. und c. nach hiesiger Auffassung bereits nicht den Abfallbegriff erfüllen); im übrigen hat das Landgericht nur allgemein und pauschal dargelegt, daß Dichtungen und Metallteile "im Laufe der Zeit" immer poröser würden und daß deshalb das Öl "über Kurz oder Lang" auslaufen und in den Boden gelangen würde. Den Behälter für Bremsflüssigkeit des Fahrzeugs a. beschreibt das vom Landgericht in bezug genommene amtsgerichtliche Urteil zwar als "stark korrodiert und feucht"; in diesem Falle fehlt es aber an der Mitteilung der Menge der vorhandenen Bremsflüssigkeit, damit beurteilt werden kann, ob die Menge groß genug war, um den Boden "nachhaltig" (Abs. 1 Nr. 4 a, a.a.O.) verunreinigen zu können. Bei den unter 1. aufgeführten Gegenständen ist nicht ohne weiteres ersichtlich, wie ihre Inhalte den Boden verunreinigen sollten, da sich die geringe Menge von 0,21 Otto-Kraftstoff in einem verschlossenen Stahlbehälter befand und da das Unterbodenschutzmittel -ebenfalls in einer verschlossenen Dose- bereits eingetrocknet war.
b.
Bei den unter j. und k. aufgeführten Gegenständen (zwei defekte Bleiakkumulatoren und 121 Altöl in unverschlossenen Kunststoffbehältern) liegt zwar die Annahme zwar ausgesprochen nahe, daß es sich um umweltgefährdenden Abfall handelt. Diese Gegenstände sind jedoch nicht durch Handlungen des Angeklagten oder jedenfalls -wie im Falle des Fahrzeugs a.- mit seiner ausdrücklichen Gestattung, sondern durch Dritte ohne Willen des Angeklagten auf das Grundstück gelangt. Für das Lagern dieser Gegenstände kann der Angeklagte deshalb nur im Rahmen des § 13 StGB zur Verantwortung gezogen werden; das hat das Landgericht auch im Prinzip gesehen, wie sich daraus ergibt, daß es den § 13 Abs. 2 StGB als Milderungsnorm zitiert hat. Das Landgericht hat jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, aus denen sich ein strafrechtlich relevantes Unterlassen des Angeklagten ableiten läßt.
Die Verwirklichung des Tatbestandes des § 326 Abs. 1 Nr. 4 a StGB durch Unterlassen setzt zunächst eine Garantenstellung des Angeklagten voraus; denn eine allgemeine Pflicht, fremden Abfall einzusammeln, besteht nicht (OLG Frankfurt NJW 1974, 1666 [OLG Frankfurt am Main 01.02.1974 - 2 Ws (B) 252/73]; LK-Steindorf, 11. Aufl., § 326 Rdnr. 106). Eine Garantenstellung des Besitzers eines von Dritten unberechtigt als Müllkippe mißbrauchten Grundstücks kann sich daraus ergeben, daß der Besitzer in zurechenbarer Weise zu der "wilden Müllablagerung" beigetragen hat; das kann z.B. dadurch geschehen, daß der Besitzer selbst in anreizend wirkender Weise nutzlose Dinge -für Außenstehende sichtbar- auf dem Grundstück lagert und daß er die Einfriedung desselben unterlassen hat (LK-Steindort a.a.O.). Im vorliegenden Falle hat das Landgericht keine Feststellungen dazu getroffen, ob das Grundstück für Unbeteiligte von öffentlichen Wegen aus einsehbar ist, also im vorstehend genannten Sinne anreizend gewirkt hat. Zwar war das Gelände nach UA S. 3, 1. Abs. von Nachbarn aus und vom Kindergarten aus einsehbar; es ist aber nicht naheliegend, daß die Nachbarn sich zum "wilden Müllablagem" auf dem Grundstück animiert gesehen haben, da diese sich an dem Anblick, den das Grundstück mit den Autowracks und mit Kleingerümpel geboten hat, gerade gestoßen haben. Das Landgericht hat auch keine Feststellungen getroffen, anhand derer geprüft werden könnte, welche Maßnahmen dem Angeklagten zumutbar waren, um die Ablagerungen durch Fremde zu verhindern (zu diesem Kriterium vgl. Tröndle, StGB, 48. Aufl., § 13 Rdnr. 16).
Es steht fest, daß der Angeklagte immerhin das Grundstück eingezäunt und den Angestellten ... damit beauftragt hat, gelegentlich auf dem Grundstück für Ordnung zu sorgen. Wie oft und in welchem Umfange Herr ... dies getan hat, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Die Beauftragung des Herrn ... (vgl. UA S. 3, 1. Abs.) steht im übrigen in Widerspruch zu den vom Landgericht in bezug genommenen Feststellungen des Amtsgerichts (dort UA S. 7, 1. Abs.), daß es dem Angeklagten gleichgültig gewesen sei, ob dritte Personen auf dem Grundstück ablagerten, weil er sich hierfür nicht verantwortlich fühlte.
Da zudem der Tatbestand eines Unterlassungsdelikts nur dann erfüllt ist, wenn der Pflichtige die reale Möglichkeit einer Erfolgsabwendung hatte, muß auch klargestellt werden, daß die vom Täter zu fordernde Handlung die Gefahr beseitigt und nicht etwa nur verringert hätte; in letzterem Falle griffe § 13 StGB nicht ein (Tröndle, a.a.O., Rdnr. 14). Auch hierzu hat das Landgericht nichts festgestellt.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, daß das Landgericht auch keine durch Tatsachen gestützte Erwägungen dazu angestellt hat, ob im vorliegenden Falle das dem Angeklagten möglicherweise anzulastende Unterlassen der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes durch ein Tun entspricht (§ 13 Abs. 1, 2. Halbs. StGB).
c.
Daß der hier vertretene Abfallbegriff von dem von anderen Obergerichten vertretenen Abfallbegriff abweicht, nötigt nicht zur Vorlegung der Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG. Die Entscheidung des Senats beruht nicht auf dieser Abweichung, da der Schuldspruch nach § 326 Abs. 1 StGB aus anderen Gründen ohnehin aufgehoben werden muß, nämlich wegen der Lückenhaftigkeit der Feststellungen des Landgerichts zur gegenwärtigen Gefahr der von den Flüssigkeiten drohenden Umweltbelastung (Gegenstände zu a. bis d. und 1.) und der Lückenhaftigkeit der Feststellungen zum Unterlassenstatbestand (Gegenstände j. und k.).
2.
Der Schuldspruch wegen eines tateinheitlich begangenen Vergehens des unerlaubten Betreibens von Anlagen i.S.d. § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB kann schon deshalb nicht bestehen bleiben, weil das Landgericht vorsätzliche Begehung angenommen hat, obwohl nach seinen Feststellungen allenfalls eine Fahrlässigkeitstat in Betracht kommt.
a.
Nach UA S. 7, letzter Absatz/UA S. 8, 1. Abs. wußte der Angeklagte nicht, daß ein privater "Müllplatz" eine Anlage im Rechtssinne sein kann, für deren Betreiben eine behördliche Genehmigung erforderlich ist. Diesen Sachverhalt hat das Landgericht dahin bewertet, daß der Angeklagte lediglich einem -den Vorsatz nicht berührenden- Verbotsirrtum unterlegen gewesen sei. Nach herrschender Auffassung gehört zum gesetzlichen Tatbestand im vorliegenden Falle aber nicht nur, daß der Täter ohne Genehmigung gehandelt hat, sondern auch der Umstand, daß die Genehmigung erforderlich war. In Tatbeständen wie denen des § 327 Abs. 2 StGB wird das Unrecht der fraglichen Handlungsweise entscheidend dadurch geprägt, daß die Kontrollfunktion der behördlichen Gestattung umgangen wird. Das Genehmigungsmoment ist mithin einem pflichtbegründenden Akt gleichzustellen, der zum objektiven Tatbestand des Deliktstypus gehört (Schönke/Schröder/Stree, StGB, 25. Aufl., § 325 Rdnr. 26; LK-Steindorf, StGB, 11. Aufl., § 325 Rdnr. 73 b; Lackner-Kühl, StGB, 22. Aufl., § 325 Rdnr. 16; a.M. ohne nähere Begründung Horn in SK-StGB, Stand Juni 1996, § 325 Rdnr. II). Diese rechtliche Einordnung des Merkmals der "Erforderlichkeit" der Genehmigung fuhrt dazu, daß ein Irrtum des Täters über die Erforderlichkeit einen den Vorsatz ausschließenden Tatbestandsirrtum (§ 16 StGB) darstellt.
b.
Hiernach kommt nur noch eine Verurteilung des Angeklagten nach § 327 Abs. 3 Nr. 2 StGB wegen fahrlässigen Betreibens einer genehmigungspflichtigen Anlage in Betracht. Daß auch Autolagerplätze als genehmigungsbedürftige Anlagen i.S. dieser Vorschrift in Betracht kommen, welche ihrerseits auf § 4 Abs. 1 des Bundesimmissionsschutzgesetzes Bezug nimmt, der auf § 1 nebst Anhang der 4. Bundesimmissionsschutzverordnung verweist, ist anerkannt (vgl. BayObLG NStZ 1986, 319 [BayObLG 14.01.1986 - RReg. 4 St 273/85]). Nach dem bisherigen Sachstand dürften die unter j., k. und 1. genannten Gegenstände als Abfall ohne Gebrauchswert, die unter b., c. und e. genannten Gegenstände hingegen als Wirtschaftsgüter einzustufen sein. Die unter Buchstabe m. genannten Broschüren der ... dürften ebenfalls objektiv als wertloser Abfall anzusehen sein, schon weil sie veraltet und für die Bank nicht mehr verwendbar waren. Da die ... aber im Tatzeitraum noch ein Entgelt für die Lagerung der Broschüren zahlte, dürfte der Angeklagte über deren Wert und damit über einen zum Tatbestand gehörenden Umstand geirrt haben (§ 16 StGB), was den Vorsatz ausschließt (LK-Steindorf, StGB, 11. Aufl., § 326 Rdnr. 137); das wirkt sich hier aber nicht aus, weil ohnehin nur Fahrlässigkeit i.S.d. § 327 Abs. 3 StGB in Betracht kommt. Hinsichtlich aller übrigen Gegenstände sind Feststellungen zum vorhandenen oder fehlenden Gebrauchswert zusätzlich erforderlich.
c.
Auch hier besteht keine Vorlagepflicht nach § 121 Abs. 2 OVO wegen Divergenz beim Abfallbegriff. Auf dieser Divergenz beruht die Entscheidung nicht, der Schuldspruch gemäß § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB müßte ohnehin wegen des Rechtsfehlers bei der eingangs erörterten Irrtumsfrage aufgehoben werden und die Sache
c.
Auch hier besteht keine Vorlagepflicht nach § 121 Abs. 2 GVG wegen Divergenz beim Abfallbegriff. Auf dieser Divergenz beruht die Entscheidung nicht, der Schuldspruch gemäß § 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB müßte ohnehin wegen des Rechtsfehlers bei der eingangs erörterten Irrtumsfrage aufgehoben werden und die Sache müßte auf der Grundlage beider erörterter Abfallbegriffe nach § 327 Abs. 3 StGB unter dem Gesichtspunkt der Fahrlässigkeit neu verhandelt werden; Gegenstände, die nach der vom BayObLG vertretenen Auffassung unzweifelhaft als Abfall einzustufen sind, kommen nach der hier vertretenen Auffassung (abhängig von den neu zu treffenden Feststellungen des Landgerichts) als Abfall immerhin in Betracht. Eine weitergehende Entscheidung ist vom Revisionsgericht im gegenwärtigen Verfahrensstadium nicht zu treffen.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlaßt, da der endgültige Erfolg des Rechtsmittels noch offen ist.