Sozialgericht Braunschweig
Urt. v. 23.11.2016, Az.: S 52 AS 456/16

Geltendmachung eines Ersatzanspruchs durch die Bundesagentur für Arbeit aufgrund einer durch Alkohol im Straßenverkehr selbst herbeigeführten Hilfebedürftigkeit

Bibliographie

Gericht
SG Braunschweig
Datum
23.11.2016
Aktenzeichen
S 52 AS 456/16
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2016, 32110
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:SGBRAUN:2016:1123.S52AS456.16.0A

Verfahrensgang

nachfolgend
LSG Niedersachsen-Bremen - 05.07.2018 - AZ: L 6 AS 80/17

Fundstelle

  • ZfSH/SGB 2017, 180-182

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Aufwendungen des Klägers.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem dieser einen Ersatzanspruch geltend macht.

Der 1957 geborene, alleinstehende Kläger war seit dem 2. Januar 2012 bei einer Spedition als Kraftfahrer beschäftigt (Arbeitsvertrag vom 11. Dezember 2011). Am Samstag, den 23. August 2014, hatte der Kläger wie das ganze Wochenende lang dienstfrei und nahm an einer Feier anlässlich der Geburt seines Enkels teil. Während der Feier erklärte sich der Kläger bereit, noch Zigaretten zu holen. Auf der Rückfahrt gegen 23 Uhr wurde er von der Polizei angehalten. Die Blutalkoholkonzentration betrug mindestens 2,30 Promille. Die Fahrerlaubnis wurde ihm vorläufig entzogen. Er wurde später wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Die Fahrerlaubnis wurde ihm mit einer Wiedererteilungssperre von neun Monaten endgültig entzogen (Strafbefehl des Amtsgerichts Salzgitter vom 30. September 2014 - Cs 915 Js 41870/14 -). Vor diesem Hintergrund kündigte der Arbeitgeber dem Kläger mit Schreiben vom 24. August 2014 fristlos, hilfsweise fristgerecht. Der Kläger erhob Kündigungsschutzklage. Diese endete am 10. Oktober 2014 durch Vergleich. In diesem wurde vereinbart, dass die fristlose Kündigung nicht aufrechterhalten wird, das Arbeitsverhältnis aber aufgrund ordentlicher Kündigung mit Ablauf des 30. September 2014 beendet worden ist, wobei der Arbeitgeber wegen des fehlenden Führerscheins des Klägers sich in dieser Zeit nicht im Annahmeverzug befunden hatte (siehe Sitzungsprotokoll des Arbeitsgerichts Braunschweig - 1 Ca 373/14 -). Auf Antrag des Klägers bewilligte die Bundesagentur für Arbeit dem Kläger vom 26. August 2014 bis 24. Oktober 2015 Arbeitslosengeld I (ALG I), wobei sie bis zum 16. November 2014 eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe verhängte und somit keine Leistungen auszahlte (Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 11. September 2014).

Aufgrund des klägerischen Antrages vom 16. September 2014 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 7. Oktober 2014 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 4. November 2014, 1. Dezember 2014 und 15. Januar 2015 für die Zeit vom 1. September 2014 bis 28. Februar 2015 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung des ALG I als Einkommen in Höhe von monatlich 696,69 EUR für September und Oktober, von 435,21 EUR für November, von 168,70 EUR für Dezember und von monatlich 110,28 EUR für Januar und Februar. Hinzu kamen 412,07 EUR für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Eine Sanktion im Hinblick auf die Sperrzeit (vgl. § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II) verhängte der Beklagte nicht.

Nach erfolgter Anhörung machte der Beklagte mit Bescheid vom 28. März 2015 einen Ersatzanspruch für die Zeit vom 1. September 2014 bis 28. Februar 2015 in Höhe von insgesamt 2.927,08 EUR geltend (alle gewährten Leistungen inklusive der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung). Weiter verfügte er die Aufrechnung der Forderung mit den laufenden Leistungen (monatlich 117,30 EUR). Der Kläger habe seine Hilfebedürftigkeit selbst herbeigeführt, da der Führerscheinverlust aufgrund der Trunkenheitsfahrt eine besonders schwere Verletzung der ihm im Rahmen der beruflichen Tätigkeit obliegenden Sorgfaltspflichten darstellen würde.

Den Widerspruch des Klägers vom 11. Juni 2015 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 2. Februar 2016 zurück. Es liege auch keine besondere Härte vor.

Der Kläger hat am 19. Februar 2016 Klage erhoben. Sein Verhalten sei nicht nach den einschlägigen grundsicherungsrechtlichen Maßstäben nicht sozialwidrig gewesen. Er habe seine Hilfebedürftigkeit nicht etwa durch undiszipliniertes Ausgabeverhalten sondern lediglich durch eine Privatfahrt im alkoholisierten Zustand herbeigeführt. Das Bundessozialgericht (BSG) habe selbst eine Inhaftierung wegen Drogenhandel als nicht sozialwidrig eingestuft.

Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 23. November 2016 ein Teilanerkenntnis abgegeben und die Höhe des geltend gemachten Ersatzanspruchs auf 2.598,64 EUR reduziert. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Er beantragt,

den Bescheid vom 28. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Februar 2016 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 23. November 2016 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage, soweit sie über das Teilanerkenntnis hinausgeht, abzuweisen.

Er verteidigt seine getroffenen Entscheidungen. Durch das hier zu beurteilende Verhalten sei im Gegensatz zu dem vom BSG entschiedenen Fall vorhersehbar die berufliche Existenzgrundlage unmittelbar weggefallen.

Neben der Gerichtsakte lag die den Kläger betreffende Verwaltungsakte des Beklagten vor und war Gegenstand der Entscheidungsfindung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Akten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG), weil der angefochtene Bescheid (in der Fassung des Teilanerkenntnisses) rechtmäßig ist.

Die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 SGB II (in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011) sind nicht erfüllt. Die Norm bestimmt: "Wer nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen nach diesem Buch an sich oder an Personen, die mit ihr oder ihm in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ohne wichtigen Grund herbeigeführt hat, ist zum Ersatz der deswegen gezahlten Leistungen verpflichtet. Der Ersatzanspruch umfasst auch die geleisteten Beiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung. Von der Geltendmachung des Ersatzanspruchs ist abzusehen, soweit sie eine Härte bedeuten würde." Die Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit als zentrales gesetzliches Tatbestandsmerkmal ist mit einem ungeschriebenen Tatbestandsmerkmal nämlich einem erforderlichen sozialwidrigen Verhaltens des Erstattungspflichtigen zu ergänzen. Dies entspricht der allgemeinen Auffassung auch schon zur ersten bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung des § 34 SGB II sowie zur Vorgängernorm des § 92a BSHG (BSG, Urteile vom 2. November 2012 - B 4 AS 39/12 R - und vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 73/12 R - ). Diese ungeschriebene und eingrenzende Tatbestandsvoraussetzung ist erforderlich, weil es sich bei § 34 SGB II um eine Ausnahme von dem Grundsatz handelt, dass existenzsichernde und bedarfsabhängige Leistungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, regelmäßig unabhängig von der Ursache der entstandenen Notlage und einem vorwerfbaren Verhalten in der Vergangenheit zu leisten sind. Verschuldensgesichtspunkte spielen bei der Feststellung eines Hilfebedarfs keine Rolle Dieser Grundsatz einer verschuldensunabhängigen Deckung des Existenzminimums darf nicht durch eine weitreichende und nicht nur auf begründete und eng zu fassende Ausnahmefälle begrenzte Ersatzpflicht konterkariert werden Die Sozialwidrigkeit des Verhaltens ist deshalb auch nicht (erst) eine Frage des Nichtvorliegens eines wichtigen Grundes im Einzelfall.

Nur ein solches Verhalten ist mithin sozialwidrig, das (1) in seiner Handlungstendenz auf die Einschränkung bzw. den Wegfall der Erwerbsfähigkeit oder der Erwerbsmöglichkeit oder (2) die Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit bzw. der Leistungserbringung gerichtet war bzw. hiermit in "innerem Zusammenhang" stand oder (3) ein spezifischer Bezug zu anderen nach den Wertungen des SGB II zu missbilligenden Verhaltensweisen bestand (zum Vorstehenden: BSG, aaO.).

Das BSG hat dies im Hinblick auf Fallkonstellationen, in denen eine Inhaftierung aufgrund von Straftaten (unter anderem Drogenhandel) zur späteren Hilfebedürftigkeit führte, weiter konkretisiert. Für die Annahme eines sozialwidrigen Verhaltens ist danach erforderlich, dass die Existenzgrundlage, deren Erhalt das SGB II vor allem auch mit aktiven Leistungen schützt, durch das maßgebliche Verhalten selbst unmittelbar beeinträchtigt wird oder wegfällt. Nicht jedes strafbare Verhalten, das absehbar zu Inhaftierung und also regelmäßig zum Wegfall von Erwerbsmöglichkeiten führt, ist damit sozialwidrig. Wenn das strafbare Verhalten nicht zugleich auch den Wertungen des SGB II zuwider läuft, besteht neben der Strafe als solcher für eine zeitlich und betragsmäßig unbegrenzte Haftung im Hinblick auf den dadurch verursachten Wegfall der finanziellen Lebensgrundlage keine Rechtfertigung (BSG, Urteil vom 16. April 2013 - B 14 AS 55/12 R - ). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das BSG entschieden, dass eine strafbare Handlung, die die berufliche Existenzgrundlage nicht unmittelbar beeinträchtigt, regelmäßig kein sozialwidriges Verhalten darstelle. Die Verbüßung einer Haftstrafe als lediglich mittelbare Folge der strafbaren Handlung sei von vornherein kein "Verhalten", das als sozialwidrig gelten könne (BSG, aaO.).

Angewendet auf den hier zu beurteilenden Fall bedeutet dies zunächst, dass allein die rechtlich zu missbilligende Trunkenheitsfahrt den Vorwurf der Sozialwidrigkeit nicht begründen kann, da das Fahren unter Alkoholeinfluss kein Verhalten ist, das für sich genommen in irgendeinem Bezug zum Regelungsgefüge des SGB II steht. Die Sanktionierung dieses Verhaltens wird durch das Straf- bzw. das Ordnungswidrigkeitenrecht gewährleistet. Die Hilfebedürftigkeit des Klägers trat daher auch erst aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes ein, nachdem der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag infolge des Entzugs der Fahrerlaubnis gekündigt hatte.

Diese Folge der Trunkenheitsfahrt war aber keine bloße mittelbare Folge des Verhaltens des Klägers, wie es die Inhaftierung in dem vom BSG entschiedenen Fall darstellte. Vielmehr war dieses Verhalten für den Kläger vorhersehbar geeignet, zum Verlust des Arbeitsplatzes und damit zum Eintritt von Hilfebedürftigkeit zu führen. Diese schuldhafte Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit stellt sich als sozialwidrig dar, weil sie in Bezug zu nach dem SGB II zu missbilligenden Verhaltensweisen steht. Im Einzelnen:

In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Verlust der Fahrerlaubnis eines Kraftfahrers ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB sein kann (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 3. Juli 2014 - 5 Sa 27/14 - Rn. 22 mwN.; siehe insb. BAG, Urteil vom 30. Mai 1978 - 2 AZR 630/76 - ). Sozialrechtlich kann es dabei nicht darauf ankommen, ob die außerordentliche Kündigung tatsächlich arbeitsrechtlich wirksam ist oder ob wie hier im arbeitsgerichtlichen Vergleich später deren Rücknahme erfolgt. Zum Sperrzeittatbestand des § 159 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB III ist insoweit geklärt, dass entscheidend ist, ob der Arbeitslose sich objektiv arbeitsvertragswidrig verhalten, also Anlass für eine verhaltensbedingte Kündigung gegeben hat (siehe insoweit zu einem ähnlichen Sachverhalt: BSG, Urteil vom 6. März 2003 - B 11 AL 69/02 R - ). Im hier zu beurteilenden Zusammenhang kann nichts anderes gelten.

Der Kläger war laut Arbeitsvertrag (als "Arbeitsvertrag für Fahrpersonal" bezeichnet) als Kraftfahrer eingestellt worden (§ 5 des Vertrages). Das Vorliegen einer Fahrerlaubnis Klasse CE wurde im Arbeitsvertrag ausdrücklich unter § 3 "Persönliche Voraussetzungen" festgehalten. Insoweit ist offenkundig, dass das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis Grundlage der Beschäftigung als Kraftfahrer war. Nach dem Verlust der Fahrerlaubnis aufgrund der Trunkenheitsfahrt am 23. August 2014 hat der Arbeitgeber auch deswegen umgehend mit Schreiben vom 24. August 2014 die fristlose Kündigung ausgesprochen (Betreff: "Fristlose Kündigung - FS-Verlust wegen Alkohol am Steuer 1,6 Prom."). An diesem Zusammenhang ändert sich auch durch die spätere Rücknahme der außerordentlichen Kündigung im arbeitsgerichtlichen Vergleich schon deshalb nichts, weil nicht ersichtlich ist, dass eine Kündigung aus anderen Gründen im selben Zeitraum im Raum stand. Der Entzug der Fahrerlaubnis war die Ursache und nicht nur der Anlass für das Tätigwerden des Arbeitgebers. Ebenfalls ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass durch eine Umsetzung innerhalb des Unternehmens eine Tätigkeit hätte ausgeführt werden können, für die keine Fahrerlaubnis benötigt wird.

Dieser Kausalverlauf ist auch für den Kläger subjektiv im Sinne grober Fahrlässigkeit (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 aE.) vorhersehbar gewesen. Der Kläger war nicht nur leicht sondern erheblich alkoholisiert (mindestens 2,3 Promille). Bei dieser hohen Alkoholisierung, die deutlich über der von der Rechtsprechung regelmäßig angenommen Grenze der absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille liegt (BGH, Beschluss vom 28. Juni 1990 - 4 StR 297/90 - ), muss dem Kläger klar gewesen sein, dass das Führen eines Kraftfahrtzeuges nicht mehr erlaubt ist und mit dem Verlust der Fahrerlaubnis einhergehen kann. Dies ist insoweit im Strafverfahren auch rechtskräftig erkannt worden und der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung dies auch eingeräumt. Da der Kläger als Kraftfahrer tätig war, hat aber ebenfalls auf der Hand gelegen, dass der Verlust der Fahrerlaubnis der Fortsetzung der Erwerbstätigkeit nachhaltig im Wege steht. Dieser oben skizzierte Kausalverlauf ist auch in der Laiensphäre eindeutig vorhersehbar und damit vermeidbar.

Diese grobe fahrlässige Inkaufnahme des Verlustes der Fahrerlaubnis mit dem einhergehenden Jobverlust und dadurch entstehender Hilfebedürftigkeit ist auch sozialwidrig.

Das SGB II stellt den Grundsatz der Eigenverantwortung des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in den Vordergrund (§ 1 SGB II). Dieser hat in erster Linie programmatischen Charakter, kommt aber auch in zahlreichen Regelungen des SGB II zum Ausdruck (Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, E 010 Rn. 283). Hiervon ausgehend wird von erwerbsfähigen Leistungsberechtigte gefordert, dass diese alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit ausschöpfen (§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB II) bzw. in eigener Verantwortung alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln und Kräften zu bestreiten und hierfür ihre Arbeitskraft einzusetzen (§ 2 Abs. 2 SGB II). Diese Forderung und Erwartung hat schließlich auch in den Wortlaut der zentralen Norm für die Prüfung der Hilfebedürftigkeit, § 9 SGB II, Eingang gefunden (unter anderem Abs. 2 Satz 3: " ... ist der gesamte Bedarf nicht aus eigenen Mitteln und Kräften gedeckt, ...") und wird flankiert durch die Sanktionsvorschriften (insbesondere § 31 Abs. 2 SGB II).

Durch sein Verhalten hat der Kläger diese Erwartung aber enttäuscht. Es ist letztlich überhaupt nicht entscheidend, ob das zu beurteilende Verhalten strafbar ist oder nicht. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass das Verhalten anders als im vom BSG entschiedenen Fall unmittelbar die berufliche Existenzgrundlage gefährdet und dann zu deren Wegfall geführt hat. Im Falle des Klägers war nun mal das Vorhandensein einer Fahrerlaubnis zentrale Grundvoraussetzung für die Beschäftigung und damit deren Innehaben die Geschäftsgrundlage des Arbeitsvertrages. An dieser Unmittelbarkeitsbeziehung ändert sich auch nichts dadurch, dass ohne die Entdeckung des Verhaltens und den damit einhergehenden Entzug der Fahrerlaubnis durch die Justiz der Arbeitsplatz nicht verloren gegangen wäre. Die Entdeckung eines rechtlich zu missbilligenden Verhaltens ist regelmäßig immer Voraussetzung für dessen Sanktionierung. Mithin ist hier nach den skizzierten Wertungen des SGB II der durch grob fahrlässiges Verhalten des Klägers bewirkte Verlust der Fahrerlaubnis und des Arbeitsplatzes mit anschließendem Eintritt der Hilfebedürftigkeit nicht hinzunehmen.

Die Höhe des vom Beklagten festgestellten Ersatzanspruchs begegnet nach Abgabe des Teilanerkenntnisses keinen rechtlichen Bedenken mehr.

Ebenfalls brauchte der Beklagte von der (teilweisen) Geltendmachung des Ersatzanspruchs auch nicht absehen, weil dies eine Härte bedeuten würde (§ 34 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Eine solche Härte kann aus persönlichen (etwa Auswirkungen auf Kinder) oder wirtschaftlichen Gründen vorliegen, wobei die Belastung durch die Ersatzpflicht für sich genommen keine Härte darstellen kann (Link in Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 34 Rn. 52). Für eine entsprechende Härte ist nichts ersichtlich. Sie kann im Übrigen auch nicht allein daraus folgen, dass dem Kläger hier keine vorsätzliche Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit vorgeworfen werden kann, weil die grob fahrlässige Verursachung derselben nach dem Willen des Gesetzgebers eben regelmäßig die Ersatzpflicht zur Folge hat.

Ob schließlich auch für die über den Zeitraum bis Februar 2015 hinaus bewilligten Leistungen eine Ersatzpflicht besteht, brauchte die Kammer nicht zu entscheiden, da dies nicht streitgegenständlich ist. Inwieweit eine derart uferlose Haftung besteht, dürfte aber schon aus verfassungsrechtlichen Gründen erörterungsbedürftig sein.

Die ebenfalls verfügte Tilgung der Forderung durch Aufrechnung begegnet keinen rechtlichen Bedenken (§ 43 Abs. 1 Nr. 2, Satz 2 aE. SGB II).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt das Teilanerkenntnis des Beklagten.