Landgericht Aurich
Urt. v. 09.03.2001, Az.: 1 S 520/00

Nachweis des Zugangs von Versicherungsunterlagen durch Indizien

Bibliographie

Gericht
LG Aurich
Datum
09.03.2001
Aktenzeichen
1 S 520/00
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 2001, 30073
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGAURIC:2001:0309.1S520.00.0A

Verfahrensgang

vorgehend
AG Wittmund - 28.11.2000 - AZ: 4 C 260/00 (I)

Fundstelle

  • VersR 2001, 1225 (Volltext mit red. LS)

In dem Rechtsstreit
hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts Aurich
auf die mündliche Verhandlung vom 9.03.2001
durch
...
für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.11.2000 verkündete Urteil des Amstgerichts Wittmund - 4 C 260/00 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Entscheidungsgründe

1

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

2

Das Amtsgericht hat die Klage ausgehend vom erstinstanzlichen Sach- und Streitstand zutreffend mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin habe im Prozess aufgrund der Schilderung der bisherigen Vertragsabwicklung den Nachweis erbracht, dass dem Beklagten der Versicherungsschein für die vom ihm abgeschlossene private Krankenversicherung zugegangen ist. Der Widerruf des Beklagten vom 13.04.2000 sei daher verspätet gewesen. Aus diesem Grunde sei auch die auf Rückzahlung bisher geleisteter Versicherungsbeiträge gerichtete Widerklage abzuweisen; diese sei im übrigen schon unzulässig.

3

Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung führen zu keiner abweichenden Beurteilung durch die Kammer. Die Klägerin hat aus dem mit dem Beklagten abgeschlossenen Vertrag über eine private Krankenversicherung Anspruch auf Zahlung rückständiger Beiträge in Höhe von 2.511,60 DM.

4

Der Beklagte hat den Vertragabschluss nicht wirksam widerrufen. Die Frist des § 5 a Abs. 1 VVG ist nicht gewahrt. Diese 14tägige Widerspruchsfrist begann mit dem Eingang der Versicherungsunterlagen beim Beklagten. Die Kammer ist davon überzeugt, dass die Unterlagen noch im Mai 1999 beim Beklagten eingegangen sind und schließt sich insoweit den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Amtsgerichts an.

5

Die Versicherungsunterlagen wurden durch die Klägerin unstreitig am 20.05.1999 versandt. Mit dem Zugang beim Beklagten ist daher auch bei ungewöhnlich langer Beförderungsdauer spätestens am 31. Mai 1999 auszugehen, so dass die Widerrufsfrist 14 Tage später endete.

6

Den Nachweis des Zugangs der Versicherungsunterlagen i.S.v. § 5 a Abs. 2 S: 2 VVG hat die Klägerin durch die von ihr dargelegten Indizien erbracht. Diese hat das Amtsgericht in seiner Entscheidung mit zutreffender Würdigung dargestellt. Erst als dem Beklagten nach Ausbleiben der Raten für die Monate seit Januar 2000 und Zusendung mehrerer Mahnungen im April 2000 mitgeteilt wurde, dass ein Versicherungsschutz erst nach Zahlung der Rückstände in Betracht komme, berief er sich auf die fehlende Übersendung der Versicherungsunterlagen und erklärte den Widerruf. Es widerspricht jeder Lebenserfahrung, dass eine Versicherung zunächst 4 Monate bezahlt wird, ohne dass Versicherungsunterlagen vorliegen. Noch unverständlicher ist es, wenn mehrfach rückständige Beträge angefordert werden, in telefonischen Besprechungen der Angelegenheit aber mit keinem Wort das Fehlen der Vertragsunterlagen angesprochen werden. Zutreffend wertet daher das Amtsgericht die Darstellung des Beklagten als Schutzbehauptung, um seiner Zahlungspflicht zu entgehen.

7

An der Würdigung der Indizien in diesem Sinne ist die Kammer auch nicht durch die Regelung in § 5 a Abs. 2 S. 4 VVG gehindert. Selbst wenn die Jahresfrist erst mit Zahlung der ersten Prämie beginnt, so lässt sich dem nicht entnehmen, dass die mehrfache Prämienzahlung nicht als Indiz für die rechtzeitige Übersendung der Unterlagen herangezogen kann.

8

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 a.F. bzw. § 288 n.F. BGB.

9

Mangels wirksamen Widerspruchs ist auch die auf Rückzahlung der bisher gezahlten Prämien gerichtete Widerklage unbegründet. Auf die Frage der Zulässigkeit der Widerklage kommt es daher nicht an.

10

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Streitwertbeschluss:

Der Streitwert für den 2. Rechtszug wird auf 4.565,70 DM festgesetzt.