Oberlandesgericht Braunschweig
Urt. v. 24.11.1997, Az.: Ss (S) 70/97

Rechtmäßigkeit der Einstellung des Verfahrens; Verfahrenshindernis der Verjährung bzgl. der begangenen Urkundsdelikte; Unterbrechung der Verjährung durch den Erlass eines Strafbefehls; Unterbrechung der Verjährung durch die Bekanntgabe gegenüber dem Angeklagten, dass gegen ihn ermittelt werde gem. § 78c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB; Befugnis der Finanzbehörden im Rahmen ihrer allgemeinen Zuständigkeit zu Unterbrechungshandlungen in Steuerstrafsachen; Zuständigkeit der Finanzbehörde für Ermittlungstätigkeiten, wenn die Tat nicht ausschließlich eine Steuerstraftat (§ 369 AO) (Abgabenordnung) darstellt; Zuständigkeit der Finanzbehörde für Ermittlungstätigkeiten, wenn zu dem Steuervergehen tatmehrheitlich eine allgemeine Straftat vorliegt; Erfordernis des Vorliegens "derselben" Tat i. S. d. § 264 StGB; Geltendmachung eines Verwertungsverbots nach § 393 Abs. 2 S. 1 AO; Unzulässigkeit des Vorbringens

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
24.11.1997
Aktenzeichen
Ss (S) 70/97
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1997, 15703
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:1997:1124.SS.S70.97.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG ... - 14.04.1997 - AZ: Cs 402 Js 35727/96
StA ... - AZ: 402 Js 35727/96
GenStA ... - AZ: Ss (S) 70/97

Fundstellen

  • NStZ-RR 1998, 212-214 (Volltext mit red. LS)
  • wistra 1998, 71-73

Verfahrensgegenstand

Steuerhinterziehung

Redaktioneller Leitsatz

  1. 1.

    Die Finanzbehörde bleibt (im Rahmen des § 386 Abs. 1 AO) für Ermittlungstätigkeiten auch dann noch zuständig, wenn die Tat nicht ausschließlich eine Steuerstraftat (§ 369 AO) darstellt. 2.
    Die gilt für den Fall, dass zu dem Steuervergehen tateinheitlich eine allgemeine Straftat hinzutritt. 3.
    Dasselbe muss aber auch dann gelten, wenn sich im Rahmen der Ermittlungen wegen Verdachts einer Steuerstraftat auch -von Anfang an oder erst im Laufe des Verfahrens- der Verdacht einer weiteren allgemeinen Straftat ergibt, die mit der Steuerstraftat nicht in Tateinheit steht. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn es sich um dieselbe Tat i. S. d. § 264 StPO handelt.

In der Strafsache
hat der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts ...
in der mündlichen Verhandlung vom 24. November 1997, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht ... als Vorsitzender,
Richter am Oberlandesgericht ... Richter am Oberlandesgericht ... als beisitzende Richter,
Oberstaatsanwalt ... als Beamter der Staatsanwaltschaft,
Oberregierungsrat ... vom Finanzamt für Fahndung und Strafsachen,
Rechtsanwalt ..., als Verteidiger,
Justizangestellte ... als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Amtsgerichts ... vom 14. April 1997 insoweit aufgehoben, als das Verfahren (hinsichtlich der Vorwürfe der Urkundenfälschungen gemäß II. der Urteilsgründe) eingestellt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung -auch über die Kosten des Revisionsverfahrens- an eine andere Abteilung des Amtsgerichts ... zurückverwiesen.

Gründe:

1

I.

Der Angeklagte ist vom Amtsgericht ... am 14. April 1997 wegen Steuerhinterziehung in 62 Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 250 Tagessätzen zu je 200,00 DM (mit Ratenzahlungsnachlaß) verurteilt worden; soweit dem Angeklagten darüber hinaus 14 Fälle der Urkundenfälschung zur Last gelegt worden waren, ist das Verfahren gemäß § 260 Abs. 3 StPO wegen Verjährung eingestellt worden. Hierzu hat das Amtsgericht festgestellt, der Angeklagte habe von Vertretern der Firmen ... und ... Blanko-Bestellvordrucke erhalten. Mittels seines Computers habe er Rechnungen gefertigt, die als Adressaten seine Schornsteinfegerkollegen aufgeführt hätten. Diese Rechnungen habe er sodann auf Blankovordrucke der genannten Firmen aufgedruckt. In den so erstellten Rechnungen sei auf diese Weise der Listenpreis für einen Schornsteinaufsatz mit beispielsweise 225,50 DM dokumentiert worden. Die Rechnungen hätten den Schornsteinfegerkollegen des Angeklagten als Nachweis gegenüber dem Endverbraucher gedient, daß die Schornsteinfegerkollegen tatsächlich den genannten Listenpreis von 225,50 DM (als Beispiel), der auch in den Prospekten der betreffenden Firmen ... und ... erschienen seien, bezahlt hätten. Tatsächlich habe der Angeklagte die Schornsteinaufsätze mit einem Rabatt von ca. 45 % und weiteren 3 % Skonto bezogen, wobei der Angeklagte bei der Belieferung seiner Schornsteinfegerkollegen diesen ihm von den Herstellerfirmen eingeräumten Rabatt weitergegeben habe; er selbst habe lediglich die 3 % Skonto verdient. Die 14 Rechnungen seien als solche nicht in die Buchführung des Angeklagten eingeflossen und im Zusammenhang mit den im übrigen festgestellten Steuerhinterziehungen dem Finanzamt nicht vorgelegt worden.

2

Zum Verfahrensgang hat das Amtsgericht weiterhin festgestellt: Während das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen ... in eigener Zuständigkeit wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ermittelt hat, ist der Verdacht aufgetaucht, daß der Angeklagte im Zusammenhang mit den von ihm gegenüber seinen Schornsteinfegerkollegen erstellten 14 Rechnungen, die zwischen dem 11.05.1988 und dem 24.09.1991 datieren, jeweils eine Urkundenfälschung begangen haben könnte. Dem Angeklagten ist sodann am 10.11.1992 die Einleitung des Verfahrens wegen Urkundenfälschung durch einen Angehörigen des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen bekanntgegeben worden. Mit Schreiben vom 09.08.1996 hat die Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen ... das Verfahren gemäß § 386 Abs. 2 AO wegen der Steuerhinterziehungen und der Urkundenfälschungen an die Staatsanwaltschaft abgegeben. Die Staatsanwaltschaft hat daraufhin das Verfahren übernommen und den Erlaß eines Strafbefehls beantragt. Dieser Strafbefehl wurde vom Amtsgericht am 05.09.1996 erlassen und umfaßt neben den Steuerhinterziehungen in Tatmehrheit auch 14 Fälle der Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB wegen der o.g. 14 Rechnungen. Das Amtsgericht ist der Auffassung, daß diese Taten der Urkundenfälschung verjährt seien, weil das Finanzamt für Fahndung und Strafsachen für die Ermittlung der Urkundenfälschungen nicht zuständig gewesen sei und deshalb durch deren Bekanntgabe der Verfahrenseinleitung gegenüber dem Angeklagten vom 10.11.1992 die Verjährung nicht hätte unterbrochen werden können.

3

Die auf diese Verfahrenseinstellung beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft bezweckt insoweit die Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung an das Amtsgericht, da die Unterbrechungshandlung wirksam sei. Die Generalstaatsanwaltschaft unterstützt das Rechtsmittel.

4

II.

Die Revision ist zulässig und auch begründet. Die Einstellung des Verfahrens im Hinblick auf die dem Angeklagten zur Last gelegten Urkundsdelikte gemäß § 260 Abs. 3 StPO ist nicht gerechtfertigt, da das Verfahrenshindernis der Verjährung bzgl. dieser Delikte nicht besteht.

5

Die 14 den Gegenstand dieses Verfahrens betreffenden Rechnungen datieren aus der Zeit zwischen dem 11.05.1988 und dem 24.09.1991. Wäre die Verjährung erstmalig durch den Erlaß des Strafbefehls vom 05. September 1996 gemäß § 78 c Abs. 1 S. 1 Nr. 9 StGB unterbrochen worden, würde dies für die letzte Rechnung vom 24.09.1991 noch ausreichen, so daß insoweit das Verfahren auch nach der Auffassung des Amtsgerichts -insoweit liegt ein Versehen vor- nicht hätte eingestellt werden dürfen. Alle übrigen Rechnungen, von denen die letzte vom 18.10.1990 datiert, werden von dieser Unterbrechungshandlung des Strafbefehlerlasses nicht mehr erfaßt, da sie mehr als fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 i.V.m. § 267 Abs. 1 StGB) vor Erlaß des Strafbefehls erstellt worden sind.

6

Hinsichtlich aller vorgeworfenen Taten der Urkundenfälschung ist die Verjährung jedoch durch die Bekanntgabe gegenüber dem Angeklagten vom 10.11.1992, daß gegen ihn auch insoweit ermittelt werde, gemäß § 78 c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB unterbrochen worden. Zu dieser Unterbrechungshandlung sind nicht nur der Richter und die Staatsanwaltschaft befugt, sondern auch die Polizei als Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft (Tröndle, StGB, 48. Aufl., § 78 c Rdnr. 8) sowie in Steuerstrafsachen die Finanzbehörden (§ 402 Abs. 1 AO) und die Steuer- und Zollfahndungsämter (§ 404 S. 1 AO). Letzteres gilt jedenfalls im Rahmen ihrer allgemeinen Zuständigkeit, die auch für die vorliegenden Taten der Urkundenfälschung zu bejahen ist.

7

Gemäß § 386 Abs. 1 S. 1 AO hat die Finanzbehörde "den Sachverhalt" "bei dem Verdacht einer Steuerstraftat" zu ermitteln. Hieraus ergibt sich eine allgemeine Ermittlungsbefugnis hinsichtlich "des Sachverhalts", wenn der Verdacht einer Steuerstraftat besteht. Dies stellt eine unselbständige Ermittlungsbefugnis neben der Staatsanwaltschaft als Ermittlungsfuhrerin in dem Sinne dar, wie sie auch den Behörden des Polizeidienstes eingeräumt ist (vgl. auch § 402 Abs. 1 und § 404 AO; Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 4. Aufl., § 386 Rdnr. 12; Hardtke/Westphal, wistra 1996, 91). Demgegenüber wird durch § 386 Abs. 2 AO diese unselbständige Ermittlungskompetenz für bestimmte Fälle (z.B. wenn die Tat ausschließlich eine Steuerstraftat darstellt) in der Weise erweitert, daß die Finanzbehörde das Ermittlungsverfahren selbständig fuhrt (Franzen/Gast/Joecks, a.a.O.; Hardtke/Westphal, a.a.O.). Aus dieser Erweiterung der Kompetenz für bestimmte Fälle ergibt sich aber nicht, daß die allgemeine Ermittlungszuständigkeit der Finanzbehörden beschnitten werden soll, wenn nicht ausschließlich eine Steuerstraftat zu ermitteln ist. Durch dieses Regelungsverhältnis zwischen diesen beiden Absätzen des § 386 AO wird nicht die Ermittlungsbefugnis der Finanzbehörden als solche eingeschränkt, sondern lediglich die Frage geklärt, ob die Staatsanwaltschaft oder die Finanzbehörde das Verfahren (selbständig) durchzuführen hat. Damit bleibt die Finanzbehörde (im Rahmen des § 386 Abs. 1 AO) für Ermittlungstätigkeiten auch dann noch zuständig, wenn die Tat nicht ausschließlich eine Steuerstraftat (§ 369 AO) darstellt (BGH 36, 283, 285; Franzen/Gast/Joecks, a.a.O., § 386 Rdnr. 18; Hardtke/Westphal, a.a.O.; Pütz, wistra 1990, 212 ff; a.M. Rüping in Hübschhausen/Hepp/Spitaler, § 385 Rdn. 25; Reiche, wistra 1990, 90 ff.).

8

Der Bundesgerichtshof hat dies für den Fall entschieden, daß zu dem Steuervergehen tateinheitlich eine allgemeine Straftat hinzutritt und damit jedenfalls für den Fall des tateinheitlichen Zusammentreffens den diesbezüglichen Meinungsstreit entschieden (vgl. zu diesem Meinungsstreit die Zitate bei BGH 36, 283, 284). Dasselbe muß aber auch dann gelten, wenn sich im Rahmen der Ermittlungen wegen Verdachts einer Steuerstraftat (§ 386 Abs. 1 S. 1 AO) auch -von Anfang an oder erst im Laufe des Verfahrens- der Verdacht einer weiteren allgemeinen Straftat ergibt, die mit der Steuerstraftat nicht in Tateinheit steht. Dies ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn es sich wie im vorliegenden Fall um dieselbe Tat i.S.d. § 264 StPO handelt. Dies ergibt sich zum einen daraus, daß die Finanzbehörde "den Sachverhalt" zu ermitteln hat und zum anderen aus dem Stufenverhältnis zwischen Abs. 1 und Abs. 2 des § 386 AO, wobei die Einschränkungen des Abs. 2, wonach es sich u.a. ausschließlich um eine Steuerstraftat handeln muß, für Abs. 1 nicht gelten. Inwieweit die Ermittlungszuständigkeit nach Abs. 1 S. 1 der Vorschrift auf Sachverhalte beschränkt bleiben muß, die nicht über den Tatbegriff im prozessualen Sinn des § 264 StPO hinausgehen, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden.

9

Für die genannte Auslegung der Ermittlungszuständigkeit der Finanzbehörden sprechen auch gewichtige praktische Erwägungen, wie sie der Bundesgerichtshof bereits in der genannten Entscheidung, bei der das Steuervergehen mit einer allgemeinen Straftat in Tateinheit zusammentraf, angesprochen hat (BGH, a.a.O., S. 285). Häufig ist nämlich der Verdacht, daß der Beschuldigte auch eine allgemeine Straftat begangen hat, bei Beginn der Ermittlungen wegen der Steuerstraftat noch nicht zu erkennen und ergibt sich erst im Laufe der Ermittlungen. Wenn in diesen Fällen eine Ermittlungskompetenz der Finanzbehörden bzw. der Zoll- und Steuerfahndungsämter zu verneinen wäre, müßte die Staatsanwaltschaft in Steuerstrafsache ihre Ermittlungsersuchen grundsätzlich an die Kriminalpolizei richten; die hierfür fachlich vorgebildeten Finanzbehörden, insbesondere die Zoll- und Steuerfahndung, schieden aus der Ermittlungstätigkeit weitgehend aus. Hinzu kommt die Gefahr, daß bei einer engeren Auslegung des Zuständigkeitsbereichs nach § 386 Abs. 1 S. 1 AO nur ein gegenüber dem prozessualen Tatbegriff eingeschränkter Sachverhalt von den Finanzbehörden ermittelt werden könnte und in der Folge nur Teilbereiche eines einheitlichen Lebensvorganges abgeurteilt werden und die anderen Teilbereiche wegen Strafklageverbrauchs nicht mehr verfolgt werden könnten.

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In diesem Sinne sind die Erstellung der 14 genannten Rechnungen und die in den jeweiligen Jahren begangenen Steuerverkürzungen als einheitlicher Lebensvorgang anzusehen, der bei einer getrennten Aburteilung in verschiedenen erstinstanzlichen Verfahren unnatürlich aufgespalten werden würde (vgl. Kleinknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 264 Rdnr. 3 m.Rspr.Nw.). Denn nach dem Ermittlungsvermerk des Finanzamts für Fahndung und Strafsachen Braunschweig vom 08.01.1997 (Bd. II Bl. 135), der auf der Einlassung des Angeklagten rußt, dienten diese Rechnungen nicht nur zur Täuschung der Kunden der Schornsteinfegerkollegen des Angeklagten, sondern auch zur Verschleierung der Schwarzeinnahmen des Angeklagten gegenüber dem Finanzamt. Indem der Angeklagte nämlich die genannten Rechnungen nicht auf seinen eigenen Firmenvordrucken, sondern auf denjenigen der Firmen ... und ... erstellte, wären dadurch die Finanzbehörden bei Kontrollabgleichen dieser vom Angeklagten erstellten Rechnungen nicht auf ihn, sondern eben auf die Firmen ... und gekommen, so daß seine damit zusammenhängenden eigenen Steuerhinterziehungen nicht hätten aufgedeckt werden können. Auch der Hinweis der Verteidigung, die Erstellung der falschen Urkunden (Rechnungen) und die Abgabe der Steuererklärung für das jeweilige Jahr könnten bis zu eineinhalb oder zwei Jahre auseinanderliegen, führt nicht zu einer anderen Beurteilung Denn die monatlich abzugebenden Umsatzsteuervoranmeldungen, in denen die Erlöse aus dem Verkauf von Schornsteinaufsätzen an seine Schornsteinfegerkollegen nicht enthalten waren, waren zeitnah zu den verschwiegenen Umsätzen zu erklären, wobei auch die Umsatzsteuererklärungen jener Jahre Gegenstand des Strafverfahrens sowie der amtsgerichtlichen Verurteilung waren. Soweit das Amtsgericht zu dem Verhältnis zwischen den Steuerhinterziehungen und den Urkundenfälschungen in seinem Urteil keine ausreichenden Feststellungen getroffen hat, ist es dem Senat nicht verwehrt, zur Klärung des Verfahrenshindernisses der Verjährung im Freibeweisverfahren auch auf die Akten zurückzugreifen (Klemknecht/Meyer-Goßner, a.a.O., § 337 Rdnr. 6 m.Rspr.Nw.). Insbesondere steht diese aus den Akten gewonnene Erkenntnis nicht im Gegensatz zu den amtsgerichtlichen Feststellungen, wonach die 14 Rechnungen nicht in die Buchführung des Angeklagten eingeflossen und im Zusammenhang mit den Steuerhinterziehungen dem Finanzamt nicht vorgelegt worden sind (UA S. 5, zweitletzter Absatz).

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Aufgrund der dargestellten Ausführungen sieht der Senat keinen Anlaß, auf den Hilfsantrag des Angeklagten hin die Sache gemäß § 121 Abs. 2 GVG dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Die von der Verteidigung hierfür herangezogene Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (wistra 1987, 32) liegt zeitlich vor der oben zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs und ist damit überholt. Der Bundesgerichtshof hat in der genannten Entscheidung (auf S. 284) ausdrücklich ausgeführt, daß er die Ansicht des Oberlandesgerichts Frankfurt nicht teile.

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Soweit der Angeklagte sich gegen die Revision der Staatsanwaltschaft mit der Geltendmachung eines Verwertungsverbots nach § 393 Abs. 2 S. 1 AO des Inhalts wehrt, daß das Amtsgericht die 14 genannten Rechnungen als Beweismittel für eine evtl. Bestrafung wegen Urkundenfälschung nicht hätte verwenden dürfen, ist dieses Vorbringen unzulässig. Der Angeklagte hat weder Revision eingelegt noch diese Revision mit einer für die Geltendmachung dieses Verwertungsverbots erforderlichen Verfahrensrüge gemäß § 344 Abs. 2 S. 2 StPO (BayObLG, wistra 1996, 353) begründet. Es ist noch nicht einmal vorgetragen worden, daß der Angeklagte als Steuerpflichtiger vor Einleitung des Steuerstrafverfahrens der Finanzbehörde diese Rechnungen zur Verfugung gestellt bzw. den zugrundeliegenden Sachverhalt offenbart hätte, was Voraussetzung von § 393 Abs. 2 S. 1 AO ist.

13

III.

Da die Revision im genannten Umfang begründet ist, ist das angefochtene Urteil gemäß § 353 Abs. 1 StPO aufzuheben und die Sache gemäß § 354 Abs. 2 S. 1 StPO an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Braunschweig zurückzuverweisen.

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Für den Fall, daß der Angeklagte aufgrund der erneut durchzuführenden Hauptverhandlung auch wegen Urkundenfälschung zu verurteilen ist, ist das Amtsgericht nicht gehindert, die bereits rechtskräftige Gesamtgeldstrafe aus dem nicht angegriffenen Teil des angefochtenen Urteils gemäß § 55 Abs. 1 StGB wieder aufzulösen und die Einzelstrafen aus der erneuten Verurteilung wegen Urkundenfälschung in eine neu zu bildende Gesamtstrafe einzubeziehen.

15

IV.

Die Kostenentscheidung ist der erneut durchzuführenden Hauptverhandlung vorzubehalten, da derzeit der endgültige Erfolg der Revision noch nicht abzusehen ist.