Arbeitsgericht Celle
Urt. v. 16.10.2003, Az.: 1 Ca 416/03
Anspruch einer Arbeitnehmerin auf Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit; Betreuung eines Kindes als Grund für den Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit; Anspruch auf Neuverteilung von Arbeitszeit; Ermessen des Arbeitgebers bei der Entscheidung über die Annahme des Angebots des Arbeitnehmers auf Reduzierung der Arbeitszeit; Vorliegen von der Arbeitszeitreduzierung entgegenstehenden, dringenden Gründen
Bibliographie
- Gericht
- ArbG Celle
- Datum
- 16.10.2003
- Aktenzeichen
- 1 Ca 416/03
- Entscheidungsform
- Urteil
- Referenz
- WKRS 2003, 31893
- Entscheidungsname
- [keine Angabe]
- ECLI
- ECLI:DE:ARBGCE:2003:1016.1CA416.03.0A
Rechtsgrundlagen
- § 15b BAT
- § 315 BGB
- § 50 Abs. 2 BAT
- § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG
Fundstellen
- AUR 2004, 164 (Kurzinformation)
- AuR 2004, 164 (Kurzinformation)
Verfahrensgegenstand
Reduzierung der Arbeitszeit
In dem Rechtsstreit
hat das Arbeitsgericht in Celle
auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2003
durch
den Direktor des Arbeitsgerichts, als Vorsitzenden und
die ehrenamtlichen Richter als Beisitzer
für Recht erkannt:
Tenor:
- 1.
Der beklagte Verein wird verurteilt, das Angebot der Klägerin anzunehmen, künftig für die Dauer von 5 Jahren nur noch 19,25 Wochenstunden, verteilt auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 11.45 Uhr, montags bis freitags, zu arbeiten.
- 2.
Der beklagte Verein trägt die Kosten des Rechtsstreits.
- 3.
Der Streitwert wird auf 4.050,00 EUR festgesetzt.
- 4.
Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Wunsch der Klägerin nach einer Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit sowie über die Neuverteilung der verringerten Arbeitszeit.
Die am 16.02.1964 geborene Klägerin, Erzieherin mit sonderpädagogischer Zusatzausbildung, ist seit dem 01.09.1988 als Gruppenleiterin bei dem beklagten Verein, dessen Aufgabe und Zweck gem. § 2 seiner Satzung die Errichtung, Unterhaltung und der Betrieb einer Werkstatt für Behinderte sind (Bl. 73 d.A.), tätig. Nachdem sie zunächst Vergütung nach Vergütungsgruppe VIb BAT erhalten hatte, wird sie gem. (Änderungs-)Arbeitsvertrag vom 22.06.1993 nach Vergütungsgruppe V b BAT vergütet. Gem. § 2 AV bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestellten-Tarifvertrag nebst ergänzenden Tarifverträgen (Bl. 14 d.A.).
Die verheiratete Klägerin ist Mutter von zwei, am 30.10.1994 und am 18.11.1997 geborenen Söhnen. Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 30.12.1994 bis zum 01.04.1997 und sodann vom 18.01.1198 bis zum 18.11.2000 im Erziehungsurlaub. Gem. Vereinbarung vom 30.09.2000 war sie in der Zeit nach Beendigung des Erziehungsurlaubs bis zum 30.08.2003 ohne Vergütung von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt (Bl. 24 d.A.); im Anschluss an die Güteverhandlung am 07.08.2003 vereinbarten die Parteien, die Freistellung bis zur Kammerverhandlung am 16.10. 2003 zu verlängern.
Mit Schreiben vom 13.03.2003 beantragte die Klägerin, die wöchentliche Arbeitszeit auf eine vormittags zu leistende Teilzeitbeschäftigung im Volumen von 50 % der regelmäßigen Arbeitszeit zu verringern. Der beklagte Verein lehnte dies mit Schreiben vom 28.05.2003 ab und wies darauf hin, der Einsatz von Halbtagskräften habe die Erwartungen in pädagogischer Hinsicht nicht erfüllt (Bl. 26 d.A.). Der bei dem beklagten Verein gebildete Betriebsrat nahm mit Schreiben vom 18.06.2003 zum Antrag auf Teilzeitbeschäftigung Stellung und führte aus, Bedenken gegen eine Beschäftigung von Teilzeitangestellten bestünden mangels negativer Erfahrungen nicht (Bl. 27 d.A.).
Der beklagte Verein betreibt am Arbeitsort der Klägerin in eine Werkstatt für behinderte Menschen i.S.d. § 136 SGB IX, In den von insgesamt 35 Gruppenleitern - davon 3 Teilzeitbeschäftigten - betreuten Gruppen werden derzeit 315 körperlich, geistig und psychisch behinderte Menschen beschäftigt; 179 behinderte Personen leben in Wohnheimen, 136 in eigenen Wohnungen oder bei ihren Eltern. Es sind 10 Gruppen mit je 1 Gruppenleiter und 12 Beschäftigten, 8 Doppelgruppen mit je 2 Gruppenleitern und 24 Beschäftigten und 3 Gruppen mit je 3 Gruppenleitern und 30 Beschäftigten eingerichtet. Ein teilzeitbeschäftigter Erzieher ist in einer Gruppe mit 30 Beschäftigten, 2 teilzeitbeschäftigte Erzieher sind in einer Doppelgruppe tätig.
Die Klägerin war bislang in einer Doppelgruppe tätig; dabei soll es ungeachtet der Frage nach dem Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit nach der Vorstellung der Parteien bleiben.
Mit der am 24.07.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin geltend, sie könne gem. § 15 b BAT für die Dauer von fünf Jahren eine Teilzeitbeschäftigung mit 19,25 Wochenstunden, welche von montags bis freitags in der Zeit von 8.00 Uhr bis 11.45 Uhr zu leisten seien, beanspruchen. Dem Erfordernis einer kontinuierlichen Betreuung der Beschäftigten stehe eine Teilzeitbeschäftigung schon deshalb nicht entgegen, weil jedenfalls ein Gruppenleiter vollzeitbeschäftigt sei und die behinderten Personen auch bislang schon ohne negative Folgen im (krankheits- bzw. urlaubsbedingten) Vertretungsfall von anderen, nicht der Gruppe zugeordneten Gruppenleitern betreut worden seien. Es komme hinzu, dass die Teilzeitbeschäftigung von drei Gruppenleitern die Erfüllung des Auftrages des beklagten Vereins gegenüber den behinderten Personen erkennbar nicht beeinträchtigt habe. Dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange i.S.d. § 15 b BAT stünden somit einer Teilzeitbeschäftigung nicht entgegen, überdies seien die Voraussetzungen für eine Verringerung der Arbeitszeit gem. § 8 TzBfG erfüllt. Die begehrte Arbeitszeitreduzierung führe nicht zu einer wesentlichen Beeinträchtigung der Organisation bzw. des Arbeitsablaufs gem. § 8 Abs. 4 TzBfG. Angesichts des eher geringen Grades geistiger bzw. psychischer Behinderung der betreuten Menschen sei eine personengebundene Kontinuität in der Betreuung der einzelnen Arbeitsbereiche nicht erforderlich.
Die Klägerin beantragt,
den beklagten Verein zu verurteilen, das Angebot der Klägerin anzunehmen, künftig für die Dauer von fünf Jahren nur noch 19,25 Wochenstunden, verteilt auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 11.45 Uhr, montags bis freitags, zu arbeiten,
hilfsweise,
den beklagten Verein zu verurteilen, das Angebot der Klägerin anzunehmen, künftig nur noch 19,25 Wochenstunden, verteilt auf die Zeit von 8.00 Uhr bis 11.45 Uhr, montags bis freitags, zu arbeiten.
Der beklagte Verein beantragt,
die Klage abzuweisen,
Er führt zur Begründung aus, der Aufbau bzw. die Aufrechterhaltung eines für die Arbeit mit den behinderten Personen unverzichtbaren Vertrauensverhältnisses erfordere eine möglichst individuelle Betreuung und eine stetige Verfügbarkeit der jeweiligen Bezugspersonen. Diesem Erfordernis wirke bereits die bei einer Teilzeitbeschäftigung erforderlich werdende tägliche schichtähnliche Ablösung des Gruppenleiters entgegen. Den daraus sich ergebenden Gefährdungen der Befindlichkeit der behinderten Personen werde angemessen allein mit dem pädagogischen Konzept begegnet, wonach eine kontinuierliche Betreuung ausschließlich durch vollzeitbeschäftigte Gruppenleiter zu erfolgen habe. Der Teilzeitbeschäftigung der Klägerin stünden somit sowohl dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange i.S.d. § 15 b BAT als auch betriebliche Belange i.S.d. § 8 Abs. 4 TzBfG entgegen. Dies werde auch belegt durch das Gutachten von Herrn Prof. Dr. vom 08.10.2003 (Bl. 91 ff. d.A.).
Wegen der Einzelheiten wird auf das Vorbringen der Parteien in ihren in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätzen nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin hat gem. § 15 b BAT Anspruch auf Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit im Umfang einer so genannten Halbtagskraft für die Dauer von fünf Jahren; die Arbeit ist von montags bis freitags jeweils von 8.00 Uhr bis 11.45 Uhr zu leisten.
1.)
Die auf Abgabe einer Willenserklärung gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig.
Ihren Anspruch auf Arbeitszeitverringerung nach § 15 b BAT hat die Klägerin im Wege der Leistungsklage zu verfolgen. Streitgegenstand ist die Abgabe einer Willenserklärung, die mit Rechtskraft des Urteils gem. § 894 ZPO als abgegeben gilt. Der Klageantrag genügt angesichts des darin genannten Volumens der Wochenarbeitszeit und der Festlegung der täglichen Arbeitszeit auch dem Bestimmtheitserfordernis, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
2.)
Die Voraussetzungen für eine Arbeitszeitreduzierung gem. § 15 b BAT sind erfüllt.
Nach dieser Vorschrift soll mit dem vollbeschäftigten Angestellten auf Antrag eine geringere als die regelmäßige Arbeitszeit u.a. dann vereinbart werden, wenn mindestens ein Kind unter 18 Jahren tatsächlich betreut wird und dringende dienstliche bzw. betriebliche Belange nicht entgegenstehen; die Teilzeitbeschäftigung ist auf Antrag für die Dauer von bis zu fünf Jahren zu befristen.
a)
§ 15 b BAT gewährt dem Angestellten ungeachtet der Formulierung "soll" einen Anspruch auf die begehrte Arbeitszeitreduzierung, wenn dringende betriebliche oder dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.
Zwar liegt der Text des § 15 b BAT, wonach der Arbeitgeber das Angebot des Arbeitnehmers auf Reduzierung der Arbeitszeit annehmen "soll", die Auslegung nahe, dass lediglich ein Anspruch auf eine dahingehende Ermessensausübung des Arbeitgebers gewährt wird mit der Maßgabe, dass die Entscheidung über das Ob und Wie der Teilzeitarbeit nicht im freien Belieben des Arbeitgebers stünde, sondern dieser gem. § 315 BGB auf billige Ermessensausübung verpflichtet wäre (Kaiser, ZTR 96, 107). Doch ließe eine solche Sichtweise außer Acht, dass die Tarifvertragsparteien in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Kann-Vorschrift des § 50 Abs. 2 BAT mit der Formulierung "soll" in § 15 b BAT dem Angestellten auch gesteigerte Rechte gewähren wollten (Kaiser, ZTR 96, 107). Mit Urteil v. 25.01.1994 hatte das Bundesarbeitsgericht (ZTR 94, 247) die Regelung des § 50 Abs. 2 BAT dahin ausgelegt, der Arbeitnehmer habe Anspruch darauf, dass die Entscheidung über die Gewährung von Sonderurlaub nach billigem Ermessen gem. § 315 BGB getroffen werde (ZTR 94, 248). Wählen die Tarifvertragsparteien angesichts dieser Rechtsprechung zur Kann-Vorschrift des § 50 Abs. 2 BAT für den Anspruch auf familienbedingte Teilzeitarbeit in der gem. 69. ÄndTV zum BAT v. 25.04.1994 eingefügten Regelung des § 15 b BAT die deutlichere Formulierung "soll", so lässt sich dies nur so verstehen, dass die Tarifnorm einen Anspruch auf die begehrte Arbeitszeitverringerung enthält, wenn dringende betriebliche oder dienstliche Gründe nicht entgegenstehen (Kaiser, ZTR 96, 107 m.w.N. in FN 3).
b)
Die Klägerin ist gem. Nr. 4 des Arbeitsvertrages vom 31.08.1988 i.V.m. § 1 des Änderungsvertrages vom 22.06.1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte für den beklagten Verein tätig Daran hat sich nichts dadurch geändert, dass sie nach Beendigung des Erziehungsurlaubs bis zum Tag der Kammerverhandlung am 16.10.2003 unter Fortfall der Vergütung von der Arbeitspflicht freigestellt war; denn damit waren allein die beiderseitigen Pflichten aus dem Arbeitsvertrag suspendiert. Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass die Klägerin ihre in den Jahren 1994 und 1997 geborenen Söhne betreut.
c)
Dringende betriebliche Belange, welche dem Teilzeitbegehren der Klägerin entgegenstehen könnten, hat der (darlegungs- und beweisbelastete) beklagte Verein nicht dargelegt.
Zur Ablehnung des Antrags reichen "normale" Belange wie z.B. die Vermeidung einer nur vorübergehenden Vakanz nicht aus. Dringende dienstliche oder betriebliche Belange können insbesondere dann entgegenstehen, wenn die Tätigkeit selbst eine Teilzeitbeschäftigung nicht zulässt. Dies ist insbesondere im Bereich von Leitungsfunktionen vorstellbar, wenn die Führung: kraft während der täglichen regelmäßigen Arbeitszeit präsent sein muss und eine Aufteilung der Führungsfunktion nicht möglich ist. Lehnt der Arbeitgeber die Änderung des Arbeitsvertrages unter Berufung auf dringende betriebliche Belange ab, so hat er die entgegenstehenden Belange darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen (Uttlinger/Breier/Kiefer/ Hoffmann/Dassau, BAT, § 15 b Anm. 3.3).
Derartige, der Arbeitszeitreduzierung entgegenstehende dringende Gründe hat der beklagte Verein nicht einsichtig machen können. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bei dem beklagten Verein ein pädagogisches Konzept besteht, wonach eine Betreuung der behinderten Menschen in den Gruppen allein durch Vollzeitbeschäftigte Gruppenleiter erfolgen soll (zur Bewertung eines solches Konzepts als betrieblicher Grund i.S.d. § 8 Abs. 4 S. 1 TzBfG vgl. LAG Nds., 02.08.02, LAGE Nr. 9 zu § 8 TzBfG, bestätigt durch BAG, 19.08.03 - 9 AZR 542/02 -, Pressemitteilung Nr. 53/03); daran bestehen Zweifel, da ein solches Konzept weder Gegenstand der Satzung des beklagten Vereins noch von dessen Vorstand beschlossen worden ist. Ein derartiges pädagogisches Konzept zu Gunsten des beklagten Vereins vorausgesetzt, so könnte dies nur dann als dringender, der Arbeitszeitreduzierung entgegenstehender Grund in Betracht kommen, wenn er sich selbst daran gebunden fühlte. Davon indessen kann bereits deshalb nicht die Rede sein, weil der beklagte Verein noch in jüngerer Vergangenheit mehrere Vollzeit-arbeitsverhältnisse von Gruppenleitern auf deren Wunsch in Teilzeitarbeitsverhältnisse umgewandelt hat; das vorgetragene Konzept wird somit tatsächlich nicht im Betrieb durchgeführt. Der beklagte Verein hat nicht plausibel machen können, warum ein derartiges Konzept dem Teilzeitbegehren der Klägerin, nicht hingegen demjenigen anderer Gruppenleiter entgegenstehen könnte.
Es kommt hinzu, dass die Schlüssigkeit des von dem beklagten Verein vorgetragenen pädagogischen Konzepts, demzufolge die Arbeitsaufgabe eines Gruppenleiters für eine Teilzeitbeschäftigung nicht geeignet ist, für die Kammer nicht erkennbar ist. Denn es ist nicht verständlich, dass die Tätigkeit der Klägerin in einer mit zwei Vollzeitstellen versehenen Doppelgruppe eine Vollzeitbeschäftigung verlangt. Die Klägerin leitet unabhängig vom Volumen ihrer Arbeitszeit gemeinsam mit zumindest einem weiteren (vollzeitbeschäftigten) Gruppenleiter eine Gruppe von behinderten Menschen, welche produktive Arbeit leisten und großteils selbstständig leben. Die von dem beklagten Verein so betonte Kontinuität in der Betreuung, welche grundsätzlich einer Besetzung auch nur einer von zwei Gruppenleiterstellen mit teilzeitbeschäftigten Angestellten entgegenstünde, erscheint stark überzeichnet. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass jedenfalls ein Gruppenleiter in einer Doppelgruppe auf Grund seiner Vollzeitbeschäftigung den Mitgliedern der Gruppe fortlaufend als Bezugsperson zur Verfügung zu Verfügung steht.
Der beklagte Verein verkennt, dass im Geltungsbereich des Bundes-Angestelltentarifvertrages im Gegensatz zu § 8 TzBfG mehr verlangt wird als die Darlegung rational nachvollziehbarer Gründe, welche dem Teilzeitwunsch entgegenstehen (könnten). Er hat insbesondere nicht belegt, dass sein Betreuungsauftrag und die Tätigkeit teilzeitbeschäftigter Gruppenleiter nicht miteinander zu vereinbaren seien. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein; anders ist nicht zu erklären, dass der beklagte Verein angesichts der Erfahrungen mit einem seit mehreren Jahren bereits teilzeitbeschäftigten Gruppenleiter noch im Jahre 2001 dem Teilzeitbegehren von zwei weiteren Gruppenleiterinnen entsprochen hat.
d)
Die Klägerin kann ihren Klageanspruch auch auf den Grundsatz der Gleichbehandlung stützen.
Der - zu den tragenden Ordnungsprinzipien des Arbeitsrechts gehörende - allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet, sowohl die willkürliche, d. h. sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung (st. Rspr., BAG 06.12.95, AP Nr. 186 zu § 611 BGB Gratifikation; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 10. Aufl., § 112 Rdnr. 5 m.w.N.). Der beklagte Verein hat die wöchentliche Arbeitszeit von " drei zuvor vollzeitbeschäftigten, mit den Aufgaben von Gruppenleitern betrauten Erziehern auf deren Antrag reduziert. Sachliche Gründe dafür, im Falle der Klägerin anders verfahren zu müssen und sie somit schlechter zu stellen, sind nicht ersichtlich. Es ist nicht erkennbar, warum der Klägerin verwehrt wird, was ihren Kollegen gewährt wurde.
e)
Die reduzierte Arbeitszeit ist in der Weise zu verteilen, dass die Klägerin montags bis freitags jeweils von 8.00 Uhr bis 11.45 Uhr arbeitet.
§ 15 b Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst, a BAT gewährt dem Angestellten keinen Anspruch darauf, die Lage der Arbeitszeit zu vereinbaren. Es steht im Ermessen des Arbeitgebers, den Wünschen des Arbeitnehmers nach der Lage der Arbeitszeit nachzugeben oder nicht. Gem. § 315 Abs. 1 BGB ist er verpflichtet, berechtigte Wünsche des Angestellten angemessen zu berücksichtigen.
Die Klägerin möchte vormittags arbeiten, um sich nachmittags um ihre - vormittags im Kindergarten bzw. in der Schule befindlichen - Kinder kümmern zu können. Bei der Lage der Arbeitszeit ist berücksichtigt, dass die Arbeit für die Gruppenleiter und die behinderten Beschäftigten um 8.00 Uhr beginnt und um 11.45 Uhr mit dem Beginn der Mittagspause vorerst endet. Der beklagte Verein hat Einwendungen gegen die von der Klägerin gewünschte Verteilung der Arbeitszeit nicht geltend gemacht.
Er hat es damit bewenden lassen, dem Wunsch der Klägerin auf Verringerung der Arbeitszeit entgegenzutreten, sich indessen zur Neuverteilung der (verringerten) Arbeitszeit nicht geäußert und insbesondere ein realisiertes Organisationskonzept, welches der angestrebten Arbeitszeitverteilung entgegenstehen könnte, ungeachtet seiner Darlegungslast nicht vorgetragen (zur Darlegungslast vgl. BAG, 18.02.03 - 9 AZR 164/02 -).
Der Kammer ist - darauf sei der guten Ordnung halber hingewiesen - ebenso wie den Parteien entgangen, dass die verringerte Wochenarbeitszeit von 19 Stunden 15 Minuten innerhalb des arbeitstäglichen Rahmens von 8.00 Uhr bis 11.45 Uhr (5x3 Stunden 45 Minuten = 18 Stunden 45 Minuten) von der Klägerin nicht geleistet werden kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 91 Abs. 1 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine gesonderte Zulassung der Berufung gem. § 64 Abs. 3 ArbGG sind nicht gegeben.
Streitwertbeschluss:
Der Streitwert wird auf 4.050,00 EUR festgesetzt.
Der Streitwert bemisst sich nach dem 36-fachen der Differenz zwischen der Vergütung einer Vollzeitbeschäftigung der Vergütungsgruppe V b BAT (= 2.700,00 EUR brutto) und einer Halbtagstätigkeit in den Grenzen des Vierteljahresverdienstes gem. § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG (so auch LAG Hamburg, 08.11.01, LAGE Nr. 4 zu § 8 TzBfG). Im Unterscheid zum Änderungsschutzverfahren ist dabei die von der Klägerin angestrebte Arbeitszeitreduzierung mit der daraus folgenden geringeren (hälftigen) Vergütung maßgebend (ähnlich ArbG Stuttgart, 05.07.01, NZA 01, 968, 970).