Oberlandesgericht Oldenburg
Beschl. v. 26.06.2023, Az.: 13 WF 42/23

Umfang der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in einer Ehesache; Höhe der Anwaltsgebühren bei Abschluss eines außergerichtlichen Vergleichs über Folgesachen

Bibliographie

Gericht
OLG Oldenburg
Datum
26.06.2023
Aktenzeichen
13 WF 42/23
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2023, 31390
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
[keine Angabe]

Verfahrensgang

vorgehend
AG Nordhorn - 25.04.2023 - AZ: 11 F 754/22 VKH2

Fundstellen

  • AGS 2023, 565-568
  • FamRZ 2023, 1898
  • JurBüro 2023, 468-470
  • MDR 2023, 1410-1411
  • NJW-RR 2024, 5-7
  • NZFam 2024, 328
  • RVG prof 2023, 182

Amtlicher Leitsatz

Die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe in einer Ehesache erstreckt sich auch auf außergerichtlich geschlossene Vergleiche über Folgesachen nach § 48 Absatz 3 RVG (Anschluss an OLG Bamberg, Beschluss vom 10.06.2021 - 2 WF 61/21; abweichend von OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.10.2007, - 18 WF 104/06)

In der Familiensache
AA, Ort 1,
Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin,
Verfahrensbevollmächtigte:
(...)
Geschäftszeichen: (...)
gegen
BB, Ort 2,
Antragsteller,
Verfahrensbevollmächtigter:
(...)
Geschäftszeichen: (...)
hat der 13. Zivilsenat - 4. Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Richter am Oberlandesgericht (...) als Einzelrichter zu I und den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (...) sowie die Richter am Oberlandesgericht (...) und (...) zu II beschlossen:

Tenor:

  1. I.

    Die Sache wird dem Senat in der im Gerichtsverfassungsgesetz vorgeschriebenen Besetzung übertragen (§ 568 S. 2 Nr. 2 ZPO).

  2. II.

    Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordhorn vom 25.04.2023 geändert und die Beiordnung der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin in der Ehesache auf die Herbeiführung der notariellen Vereinbarung vom 16.03.2023 erstreckt.

Gründe

I.

Der Antragsgegnerin ist Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten für die Ehesache bewilligt worden. Als Folgesache war nur der Versorgungsausgleich anhängig. Nachdem das Amtsgericht Termin in der Ehesache bestimmt hatte, reichte der Verfahrensbevollmächtigte des Ehemanns mit Schriftsatz vom 23.03.2023 eine Ablichtung eines notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvertrags vom 16.03.2023 ein und teilte mit, dass die Beteiligten die Zugewinngemeinschaft beendet und eine Vermögensauseinandersetzung herbeigeführt hätten. Außerdem sei wechselseitig auf Ehegattenunterhalt nach der Scheidung verzichtet worden und die Folgesachen somit einer abschließenden Regelung zugeführt worden. Die Verfahrensbevollmächtigte der Ehefrau bestätigte mit Schriftsatz vom 03.04.2023 den Abschluss der Vereinbarung und beantragte, die Verfahrenskostenhilfebewilligung auf die Scheidungsfolgenvereinbarung zu erstrecken. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.04.2023 wurden die Eheleute zur Scheidung angehört. Darüber hinaus gaben sie an, sich auch über das Sorge- und Umgangsrecht geeinigt zu haben. Außerdem erfolgte im Termin die Erörterung der Auskünfte der Versorgungsträger. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung wurde der Scheidungsbeschluss verkündet. Die Beteiligten verzichteten umfassend auf Rechtsmittel gegen die Entscheidung.

Mit Beschluss vom 25.04.2023 wies das Amtsgericht den Antrag der Antragsgegnerin auf Erstreckung der Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe auf die Scheidungsfolgenvereinbarung zurück. Zur Begründung führte es aus, dass sich die Bewilligung der Verfahrenskostenhilfe für die Ehesache kraft Gesetzes nur auf den Versorgungsausgleich erstrecke. Die weiteren Folgesachen seien in einem notariellen Vertrag geregelt worden und damit nicht Verfahrensgegenstand geworden. Ein Anspruch auf Erweiterung der Bewilligung folge auch nicht aus § 48 Abs. 3 RVG. Es sei streitig, ob der in der Ehesache beigeordnete Anwalt für die Erledigung einer Folgesache durch außergerichtlichen Vergleich Anspruch auf Erstattung einer Einigungsgebühr gegenüber der Landeskasse habe, ohne dass es darauf ankomme, ob die Folgesache im gerichtlichen Verfahren anhängig sei. Das Amtsgericht folge der Auffassung, dass die Vorschrift die Beiordnung nur auf anhängige Folgesachen erstrecke. Der Gesetzgeber hätte bei der Neuregelung des § 48 Abs. 3 RVG die seit langem streitige Rechtsfrage entscheiden und Klarheit schaffen können. Dies sei nicht geschehen, so dass die Regelung nur für unter Mitwirkung des Gerichts erfolgte Vereinbarungen gelte.

Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin ihren Antrag auf Erstreckung der Beiordnung weiter. Sie trägt vor, dass sich bereits aus dem Gesetzestext ergebe, dass der Gesetzgeber die Vergütung von außergerichtlichen Einigungen einbeziehen wolle, indem sich § 48 Abs. 3 RVG auf Einigungen nach Nr. 1000 des Vergütungsverzeichnisses beziehe. Diese betreffe außergerichtliche Einigungen, während gerichtliche Einigungen der Nr. 1003 des Vergütungsverzeichnisses unterfielen.

Die Bezirksrevisorin hat sich der Auffassung des Amtsgerichts angeschlossen. Ergänzend hat sie angegeben, es sei zu berücksichtigen, dass die Einreichung der notariellen Urkunde im gerichtlichen Verfahren allein der Sicherung des Gebührenanspruchs des im Scheidungsverfahren beigeordneten Rechtsanwalts diene. Durch sie erwerbe er einen höheren Gebührenanspruch als der nicht beigeordnete Anwalt. Die Vergütung sei zwar zunächst aus der Landeskasse zu zahlen; bei Vermögenserwerb oder Verbesserung der Einkommensverhältnisse sei sie jedoch von der Vkh-Partei der Landeskasse bzw. dem beigeordneten Anwalt zu erstatten.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 127, 567 ff. ZPO zulässig. Ob sich die Beiordnung in der Ehesache gemäß § 48 Abs. 3 RVG auf Vereinbarungen im notariellen Vertrag vom 16.03.2023 erstreckt, folgt zwar unmittelbar aus dem Gesetz. Im positiven Fall bedürfte es keiner entsprechenden gerichtlichen Anordnung. Die Beschwerdeführerin ist durch die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts aber bereits unmittelbar beschwert. Denn nach dem Grundsatz gemäß § 48 Abs. 1 S. 1 RVG bestimmt sich der Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse nach den richterlichen Beschlüssen, nach denen die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet ist. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch bei Beschlüssen mit negativem Inhalt: Der Rechtspfleger dürfte eine Vergütung für eine Einigung über einen Gegenstand aus dem Katalog des § 48 Abs. 3 RVG, auf das sich die Beiordnung in der Ehesache nach dem Gesetz erstreckt, nicht anweisen, wenn die Erstreckung im richterlichen Bewilligungsbeschluss ausdrücklich ausgeschlossen worden ist.

Die Beschwerde ist auch begründet.

Das Amtsgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Frage, ob sich die Beiordnung in einer Ehesache auch auf die Einigung über die in § 48 Abs. 3 RVG genannten Gegenstände in einen außergerichtlichen Vergleich erstreckt, streitig ist (vgl. Schlünder in Schlünder/Nickel, Das familiengerichtliche Verfahren, 2. Aufl., C, Rn. 1077; K. Sommerfeldt/M. Sommerfeldt, BeckOK RVG (01.03.2023), § 48 Rn. 102).

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber (noch) keine klarstellende Regelung getroffen hat, kann nicht geschlossen werden, dass sich die Beiordnung nur auf Vergleiche erstreckt, die im gerichtlichen Verfahren geschlossen worden sind. Der Senat schließt sich der Argumentation des Amtsgerichts insoweit nicht an. Der Gesetzgeber hat sich weder in die eine noch in die andere Richtung geäußert. Die streitige Frage war nicht Gegenstand der Kostenrechtsänderungsgesetze. Gegenstand des Gesetzgebungsverfahrens war sowohl hinsichtlich der Änderungen durch das 2. Kostenmodernisierungsgesetz als auch durch das Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 lediglich die seinerzeit streitige Frage, ob dem beigeordneten Anwalt neben der Einigungsgebühr auch die durch den Abschluss des Vergleichs entstandenen Differenzverfahrens- und Differenztermingebühren zu erstatten sind, wenn ein Vergleich in einer nicht anhängigen Sache geschlossen wird, auf den sich entweder die Beiordnung nach § 48 Abs. 3 RVG erstreckt oder auf den die Beiordnung nach § 48 Abs. 1 RVG erstreckt worden ist. Der Gesetzgeber hat insoweit entschieden, dass der Anspruch bei Abschluss eines Mehrvergleichs nach § 48 Abs. 3 RVG sämtliche Gebühren umfasst (siehe BT-Drucks. 17/11471, S. 270, zu Artikel 8 Nummer 25 Buchstabe b zum 2. KostRMoG) und in Absatz 3 deshalb klarstellend aufgenommen, dass sich die Beiordnung in der Ehesache "auf alle mit der Herbeiführung der Einigung erforderlichen Tätigkeiten" erstreckt, soweit der Vertrag die im Einzelnen aufgezählten weiteren Gegenstände betrifft. Da diese Regelung zum Teil dahingehend verstanden wurde, dass dies nur für die im Rahmen einer Ehesache geschlossenen Mehrvergleiche, nicht aber für den Abschluss eines Mehrvergleichs in sonstigen Familienverfahren geltend sollte, hat der Gesetzgeber im Anschluss an die Entscheidung des BGH vom 17.01.2018 (XII ZB 248/16) mit dem Kostenrechtsänderungsgesetz 2021 eine entsprechende Klarstellung für andere als Ehesachen in Absatz 1 des § 48 RVG dahingehend aufgenommen, dass "der Anspruch alle gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die durch die Tätigkeiten entstehen, die zur Herbeiführung der Einigung erforderlich sind" umfasst, wenn Verfahrenskostenhilfe für einen Vergleich in einer nichtanhängigen Sache bewilligt wurde (siehe BT-Drucks. 19/23484, S. 78 ff., zu Artikel 7, Nummer 9 (§ 48 RVG) des KostRÄndG 2021).

Hiervon unberührt geblieben ist aber die Streitfrage, ob ein Anspruch auf Erstattung der Kosten nur bei gerichtlich geschlossenen Vergleichen erfolgt.

Der Senat schließt sich der Auffassung an, nach der ein entsprechender Anspruch besteht (so auch OLG Bamberg, Beschl. v. 10.06.2021, 2 WF 61/21, FamRZ 2021, 1652 f., OLG Rostock, Beschl. v. 04.09.2007, 11 WF 166/07, FamRZ 2008, 708; Zöller/Feskorn, ZPO, 34. Aufl., § 76 FamFG Rn. 27; K. Sommerfeldt/M. Sommerfeldt in BeckOK RVG (01.03.2023), § 48 Rn. 102; Hartung in Hartung/Schons/Enders, RVG, 3. Aufl., Rn. 30; Schlünder/Nickel, Das familiengerichtliche Verfahren, 2. Aufl., C. Rn.1077; Ebert in Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl. § 48 Rn. 99; anders OLG Karlsruhe, Beschl. v. 15.10.2007, 18 WF 104/06, Fam RZ 2008, 802 ff., OLG Koblenz, Beschl. v. 28.09.2015, 11 WF 888/15, FamRZ 2016, 659; OLG Koblenz, Beschl. v. 30.12.2015, 7 WF 372/15, FamRZ 2017, 318 f.).

Eine Ungleichbehandlung des nicht beigeordneten Anwalts im Vergleich zu dem beigeordneten Anwalt, was entsprechend der Stellungnahme der Landeskasse gegen die Erstreckung der Beiordnung spräche, kann der Senat nicht erkennen. Die Entstehung der Gebühren dem Grunde nach ist unabhängig von der Beiordnung. Auch der nicht beigeordnete Anwalt kann von seiner Partei die Einigungsgebühr sowie weiter entstehende Gebühren verlangen, wenn der Auftrag vorzeitig durch die Einbeziehung in den Mehrvergleich beendet worden ist.

Auf der anderen Seite kann auch der Argumentation der Beschwerdeführerin nicht gefolgt werden, dass sich bereits aus dem Umstand, dass das Gesetz in § 48 Abs. 3 RVG den Abschluss eines Vertrags nach Nummer 1000 des Vergütungsverzeichnisses nennt, der Schluss ziehen lasse, es seien ausdrücklich auch außergerichtliche Vergleiche umfasst, denn andernfalls hätte das Gesetz nur Vergleiche nach Nummer 1003 VV RVG benannt, weil diese Bestimmung den Vergleich im gerichtlichen Verfahren betreffe. Auch Mehrvergleiche, die in einer Ehesache nach § 48 Abs.3 RVG vor Gericht geschlossen werden, sind Einigungen im Sinne der Nummer 1000 VV RVG. Diese differenziert nicht zwischen gerichtlich und außergerichtlich geschlossenen Vergleichen. Nummer 1003 VV betrifft nur die Höhe der Einigungsgebühr, indem bestimmt wird, dass die Gebühr in den Verfahren mit gerichtlicher Anhängigkeit reduziert wird auf 1,0. Indem in Ziffer 1003 VV als Ausnahme davon aber wiederum bestimmt wird, dass die Herabsetzung nicht gilt, "wenn sich die Beiordnung auf einen Vertrag im Sinne der Nummer 1000 erstreckt (§ 48 Abs. 3 RVG)", wird deutlich, dass es sich auch bei dem in § 48 Abs. 3 RVG genannten Fall um einen Vertrag nach Nummer 1000 handelt. Dies stimmt mit dem Gesetzestext in § 48 Abs. 3 RVG überein. Für die Frage, ob es sich bei dem Einigungsvertrag nach Nummer 1000 um einen mit gerichtlicher Beteiligung oder ohne eine solchen zustande gekommenen Vergleich handeln muss, ist damit nichts gewonnen.

Sinn und Zweck der Regelung spricht für die Einbeziehung außergerichtlicher Einigungen. Ziel der gesetzlichen Erstreckung der Beiordnung auf Einigungsverträge gemäß § 48 Abs. 3 RVG ist es, zur Entlastung der Gerichte eine gütliche Einigung zu fördern und ein Anhängigmachen der üblicherweise zu regelnden Folgesachen möglichst zu vermeiden (OLG Bamberg, Beschl. v. 10.06.2021, 2 WF 61/21, juris Rn. 13 m.w.N.). Dieser Gedanke gilt erst recht für Vergleiche, die außergerichtlich geschlossen worden sind und die Folgesachen ohne weitere gerichtliche Beteiligung erledigen. Die oben genannte kostenrechtliche Ausnahme in Nr. 1003 VV RVG, nach der bei Verträgen gemäß § 48 Abs. 3 RVG von der Herabsetzung der Einigungsgebühr auf 1,0 abgesehen wird, beruht auf dem Gedanken, dass vermieden werden soll, dass sich die Protokollierung eines oft nur schwer zu erreichenden umfassenden Scheidungsvergleichs, den § 48 Abs. 3 RVG mit der Erstreckung der Beiordnung auf die Einigung über die dort bezeichneten Gegenstände fördern will, zum Nachteil des beigeordneten Anwalts durch Herabsetzung des Gebührensatzes von 1,5 auf 1,0 auswirkt (Mayer in Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl., RVG VV 1003 Rn. 12). Dazu stünde es im Widerspruch, würde man schon die Erstreckung der Beiordnung dem Grunde nach mit der Begründung versagen, dass es sich bei dem von den Beteiligten und ihren Anwälten mitunter mühsam ausgehandelten und umfassend geregelten Einigungsvertrag "nur" um einen außergerichtlichen Vertrag handelt, für den ein Anspruch auf Kostenerstattung nicht besteht.

Die Ablehnung der Erstreckung der Beiordnung würde auch zu einer Benachteiligung der bedürftigen Partei führen. Wie oben dargestellt, war Anlass für die Ergänzung des § 48 Abs. 1 RVG durch das KostRÄndG 2021 die Auffassung, dass mit der Erstreckung der Beiordnung in anderen Familiensachen als in Ehesachen nach Abs. 3 nur die Einigungsgebühr abgedeckt sei, aber nicht die weiteren mit der für die Herbeiführung des Vergleichs notwendig verbundenen anwaltlichen Gebührenansprüche. Mit Beschluss vom 17.01.2018 hat der BGH dieser Auffassung widersprochen und entschieden, dass ein Anspruch auf sämtliche mit dem Abschluss der Einigung verbundenen Tätigkeiten besteht, wenn einem Beteiligten in einer selbständigen Familiensache Verfahrenskostenhilfe für einen Mehrvergleich bewilligt worden ist (BGH, XII ZB 248/16, FamRZ 2018, 602 ff.). Zur Begründung hat er ausgeführt, der Grundsatz der Rechtsschutzgleichheit wäre nicht gewahrt, wenn trotz Erweiterung der Verfahrenskostenhilfe auf einen Mehrvergleich nur ein Teil der entstehenden Kosten von der Staatskasse getragen würden. Anders als ein begüterter Beteiligter könnte in diesem Fall der bedürftige Beteiligte von der Möglichkeit, das Verfahren mit einem Mehrvergleich zu beenden, nur Gebrauch machen, wenn er trotz seiner festgestellten Bedürftigkeit in der Lage wäre, die zusätzlich anfallenden Rechtsanwaltskosten zu tragen. Sollte er dazu wirtschaftlich nicht in der Lage sein, bliebe ihm nur die Möglichkeit, bezüglich der nicht anhängigen Gegenstände ein gesondertes Verfahren zu betreiben und dort erneut um die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe anzutragen. Dem Bedürftigen würde dadurch gegenüber einem begüterten Beteiligten die - oft zweckmäßige - umfassende Regelung von streitigen Rechtsverhältnissen erheblich erschwert. Für diese Ungleichbehandlung gebe es keinen tragfähigen sachlichen Grund (BGH, a.a.O., Rn. 18, juris).

Die vorstehenden Erwägungen gelten in gleicher Weise für den außergerichtlichen Vergleich. Der Abschluss des Einigungsvertrages wäre dem bedürftigen Beteiligten ohne Erstreckung der Beiordnung auf einen Vertrag gemäß § 48 Abs. 3 RVG nicht möglich. Einen sachlichen Grund für eine Differenzierung zwischen dem gerichtlichen Mehrvergleich, auf den sich die Beiordnung erstreckte und dem außergerichtlichen, dem die Erstreckung zu versagen wäre, kann der Senat nicht erkennen.

Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Ihre Zulassung ist ausgeschlossen, wenn das Gesetz die Anfechtung der Entscheidung ausdrücklich ausschließt ( Zöller/Heßler, ZPO, 34. Aufl., § 574 Rn. 8). Gemäß § 127 Abs. 3 ZPO kann die Staatskasse die Bewilligung der Prozesskostenhilfe als solche nicht angreifen. Auch gegen die Erweiterung der Prozesskostenhilfebewilligung auf einen Vergleich ist die sofortige Beschwerde durch die Staatskasse unzulässig (OLG Frankfurt/M., Beschluss vom 09.03.1988, 2 WF 36/88; Zöller/Schultzky, ZPO., 34. Aufl., § 127 Rn. 50). Für die Antragsgegnerin ist eine Anfechtung mangels Beschwer unzulässig.