Oberlandesgericht Braunschweig
Beschl. v. 11.08.2014, Az.: 1 Ws 205/14

Anhörung im Überprüfungsverfahren der Unterbringung durch den beauftragten oder ersuchten Richter; Keine automatische Beendigung der Maßregel bei verfassungswidrigem Überschreiten der Überprüfungsfristen

Bibliographie

Gericht
OLG Braunschweig
Datum
11.08.2014
Aktenzeichen
1 Ws 205/14
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 2014, 22411
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:OLGBS:2014:0811.1WS205.14.0A

Verfahrensgang

vorgehend
LG Göttingen - 16.05.2014

Amtlicher Leitsatz

1. Die Zurückweisung des Antrags auf Unterbrechung der Vollstreckung nach § 458 Abs. 3 StPO ist für den Verurteilten wegen des im Vollstreckungsverfahren geltenden Enumerationsprinzips nicht anfechtbar.

2. Vor der Entscheidung der großen Strafvollstreckungskammer über die Fortdauer einer Unterbringung kann die nach § 454 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 463 Abs. 3 S. 1 StPO vorgeschriebene mündliche Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter durchgeführt werden, wenn dies ausreichend ist, um eine zuverlässige Tatsachengrundlage für die Entscheidung zu schaffen. Dies kann nur für den Einzelfall unter Berücksichtigung der für die individuelle Entscheidung bedeutsamen Umstände beurteilt werden.

3. Das Beschwerdegericht hat die angefochtene Entscheidung nicht lediglich auf Ermessens- und Rechtsfehler zu überprüfen, sondern eine eigene Sachprüfung vorzunehmen und dabei auch selbst zu entscheiden, ob die Tatsachenbasis wegen einer lediglich durch den beauftragten Richter durchgeführten Anhörung für die Entscheidung unzureichend ist. Aus welchen Gründen die Strafvollstreckungskammer die Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter für ausreichend erachtet hat ist für diese Beurteilung unerheblich und muss daher nicht dokumentiert werden.

4. Die (verfassungswidrige) Überschreitung von Prüffristen bei der Fortdauerentscheidung führt bei weiterem Überwiegen des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht zur Entlassung des Verurteilten aus der Unterbringung.

Tenor:

Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss der 51. großen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Göttingen vom 16. Mai 2014 wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen, soweit sie die abgelehnte Unterbrechung der Vollstreckung der Maßregel betrifft.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

Es wird festgestellt, dass sich der - beim Senat angebrachte - Antrag vom 15. Juli 2014 auf Unterbrechung der Vollstreckung der Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung durch den vorliegenden Beschluss erledigt hat.

Gründe

Das gegen den Beschluss der 51. großen Strafvollstreckungskammer vom 16.05.2014 (Bl. 484 ff. Bd. III d. VH) eingelegte und mit Schriftsätzen vom 17.06.2014 (Bl. 514 ff. Bd. III d. VH), 15.07.2014 (Bl. 526 ff. Bd. III d. VH) und 01.08.2014 (537 ff. Bd. III d. VH) begründete Rechtsmittel des Verurteilten (Bl. 502 Bd. III d. VH) ist entsprechend den Anträgen in den Stellungnahmen der Generalstaatsanwaltschaft vom 25.06.2014 (Bl. 505 f. Bd. III d. VH) und 21.07.2014 (Bl. 533 ff. Bd. III d. VH) hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Unterbrechung der Vollstreckung der Maßregel als unzulässig, im Übrigen als unbegründet zurückzuweisen.

Der im Schriftsatz vom 15.07.2014 an den Senat gerichtete Antrag auf Unterbrechung der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung (Bl. 530 Bd. III d. VH) hat sich damit erledigt.

I.

Soweit das Rechtsmittel des Verurteilten die Zurückweisung des Antrags auf sofortige Unterbrechung der Vollstreckung der Maßregel betrifft, ist es unzulässig. Diese Entscheidung ist wegen des im Straf- und Maßregelvollstreckungsverfahren geltenden Enumerationsprinzips für den Verurteilten nicht anfechtbar (vgl. OLG Braunschweig, Beschluss vom 28.05.2014, 1 Ws 153/14, unveröffentlicht; Karlsruher Kommentar/Appel, StPO, 7. Aufl., Rn. 22 zu § 458).

II.

Die im Übrigen gemäß §§ 463 Abs. 3 S. 1, 454 Abs. 3 S. 1, 462 Abs. 3 S. 1 StPO statthafte und auch sonst zulässige sofortige Beschwerde ist aus den Gründen der ausführlich begründeten angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat auch wegen des Sachverhalts umfänglich Bezug nimmt, unbegründet.

Vor dem Hintergrund der im angefochtenen Beschluss dargelegten und die hohe Gefahr der erneuten Begehung schwerer Straftaten belegenden strafrechtlichen Vergangenheit des Verurteilten, die von außerhalb seiner Haft- und Unterbringungszeiten gewohnheitsmäßig begangenen schweren Straftaten - darunter neben dem der Unterbringung zugrunde liegendem Tötungsdelikt erhebliche Sexualstraftaten zum Nachteil von Kindern - geprägt ist, des sachverständig festgestellten Fortbestehens der straftatursächlichen dissozialen Persönlichkeitsstörung und der erst seit kurzem gelockerten, davor aber konsequenten Weigerungshaltung des Verurteilten in Bezug auf die für die Bearbeitung der straftatursächlichen Verhaltensweisen gemachten Behandlungsangebote, ist die Strafvollstreckungskammer insbesondere zu Recht davon ausgegangen, dass dem Verurteilten eine für eine Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung ausreichend günstige Kriminalprognose nicht gestellt werden kann.

Die in den Beschwerdebegründungen erhobenen Einwände des Verurteilten gegen die Anordnung der Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung und die Ablehnung des auf eine Unzulässigkeit der weiteren Vollstreckung gerichteten Antrags auf gerichtliche Entscheidung greifen nicht durch.

1. Die Verfahrensweise der großen Strafvollstreckungskammer, die nach §§ 463 Abs. 3 S. 1, 454 Abs. 1 S. 3 StPO vorgeschriebene mündliche Anhörung des Verurteilten durch den Vorsitzenden als beauftragten Richter durchführen zu lassen, begegnet im vorliegenden Fall keinen rechtlichen Bedenken.

a) Es ist höchstrichterlich geklärt und entspricht auch der bisherigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluss vom 08.07.2014, 1 Ws 170/14, juris, Rn. 8), dass § 454 Abs. 1 S. 3 StPO keine Anhörung des Verurteilten in der für die Entscheidung vorgesehenen Besetzung vorschreibt. Insbesondere kann - da das Vollstreckungsverfahren nicht von der Formenstrenge des Erkenntnisverfahrens beherrscht wird - aus dem Fehlen einer Vorschrift über die Zulässigkeit einer Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter nicht geschlossen werden, dass der gesamte Spruchkörper die Anhörung vornehmen muss. Vielmehr genügt eine Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter jedenfalls in "besonderen Fällen" dem Gesetz (BGH, Beschluss vom 13.09.1978, StB 187/78, juris, Rn.7), wobei der BGH ausdrücklich offen gelassen, hat, ob die Anhörung durch einen beauftragten Richter schon immer dann zulässig ist, wenn dieser als Mitglied des Gerichts an dem Beschluss mitwirkt (aaO. Rn. 6). Auch verfassungsrechtlich bestehen gegen die Zulassung einer Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter, je nachdem, ob dem persönlichen Eindruck des Gerichts besondere Bedeutung zukommt, und nach Bedeutung der Sache und Schwierigkeit der Entscheidung keine Bedenken (BVerfG, Beschluss vom 03.06.1992, 2 BvR 1041/88 und 78/89, juris, Rn. 162).

Da die Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter somit weder von Verfassungs noch von Gesetzes wegen ausgeschlossen ist, kann es nach Auffassung des Senats für die Frage, ob eine solche Art der Anhörung im Einzelfall zulässig ist, nur darauf ankommen, ob dem vom Gesetzgeber beabsichtigten Zweck der mündlichen Anhörung auf diese Weise ausreichend genüge getan wird. Die mündliche Anhörung ist kein Selbstzweck, sondern dient - neben der Gewährung rechtlichen Gehörs - der sachgerechten Vorbereitung der zu treffenden Entscheidung, indem sie die Möglichkeit des Spruchkörpers, eine Entscheidung auf einer umfassenden Tatsachengrundlage zu treffen, verbessert. Dies geschieht einerseits dadurch, dass dem Verurteilten die Äußerung zum Gegenstand der Entscheidung gegenüber einer bloßen schriftlichen Erklärungsmöglichkeit erleichtert wird (dieser Aspekt berührt auch die Gewährung effektiven rechtlichen Gehörs und ist auch bei einer mündlichen Anhörung durch den beauftragten Richter gewährleistet) und so dessen Vorbringen besser erfasst werden kann und andererseits dadurch, dass sich der Spruchkörper einen persönlichen Eindruck vom Verurteilten verschaffen und diesen bei der Entscheidung berücksichtigen kann. Die Zulässigkeit einer mündlichen Anhörung durch den beauftragten Richter hängt mithin davon ab, ob diese ausreichend ist, um eine zuverlässige Tatsachengrundlage für die Entscheidung zu schaffen.

Dies kann nach Auffassung des Senats nur für den Einzelfall unter Berücksichtigung der für die individuelle Entscheidung bedeutsamen Umstände beurteilt werden und ist regelmäßig umso eher der Fall, je weniger die Entscheidung von dem persönlichen Eindruck - der eingeschränkt auch vom beauftragten Richter an die übrigen Mitglieder des Spruchkörpers vermittelt werden kann - abhängt. Soweit obergerichtliche Entscheidungen darüber hinausgehend eine Anhörung durch den gesamten Spruchkörper in bestimmten Konstellationen unabhängig davon ausnahmslos für erforderlich halten, welchen Einfluss der persönliche Eindruck im Einzelfall auf die zu treffende Entscheidung haben kann (vgl. OLG Nürnberg, Beschluss vom 31.01.2013, 2 Ws 17/13, juris Rn. 21 für den Fall, dass der Verurteilte in der Vergangenheit von dem Spruchkörper in seiner aktuellen Besetzung noch nicht angehört wurde; OLG Frankfurt, Beschluss vom 03.11.2009, 3 Ws 868/09, juris, Rn. 6 - 13 in den dort genannten Fällen), folgt der Senat dieser restriktiveren Rechtsprechung nicht. Dem Gesetz lässt sich eine vom Zweck der Anhörung losgelöste Einschränkung der Möglichkeit, den Verurteilten durch den beauftragten oder ersuchten Richter anzuhören, nicht entnehmen. Zudem nähme eine entsprechende Auslegung des § 454 Abs. 1 S. 3 StPO den großen Strafvollstreckungskammern in den Fällen, in dem dem persönlichen Eindruck nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt, hinsichtlich der Durchführung der Anhörungstermine Flexibilität, ohne dass dem ein ersichtlicher Nutzen gegenüber stünde.

b) Die Verfahrensweise der Strafvollstreckungskammer genügte hier den dargestellten Anforderungen.

aa) Dass die Strafvollstreckungskammer in dem Beschluss betreffend die Beauftragung des Vorsitzenden mit der Anhörung (Bl. 376 Bd. III d. A.) die diesbezüglichen Ermessenserwägungen nicht mitgeteilt hat, ist unerheblich. Da die Strafvollstreckungskammer nicht gehindert (sondern sogar verpflichtet) ist, auch noch nach der Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter eine Anhörung durch den Spruchkörper durchzuführen, wenn sich dies als geboten erweist, könnte es ohnehin nur auf Ermessensfehler bei der Beurteilung der Erforderlichkeit einer Kammeranhörung zum Zeitpunkt der Endentscheidung ankommen. Das Beschwerdegericht hat jedoch die angefochtene Entscheidung nicht lediglich auf Ermessens- und sonstige Rechtsfehler zu überprüfen, sondern eine eigene Sachprüfung vorzunehmen (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 57. Auflage, § 309 Rn. 3 f.). Dabei hat es selbst zu entscheiden, ob die bisherige Tatsachengrundlage für die Sachentscheidung ausreichend ist und ggf. weitere Ermittlungen selbst vorzunehmen oder die Sache in Ausnahmefällen an die vorherige Instanz zurückzuverweisen (Meyer-Goßner/Schmitt, aaO. Rn. 3, 7 f.). Hierzu gehört auch die Beurteilung der Frage, ob die Tatsachenbasis wegen einer lediglich durch den beauftragen Richter durchgeführten Anhörung aus Sicht des Beschwerdegerichts unzureichend ist. Ist dies der Fall, muss die bislang unzureichende Sachaufklärung nachgeholt werden, andernfalls kann die Sache abschließend durch das Beschwerdegericht entschieden werden. Darauf, aus welchen Gründen die Strafvollstreckungskammer die Anhörung durch den beauftragten oder ersuchten Richter für ausreichend erachtet hat, kommt es in beiden Fällen nicht an.

bb) Die erfolgte Anhörung durch den beauftragten Richter war vorliegend ausreichend, um die Fortdauerentscheidung auf einer zuverlässigen Sachverhaltsgrundlage treffen zu können.

Maßgeblich für die Nichtaussetzung der Unterbringung des Verurteilten zur Bewährung ist hier die Einschätzung, dass von dem Verurteilten weiterhin schwere Gewalttaten drohen. Diese Prognose gründet sich auf der gutachterlich gestellten Diagnose einer straftatursächlichen dissozialen Persönlichkeitsstörung sowie einer Polytoxikomanie und des Verhaltens des Verurteilten im Vollzug, insbesondere seiner nur unzureichenden Wahrnehmung der ihm gemachten Behandlungsangebote. Diese prognoserelevanten Tatsachen hat der Verurteilte weder in der Anhörung (vgl. den Anhörungsvermerk vom 05.05.2014, Bl. 464 ff. Bd. III d. VH) noch mit der Beschwerde in Abrede gestellt, sondern die diese Erkenntnisse zusammenfassende Stellungnahme der JVA Rosdorf für "in Ordnung" befunden und erklärt, zukünftig wieder an den zuletzt im Behandlungsgutachten des forensischen Sachverständigen ... vom 04.09.2013 vorgeschlagenen und seitens der Vollzugseinrichtung angebotenen Einzelgesprächen und der Alkoholgruppe teilnehmen zu wollen. Bei dieser Sachlage erscheint es ausgeschlossen, dass sich durch die zusätzliche Gewinnung eines unmittelbaren persönlichen Eindrucks vom Verurteilten seitens der zwei weiteren an dem angefochtenem Beschluss beteiligten Richter Erkenntnisse hätten ergeben können, die geeignet gewesen wären, die hier nach dem derzeitigem Stand der Behandlung der straftatursächlichen Problematik eindeutige Entscheidung zu beeinflussen. Auch die Beschwerde - die allein auf formelle Gesichtspunkte abstellt - zeigt nicht auf, dass die von der Strafvollstreckungskammer getroffene Prognoseentscheidung unzutreffend sein könnte.

Im Übrigen waren durch die Strafvollstreckungskammer nur noch Fragen - insbesondere die rechtlichen Auswirkungen der Überschreitung von Prüffristen - zu klären, für die der persönliche Eindruck vom Verurteilten ebenfalls keine Bedeutung hat.

cc) Soweit in der ergänzenden Beschwerdebegründung vom 01.08.2014 darauf abgestellt wird, dass es nicht nur um den persönlichen Eindruck des Untergebrachten, sondern auch um die Aktualisierung des Kenntnisstands und "den persönlichen Eindruck" vom Vertreter der JVA in der mündlichen Verhandlung gehe und dass im Hinblick auf die Mitteilung der Erläuterungen des Vertreters der JVA durch den beauftragten Richter gegenüber den anderen Richtern der Strafvollstreckungskammer "Flüsterpost" und "Informationsverstümmelung" nicht "gehe", lässt dies zum einen außer acht, dass der Vorsitzende der großen Strafvollstreckungskammer einen ausführlichen Anhörungsvermerk gefertigt hat und zeigt zum anderen auch nicht auf, dass hier entscheidungsrelevante Informationen, die sich aus der Anhörung (an der neben dem Verurteilten auch der Verteidiger teilgenommen hat) ergeben haben, nicht oder verfälscht bei der Beschlussfassung berücksichtigt worden sind. Welche Bedeutung ein "persönlicher Eindruck" vom Vertreter der Vollzugseinrichtung, dessen Teilnahme bei der mündlichen Anhörung des Verurteilten das Gesetz nicht vorschreibt, hier haben sollte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.

dd) Nicht nachvollziehbar ist schließlich die Auffassung, die Anhörung des Verurteilten durch den beauftragten Richter hebele § 24 StPO aus, da die zwei nicht an der Anhörung, jedoch an der Entscheidung mitwirkenden Richter für den Verurteilten bis zur Beschlussfassung "quasi unsichtbar" seien und von diesen keine Maßnahmen existierten, die angegriffen werden könnten. Der Betroffene trete diesen Richtern nie gegenüber, müsse sich dann aber einer entsprechenden Entscheidung fügen, weshalb der Verurteilte zukünftig dazu "gezwungen" sei, die gesamte Kammer wegen Besorgnis der Befangenheit ab dem Zeitpunkt abzulehnen, zu dem die Angelegenheit auf einen Richter übertragen werde, wodurch es zu Verfahrensverzögerungen käme.

Dem liegt offenbar das Verständnis zugrunde, die mündliche Anhörung habe (auch) den Zweck, dem Verurteilten einen persönlichen Eindruck von den Richtern zu verschaffen, damit er entscheiden könne, ob er diese aufgrund seines persönlichen Eindrucks ablehnen wolle. Ein derartiges Recht auf Verschaffung eines persönlichen Eindrucks durch Verfahrensbeteiligte von den zur Entscheidung berufenen Richtern findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung oder - soweit ersichtlich - der Literatur eine Stütze und besteht nach Auffassung des Senats nicht. Andernfalls wäre auch nicht verständlich, warum das Gesetz gerade für die nicht minder für den Verurteilten bedeutsamen, in der Regel unanfechtbaren (§ 310 Abs. 2 StPO) Beschwerdeentscheidungen ein lediglich schriftliches Verfahren vorsieht (§ 309 Abs. 1 StPO).

Schließlich käme es auch nicht zu den befürchteten unnötigen Verfahrensverzögerungen durch vorsorgliche Ablehnungsgesuche, da auf derartig unhaltbare Erwägungen gestützte Befangenheitsanträge nach § 26a StPO durch den Spruchkörper selbst als unzulässig zurückzuweisen wären.

2. Soweit die Beschwerdebegründung rügt, dass die Strafvollstreckungskammer im Rahmen der Prüfung des § 67 d Abs. 2 S. 2 1. Hs. StGB verkannt habe, dass sie wegen ihrer eigenen Untätigkeit noch keine Frist nach § 67 d Abs. 2 S. 2 2. Hs. StGB habe setzten können, kann dies schon deshalb nicht durchgreifen, weil dem Verurteilten durchgängig geeignete Behandlungsangebote gemacht worden sind, die dieser nur unzureichend wahrgenommen hat. Demzufolge hat die Strafvollstreckungskammer das geprüfte Erfordernis einer Fristsetzung nach § 67 d Abs. 2 S. 2 2. Hs. in der angefochtenen Entscheidung zutreffend abgelehnt.

3. Soweit die Beschwerde ausführt, die Strafvollstreckungskammer habe bei der Prüfung der Konsequenzen der im Vorfeld der Fortdauerentscheidung und auch früherer Entscheidungen vorgekommenen Fristüberschreitungen die "verschärfte Linie" der Rechtsprechung des BVerfG seit dem 04.05.2011 und die Rechtsprechung des EGMR verkannt, ergibt sich weder aus der neueren Rechtsprechung des BVerfG, noch aus Entscheidungen des EGMR, dass die verfassungswidrige Überschreitung von Prüffristen automatisch zu einer Beendigung der Maßregel führen müsse. Der EGMR hat vielmehr in der auch vom Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 15.07.2014 (Bl. 526 ff. Bd. III d. A.) angeführten Entscheidung vom 19.09.2013 (Az: 17167/11, veröffentlicht in juris) hinsichtlich einer willkürlichen Fristüberschreitung bei einer Fortdauerentscheidung lediglich für den Zeitraum zwischen dem Ablauf der Prüffrist und dem Erlass der Fortdauerentscheidung eine Konventionswidrigkeit festgestellt (EGMR, aaO., Rn. 90 f.).

Es besteht somit kein Anlass, von der bisherigen im angefochtenen Beschluss ausführlich dargelegten Rechtsprechung, wonach eine verfassungswidrige Fristüberschreitung bei weiterem Überwiegen des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit nicht zu einer Entlassung des Verurteilten führt, abzuweichen.

Angesichts der weiterhin vom Verurteilten ausgehenden Gefahr schwerer Gewaltverbrechen treten die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit auch im Lichte der erheblichen Fristüberschreitungen gegenüber dem Freiheitsinteresse des Verurteilten nicht zurück, so dass auch der im Rahmen der Aussetzungsprüfung zu beachtende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hier keine Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung gebietet oder die weitere Vollstreckung der Maßregel unzulässig ist.

III.

Mit der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde (s. II.) ist der der im Schriftsatz vom 15.07.2014 an den Senat gerichtete Antrag gemäß § 458 Abs. 3 StPO auf vorläufige Unterbrechung der Vollstreckung der Sicherungsverwahrung (Bl. 530 Bd. III d. VH) gegenstandslos.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 S. 1 StPO.

V.

Der Senat hat keinen Anlass - wie im Schriftsatz vom 10.08.2014 beantragt -, das Verfahren gemäß § 121 Abs. 2 Nr. 3 GVG dem Bundesgerichtshof vorzulegen. Der Senat ist nicht in einer entscheidungserheblichen (vgl. Franke in Löwe/Rosenberg, StPO, § 121 GVG Rn. 58) Frage von einer nach dem 01.01.2010 ergangenen obergerichtlichen Entscheidung abgewichen. Soweit dem Senat die Sicherungsverwahrung betreffende nach dem 01.01.2010 ergangene Entscheidungen der Oberlandesgerichte bekannt geworden sind, haben diese die Anhörung des Verurteilten durch den beauftragten Richter dann für zulässig gehalten, wenn dem persönlichen Eindruck vom Betroffenen eine nur untergeordnete Bedeutung zukommt bzw. es auf diesen nicht ankommt (OLG Sachsen-Anhalt, Beschlüsse vom 15.01.2010, 1 Ws 9/10 und 812/09 jeweils Rn. 11 f.; OLG München, Beschluss vom 06.03.2013, 1 Ws 99/13 und 1 Ws 100/13 Rn. 19). Ein solcher Fall liegt hier aus den dargelegten Gründen nach Auffassung des Senats - dies zu beurteilen ist eine Tatfrage - vor. Auch soweit das OLG München (aaO., Rn. 19) entschieden hat, dass dem Beschwerdegericht die Gründe, die die Ermessensentscheidung der Strafvollstreckungskammer hinsichtlich der Anhörung durch den beauftragten Richter tragen, erkennbar sein müssen, ist der Senat von dieser Auffassung nicht in entscheidungserheblicher Weise abgewichen. Auch das OLG München verlangt nicht, dass die Gründe der Ermessenentscheidung schriftlich niedergelegt werden und hat letztlich darauf abgestellt, ob ersichtlich ist, dass Gründe für die Übertragung der Sache auf den beauftragten Richter gegeben sind. Auch dies war hier aus den dargelegten Gründen der Fall.