Landgericht Lüneburg
Urt. v. 10.03.2010, Az.: 5 O 144/09

Bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch in Form der Leistungskondiktion mangels Rechtsgrundes für den Bezug von Strom; Rechtmäßigkeit von Verträgenüber erhöhte Strompreise; Anforderungen an die Unwirksamkeit einer Preisanpassungsklausel i.R.v. Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Bibliographie

Gericht
LG Lüneburg
Datum
10.03.2010
Aktenzeichen
5 O 144/09
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2010, 34476
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGLUENE:2010:0310.5O144.09.0A

...
hat die 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg
auf die mündliche Verhandlung vom 17.02.2010
durch
die Richterin am Landgericht ... als Einzelrichterin
fürRecht erkannt:

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits - einschließlich der außergerichtlichen Kosten der ... - tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages.

Tatbestand

1

Die Kläger haben jeweils einen gleichlautenden Stromlieferungsvertrag "Akzent" mit der ... abgeschlossen. Im Jahre 2008 hat die ... einen Ausgliederungsvertrag mit der Beklagten abgeschlossen. Seitdem ist die Beklagte für die Stromlieferung und den Vertrieb zuständig.

2

In dem Stromliefervertrag "Akzent" haben die Parteien unter Ziffer 3. vereinbart:

"Der Grundpreis beträgt 16,- DM/Monat und der Verbrauchspreis 22 Pf/kWh. Diese Preise sind Komplettpreise einschl. Mehrwertsteuer und aller gesetzlicher Abgaben."

"Die Laufzeit beginnt am 01. Oktober 1999, wenn der Vertrag bis zum 31. Dezember 1999 bei ... vorliegt. Die Vertragslaufzeit beträgt 6 Monate und verlängert sich jeweils um weitere 6 Monate, wenn der Vertrag nicht mit einer Frist von 1 Monat vor Vertragsende gekündigt wird. Grundlage dieses Vertrages bilden die rückseitig abgedruckten "Allgemeinen Bestimmungen für die Lieferung elektrischer Energie und den Anschluss durch die ...." Dieses Vertragsangebot ist befristet bis zum 31. Dezember 1999."

3

In den rückseitig abgedruckten "Allgemeinen Bestimmungen für die Lieferung elektrischer Energie und den Anschluss durch ..." heißt es

  • unter Ziffer 4.: "4. Preisänderung: Sollten nach Vertragsabschluss erlassene oder geänderte Gesetze die Wirkung haben, dass die Erzeugung, der Bezug, die Fortleitung oder die Abgabe von Elektrizität unmittelbar oder mittelbar verteuert wird, so erhöhen sich die vertraglichen Strompreise entsprechend und dem Zeitpunkt an, an dem die Verteuerung in Kraft tritt. Entsprechendes gilt für Wirkungen, die zu einer Strompreisermäßigung führen. Hierüber wird der Kunde rechtzeitig und in geeigneter Weise informiert. Für den Fall einer Strompreiserhöhung seht dem Kunden ein Sonderkündigungsrecht zum Monatsende zu."

  • unter Ziffer 7.: "7. Einstellung der Belieferung und außerordentliche Kündigung: ... ist berechtigt, die Stromlieferung fristlos einzustellen und den Vertrag zu kündigen, wenn der Kunde trotz Mahnung mit Kündigungsandrohung mit einer Frist von 2 Wochen in Zahlungsverzug ist. ... darf die Belieferung fristlos einstellen, um Gefahr für Leib oder Leben abzuwenden, um Stromdiebstahl zu verhindern oder um zu gewährleisten, dass Störungen anderer Kunden oder Rückwirkungen auf Einrichtungen von ... ausgeschlossen sind."

4

In der Folgezeit hat die Beklagte mehrfach die Verbrauchspreise einseitig erhöht, nämlich zum 01. Oktober 2000, zum 01. März 2002, zum 01. Januar 2003, zum 01. Februar 2004, zum 01. März 2005, zum 01. Februar 2006, zum 01. Februar 2007 und zum 01. Januar 2008. Auch die Grundpreise sind von der Beklagten verändert worden. Die jeweiligen Preisänderungen hat die Beklagte bei den Klägern einige Wochen vorher schriftlich angekündigt unter Belehrung über das Kündigungsrecht, zuletzt mit Schreiben aus Oktober 2007 die Preisanpassung zum 01. Januar 2008. Die Jahresrechungen erfolgten jeweils unter Berücksichtigung der geänderten Preise.

5

Die Kläger haben weder nach schriftlicher Mitteilung der einzelnen Preisänderungen noch im Zusammenhang mit dem Zugang oder der Bezahlung der Jahresverbrauchsrechnungen irgendwelche Beanstandungen erhoben. Soweit die Beklagte Nachzahlungsbeträge errechnet hatte, ließen sie diese von ihrem Konto ebenso abbuchen wie die Vorauszahlungen. Sie bezogen weiterhin Strom von der Beklagten.

6

Im Juli 2007 hat die Beklagte an alle Verbraucher, so auch an die Kläger, eine aktuelle Kundeninformation gesandt und darüber informiert, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Versorgung mit Strom geändert hat. Die Beklagte wies in diesem Schreiben darauf hin, dass die Grundversorgungsverordnung vom 26. Oktober 2006 die bisher geltende Verordnung abgelöst hat, und überreichten den Klägern die StromGVV sowie die ergänzenden Bedingungen zurStromGVV. In diesem Schreiben wies die Beklagte darauf hin, dass die geänderten rechtlichen Bedingungen auch für die bestehenden Lieferverträge "Akzent" gilt.

7

Mit gleich lautenden Schreiben vom 26. September 2008 hat die Beklagte sämtlichen Klägern den Stromlieferungsvertrag "Akzent" zum nächstmöglichen vertraglich vorgesehenen Zeitpunkt gekündigt. Gleichzeitig hat sie mitgeteilt, dass sie die Kunden bis zum 30. April 2009 zu den aktuellen "Akzent"-Preisen weiter beliefern und spätestens Anfang 2009 neue Stromangebote - auch ein individuelles Vertragsangebot als Nachfolgeregelung zu dem "Akzent"-Vertrag - vorstellen wird.

8

Nachdem im Sommer 2008 einige Kunden an die Beklagte wegen der Strompreisänderungen herangetreten waren, schrieb diese sämtliche Kunden - auch die Kläger - am 18. November 2008 an und bot Ausgleichsbeträge an, die sie in der Folgezeit auch zahlte. Auch die Kläger haben solche Ausgleichsbeträge erhalten. Das Schreiben vom 18. November 2008 lautet auszugsweise: "Ihr Hinweis hat uns gezeigt, dass die Vertragsgestaltung zu unterschiedlichen Auffassungen über die von Ihnen zu zahlenden Strompreise geführt hat. ( ...) Ihre langfristige Vertragsbeziehung mit unserem Unternehmen bedeutet uns sehr viel. Um für Sie rasch Klarheit zu schaffen und zur Erledigung der Angelegenheit haben wir uns entschlossen, Ihnen einen Ausgleichsbetrag anzubieten. ( ...)"

9

Die Kläger sind der Ansicht, Rückforderungsansprüche gegen die Beklagte wegen ungerechtfertigter Bereicherung zu haben. Der "Akzent"-Vertrag sehe keine Preissteigerungen vor. Bei der Bestimmung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen handele es sich um eine überraschende Klausel, die somit nicht Vertragsbestandteil geworden sei.

10

Durch die Ausgleichsangebote und die erfolgten Zahlungen habe die Beklagte die klägerischen Rückforderungsansprüche anerkannt. Die Anschreiben und Berechnungen der Beklagten zur Ermittlung des Ausgleichsbetrages seien jedoch nicht nachvollziehbar.

11

Weiter sind die Kläger sind der Ansicht, die Kündigung durch die Beklagte sei unwirksam, da die Auslegung der vertraglichen Regelung ergebe, dass der Beklagten kein ordentliches Kündigungsrecht zustehe. Die Unwirksamkeit der Kündigung ergebe sich auch daraus, dass aus dem Kündigungsschreiben vom 26. September 2008 der Beendigungszeitpunkt des Stromliefervertrages für die Kläger als Verbraucher nicht erkennbar sei.

12

Hinsichtlich der zunächst vom Kläger zu 21. geltend gemachten Zinsansprüche und hinsichtlich des Antrags auf Feststellung, dass die mit "Akzent"-Vertrag von 1999 vereinbarten Bedingungen über den 30. April hinaus zwischen den Parteien gelten, ist die Klage zurückgenommen worden.

13

Die Kläger beantragen,

  1. 1.

    die Beklagte zu verurteilen,

    - an den Kläger zu 1317,63 €
    - an den Kläger zu 2222,23 €
    - an den Kläger zu 3428,17 €
    - an die Kläger zu 4 + 5353,27 €
    - an die Kläger zu 6 + 7290,23 €
    - an die Kläger zu 8 + 9190,09 €
    - an den Kläger zu 10438,58 €
    - an den Kläger zu 112.140,30 €
    - an die Klägerin zu 12301,47 €
    - an die Klägerin zu 13749,41 €
    - an den Kläger zu 14206,42 €
    - an den Kläger zu 15254,93 €
    - an den Kläger zu 16376,35 €
    - an die Klägerin zu 17801,91 €
    - an den Kläger zu 18318,44 €
    - an den Kläger zu 19272,87 €
    - an den Kläger zu 201.800,13 €

    nebst Zinsen hieraus (Antrag zu 4.) jeweils ab Fälligkeit zu zahlen;

  2. 2.

    festzustellen, dass die von der Beklagten gegenüber allen Klägern mit Schreiben vom 26. September 2008 ausgesprochene Kündigung unwirksam ist;

  3. 3.

    festzustellen, dass die Beklagte dem Grunde nach verpflichtet ist, die den Klägern aufgrund der unwirksamen Kündigung entstandenen Mehrkosten zu ersetzen;

  4. 4.

    die Beklagte weiter zu verurteilen, an den/die

    • Kläger zu 1 ( ...) 402,82 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 2 ( ...) 359,50 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 3 ( ...) 513,48 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 4 + 5 ( ...) 359,50 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 6 + 7 ( ...) 489,45 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 8 + 9 ( ...) 316,18 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 10 ( ...) 489,45 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 11 ( ...) 718,40 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Klägerin zu 12 ( ...) 426,62 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Klägerin zu 13 ( ...) 667,35 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 14 ( ...) 316,18 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 15 ( ...) 436,97 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 16 ( ...) 446,13 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 17 ( ...) 603,93 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 18 ( ...) 316,18 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 19 ( ...) 152,61 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

    • Kläger zu 20 ( ...) 603,93 € nebst weiterer Zinsen seit Rechtshängigkeit

als weitere Nebenforderung zu zahlen.

14

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

15

Sie ist der Ansicht, dass die Vertragsverhältnisse zum 31. März 2009 ihr Ende gefunden hätten, da ihr ein ordentliches Kündigungsrecht zustehe. Auch der Beendigungszeitpunkt lasse sich aus dem Kündigungsschreiben exakt berechnen.

16

Den Klägern sei es verwehrt, Rückforderungsansprüche geltend zu machen, nachdem sie ohne Widerspruch jeweils die erhöhten Preise gezahlt haben, da aufgrund des fehlenden Widerspruchs und der jeweiligen Zahlung in der Sache jeweils vereinbarte Preise vorliegen würden. Vor dem Hintergrund des Vorliegens vereinbarter Preise bestehe ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlungen der Kläger, weshalb Rückforderungsansprüche aus Bereicherungsrecht ausscheiden würden.

17

Im Übrigen habe aus dem Vertrag ein Preisanpassungsrecht bestanden aus Ziffer 4 der AGB. Hierauf komme es jedoch nicht an, da aus den einseitig festgesetzten Preisen vereinbarte Preise geworden seien.

18

Die Ausgleichszahlungen seien angeboten und gezahlt worden, um den Versuch zu unternehmen, die Angelegenheit endgültig und damit außergerichtlich zu beenden. Für den angebotenen Vergleich habe die Beklagte die Belastungen aufgrund erlassener oder geänderter Gesetze ermittelt. Keineswegs habe die Beklagte damit einen Anspruch der Kläger dem Grunde nach bejaht. Es habe sich um ein Vergleichsangebot allein aus vertrieblichen Aspekten und zur Abwendung des Rechtsstreits gehandelt. Dies ergebe sich schon aus dem Schreiben vom 18. November 2008.

19

Die Beklagte beruft sich überdies auf Verwirkung und - hinsichtlich der Zahlungen bis zum 31. Dezember 2005 - Verjährung.

20

Die Kläger hatten zunächst Klage gegen die ... erhoben. Nach dem diese auf den Ausgliederungsvertrag hingewiesen hatte, haben die Klägerin stattdessen Klage gegen die ... erhoben.

Entscheidungsgründe

21

I.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch aus§812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Die Beklagte hat die an sie von den Klägern für den Strombezug entrichteten Beträge mit Rechtsgrund erhalten (dazu 1.). Hinsichtlich der bis einschließlich 2005 entrichteten Beträge ist überdies Verjährung eingetreten (dazu 2.). Die Beklagte hat die Rückforderungsansprüche der Kläger nicht anerkannt (dazu 3.).

22

1.

Zwischen den Klägern und der Beklagten sind jeweils Verträge über die erhöhten Preise zustande gekommen. Es kann daher dahinstehen, ob Ziffer 4 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten eine unwirksame Preisanpassungsklausel enthält.

23

Zwar haben die Parteien hinsichtlich der Stromversorgung unstreitig zu keinem Zeitpunkt ausdrücklich eine Preiserhöhungsabsprache getroffen. Ein von einem Versorgungsträger für die Inanspruchnahme von Leistungen der Daseinsvorsorge einseitig festgesetzter Tarif wird aber zum vereinbarten Preis, wenn der Kunde die auf dem geänderten Tarif basierende Jahresabrechnung des Versorgers unbeanstandet hinnimmt, indem er weiterhin die in Rede stehende Leistung von ihm bezieht, ohne die Tariffestsetzung in angemessener Zeit gemäß §315 BGB als unbillig zu beanstanden (BGH, Urteil vom 13. Juni 2007 - VIII ZR 36/06; Urteil vom 19. November 2008 - VIII ZR 138/07). Da die Beklagte den Klägern die jeweiligen Preiserhöhungen durchweg schriftlich mitgeteilt und zudem schriftlich Jahresabrechnungen erteilt hat, ist aufgrund der widerspruchslosen Hinnahme durch die Kläger unter weiterem Strombezug eine Vereinbarung der Parteien über die erhöhten Preise zu Stande gekommen und eine Billigkeitskontrolle gemäß §315 BGB ausgeschlossen. Vertraglich vereinbarte Preise unterliegen keiner Billigkeitskontrolle, weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung des §315 BGB (vgl. BGH a.a.O.).

24

Die Kläger haben erstmals Ende des Jahres 2008 Rückforderungsansprüche geltend gemacht. Zu diesem Zeitpunkt waren die durch die Beklagte einseitig geänderten Preise bereits zu vereinbarten Preisen geworden und damit von den Klägern geschuldet. Auch hinsichtlich der letzten Erhöhung zum 01. Januar 2008 lag zu diesem Zeitpunkt eine Vereinbarung vor, denn selbst die Jahresabrechnungen, denen dieser Preis zugrunde gelegt worden war, lagen zeitlich weit vor Ende 2008.

25

Zu Unrecht halten die Kläger dem entgegen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die vorbehaltlose Bezahlung einer Rechnung kein Anerkenntnis darstelle. Voraussetzung der stillschweigend getroffenen Preisvereinbarung ist nämlich nicht die Bezahlung der Jahresabrechnung, sondern dass der Kunde innerhalb einer gewissen Zeit die Jahresabrechnung nicht beanstandet, zudem in Kenntnis des erhöhten Strompreises weiterhin Strom bezieht und auch nicht in angemessener Zeit die Überprüfung der Billigkeit der Preiserhöhung verlangt. Hierbei wird aus über einen längeren Zeitraum hinweg vorgenommenen (Strombezug) sowie unterlassenen (Beanstandung der Jahresrechnung oder Überprüfung der Billigkeit) Handlungen des Kunden auf sein Einverständnis mit der Preiserhöhung geschlossen. Demgegenüber handelt es sich bei der bloßen Bezahlung einer Rechnung um eine einmalige Handlung ohne Dauereffekt.

26

2.

Hinsichtlich der bis einschließlich 2005 von den Klägern entrichteten Beträge ist überdies Verjährung eingetreten. Die für den Beginn der dreijährigen Verjährungsfrist gemäß §199 BGB erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen lag spätestens mit Zahlung der Jahresabrechnung vor. Erforderlich ist die Kenntnis der anspruchsbegründenden Tatsachen, nicht erforderlich ist, dass der Gläubiger den Vorgang rechtlich zutreffend beurteilt. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs hat die erforderliche Kenntnis, wenn er die Leistung und die Tatsachen kennt, aus denen sich das Fehlen des rechtlichen Grundes ergibt (BGH NJW 2008, 1729 [BGH 29.01.2008 - XI ZR 160/07]). Die Kläger kannten den Vertrag, hatten schriftliche Mitteilungen über die Preiserhöhung erhalten und Jahresabrechnungen, denen die erhöhten Preise zugrunde gelegt wurden. Die erhöhten Preise wurden von ihnen gezahlt. Damit lag die erforderliche Kenntnis vor.

27

3.

Die Beklagte hat Rückforderungsansprüche der Kläger nicht anerkannt. Zwar hat sie Ausgleichsbeträge geleistet, aus dem Wortlaut ihres Schreibens vom 18. November 2008 geht jedoch klar und eindeutig hervor, dass sie dies zur gütlichen Beilegung der Auseinandersetzung getan hat.

28

Mangels Rückforderungsanspruchs haben die Kläger auch keinen Anspruch auf die mit Klagantrag zu 4. geltend gemachten Zinsen.

29

II.

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Stromlieferungsverträge "Akzent" nicht durch die Kündigung der Beklagten beendet worden sind, sondern unverändert fortbestehen.

30

Die Kündigungen der Beklagten vom 26. September 2008 sind wirksam. Die Stromlieferungsverträge "Akzent" sind durch die Kündigungen wirksam zum 31. März 2009 beendet worden. Dies hat das erkennende Gericht bereits in einem Parallelrechtsstreit (5 O 48/09) mit Urteil vom 08. Juli 2009 entschieden. Die dagegen gerichtete Berufung hat das Oberlandesgericht Celle (5 U 126/09) gemäß §522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

31

Der Beklagten stand aus Ziffer 3 Abs. 5 des Stromliefervertrages ein vertragliches Kündigungsrecht zu. Bei dieser Regelung handelt es sich um eine in Dauerschuldverhältnissen, auch im Wege von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, übliche Verlängerungsklausel mit Kündigungsmöglichkeit für beide Seiten. Solche Klauseln besagen, dass ein zunächst auf bestimmte Zeit abgeschlossener Vertrag sich automatisch um eine weitere bestimmte Zeit verlängert, wenn nicht eine der beiden Vertragsparteien vor Ablauf der ursprünglichen Vertragslaufzeit innerhalb der in den AGB genannten Frist gegenüber dem anderen Teil eine Kündigungserklärung abgibt. Hier hat die Beklagte eine solche Kündigungserklärung abgegeben, so dass sich der Vertrag über die Zeit bis zum 31. März 2009 hinausgehend aufgrund des klaren Wortlauts der Bestimmung nicht verlängern konnte. Die Regelung ist klar und verständlich.

32

Für die Auslegung kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden an. Die AGB sind so auszulegen, wie ihr Wortlaut von einem verständigen und redlichen Vertragspartner verstanden werden.

33

Die Formulierung "Die Vertragslaufzeit beträgt 6 Monate und verlängert sich jeweils um weitere 6 Monate, wenn der Vertrag nicht mit einer Frist von 1 Monat vor Vertragsende gekündigt wird." kann nur dahingehend verstanden werden, dass beiden Vertragspartnern ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht. Sollte nur dem Kunden ein solches zustehen, hätte dies ausdrücklich ergänzt werden müssen. Gerade das Offenlassen der Person des Kündigenden lässt nur den Schluss darauf zu, dass beide Vertragspartner ein ordentliches Kündigungsrecht haben. Dass im nächsten Satz auf die Allgemeinen Geschäftsgrundlagen und damit auf die Möglichkeit des Stromversorgers zur außerordentlichen Kündigung verwiesen wird, bedeutet nicht, dass der Stromversorger ausschließlich ein außerordentliches Kündigungsrecht hat. Dieses steht ihm vielmehr unter besonderen Umständen zusätzlich zu. Die vertragliche Regelung ist auch keineswegs missverständlich formuliert.

34

Dass einige Sätze der vertraglichen Regelung in der "Ich-Form" abgesetzt sind, führt nicht zu einer anderen Auslegung. Insbesondere die streitgegenständliche Formulierung ist gerade nicht in der "Ich-Form" abgesetzt, was offenkundig so zu verstehen ist, dass beiden Seiten ein ordentliches Kündigungsrecht zusteht.

35

Auch aus der Einbeziehung der StromGVV in den Stromlieferungsvertrag "Akzent" ergibt sich keineswegs, dass der Beklagten ein ordentliches Kündigungsrecht nicht zusteht. In §20 Abs. 1 S. 2 StromGVV ist geregelt, dass eine Kündigung durch den Grundversorger nur möglich ist, soweit eine Pflicht zur Grundversorgung nach §36 Abs. 1 S. 2 des Energiewirtschaftsgesetzes nicht besteht bzw. gemäß §21 GVV bei Zahlungsverzug. Auf §20 StromGVV kommt es jedoch nicht an, da dieser lediglich den Grundversorgungsvertrag, d.h. den Vertrag, aufgrund dessen der Grundversorger nach §36 Abs. 1 EnWG verpflichtet ist, Haushaltskunden in Niederspannung zu allgemeinen Preisen mit Elektrizität zu beliefern, betrifft. Ein solcher Grundversorgungsvertrag steht hier gerade nicht in Rede, vielmehr werden die Kläger bislang im Rahmen eines Sonderkundenstromvertrages, nämlich "Akzent", also gerade nicht zu allgemeinen Preisen, beliefert. Damit ist §20 Abs. 1 S. 2 StromGVV vorliegend nicht anwendbar. Ihre Pflicht zur Grundversorgung möchte die Beklagte weiterhin erfüllen.

36

Im Übrigen unterliegen die Kläger keinesfalls einem Anschluss- oder Benutzungszwang hinsichtlich der Stromversorgung. Die Kläger sind auf die Belieferung durch die Beklagte nicht angewiesen, sondern haben die Möglichkeit, Strom von einem anderen Anbieter ihrer Wahl zu beziehen.

37

Die Kündigung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil in dem Kündigungsschreiben vom 26. September 2008 ein Beendigungszeitpunkt des Stromliefervertrages nicht explizit genannt worden ist. Der Beendigungszeitpunkt lässt sich aus dem Kündigungsschreiben exakt berechnen. Zudem habe die Beklagte in dem Schreiben ergänzend noch einen Zeitpunkt genannt, bis zu welchem sie in bereit war, die Versorgung zu den Konditionen fortzusetzen.

38

Die Kostenentscheidung beruht auf §91 ZPO und - hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der ... - auf §269 Abs. 3 ZPO analog. Auf der Beklagtenseite ist es zu einem Parteiwechsel gekommen. Es handelt sich nicht um eine bloße Rubrumsberichtigung, da nicht lediglich eine unrichtige oder unvollständige Bezeichnung der Beklagten vorlag. Die ... und die ... sind unterschiedliche Gesellschaften.

39

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in §709 S. 1 und 2 ZPO.