Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 12.11.1987, Az.: 2 UF 110/87
Versorgungsausgleich; Ausgleich der ... Betriebsrente
Bibliographie
- Gericht
- OLG Braunschweig
- Datum
- 12.11.1987
- Aktenzeichen
- 2 UF 110/87
- Entscheidungsform
- Beschluss
- Referenz
- WKRS 1987, 20749
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:OLGBS:1987:1112.2UF110.87.0A
Verfahrensgang
- vorgehend
- AG Wolfsburg - 28.04.1987 - AZ: - 19 F 365/83 VA
In der Familiensache
wegen Versorgungsausgleichs;
hier: Ausgleich der ... Betriebsrente
hat der 2. Senat für Familiensache des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ... die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ... am 12. November 1987 beschlossen:
Tenor:
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Amtsgerichts Familiengerichts Wolfsburg vom 28. April 1987 abgeändert.
Die Verpflichtung des Antragsgegners zur Entrichtung von Beiträgen auf das Versicherungskonto der Antragstellerin entfällt.
Der Ausgleich der Betriebsrentenanwartschaft des Antragsgegners bei der Volkswagen AG bliebt, soweit er nicht durch erweitertes Splitting erfolgt ist, dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.
Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.117,80 DM festgesetzt.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Tatbestand:
I.
Die am 01. Februar 1945 geborene Antragstellerin und der am 25. September 1943 geborene Antragsgegner haben am 01. April 1966 die Ehe geschlossen. Sie sind auf den Scheidungsantrag der Antragstellerin, die dem Antragsgegner am 30. Juli 1984 zugestellt wurde, geschieden worden, wobei das Verfahren über den Versorgungsausgleich abgetrennt wurde. Während der Ehezeit hat die Antragstellerin laut Auskunft der BfA Berlin Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 108,80 DM monatlich erworben; der Antragsgegner hat laut Auskunft der BfA Berlin Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 873,- DM monatlich erworben. Vom 01.10.1961 bis 31.10.1964 und wiederum seit 01.05.1968 ist der Antragsgegner im ... beschäftigt gewesen; er hat hieraus die unverfallbare Anwartschaft auf eine Betriebsrente, die sich laut Auskunft des Volkswagenwerks bei Hochrechnung auf das Endalter 65 auf 11.880,- DM jährlich beläuft.
Das Amtsgericht hat in dem angefochtenen Beschluß vom 28. April 1987 die Anwartschaft auf eine ...-Rente nach § 3 Abs. 1 und 2 Barwert VO i.V.m. Tabelle 4 umgerechnet und hat hieraus einen Ehezeitanteil von 186,29 DM monatlich, ausgedrückt in Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung, errechnet. Diesen hat es teilweise im Wege des erweiterten Splitting § 3b Nr. 1 VAHRG und teilweise durch die Anordnung von Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 7.997,53 DM ausgeglichen.
Gegen diese Entscheidung hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt. Er meint, daß ihm bei seinen Einkommensverhältnissen die Entrichtung von Beiträgen nicht zugemutet werden könne, und bezweifelt die Richtigkeit der Bewertung der Betriebsanwartschaft als teilweise dynamisch.
Die Antragstellerin hält hingegen die angefochtenen Entscheidung für richtig. Die weiteren Beteiligten haben sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Gründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig und im wesentlichen auch begründet.
1.) Die Beschwerde ist gemäß §§ 629a Abs. 2, 621e Abs. 1 und 3, 516, 519 ZPO zulässig.
Sie wendet sich allein gegen den vom Amtsgericht vorgenommenen Ausgleich der Betriebsrentenanwartschaft des Antragsgegners zur Zahlung von Versicherungsbeiträgen gerichtet angesehen werden, obgleich sich nur hierauf der Antrag des Antragsgegners aus der Beschwerdebegründungsschrift beschränkt. Der Antragsgegner greift vielmehr in der Beschwerdebegründung auch die vom Amtsgericht vorgenommene Bewertung der Betriebsrentenanwartschaft an; somit ist auch der vom Amtsgericht durch erweitertes Splitting vorgenommene teilweise Ausgleich der Betriebsrentenanwartschaft hiervon betroffen und mit der Beschwerde angefochten.
2.) Die Beschwerde hat im wesentlichen in der Sache Erfolg. Der Senat hält den vom Amtsgericht vorgenommenen Ausgleich der Betriebsrentenanwartschaft durch die Begründung von Rentenanwartschaften im Wege der Beitragseinzahlung im vorliegenden Fall nicht für angebracht. Darüber hinaus ist der Ehezeitanteil der Betriebsrentenanwartschaft des Antragsgegners niedriger zu bewerten als im angefochtenen Beschluß.
a) Nach § 6 Abs. 2 der Versorgungsordnung der Volkswagen AG ist für die Berechnung der Höhe der ...-Rentenanwartschaft des Antragsgegners nicht nur die Zeit des jetzigen, am 01.05.1968 begonnenen Arbeitsverhältnisses mit der ... einbezogen worden, sondern auch die Zeit des früheren Arbeitsverhältnisses vom 01.10.1961 bis zum 31.10.1964, und zwar in der Weise, daß die 37 Monate des früheren Arbeitsverhältnisses so gerechnet worden sind, als wären sie unmittelbar vor Beginn des jetzigen Arbeitsverhältnisses zurückgelegt worden. Dadurch hat sich das "anerkannte" Eintrittsdatum des Antragsgegners auf den 01. April 1965 verschoben. Indem das Amtsgericht dieses Datum seiner Berechnung des Ehezeitanteils zugrunde gelegt hat, sind Beschäftigungszeiten außerhalb der Ehezeit in die Bewertung der innerhalb der Ehezeit erworbenen Betriebsrentenanwartschaft mit eingegangen.
In die Berechnung des Ehezeitanteils nach § 1587a Abs. 2 Nr. 3 a BGB sind aber nur die tatsächlich in die Ehezeit fallenden Beschäftigungszeiten einzustellen; dies sind hier 194 Monate vom 01.05.1968 bis zum 30.06.1984. Damit ist zur Ermittlung des auf die Ehezeit entfallenden Jahreswertes der Versorgung bei einer Gesamtzeit von 522 Monaten bis zum Erreichen der Altersgrenze (01.10.1961 bis 31.10.1964 = 37 Monate, 01.05.1968 bis 30.09.2008 = 485 Monate) der Jahresbetrag der Versorgung von 11.880,00 DM mit dem Quotienten 194:522 zu multiplizieren; hierbei errechnet sich ein Betrag von 4.415,17 DM.
b) Dieser Ehezeitanteil ist nach § 1587a Abs. 4 BGB und den dazu ergangenen Vorschriften der Barwert VO umzurechnen, da der Wert der Anwartschaft nicht in gleicher Weise steigt wie die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder beamtenrechtliche Versorgungen. Die VW-Betriebsrentenanwartschaft ist nämlich im Leistungsbereich statisch. Die Anpassungsregelung in § 11 der Versorgungsordnung entspricht § 16 BetrAVG; hierin kann eine Dynamisierung, auch teilweise, nicht gesehen werden (BGH FamRZ 1985, 1235, 1236 [BGH 18.09.1985 - IVb ZB 15/85]; FamRZ 1987, 52, 56).
Die Anwartschaft ist, wie es das Amtsgericht getan hat, nach § 3 Abs. 1 und 2 BarwertVO i.V.m. Tabelle 4 umzurechnen, da sie entgegen der Auffassung des Antragsgegners als bis zum Leistungsbeginn volldynamisch anzusehen ist (vgl. Senatsbeschluß vom 05.10.1987 2 UF 76/87).
aa) Berechnungsgrundlagen für VW-Renten sind nach § 6 Abs. 1 der Versorgungsordnung die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das durchschnittliche regelmäßige Bruttoarbeitsentgelt in den letzten 12 Kalendermonaten vor Ausscheiden bzw. Erreichen der Altersgrenze. Durch die Kopplung der Rentenhöhe an das jeweils zuletzt bezogene Einkommen ist eine Steigerung der Versorgung im Anwartschaftsbereich gewährleistet, die derjenigen gesetzlicher Rentenanwartschaften vergleichbar ist. Wie die ... in ihrer Stellungnahme vom 3. Juni 1987, auf die zur näheren Darstellung, Bezug genommen wird, ausgeführt und mit Zahlen belegt hat, ist die Bemessungsgrundlage für die ...-Renten seit 1976/1977 sogar stärker angestiegen als die allgemeine Bemessungsgrundlage der gesetzlichen Rentenversicherung. Es kann erwartet werden, daß auch in Zukunft die Bruttoarbeitsentgelte beim Volkswagenwerk und damit auch die Betriebsrenten in ähnlicher Weise steigen. Die wirtschaftliche Lage der Automobilbranche und insbesondere des Volkswagenwerks ist derzeit gut; Anhaltspunkte für die Wahrscheinlichkeit negativer Entwicklungen sind nicht zu erkennen. Absolute Gewißheit künftiger Steigerungen oder die automatische Anbindung an die allgemeine Einkommensentwicklung ist für die Bejahung der Volldynamik nicht zu fordern (vgl. BGH FamRZ 1983, 40, 42).
Die Kopplung an das zuletzt bezogene Bruttoarbeitsentgelt läßt die VW-Rente auch nicht lediglich im Rahmen der individuellen Einkommensentwicklung steigen (so aber wohl für RWE OLG Hamm FamRZ 1985, 1054, 1055). Durch die tarifliche Absicherung der weitaus meisten Arbeitsentgelte ist deren Steigerung an die Entwicklung des Betriebes und des ...-Konzerns gebunden, darüber hinaus aber auch an die wirtschaftliche Lage der gesamten Automobilbranche, da die Haustarifverträge des Volkswagenwerks durch die übrigen Tarifschlüsse im Automobil- und Metallbereich wesentlich beeinflußt werden. Damit stellen sich die bisher eingetretenen und die künftig zu erwartenden Steigerungen der Betriebsrenten als Auswirkung einer überindividuellen Einkommensentwicklung dar, wie dies die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verlangt (BGH FamRZ 1987, 361, 362 m.w.N.).
bb) Die Anwartschaft auf eine VW-Rente ist auch nicht etwa trotz der vorstehenden Ausführungen deswegen als statisch zu bewerten, weil von einer Verfallbarkeit der grundsätzlich gegebenen Dynamik auszugehen wäre. Allerdings kann beim vorzeitigen Ausscheiden des ...-Mitarbeiters dessen Betriebsrentenanwartschaft nicht weiter anwachsen, weil nach § 8 Abs. 3 i.V.m. § 6 der Versorgungsordnung das Bruttoarbeitsentgelt in den letzten 12 Kalendermonaten des Arbeitsverhältnisses zugrunde gelegt wird, künftige Steigerungen der tariflichen Entgelte also außer Betracht bleiben, wie dies auch in § 2 Abs. 5 BetrAVG vorgesehen ist. Der Auffassung, das wegen des in solchen Fällen eintretenden Wegfalls der Steigerungsmöglichkeit des Rentenanrecht insgesamt als statisch angesehen werden müßte (OLG Celle FamRZ 1985, 297; OLG FamRZ 1985, 1054 f), vermag der Senat nicht zu folgen. Zwar sind nach § 1587a Abs. 2 Nr. 3 S. 3 BGB nur unverfallbare Anwartschaften auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen. Für die Frage der nach § 1587a Abs. 4 BGB vorzunehmenden Bewertung der Anwartschaft spielt jedoch die Unverfallbarkeit nicht unmittelbar eine Rolle (vgl. Glockner, Anm. zu BGH FamRZ 1987, 52 ff ZDF in FamRZ 1987, 576, 577 Ziff. 1.6.). Nach Auffassung des Senats ist eine unverfallbare Anwartschaft, die im Wert in gleicher Weise steigt wie die Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung oder beamtenrechtliche Versorgungsanwartschaften, auch dann als dynamische Anwartschaft zu bewerten, wenn die Steigerungsmöglichkeit durch Ausscheiden des Arbeitnehmers vor Erreichen der Altersgrenze beendet werden kann.
Dies steht nicht in Widerspruch zu der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
In der den Ausgleich von Anwartschaften aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes betreffenden Entscheidung (NJW 1982, 1989 [BGH 26.05.1982 - IVb ZB 718/81]) hat der Bundesgerichtshof bei der Unterscheidung zwischen Verfallbarkeit dem Grunde nach und Verfallbarkeit der Höhe nach u.a. darauf abgestellt, daß zwei verschiedene Rentenanwartschaften bestehen, die sich in Anspruchsvoraussetzungen und Leistungsart grundlegend voneinander unterscheiden (BGH a.a.O., S. 1992). Auch in der ZDF-Entscheidung (BGH FamRZ 1987, 52) waren zwei verschiedene Rentenanwartschaften zu bewerten, nämlich eine beitragsfreie und eine beitragspflichtige Versorgungsanwartschaft. Hingegen ist bislang nicht entschieden worden, daß zwischen Unverfallbarkeit nach Grund und Höhe auch dann unterschieden werden müsse, wenn wie hier eine einheitliche Versorgungsanwartschaft auszugleichen ist, bei der lediglich die künftige Steigerungsmöglichkeit nicht endgültig gesichert ist (vgl. in anderem Zusammenhang BGH FamRZ 1983, 40, 43 unter c).
Die Tendenz der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ging allerdings wohl in die gleiche Richtung wie ausdrücklich die oben zitierten Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm und Celle (anders jetzt OLG Celle, FamRZ 1987, 391, 392), nämlich eine Betriebsrentenanwartschaft nur insoweit als unverfallbar in den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen, als der Versorgungswert unabhängig von der künftigen Entwicklung dem Versorgungsberechtigten verbleibt (vgl. BGH NJW 1982, 1989, 1990 [BGH 26.05.1982 - IVb ZB 718/81]: "Wenn und soweit"). Seit Inkrafttreten der Änderungen im VAHRG zum 1.1.1987 besteht für eine solche Einschränkung kein Bedürfnis mehr (vgl. Glockner a.a.O., Ziff. 1.1 bis 1.3.). Die bisherige Rechtsprechung zur Unverfallbarkeit der Höhe nach wollte vermeiden, daß eine Versorgung ausgeglichen werden muß, die der Versorgungsberechtigte später möglicherweise nicht oder nicht in dieser Höhe erhält (vgl. BGH NJW 1982, 1989, 1994 [BGH 26.05.1982 - IVb ZB 718/81]). Eine Korrektur zugunsten des Anwartschaftsberechtigten wäre nach früherem Recht nicht möglich gewesen, während umgekehrt der "noch verfallbare Teil" nach Eintritt der Unverfallbarkeit auch der Höhe nach noch schuldrechtlich ausgeglichen werden konnte. Nunmehr ist in § 10a VAHRG eine Abänderungsmöglichkeit vorgesehen. Diese gilt gerade auch in Fällen, in denen sich herausstellt, daß durch vorzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb die Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung niedriger zu bewerten ist als bei der Vornahme des Versorgungsausgleichs angenommen (Hahne, Die Abänderung rechtskräftiger Versorgungsausgleichsentscheidungen gemäß § 10a VAHRG n.F., FamRZ 1987, 217ff, 226). Ein wesentlicher Grund für die restriktive Bewertung von an sich dynamischen Anwartschaften, bei denen die Dynamik aber durch vorzeitiges Ausscheiden aus dem Betrieb beendet werden kann, ist damit weggefallen. Die Möglichkeit der späteren Abänderung spricht vielmehr für die Bewertung der VW-Rentenanwartschaft als im Anwartschaftsbereich volldynamisch. Würde nämlich die Anwartschaft wegen Verfallbarkeit der Dynamik als statisch angesehen, so müßte eine spätere Abänderung nach § 10a VAHRG auf Antrag und unter den näheren Voraussetzungen des § 10a Abs. 2 VAHRG in jedem Fall durchgeführt werden, um die Wertsteigerung der Anwartschaft bis zum Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Betrieb oder bis zum Erreichen der Altersgrenze zu erfassen. Theoretisch könnte sogar mehrfach eine Neubewertung erforderlich werden, um bei einem noch dem Betrieb angehörenden Versorgungsberechtigten für die seit Ende der Ehezeit vergangene Zeit die jeweils bereits eingetretene Steigerung aufzufangen (Hahne a.a.O.; Glockner a.a.O.). Hingegen erweist sich die Bewertung der ...-Betriebsrentenanwartschaft als dynamisch in all den Fällen als zutreffend, in denen der Versorgungsberechtigte bis zum Erreichen der ggf. vorgezogenen Altersgrenze im ... beschäftigt bleibt und nach seinem altersbedingten Ausscheiden alsbald die VW-Rente bezieht. Lediglich in den Fällen vorzeitigen Ausscheidens, zu denen allerdings auch das Ausscheiden im Rahmen der Vorruhestandsregelung (...58er-Regelung") gehört, müßte wegen des Wegfalls der Dynamik ab Ausscheiden im Abänderungsverfahren eine Neubewertung der Anwartschaft vorgenommen werden.
Nach allem erscheint es dem Senat angezeigt, der Systematik der Vorschriften über den Versorgungsausgleich entsprechend für die Frage der Bewertung der einheitlichen ...-Altersversorgung die Verfallbarkeit der Dynamik außer acht zu lassen.
Die kürzlich veröffentlichte Entscheidung des OLG München (FamRZ 1987, 1053) gibt dem Senat keine Veranlassung, seine Auffassung zu ändern. Die dort zitierten, hier nicht angesprochenen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs betreffen öffentlich-rechtliche Zusatzversorgungen und sind daher nicht unmittelbar auf den vorliegenden Fall übertragbar.
cc) Damit ergibt sich folgende Berechnung:
Der Ehezeitanteil der VW-Rentenanwartschaft von 4.415,17 DM jährlich ist, da der Antragsgegner bei Ende der Ehezeit 40 Jahre alt war, mit dem Faktor 7,0 aus Tabelle 4 der Barwertverordnung zu multiplizieren hieraus errechnet sich ein Barwert von 30.906,19 DM. Dieser Barwert ist mit den Faktoren der Tabellen 5 und 2 der Bekanntmachung von Rechengrößen zum Versorgungsausgleich in Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen. Hierbei ergibt sich für den 30.06.1984 (Ende der Ehezeit) ein Betrag von 30.906,19 DM × 0,01678802 × 0,3180625 = 165, 028 DM als monatliche Rentenanwartschaft.
c) aa) Die Betriebsrentenanwartschaft des Antragsgegners ist zunächst nach § 3b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG durch die erweiterte Übertragung von Anwartschaften aus der gesetzlichen auszugleichen. Der Senat hält diese Ausgleichsform, die der ausgleichsberechtigten Antragstellerin eine gesicherte Versorgung verschafft und den Antragsgegner andererseits nicht über Gebühr belastet, mit dem Amtsgericht für angebracht. Allerdings ist der Höchstbetrag des § 3b Abs. 1 Nr. 1 S. 2 VAHRG zu beachten. Dieser beträgt für das Jahr 1984 2 % von 2.730,- DM = 54,60 DM. Die Ausgleichspflicht für die VW-Rentenanwartschaft beläuft sich demgegenüber auf 165,03 DM: 2 = 82,51 DM und übersteigt diesen Höchstbetrag. Das Amtsgericht hat daher zu Recht Rentenanwartschaften in Höhe von 54,60 DM vom Versicherungskonto des Antragsgegners auf das der Antragstellerin übertragen.
bb) Der Senat hält es jedoch nicht für gerechtfertigt, den übersteigenden Teil der Betriebsrentenanwartschaft des Antragsgegners nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG durch die Verpflichtung zur Entrichtung von Beiträgen auszugleichen. Vielmehr ist insoweit der Ausgleich nach § 2 VAHRG schuldrechtlich durchzuführen.
Die Versorgungsanwartschaft des Antragsgegners bei der Volkswagen AG ist, wie oben ausgeführt, nicht in ihrem gesamten Wert schon endgültig gesichert; vielmehr würde ein Ausscheiden des Antragsgegners aus dem Volkswagenwerks vor Erreichen der Altersgrenze von diesem Zeitpunkt an die Steigerungsmöglichkeit, die zur Bewertung des Anrechts als teildynamisch führt, entfallen lassen. Die Einzahlung von Beiträgen für diesen noch nicht endgültig feststehenden "dynamischen Teil" der Betriebsrentenanwartschaft belastet den Antragsgegner in unzumutbarer Weise; im Gegensatz zum Ausgleich durch erweitertes Splitting tritt hierdurch sofort eine spürbare Vermögenseinbuße ein, um einen der Höhe nach noch nicht sicher feststehenden Teil des Versorgungsanrechts auszugleichen. Auch der bei späterer Abänderung gemäß § 10a Abs. 8 VAHRG bestehende Anspruch auf Rückzahlung zuviel gezahlter Beiträge ändert an der Unzumutbarkeit des sofortigen Vermögensopfers für ein insoweit noch nicht gesichertes Anrecht nichts. Nach Auffassung des Senats kommt deswegen für eine unverfallbare Betriebsrentenanwartschaft, bei der die grundsätzlich gegebene Dynamik im Anwartschaftsbereich noch wegfallen kann, die Ausgleichsform durch Entrichtung von Beiträgen gemäß § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG nur für den endgültigen gesicherten Wert in Betracht, der sich für eine statische Anwartschaft zum Ende der Ehezeit errechnet (vgl. Glockner, FamRZ 1987, 576, 577 unter Ziff. 1.5.).
Dieser Wert ist im vorliegenden Fall durch das erweiterte Splitting bereits ausgeglichen. Denn bei einer Anwendung von § 2 Abs. 1 und 2 BarwertVO i.V.m. Tabelle 1 wäre der auf die Ehezeit entfallende Jahresbetrag der Betriebsrentenanwartschaft von 4.415, 17 DM mit dem Faktor 2,3 zu multiplizieren, was einen Barwert von 10.154,89 DM ergibt. Hieraus errechnet sich bei Umrechnung mit den o.g. Faktoren aus den Tabellen 2 und 5 der Rechengrößen zum Versorgungsausgleich ein Wert von monatlichen Rentenanwartschaften in Höhe von 54,22 DM. Die Hälfte hiervon in Höhe von 27,11 DM monatlichen Rentenanwartschaften wäre auszugleichen. Da dieser Betrag in dem durch erweitertes Splitting erfolgten Ausgleich von 54,60 DM monatlichen Rentenanwartschaften bereits enthalten ist, betrifft der vom Amtsgericht vorgenommene Ausgleich durch Entrichtung von Versicherungsbeiträgen ausschließlich einen noch nicht endgültig gesicherten Wertanteil, der auf der Dynamik der Versorgungsanwartschaft beruht. Insoweit ist aber der Ausgleich nach den vorstehenden Ausführungen dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten.
cc) Offenbleiben kann, ob in der Auskunft der Volkswagen AG die mögliche Kürzung nach § 7 Abs. 2 der VW-Versorgungsordnung richtig berechnet worden ist. Bei Hochrechnung der gesetzlichen Altersrente mit dem Vom-Hundertsatz des letzten Kalenderjahres vor Ende der Ehezeit würde sich eine Kürzung ergeben, weil ...-Rente und Altersrente zusammen den Höchstbetrag von 75% des maßgeblichen Bruttoarbeitsentgelts übersteigen. Bei Hochrechnung mit dem durchschnittlichen Vom-Hundertsatz der bis zum Ende der Ehezeit vom Antragsgegner zurückgelegten Versicherungszeit, wie sie in der Berechnung der ... vorgenommen worden ist, oder bei Verzicht auf eine Hochrechnung und Anwendung der "VBL-Methode" (vgl. OLG Celle, FamRZ 1985, 1052f; OLG Hamm FamRZ 1985, 1054) ergibt sich hingegen keine Kürzung der Betriebsrentenanwartschaft.
Diese Frage wirkt sich jedoch auf die Höhe des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nicht aus, da auch eine nach § 7 Abs. 2 der Versorgungsordnung gekürzte Betriebsrentenanwartschaft des Antragsgegners zu einer Ausgleichspflicht führen würde, die den Höchstbetrag für das erweiterte Splitting übersteigt. Somit kommt es auf die endgültige Höhe der Versorgungsanwartschaft unter Berücksichtigung der Kürzungsvorschrift nur für den ggf. durchzuführenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich an, über dessen Höhe hier nicht zu entscheiden ist.
3.) Da die Beschwerde keinen Erfolg hat, soweit sie sich gegen die Bewertung der ...-Rentenanwartschaft im Rahmen des erweiterten Splitting wendet, ist sie insoweit zurückzuweisen. Da anderseits der Antragsgegner das wesentliche Ziel der Beschwerde, den Wegfall der Beitragszahlungspflicht, erreicht, bleibt es bei der in § 93a ZPO vorgesehenen Kostenfolge.
Streitwertbeschluss:
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren richtet sich, da lediglich der Ausgleich der Betriebsrentenanwartschaft mit der Beschwerde angegriffen wird, nach dem Jahreswert des vom Amtsgericht insoweit angenommenen Ausgleichsbetrages (§ 17a Nr. 1 GKG); dieser beträgt 12 × 93,15 DM = 1.117,80 DM.
Gemäß § 621e Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 546 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO ist die weitere Beschwerde zuzulassen, da die für die Entscheidung erheblichen Rechtsfragen, ob eine grundsätzlich dynamische Betriebsrentenanwartschaft wegen Verfallbarkeit der Dynamik als statisch zu bewerten ist und ob bei Bewertung als dynamisch insoweit auch der Ausgleich nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 VAHRG in Betracht kommt, allgemeine Bedeutung haben und noch nicht höchstrichterlich geklärt sind.