Arbeitsgericht Verden
Beschl. v. 19.03.1986, Az.: 1 BV 13/85

Antragsbefugnis in einem Beschlussverfahren bezüglich der Feststellung der Rechtsunwirksamkeit von Teilen einer Betriebsvereinbarung über die Einführung der 38,5-Stunden-Woche; Tarifvertraglich geregelte Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen als Gegenstände einer Betriebsvereinbarung; Gewährleistung des Vorrangs der Tarifautonomie; Antragsbefugnis einer tarifvertragsschließenden Gewerkschaft

Bibliographie

Gericht
ArbG Verden
Datum
19.03.1986
Aktenzeichen
1 BV 13/85
Entscheidungsform
Beschluss
Referenz
WKRS 1986, 20027
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:ARBGVER:1986:0319.1BV13.85.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LAG Niedersachsen - 04.03.1987 - AZ: 5 Ta BV 24/86

In dem Beschlußverfahren
hat das Arbeitsgericht Verden/Aller
auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 1986
durch
den Direktor des Arbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Anträge werden abgewiesen.

Gründe

1

Mit dem vorliegenden Beschlußverfahren begehrt die Antragstellerin die Feststellung der Rechtsunwirksamkeit von Teilen einer Betriebsvereinbarung, die die Antragsgegnerin mit ihrem Betriebsrat, dem Beteiligten zu 3), anläßlich der Einführung der 38,5-Stunden-Woche abgeschlossen hat.

2

Ab 01.04.1985 gelten im Betrieb der Antragsgegnerin, die tarifgebunden ist, der Manteltarifvertrag Teil 2 für gewerbliche Arbeitnehmer in der Metallindustrie im Unterwesergebiet vom 17.07.1984 (MTV Arbeiter) und der Manteltarifvertrag Teil 2 für Angestellte in der Metallindustrie im Unterwesergebiet vom 17.07.1984 (KTV Angestellte), wonach die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit auf 38,5 Stunden festgelegt wurde.

3

Im § 2 MTV Arbeiter heißt es auszugsweise:

"1.2
Die Arbeitszeit im Betrieb wird im Rahmen des Volumens, das sich aus der für den Betrieb festgelegten wöchentlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden im Durchschnitt aller Vollzeitbeschäftigten ergibt, durch Betriebsvereinbarung geregelt. Dabei können für Teile des Betriebes, für einzelne Arbeitnehmer oder für Gruppen von Arbeitnehmern unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten festgelegt werden.

1.8
Die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit kann gleichmäßig oder ungleichmäßig auf fünf Werktage in der Woche verteilt werden. Eine davon abweichende Verteilung kann nach Maßgabe der betrieblichen Erfordernisse mit dem Betriebsrat vereinbart werden.

1.9
Die wöchentliche Arbeitszeit muß im Durchschnitt von zwei Monaten erreicht werden.

8.
Auslastung der betrieblichen Anlagen Aus Anlaß der Neufestlegung der Arbeitszeit wird die Auslastung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen nicht vermindert. Bei einer Differenz zwischen Betriebsmittelnutzungszeit und der Arbeitszeit für die einzelnen Arbeitnehmer kann der Zeitausgleich auch in Form von freien Tagen erfolgen. Dabei muß zur Vermeidung von Störungen im Betriebsablauf eine möglichst gleichmäßige Anwesenheit der Arbeitnehmer gewährleistet sein. Bei der Festlegung der freien Tage sind die Wünsche der Arbeitnehmer zu berücksichtigen."

4

Gleiche Regelungen trifft der genannte MTV Angestellte.

5

Die Antragsgegnerin schloß am 29.03.1985 mit dem Beteiligten zu 3) die Betriebsvereinbarung 1/1985 über die Arbeitszeitregelung ab 1. April 1985 (Bl. 20 d.A.), in der es unter den Ziffern 1 und 2 heißt:

"1.
Ab 01.04.1985 beträgt die individuelle regelmäßige Arbeitszeit der vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer 38,5 Stunden.

2.
Zur bestmöglichen Nutzung der betrieblichen Anlagen und Einrichtungen beträgt die Wochenarbeitszeit für vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer weiterhin 40 Stunden. Je tatsächlich geleistetem Arbeitstag entsteht dann ein Freizeitanspruch von 0,3 Stunden.

Dieses angesammelte Zeitguthaben soll grundsätzlich innerhalb von 2 Monaten durch unbezahlte Freizeit ausgeglichen werden. Diese Freizeit kann nur unter Wahrung der Belange des Betriebes sowie der Interessen der Mitarbeiter gewährt und genommen werden.

Sollten die betrieblichen Belange einen solchen Ausgleich nicht zulassen, so erfolgt für das aufgelaufene Stundenvolumen eine Bezahlung der Mehrarbeitszuschläge."

6

Die Antragstellerin ist der Auffassung, diese Betriebsvereinbarung verstoße in zwei Punkten gegen die im Betrieb geltenden Tarifverträge.

7

Sie trägt vor:

8

Eine Antragsbefugnis der Antragstellerin sei gegeben. Sie sei als tarifvertragsschließende Gewerkschaft dazu befugt, die Rechtsunwirksamkeit von Betriebsvereinbarungen oder Teilen davon wegen Tarifwidrigkeit feststellen zu lassen. Diese Antragsberechtigung sei deshalb gegeben, weil eine Aushöhlung der Tarifautonomie von Gewerkschaften eben nicht nur bei Verstößen gegen § 77 Abs. 3 BetrVG vorliegen könne, sondern - wie der vorliegende Fall zeige - auch bei rechtswidriger vermeintlicher "Anwendung" von Tarifverträgen erfolge.

9

Der Antrag sei auch begründet, denn die Rechtswidrigkeit der im Antrag genannten Regelung ergäbe sich aus folgendem:

10

Die Betriebsvereinbarung sei rechtswidrig, insoweit sie als Basis für die Berechnung der zu gewährenden unbezahlten freien Tage nicht alle Arbeitstage einschließlich Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage sowie sonstiger Abwesenheitstage zugrunde lege.

11

Im Gegensatz zu den genannten tarifvertraglichen Bestimmungen werde in der Betriebsvereinbarung zwar die 38,5-Stunden-Woche für alle Arbeitnehmer vereinbart und gleichzeitig eine Betriebsmittelnutzungszeit von 40 Stunden wöchentlich festgelegt, die 18 Minuten Differenz pro Tag (umgerechnet von der Differenz zwischen 40 und 38,5-Stunden-Woche) solle dann zusammengerechnet werden und einen Anspruch auf einen unbezahlten freien Tag begründen; diese 18 Minuten pro Tag entstünden aber nach der Betriebsvereinbarung nur an den Tagen, an denen der Arbeitnehmer tatsächlich in dem Betrieb anwesend sei.

12

Nach den beiden MTV entstehe bei der Beibehaltung des 8-Stunden-Tages und einer individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit (IRWAZ) von 38,5 Stunden ein Zeitguthaben von 18 Minuten für jeden Tag, an dem die Arbeit zu leisten sei. Weiterhin entstehe dieses Zeitguthaben von 18 Minuten auch für jeden Tag, an dem die Arbeitsleistung wegen gesetzlicher Regelungen fingiert werde, nämlich für Krankheits-, Urlaubs-, Feiertage oder sonstige Abwesenheitstage (natürlich nicht Tage unentschuldigten Fehlens oder unbezahlten Urlaubs). Komme ein Arbeitnehmer an Krankheits-, Urlaubs- oder Feiertagen nicht zur Arbeit, so werde nach dem Ausfallprinzip danach gesehen, wie lange er an dem konkreten Tag gearbeitet hätte, wäre die Arbeitsleistung nicht wegen des Feiertages oder des Urlaubs ausgefallen. Die Zeit, in der der Arbeitnehmer bei vereinbarter 40-Stunden-Woche tätig gewesen wäre, wäre pro Tag 8 Stunden. Die Differenz von 7,7 zu 8 Stunden, also die 18 Minuten, fielen somit als Zeitgutschrift für das Zustandekommen der unbezahlten freien Tage an.

13

Die Ausrechnung von Zeitguthaben dürfe also nicht - wie in der Betriebsvereinbarung geschehen - unter Abzug z.B. der Urlaubs-, Feiertage und Krankheitstage erfolgen. Durch die Herausnahme dieser Abwesenheitstage aus der Ermittlung des Zeitguthabens dergestalt, daß für diese Tage nur 7,7 Stunden Arbeitszeit zugrundegelegt werden, verstoße die Betriebsvereinbarung im beantragten Umfang gegen die beiden MTV.

14

Hinsichtlich der Vergütung für Urlaub und Krankheit gelte im Tarifgebiet das Referenzprinzip, wonach die Vergütung für Ausfalltage nach dem in der letzten Zeit erzielten Durchschnittsverdienst berechnet werde. Die Bezahlung nach dem Referenzprinzip ändere aber nichts daran, daß bei 40-Stunden-Arbeitswoche und IRWAZ von 38,5 Stunden an Arbeits- wie Ausfalltagen ein Zeitausgleichsvolumen von 0,3 Stunden pro Tag entstehe. Der Tarifvertrag ermögliche es, 40 Stunden bei Zeitausgleich zu vereinbaren, hingegen ermögliche er es nicht, 40 Stunden bei tatsächlicher Arbeitsleistung und ansonsten 7,7 Stunden/Tag an Ausfalltagen zu vereinbaren.

15

Auch der zweite Antrag sei begründet. In der Betriebsvereinbarung sei tarifwidrig geregelt, daß in dem Fall, daß die betrieblichen Belange einen Ausgleich durch unbezahlte Freizeit nicht zulassen, für das aufgelaufene Stundenvolumen des Mitarbeiters eine Bezahlung der Mehrarbeitszuschläge erfolge. Die Regulierung des Zeitausgleiches durch freie Tage entspreche dem Tarifvertrag. Würden sich aber - wie hier - die Betriebsparteien dazu entscheiden, so sei es tarifwidrig, wenn die dem Arbeitnehmer zustehenden freien Tage nicht in Natura genommen werden müßten, sondern als zusätzliche Arbeitszeit einschließlich der 25 % Mehrarbeitszuschläge bezahlt würden. Dieser Abkauf der freien Tage sei nach dem Tarifvertrag unzulässig.

16

Die Antragstellerin beantragt,

festzustellen, daß die "Betriebsvereinbarung 1/1985 über die Arbeitszeitregelung ab 01.04.1985" vom 29.03.1985 rechtsunwirksam ist, soweit

  1. 1.

    als Basis für die Berechnung der zu gewährenden unbezahlten freien Tage nicht jeder Arbeitstag incl. Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage sowie sonstige Abwesenheitstage zugrunde gelegt wird, sondern nur die Tage gelten, an denen der Arbeitnehmer tatsächlich im Betrieb anwesend ist,

  2. 2.

    soweit die Möglichkeit vereinbart ist, statt der zu gewährenden freien Tage diese durch Bezahlung incl. Mehrarbeitszuschläge abzugelten.

17

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Anträge abzuweisen.

18

Sie trägt vor:

19

Der Antrag sei unzulässig, die Antragstellerin sei nicht antragsbefugt.

20

Antragsbefugt im Beschlußverfahren sei nur derjenige, der behaupte, daß ihm eines der in § 2 a ArbGG aufgeführten Rechte zustehe, d.h. also ein Recht in einer Angelegenheit aus dem BetrVG. Ein eigenes Recht der behaupteten Art stehe der Antragstellerin nach dem BetrVG jedoch nicht zu.

21

Die Tarifvertragsparteien hätten gemäß § 2 Ziffer 1.2 der beiden MTV den Betriebsparteien die Regelungsbefugnis für betriebliche Arbeitszeitregelungen eingeräumt. Ohne diese tariflichen Öffnungsklauseln wären die Betriebsparteien wegen der Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG von der Regelung der Arbeitszeit ausgeschlossen. Aufgrund der durch die Öffnungsklauseln ermöglichten Delegierung auf die Betriebsparteien sei die Antragstellerin durch die von diesen getroffene Regelung in einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition nicht betroffen. Nur wenn sie in einer solchen Position betroffen wäre, hätte sie ein eigenes Antragsrecht.

22

Das Interesse der Antragstellerin als tarifschließende Partei gehe allenfalls dahin, die richtige Auslegung des Tarifvertrages feststellen zu lassen. Dies sei jedoch ein Recht, das sich nicht aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition ableite und deshalb im Urteilsverfahren geltend gemacht werden müßte. Die Betriebsvereinbarung berühre direkt lediglich die durch den Beteiligten zu 3) repräsentierte Belegschaft und die Antragsgegnerin. Ein lediglich mittelbares Interesse der Antragstellerin an der richtigen Tarifauslegung reiche jedoch für die Bejahung ihrer Antragsbefugnis nicht aus.

23

Die Anträge seien auch unbegründet.

24

Die in der Betriebsvereinbarung festgelegte Basis für die Berechnung der zu gewährenden unbezahlten freien Tage verstoße nicht gegen tarifvertragliche Vorschriften. Der Tarifvertrag sage an keiner Stelle, daß das Zeitguthaben von 18 Minuten täglich auch für solche Tage entstehe, an denen die Arbeitsleistung wegen gesetzlicher Regelungen fingiert werde. Der Tarifvertrag spreche lediglich von einem Zeitausgleich, das heißt vom Ausgleich eines erwirtschafteten Zeitguthabens. Ein Zeitguthaben aber könne nur an tatsächlichen Anwesenheitstagen erwirtschaftet werden. Damit würden sämtliche Abwesenheitstage aus jeder Betrachtung unter dem Gesichtspunkt der Arbeitszeitverkürzung ausscheiden, und zwar positiv wie negativ. An solchen Tagen finde weder ein Ansammeln noch ein Verbrauchen von Zeitguthaben statt.

25

Die Anwendung des § 2 Ziffer 8 MTV Arbeiter gehe von der Vorstellung aus, daß die Arbeitnehmer arbeitstäglich bzw. wöchentlich in Höhe der Differenz zwischen der für sie geltenden individuellen regelmäßigen Wochenarbeitszeit einerseits und der Betriebsmittelnutzungszeit andererseits zuviel arbeiten und diese zuviel geleistete Arbeit zu ganzen freien Tagen angespart werde. Wie das Wort "Zeitausgleich" erkennen laße, sollen die freien Tage das Äquivalent für die sonst arbeitstäglich bzw. wöchentlich eingetretene Arbeitszeitverkürzung darstellen. Daraus ergäbe sich, daß bei der Berechnung der Zahl der freien Tage sämtliche Fehltage (Wochenfeiertage, Urlaub, Krankheitstage) außer Betracht bleiben. Der in freien Tagen zu gewährende Zeitausgleich sei mithin allein aus der Differenz zwischen der tatsächlichen täglichen Arbeitszeit und der täglichen individuellen regelmäßigen Wochenarbeitszeit an denjenigen Tagen zu errechnen, an denen tatsächlich gearbeitet werde.

26

Auch der zweite Antrag sei unbegründet. Die Bestimmung, wonach in dem Fall, daß die betrieblichen Belange einen Zeitausgleich nicht zulassen, für das aufgelaufene Stundenvolumen eine Bezahlung der Mehrarbeitszuschläge erfolgt, verstoße ebenfalls nicht gegen den Tarifvertrag. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin handele es sich hierbei nicht um die Regelung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 2 MTV, sondern um eine im Grundsatz vorweggenommene Mehrarbeitsregelung.

27

Ursprünglich habe die Antragsgegnerin unterschiedliche Arbeitszeiten für einzelne Arbeitnehmergruppen einführen wollen. Der Beteiligte zu 3) habe das abgelehnt, aber eingesehen, daß zur bestmöglichen Auslastung der Einrichtungen aus betrieblichen Gründen nicht immer eine Zeitausgleichsgewährung bei einigen Mitarbeitergruppen möglich sein könnte. Dafür habe der Beteiligte zu 3) im Gegenzug für die jeweils in Aussicht gestellte Genehmigung als Mehrarbeit die Bezahlung der Mehrarbeitszuschläge auch für den Fall noch einmal ausdrücklich absichern wollen, daß sich eine Mehrarbeit über 38,5 Stunden wöchentlich hinaus im Rahmen der 40-Stunden-Woche halte. Aus diesem Grund habe er der von der Antragstellerin angegriffenen Regelung zugestimmt.

28

Damit habe der Beteiligte zu 3) der grundsätzlichen Durchführung von Mehrarbeit in den Fällen zugestimmt, in denen betriebliche Belange einen Ausgleich nicht zulassen. Der Beteiligte zu 3) werde in jedem Fall erneut eingeschaltet, wenn für bestimmte Arbeitnehmer aus einzelnen Arbeitsgruppen zu entscheiden sei, ob ein Zeitausgleich vorgenommen werden könne oder nicht. Das aber sei weder durch die Arbeitszeitregelung des Tarifvertrages noch durch andere tarifvertragliche Vorschriften ausgeschlossen.

29

Wegen der Stellungnahme des Beteiligten zu 3) wird auf dessen Vorbringen gemäß Sitzungsprotokoll vom 19.03.1986 Bezug genommen.

30

Die Anträge waren bereits als unzulässig abzuweisen, da die Antragstellerin nicht antragsbefugt ist.

31

Antragsbefugt ist im Beschlußverfahren gemäß § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG nur derjenige, der behauptet, daß ihm ein Recht in einer Angelegenheit aus dem BetrVG zusteht. Ein eigenes Recht der behaupteten Art steht der Antragstellerin nach dem BetrVG aber nicht zu.

32

Nach § 77 Abs. 3 BetrVG können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein, es sei denn, daß ein Tarifvertrag den Abschluß ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zuläßt. Der Zweck dieser Vorschrift ist die Gewährleistung des Vorrangs der Tarifautonomie. Auch eine tarifvertragsschließende Gewerkschaft ist daher antragsbefugt, sofern es um die Wirksamkeit einer Betriebsvereinbarung im Verhältnis zu einem Tarifvertrag geht (vgl. BAG AP Nr. 1 zu § 2 ArbGG 1953 Betriebsvereinbarung; Fitting-Auffarth-Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 77 Rand-Nr. 74 m.w.N.).

33

Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um Verstöße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG, denn mit der tariflichen Öffnungsklausel gemäß § 2 Ziffer 1.2 der beiden MTV haben die Tarifvertragsparteien den Betriebsparteien die Befugnis für betriebliche Arbeitszeitregelungen durch Betriebsvereinbarung eingeräumt. Aufgrund der durch die Öffnungsklausel ermöglichten Delegierung auf die Betriebsparteien ist die Antragstellerin durch die von diesen mit der Betriebsvereinbarung vom 29.03.1985 getroffene Regelung in einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition nicht betroffen.

34

Die Antragstellerin ist entgegen ihrer Auffassung nicht befugt, die etwa unrichtige Anwendung eines Tarifvertrages im Beschlußverfahren geltend zu machen. Wenn es um die Feststellung der richtigen Auslegung eines Tarifvertrages geht, so handelt es sich nicht um ein Recht, das sich aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition ableitet. Durch die Betriebsvereinbarung vom 29.03.1985 wird eine der Antragstellerin als tarifvertragsschließende Gewerkschaft zustehende betriebsverfassungsrechtliche Position direkt nicht berührt. Ein lediglich mittelbares Interesse der Antragstellerin an der richtigen Tarifauslegung reicht für die Bejahung ihrer Antragsbefugnis nicht aus.

35

Da die Anträge demnach bereits als unzulässig abzuweisen waren, kann es dahingestellt bleiben, wie der Streitfall in der Sache selbst zu beurteilen ist.