Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 28.06.2023, Az.: 4 VA 2/23

Festsetzung der Höhe der gemäß § 7 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) zu bewilligenden monatlichen Fallpauschale nach Vergütungstabelle C; Zugrundelegung der Vergütungseingruppierungs-Feststellung für alle zukünftigen Abrechnungen des Betreuers

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
28.06.2023
Aktenzeichen
4 VA 2/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 26489
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Leer - AZ: 3470-AGLER-9020/2023

Fundstelle

  • MDR 2023, 1483-1484

In der Verwaltungsbeschwerdesache
AA, Berufsbetreuer, (...),
Antragsteller,
hier: Antrag auf gerichtliche Entscheidung
hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. ..., die Richterin am Oberlandesgericht Dr. ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
am 28. Juni 2023
beschlossen:

Tenor:

  1. 1)

    Der Antrag des Antragstellers auf gerichtliche Entscheidung wird zurückgewiesen.

  2. 2)

    Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

  3. 3)

    Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Berufsbetreuer. Er verfügt über einen Hochschulabschluss. Mit Schreiben vom 18.02.2023 stellte er beim Betreuungsgericht einen Antrag auf Vergütung für den Zeitraum vom 28.11.2022 bis zum 14.02.2023. Für die Zeit ab dem 28.01.2023 berechnete er die Vergütung nach Tabelle C (§ 8 Abs. 2 Nr. 3 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) in der seit dem 1. Januar 2023 geltenden Fassung. Mit Schreiben vom 03.03.2023 antwortete das Betreuungsgericht dem Antragsteller und wies darauf hin, dass dem Gericht die gesetzliche Änderung bekannt sei, allerdings Voraussetzung die Eingruppierung mittels eines Verwaltungsverfahrens gemäß § 8 Abs. 3 VBVG sei. Er könne den Antrag schon stellen. Die Auszahlung könne nach erfolgter Eingruppierung erfolgen. Sodann beantragt der Antragsteller mit Schreiben vom 20.03.2023, eingegangen beim Betreuungsgericht am 23.03.2023, die Einstufung in die Vergütungstabelle C als Berufsbetreuer. Mit Bescheid vom 08.05.2023 stellte das Betreuungsgericht sodann die Höhe der gemäß § 7 VBVG zu bewilligenden monatlichen Fallpauschale ab dem 23.03.2023 nach Vergütungstabelle C fest.

Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seinem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er die Festsetzung der Wirksamkeit erst ab dem 23.03.2023 rügt. Auf eine Gültigkeit erst ab Antragstellung habe man ihn nicht hingewiesen. Die Höhe der zu bewilligenden Fallpauschale nach Vergütungstabelle C müsse schon ab Beginn des Abrechnungsmonats, der nach dem 31.12.2022 beginnt, gelten.

II.

Der zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 23 ff EGGVG hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht Leer hat in seinem Beschluss vom 08.05.2023 die Höhe der gemäß § 7 Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz (VBVG) zu bewilligenden monatlichen Fallpauschale zutreffend für die Zeit ab dem 23.03.2023 nach Vergütungstabelle C festgesetzt. Der Antragsteller erfährt auch keinen rechtlichen Nachteil durch den Bescheid. Der Bescheid führt nämlich nicht dazu, dass seine Abrechnung nicht schon für die Zeit ab dem 28.01.2023 nach Vergütungstabelle C erfolgen kann.

§ 8 Abs. 3 Satz 4 VBVG n.F. lautet wie folgt: "Der Vorstand des am Sitz oder hilfsweise am Wohnsitz des beruflichen Betreuers zuständigen Amtsgerichts stellt auf Antrag des Betreuers nach dessen Registrierung fest, nach welcher Vergütungstabelle sich die von diesem zu beanspruchenden Vergütungen richten.

Die Feststellung nach Satz 1 gilt für das gerichtliche Verfahren zur Festsetzung der Vergütung bundesweit. Sie kann auf Antrag des beruflichen Betreuers geändert werden, wenn dieser eine Änderung der Voraussetzungen nach Absatz 2 nachweist. Die Feststellung oder Änderung wirkt auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurück."

Das Gesetz schreibt damit in Abs. 3 Satz 4 VBVG ausdrücklich vor, dass die Feststellung auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt. Der Hintergrund erschließt sich aus der Gesetzesbegründung (Bundestags-Drucksache 19/24445):

"Ein zentraler Bestandteil der Neuregelung des Rechts der beruflichen Betreuer ist die einmalige und rechtssichere Feststellung der für den jeweiligen Betreuer einschlägigen Vergütungstabelle nach § 8 VBVG-E. Bislang gibt es für die Festsetzung der anzuwendenden Vergütungsstufe kein eigenes Verfahren, vielmehr wird diese nur inzident im Vergütungsantrag des einzelnen Betreuungsverfahrens geprüft. Die so ermittelte Vergütungstabelle findet sich über die Fallpauschale sodann im Vergütungsfestsetzungsbeschluss lediglich als Rechenposten wieder. Es gibt jedoch keine der Rechtskraft fähige, grundsätzliche Entscheidung über die - in jedem Betreuungsverfahren - für den jeweiligen Betreuer zur Anwendung kommende Vergütungstabelle. Dies hat zur Folge, dass - teilweise nach jahrelanger Zubilligung einer bestimmten Vergütungstabelle - Rechtspfleger oder Bezirksrevisoren bei einem weiteren Vergütungsantrag nunmehr feststellen, dass in der Vergangenheit zu Unrecht eine Vergütung unter Berücksichtigung einer höheren Vergütungstabelle zuerkannt worden ist. Die Betreuer müssen sich dann nicht nur für die Zukunft mit weniger Einkommen begnügen, sondern sehen sich häufig auch Rückforderungsansprüchen hinsichtlich der überzahlten Vergütungen ausgesetzt. Dieser Rechtsunsicherheit sollen die beruflichen Betreuer nicht länger ausgesetzt sein, weswegen die vorgeschlagene Neuregelung erforderlich ist. Die anzuwendende Vergütungstabelle soll zukünftig nicht mehr von den Betreuungsgerichten in jedem einzelnen Verfahren festgestellt werden, sondern einmal zu Beginn der Betreuertätigkeit im Anschluss an das Registrierungsverfahren. Dies soll zum einen die Gerichte entlasten, die zukünftig nicht mehr in jedem einzelnen Verfahren Deutscher Bundestag - 19. Wahlperiode - 395 - Drucksache 19/24445 zu prüfen haben, welche Vergütungstabelle jeweils anwendbar ist. Zum anderen soll dies aber auch den beruflichen Betreuern Planungs- und Rechtssicherheit geben, damit diese sich für ihre gesamte Betreuertätigkeit auf eine sichere finanzielle Grundlage verlassen können. Da die Vergütungen für berufliche Betreuer für alle mittellose Betreuten, und damit für einen Großteil der Betreuungsverfahren, aus dem Justizhaushalt zu zahlen sind, erscheint es sachgerecht, auch die Feststellung der anzuwendenden Vergütungstabelle bei der Justiz zu belassen und nicht den Stammbehörden zu übertragen. Etwaige Unklarheiten über die Einstufung eines Betreuers können auf diese Weise einmalig im Rechtsweg nach §§ 23 ff. EGGVG geklärt werden. Die Justiz wird dadurch erheblich entlastet, da sich nicht jedes Betreuungsgericht, bei dem der berufliche Betreuer Betreuungen führt, erneut mit dieser Frage befassen muss, sondern bei der Vergütungsfestsetzung die Feststellung nach Absatz 3 ohne weitere Prüfung zugrunde legt. Bei der Feststellung nach Absatz 3 handelt es sich zukünftig nicht um eine Verfahrensentscheidung im Einzelfall. Es handelt sich vielmehr um eine für alle Vergütungsfestsetzungsverfahren eines Betreuers zu beachtende Feststellung. Der Vorstand des Amtsgerichts übt hierbei eine Behördentätigkeit in Form eines Justizverwaltungsaktes aus. Er kann die Entscheidungsbefugnis auf einen Richter oder Rechtspfleger übertragen. Der mit der Feststellung bewirkten Eingruppierungsentscheidung kommt keine drittbelastende Wirkung im Hinblick auf die späteren Kostenschuldner zu, so dass diesen auch kein Rechtsmittel hiergegen zusteht. Wenn ein Kostenschuldner im konkreten Betreuungsverfahren der Auffassung ist, dass ein beruflicher Betreuer einer anderen Gruppierungsstufe ausreichend ist, kann er gegen die Bestellung des konkreten Betreuers ein Rechtsmittel einlegen. Satz 3 legt fest, dass die Feststellung nach Satz 1 für alle Vergütungsfestsetzungsanträge des beruflichen Betreuers gilt, unabhängig davon, bei welchem Gericht und in welchem Bundesland diese gestellt werden. Eine Änderung dieser Feststellung soll nur auf Antrag des beruflichen Betreuers möglich sein, damit dieser bei einem Nachweis der Voraussetzungen für die Anwendung einer höheren Vergütungstabelle, etwa bei Nachholung eines Studiums oder einer Ausbildung, auch eine höhere Vergütung verlangen kann. Satz 4 bestimmt, dass die Feststellung oder Änderung auf den Zeitpunkt der Antragstellung zurückwirkt."

Damit wird deutlich, dass die Vergütungseingruppierungs-Feststellung für alle zukünftigen Abrechnungen des Betreuers zugrunde zu legen ist und dem Betreuer die notwendige Rechtssicherheit geben soll.

Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Antragsteller durch diesen Beschluss daran gehindert ist, eine Vergütung nach der Vergütungstabelle C für die Zeit zwischen dem 1. Januar 2023 und der Antragstellung auf Eingruppierung im Wege der Feststellung geltend zu machen. Für die Zeit vor der Antragstellung gilt für den Antragsteller vielmehr weiterhin, dass inzident im Verfahren über die Festsetzung der Vergütung im einzelnen Betreuungsverfahren die anzuwendende Vergütungsstufe zu prüfen ist. Es hat also eine Einzelfallprüfung nach der jeweils geltenden Gesetzeslage zu erfolgen, die sich ab 1.1.2023 hinsichtlich der Eingruppierung des Antragstellers geändert hat, sich also hier für den Antragsteller nach § 8 Abs. 2 Nr. 3 VBVG richtet, da er diese Kriterien erfüllt. Die Übergangsreglung des § 19 Abs. 1 VBVG adressiert nämlich lediglich die Gruppe der unter dreijährig tätigen beruflichen Betreuerinnen und Betreuer, die bis zur formalen Registrierung nach dem alten Vergütungsrecht abrechnen müssen. Nach neuem Vergütungsrecht ab 1.1.2023 können jedoch alle langjährigen Bestandsbetreuer abrechnen, unabhängig davon, ob diese bereits endgültig registriert sind.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 30 EGGVG.

Die Voraussetzungen des § 29 EGGVG für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.