Amtsgericht Osnabrück
Urt. v. 20.04.2000, Az.: 42 C 630/99 (XX)

Anspruch auf Zahlung aus einer Reisegepäckversicherung ; Ausschluss eines Versicherungsschutzes

Bibliographie

Gericht
AG Osnabrück
Datum
20.04.2000
Aktenzeichen
42 C 630/99 (XX)
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2000, 31206
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:AGOSNAB:2000:0420.42C630.99XX.0A

Fundstellen

  • RRa 2000, 235
  • VersR 2001, 714 (red. Leitsatz)

In dem Rechtsstreit
hat das Amtsgericht Osnabrück
auf die mündliche Verhandlung vom 30. März 2000
durch
den Richter am Amtsgericht ...
für Recht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 60,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.06.1999 zu zahlen.

    Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

  2. 2.

    Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

  3. 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Der Kläger kann die Vollstreckung durch Erbringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 1.300,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

    Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Erbringung einer Sicherheitsleistung in Höhe von 65,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger und seine Ehefrau schlossen bei der Beklagten eine Reisegepäckversicherung für ihren Urlaub in Mexiko mit einer Versicherungssumme von 3.000,00 DM pro Person unter Einbeziehung der Bedingungen für Reiseversicherungen - AVB RG 97 - und die Allgemeinen Bestimmungen für Reiseversicherungen - AVB AB 97 - ab.

2

Während des Aufenthaltes des Klägers und seiner Ehefrau in Mexiko entwendeten unbekannte Täter am 20.04.1999 aus dem verschlossenen Hotelzimmersafe Gegenstände verschiedener Art, u.a. Geld und Ausweis- und Reisedokumente.

3

Der Kläger führte den Schlüssel zum Zimmersafe zur Tatzeit nicht bei sich, der Schlüssel befand sich vielmehr im Hotelzimmer, während der Kläger und seine Ehefrau sich am Strand aufhielten. Der Kläger erstattete am 21.04.1999 Anzeige bei der Polizei vor Ort und meldete der Beklagten den Diebstahl mit Schadensanzeige vom 25.05.1999. Die Beklagte ersetzte 260,00 DM, eine weitere Schadensregulierung, insbesondere bezüglich des entwendeten Schmucks, lehnte die Beklagte jedoch ab.

4

Der Kläger behauptet, durch den Diebstahl sei ihm und seiner Frau ein Gesamtschaden in Höhe von 4.741,80 DM entstanden.

5

Der Kläger ist der Ansicht, er habe wegen seines akuten Krankheitszustandes während der Tatzeit nicht grob fahrlässig, sondern vielmehr nur unkonzentriert gehandelt, als er den Safeschlüssel offen im Hotelzimmer liegen ließ. Er behauptet dazu, er habe unter Erbrechen, Durchfall, Kopfschmerzen und Fieber gelitten und sei wegen dieser plötzlichen Beschwerden vom Strand ins Hotelzimmer zurückgegangen. Als keine Besserung eingetreten sei, habe er sich wieder zum Strand zu seiner Frau begeben, um sie zu informieren, dass er ärztliche Hilfe benötige. Aufgrund seiner Beschwerden habe er den Safeschlüssel vergessen. Auf Anraten seiner Frau habe er am Strand auf einer Liege im Schatten 2-3 Stunden geschlafen.

6

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.281,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 28.06.1999 zu zahlen.

7

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

8

Die Beklagte ist der Ansicht, der Versicherungsschutz sei gemäß § 3 Nr. 2a, 2 AVB RG 97 ausgeschlossen, da durch den in der Nähe des Safes deponierten Safeschlüssel kein erhöhter Diebstahlsschutz mehr gewährleistet sei.

9

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien - insbesondere zur Zusammensetzung des dem Kläger angeblich entstanden Schadens im einzelnen - wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

10

Die Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.

11

Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung von 60,00 DM.

12

Der Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus dem unstreitig zwischen den Parteien zustande gekommenen Reisegepäckversicherungsvertrag. Die Beklagte hat nach ihrem eigenen Vortrag den dem Kläger durch den Verlust von Geldbörse und Geldgürtel entstandenen Schaden infolge eines "Versehens" nicht ersetzt. Die von der Beklagten insoweit veranschlagten Zeitwerte von 50,00 DM und 10,00 DM scheinen auf der Grundlage der Angaben des Klägers zu Anschaffungspreis und Alter der Gegenstände angemessen.

13

Ein weitergehender Zahlungsanspruch steht dem Kläger nicht zu:

14

1.

Der abhanden gekommene Schmuck war zu der Tatzeit nicht versichert, denn dieser war nicht in einem Safe sicher verschlossen.

15

Gemäß § 2 Nr. 3a der zugrundezulegenden AVB RG 97 besteht zwar grundsätzlich Versicherungsschutz gegen Diebstahl während der übrigen Reisezeit, d.h. während des Aufenthalts im Hotel. Jedoch wird der Versicherungsschutz gemäß § 3 Nr. 2a, 2 AVBRG für Schmuck und Kostbarkeiten unter die Bedingung gestellt, dass diese in einem Safe oder einem anderen ortsfesten verschlossenen Behältnis verwahrt oder im persönlichen Gewahrsam sicher verwahrt mitgeführt werden. Diese Voraussetzung war vorliegend selbst dann nicht erfüllt, wenn man von der Darstellung des Klägers ausgeht, dass der Safe im Hotelzimmer verschlossen war; schließlich lag der Safeschlüssel ohne ernsthafte Suche leicht auffindbar in der Nähe des Safes. Dies gilt unabhängig davon, ob der Schlüssel auf dem Waschtisch im Badezimmer oder auf dem Schreibtisch des Hotelzimmers gelegen hat. § 3 Nr. 2a AVB RG 97 bezweckt einen erhöhten Diebstahlsschutz durch Verschluß der versicherten Gegenstände. Eine solche erhöhte Sicherung gegen Diebstahl wird nicht erreicht, wenn die Gegenstände zwar in einem Safe deponiert werden, jedoch der dazugehörige Schlüssel leicht zugänglich aufbewahrt wird, so dass der Verschluß kein ernsthaftes Hindernis für unbefugte Dritte darstellt (vgl. LG Hamburg VersR 1986, 1235, 1236). Der Safeschlüssel lag unstreitig offen und unversteckt. Eine Öffnung des Verschlusses und der Zugriff auf die Gegenstände war ohne erhebliche Schwierigkeiten und Zeitaufwand und deshalb mit nur geringer Entdeckungsgefahr möglich. Es ist kein großer Unterschied mehr zu einem unverschlossenen Safe oder einem Schloß mit steckendem Schlüssel festzustellen (so auch: BGH VersR 1972, 572); vielmehr ist durch den leicht zugänglich deponierten Schlüssel die Wirkung des Safeschlosses praktisch aufgehoben, ohne dass in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Kläger schuldhaft gehandelt hat, von Belang wäre.

16

Wegen des vom Kläger behaupteten Schmuckdiebstahls wäre die Beklagte im übrigen aber selbst dann nicht einstandspflichtig, wenn man von einem erhöhten Diebstahlsschutz durch Verschluß der entwendeten Gegenstände in dem Zimmersafe ausgehen würde. Dem Kläger ist nämlich eine grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalls vorzuwerfen, so dass die Beklagte jedenfalls gem. § 6 AVB RG 97 leistungsfrei ist. Er hat die im Umgang mit wertvollen Gegenständen erforderlichen Sorgfaltspflichten in einem besonders hohem Ausmaß außer Acht gelassen. Daran kann auch die Erkrankung des Klägers nichts ändern. Wenn die Erkrankung tatsächlich eine derart starke Beeinträchtigung des Klägers zur Folge gehabt hatte, dann wäre es ihm allerdings zuzumuten gewesen, nach seiner Ehefrau zu schicken und ihr die ordnungsgemäße Verwahrung der versicherten Gegenstände zu übertragen. Auch hätte er spätestens, als er am Strand ausruhte, seine Frau den Schlüssel holen lassen können. Daran hätte er denken können und müssen - wie er ja auch daran gedacht hat, seine Frau über seinen Gesundheitszustand zu informieren.

17

2.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Ersatz des gestohlenen Bargelds, der Berechtigungsausweise der Deutschen Bahn und der Rückflugtickets. Gemäß § 3 Nr. 1a AVB RG 97 sind Geld, Fahrkarten und Dokumente aller Art von der Versicherung ausgeschlossen.

18

Den zugesprochenen Betrag hat die Beklagte gemäß §§ 284, 288 BGB seit dem 28.06.1999 mit 4 % zu verzinsen. An diesem Tag geriet sie durch endgültige Leistungsverweigerung auch ohne Mahnung in Verzug.

19

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91 I, 92 ZPO.

20

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11; 711, 1 ZPO.