Landgericht Hannover
Urt. v. 18.10.1990, Az.: 19 O 88/90

Wirksamkeitsvoraussetzungen der Kündigung eines Krankenversicherungsvertrages; Ausgestaltung der Abgrenzung von Arbeitsunfähigkeit und Berufsunfähigkeit; Anforderungen an das Vorliegen der Berufsunfähigkeit eines Maklers

Bibliographie

Gericht
LG Hannover
Datum
18.10.1990
Aktenzeichen
19 O 88/90
Entscheidungsform
Urteil
Referenz
WKRS 1990, 21017
Entscheidungsname
[keine Angabe]
ECLI
ECLI:DE:LGHANNO:1990:1018.19O88.90.0A

Fundstelle

  • VersR 1991, 1281 (red. Leitsatz)

...
hat die 19. Zivilkammer des Landgerichts Hannover
auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 1990
unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters am Landgericht ...
der Richterin am Landgericht ... und
des Richters ...
fürRecht erkannt:

Tenor:

  1. 1.

    Es wird festgestellt, daß der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten einen Betrag in Höhe von 16.600,00 DM als für die Zeit vom 23.7.1988 bis zum 19.6.1989 erhaltenes Krankentagegeld zurückzuzahlen.

  2. 2.

    Es wird festgestellt, daß der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten weitere - von der Beklagten noch nicht näher bezifferte - Kosten gemäß Schreiben der Beklagten vom 31.1.1990 für von dieser in Auftrag gegebene ärztliche Gutachten etc. zu zahlen.

  3. 3.

    Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

  4. 4.

    Die Kosten des Rechtsstreit tragen die Beklagte zu 13 %, der Kläger zu 87 %.

  5. 5.

    Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6.600,00 DM vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000,00 DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung eines Krankenversicherungsvertrages und um Zahlungsansprüche der Beklagten.

2

Der Kläger schloß im Jahre 1976 bei der Beklagten eine Krankheitskostenvollversicherung ab, darunter auch eine Krankentagegeldversicherung über 50,00 DM täglich. Anfang 1986 vereinbarten die Parteien eine Erhöhung des Krankentagegeldes auf täglich 300,00 DM.

3

Bei einem Raubüberfall am 12.11.1986 wurde der Kläger verletzt, seitdem ist er fortlaufend arbeitsunfähig krankgeschrieben.

4

Die Beklagte zahlte an den Kläger das vereinbarte Krankentagegeld, in der Zeit vom 23.7.1988 bis 19.6.1989 beliefen sich ihre Zahlungen auf insgesamt 99.600,00 DM.

5

Am 20.6.1989 stellte die Beklagte ihre Zahlungen mit der Begründung ein, der Kläger sei nicht mehr berufsunfähig bzw. bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit jedenfalls berufsunfähig. In dem Parallelrechtsstreit Landgericht Hannover 19 O 316/89 wurde die Klage des Klägers auf Fortzahlung des Krankentagegeldes mit der Begründung abgewiesen, das Versicherungsverhältnis bezüglich der Krankentagegeldversicherung sei bereits seit 1987 erloschen, da der Kläger seit diesem Zeitpunkt berufsunfähig sei.

6

In vorgenanntem Rechtsstreit wies die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 9.11.1989 auf ein Verfahren des Klägers gegen die Eheleute Becker hin, in dem dieser Maklergebühren eingeklagt hatte. Nachdem der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten am 17.1.1990 Akteneinsicht erhalten hatte, kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 31.1.1990 das gesamte Versicherungsverhältnis. Sie begründete dies damit, daß der Kläger entgegen der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in der Zeit vom 23.7.1988 durchgehend bis 19.6.1989 in seinem Beruf als Makler gearbeitet habe. Zugleich forderte die Beklagte die Rückzahlung der in diesem Zeitraum geleisteten Krankentagegelder.

7

Der Kläger vermittelte den Eheleuten ... im Juli 1988 ein Haus und bot im Januar 1990 einem ... eine Doppelhaushälfte in ... an.

8

Mit Schreiben vom 7.5.1990 focht die Beklagte den Anfang 1986 geschlossenen Vertrag über die Erhöhung des Krankentagegeldes wegen arglistiger Täuschung an. Dem liegt zugrunde, daß der Kläger in seinem Antrag von 7.5.1986 sein monatliches Nettoeinkommen im Jahre 1986 mit über 9.000,00 DM angegeben hatte. Am 12.3.1987 hatte er der Beklagten ein Schreiben seines Steuerberaters vorgelegt, wonach er für das Jahr 1985 ein Nettoeinkommen von 205.408,45 DM und für das Jahr 1986 ein Nettoeinkommen von 152.692,35 DM habe. Auf erneute Anfrage der Beklagten im Frühjahr 1990 legte der Kläger der Beklagten seine Einkommenssteuerbescheide vor, wonach er im Jahr 1985 einen Verlust von 129.673,00 DM und im Jahre 1986 einen Verlust in Höhe von 63.726,00 DM erwirtschaftete. Die Beklagte stützt auch die fristlose Kündigung vom 31.1.1990 auf eine arglistige Täuschung über die Einkommensverhältnisse bei Abschluß des Erhöhungsvertrages.

9

Der Kläger bestreitet, in der Zeit vom 23.7.1988 bis 19.6.1989 fortlaufend als Makler gearbeitet zu haben. Bei den Vermittlungen im Juli 1988 und Januar 1990 habe es sich vielmehr um Arbeitsversuche gehandelt, zu denen ihm sein Psychotherapeut geraten habe. Mit Schreiben vom 16.7.1988 habe er dies der Beklagten auch mitgeteilt. Das Immobilienbüro ... werde von der Ehefrau des Klägers geführt.

10

Der Kläger trägt weiter vor, seine im Jahre 1986 bzw. 1987 gemachten Angaben über sein Einkommen seien zutreffend.

11

Der Kläger beantragt,

  1. 1 a.

    Es wird festgestellt, daß die seitens der Beklagten mit Schreiben vom 31.1.1990 - bei dem Kläger eingegangen am 1.2.1990 - ausgesprochenen fristlose Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Versicherungsverhältnisses mit der Versicherungsnummer 20 09 66 unwirksam ist;

  2. 1 b.

    es wird festgestellt, daß der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten einen Betrag in Höhe von 99.600,00 DM als für die Zeit vom 23.7.1988 bis zum 19.6.1989 erhaltenen Krankentagegeldes zurückzuzahlen;

  3. 1 c.

    es wird festgestellt, daß der Kläger nicht verpflichtet ist, der Beklagten weitere - von der Beklagten noch nicht näher bezifferten - Kosten für von dieser in Auftrag gegebenenärztlichen Gutachten etc. zu zahlen.

12

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

13

Sie trägt vor, der Beklagte habe in der Zeit vom 23.7.1988 bis 19.6.1989 fortlaufend als Makler gearbeitet. Ein Schreiben vom 16.7.1988 habe die Beklagte nicht erhalten, das müsse nachträglich gefertigt worden sein. Das von der Beklagten eingeschaltete Detektivbüro habe bei Interessentenmeldungen auf Anzeigen der Firma ... jeweils nur Kontakt mit dem Kläger selbst erhalten.

14

Die Beklagte trägt weiter vor, sie sei von dem Kläger bei Abschluß des Erhöhungsvertrages im Jahre 1986 arglistig getäuscht worden, da dieser in den Jahren 1985 und 1986 Verluste erwirtschaftet habe.

15

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schreiben der Beklagten vom 31.1.1990 (Bl. 8 ff. d.A.) und vom 7.5.1990 (Bl. 77 ff. d.A.) und auf das Schreiben des Klägers vom 16. Juli 1988 (Bl. 15 d.A.) verwiesen.

16

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen .... Hinsichtlich des Beweisergebnisses wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13. September 1990 (Bl. 102 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

17

Die Klage ist überwiegend unbegründet.

18

Die Beklagte war berechtigt, das gesamte zwischen den Parteien bestehende Krankenversicherungsverhältnis fristlos analog §§626, 723, 749 BGB zu kündigen. Das Kündigungsrecht ist von der Beklagten in angemessener Frist ausgeübt worden. Nachdem die Beklagte frühestens am 18.1.1990 den Aktenauszug betreffend das Verfahren des Klägers gegen die Eheleute ... in Händen hielt, ist eine 14 tägige Kündigungsfrist bis zum Erhalt des Kündigungsschreibens durch den Kläger am 1.2.1990 eingehalten.

19

Die Beklagte kann ihre fristlose Kündigung allerdings nicht darauf stützen, daß der Kläger trotz Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in der Zeit vom 23.7.1988 bis 19.6.1989 in seinem Beruf als Makler gearbeitet habe. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme läßt sich eine solche regelmäßige Arbeitstätigkeit nicht feststellen. Die Vermittlungstätigkeiten des Klägers im Juli 1988 und im Januar 1990 sind vielmehr als Arbeitsversuche im Rahmen der psychoherapeutischen Behandlung des Klägers anzusehen. Nach Aussage des behandelnden Arztes ... riet dieser dem Kläger etwa ab Mai 1988 produktiv tätig zu sein, also einen Versuch der Arbeitsleistung zu unternehmen. Die Vermittlung eines Objektes im Juli 1988 an die Eheleute ... läßt sich somit auf diesen ärztlichen Rat zurückführen.

20

Wenn auch der Zeuge ... dem Kläger Ende 1989, Anfang 1990 nicht nochmals konkret zu einem Arbeitsversuch riet, so ist doch festzuhalten, daß nach Aussage des Zeugen ... es ein Ziel seiner Therapie war, bei dem Kläger die Einstellung zu erreichen, daß er zu produktiver Arbeitsleistung noch in der Lage ist. Teil der Therapie ist daher die Ermunterung zu produktiver Tätigkeit. Es ist somit nicht auszuschließen, daß der Arzt dem Kläger auch gegen Ende 1989/Anfang 1990 nochmals riet, Tätigkeiten in seinem Beruf auzuüben.

21

Auch die Absendung des Schreibens des Klägers an die Beklagte vom 14. Juli 1988 spricht dafür, daß es sich bei der Vermittlung im Juli 1988 um einen ärztlich empfohlenen Arbeitsversuch handelte. Nach den Bekundungen der Zeugin Baudisch kannte sie dieses Schreiben, weil sie es selbst getippt hatte, auch war sie es, die es in den Briefkasten warf. Da es sich bei der Absendung des Schreibens bzw. bei dem von der Beklagten behaupteten nachträglichen Verfassen dieses Schreibens nur jeweils um ein Indiz für oder gegen eine dauernde Arbeitsleistung des Klägers handelt, kommt es nicht darauf an, daß nach Behauptung der Beklagten sie dieses Schreiben niemals erreichte. Mag auch die Zeugin ... als Ehefrau des Klägers ein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits haben, so läßt sich jedoch nicht feststellen, daß sie die Unwahrheit gesagt hat und das vorgenannte Schreiben tatsächlich erst für den Rechtsstreit nachträglich hergestellt worden ist. Dies gilt auch dann, wenn das Schreiben bei der Beklagten nicht eingegangen ist; es ist nicht auszuschließen, daß es auf dem Postwege verloren ging.

22

Die Arbeitsversuche als solche führen weder zum Wegfall der anspruchsbegründenden Arbeitsunfähigkeit, noch stellen sie Obliegenheitsverletzungen des Klägers dar, die die Beklagte zur Kündigung berechtigen würden. Eine Ausübung von Arbeit im Sinne des §1 Abs. 3 MBKT liegt nur vor, wenn der Versicherungsnehmer einigermaßen regelmäßig und in einer den Zweck des Krankentagegeldes gefährenden Weise tätig wird (Prölss/Martin, VVG, 24. Aufl., §1 MBKT, Anm. 2; Bruch/Möller/Wriehe, VVG, Krankenversicherung, 8. Aufl., Anm. K 287).

23

Auch aus der weiteren Aussage der Ehefrau des Klägers ergibt sich nicht, daß dieser in einer Weise im ... tätig ist, die auch nur als Mitarbeit bezeichnet werden kann. Nach der Aussage der Zeugin ... geht der Kläger aus Telefon, wenn die Zeugin nicht im Hause ist und gibt Auskünfte über die angebotenen Objekte. Angesichts des Umstandes, daß Privat- und Geschäftsräume in einer Wohnung Liegen, kann die gelegentliche Bedienung des Telefons nicht als eine solche Arbeitsleistung angesehen werden, die üblicherweise vergütet wird.

24

Soweit die Beklagte weiter vorträgt, das von ihr eingeschaltete Detektivbüro habe nicht nur hinsichtlich des Objektes ... sondern auch bei weiteren Objekten jeweils nur Kontakt mit dem Kläger erhalten, ist dieser Vortrag unsubstantiiert, weil nicht einlassungsfähig. Es fehlt jede Angabe dazu, zu welchen Zeiten etwa der Kläger Besichtigungs- und Absprachetermine vereinbart haben soll.

25

Ebensowenig gibt der Umstand etwas her, daß das ... weiterhin Anzeigen schaltete, da das Büro nach Aussage der Ehefrau des Klägers von dieser betrieben wird. Der Kläger war auch nicht aufzufordern, eine Inseratensammlung vorzulegen, da nicht erkennbar ist, wieso sich hieraus ergeben soll, ob die Inserate jeweils von dem Kläger selbst oder von seiner Ehefrau in Auftrag gegeben wurden.

26

Die Beklagte stützt die fristlose Kündigung jedoch weiterhin auf das Verhalten des Klägers bei Abschluß des Vertragesüber die Erhöhung des Krankentagegeldes Anfang 1986. Nach dem Vortrag der Parteien hat der Kläger die Beklagte bei Abschluß dieses Erhöhungsvertrages bzw. mit Vorlage der Bescheinigung seines Steuerberaters über sein Einkommen in den Jahren 1985 und 1986 arglistigüber seine Einkommensverhältnisse getäuscht. In dem Antrag auf Erhöhung des Krankentagegeldes gab der Kläger sein Einkommen mit monatlich 9.000,00 DM, in dem Testat des Steuerberaters wurde das Einkommen für 1985 mit 205.408,45 DM und für das Jahr 1986 mit 152.692,35 DM angegeben. Nach den Einkommenssteuerbescheiden für das Jahr 1985 hatte der Kläger jedoch ein Minuseinkommen von 129.673,00 DM und für 1986 von 63.726,00 DM. Soweit der Kläger vorträgt, die Auskünfte seines Steuerberaters über sein Einkommen in diesen Jahren seien zutreffend, das Nettoeinkommen nach den Versicherungsbestimmungen sei anders zu errechnen als das steuerliche Einkommen, so ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Angesichts des erheblichen Unterschiedes zwischen dem testierten bzw. im Antrag angegebenen Einkommen und dem versteuerten Einkommen hätte der Kläger schon näher darlegen müssen, wie sich seine Einkünfte in den Jahren 1985 und 1986 zusammensetzten bzw. wieso es zu einem Negativeinkommen als Besteuerungsgrundlage kam. Es war auch nicht notwendig, den Kläger nochmals darauf hinzuweisen, daß hierzu nähere Darlegungen notwendig sind. Den Vortrag, das Nettoeinkommen sei versicherungsrechtlich und steuerrechtlich je unterschiedlich zu berechnen, hatte er bereits vor der letzten mündlichen Verhandlung gehalten. Da das Gericht in der mündlichen Verhandlung den Kläger nachließ, zu dem Kündigungsgrund der Täuschung über Einkommensverhältnisse nochmals vorzutragen, konnte der Kläger dem ohne weiteres entnehmen, daß der bisherige Vortrag unzureichend war.

27

Die fehlerhafte Angabe des Einkommens ist auch nicht als schlichtes Versehen anzusehen. Dem Kläger war unstreitig bekannt, daß er in den Jahren 1984 bis 1986 erhebliche Verluste mit seiner Tätigkeit als Automatenaufsteller erlitten hatte, demgemäß war ihm auch bekannt, welche Einkünfte er erzielte.

28

Die arglistige Täuschung über die Einkommensverhältnisse berechtigte die Beklagte nicht nur zur Anfechtung des Erhöhungsvertrages, sondern außerdem zur fristlosen Kündigung des gesamten Versicherungsverhältnisses. Aufgrund des Massengeschäftes im Versicherungswesen ist die Beklagte darauf angewiesen, daß ihr von ihrem Versicherungsnehmer richtige Auskünfte erteilt werden. Stellt die Versicherungsgesellschaft daher fest, daß sie von ihrem Versicherungsnehmer im Verlauf einer bestehenden Versicherung in erheblicher Weise getäuscht wird, um den Abschluß einer Höherversicherung zu erreichen, so ist ihr nicht zuzumuten, mit dem. Versicherungsnehmer, hier dem Kläger, das Versicherungsverhältnis hinsichtlich der übrigen Versicherungen aufrechtzuerhalten und nur den Erhöhungsvertrag anzufechten bzw. von diesem zurückzutreten. Die Beklagte durfte auch hinsichtlich der übrigen Versicherung Zweifel an der Ehrlichkeit des Klägers haben.

29

Dahingestellt bleiben kann in diesem Zusammenhang, wann das Versicherungsverhältnis in Bezug auf das Krankentagegeld durch Berufsunfähigkeit des Klägers endete. Wenn man, wie die Kammer in dem Parallelrechtsstreit 19 O 316/89 davon ausgeht, daß dies bereits im Jahre 1987 bei Eintritt der Berufsunfähigkeit des Klägers geschah, so ist allerdings für eine Kündigung dieses Versicherungsverhältnisses kein Raum. Wurde jedoch in Bezug auf die Krankentagegeldversicherung ein Versicherungsverhältnis gekündet, welches zum Zeitpunkt des Ausspruches der Kündigung gar nicht mehr bestand, so fehlt es dem Kläger an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine diesbezügliche Feststellungsklage. Folgt man hingegen der von dem Kläger vertretenen Rechtsansicht im Parallelrechtsstreit, wonach das Versicherungsverhältnis erst mit der ärztlichen Feststellungüber die Berufsunfähigkeit endet, so bestand das Versicherungsverhältnis am 31.1.1990 noch und konnte demgemäß gekündigt werden, da das Gutachten über die Berufsunfähigkeit des Klägers erst im März 1990 erstellt wurde.

30

Demgemäß war die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Klägers vom 31.1.1990 abzuweisen.

31

Im wesentlichen abzuweisen war die Klage auch in Bezug auf den Klagantrag zu Ziffer 1 b). Aufgrund der arglistigen Täuschung des Klägers über seine Einkommensverhältnisse bei Abschluß des Vertrages über die Erhöhung des Krankentagegeldes war die Beklagte berechtigt, gemäß §123 BGB die Willenserklärungüber den Abschluß des Erhöhungsvertrages anzufechten bzw. gemäß §16 ff. VVG von diesem Vertrag zurückzutreten. Die Angabe des Einkommens war ausschlaggebend für den Willensentschluß der Beklagten, da bei der Krankentagegeldversicherung das Einkommmen entscheidend ist für die Versicherbarkeit eines bestimmten Einkommensverlustes bei Arbeitsunfähigkeit. Die Anfechtung mit hilfsweisem Rücktritt sprach die Beklagte mit Schreiben vom 7.5.1990 (Bl. 77 d.A.) aus. Gemäß §20 Abs. 2 VVG ist demgemäß der Kläger verpflichtet, die aufgrund des Erhöhungsvertrages empfangenen Leistungen an die Beklagte zurückzugewähren. Die Zahlungen der Beklagten aufgrund der Erhöhung um 250,00 DM beliefen sich in der Zeit vom 23.7.1988 bis zum 19.6.1989 auf 83.000,00 DM. In dieser Höhe war daher dem Begehren des Klägers nicht stattzugeben.

32

Zur Rückzahlung des Krankentagegeldes in Höhe von 50,00 DM täglich für vorgenannten Zeitraum ist der Kläger allerdings nicht verpflichtet. Die Anfechtung bzw. der Rücktritt ergreifen nur den Erhöhungsbetrag von täglich 250,00 DM. Da, wie oben ausgeführt, die Beklagte nicht zu beweisen vermag, daß der Kläger in oben genanntem Zeitpunkt gearbeitet hat besteht ein weitergehender Anspruch auf Rückzahlung der gesamten Krankentagegeldleistungen in dem hier streitigen Zeitraum nicht. Den Feststellungsantrag zu Ziffer 1 b) war demgemäß in Höhe von 16.600,00 DM stattzugeben.

33

Da eine Täuschung des Klägers über seine Arbeitsunfähigkeit nicht festzustellen ist, stehen der Beklagten auch nicht die mit Schreiben vom 31.1.1990 geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz für die von ihr verauslagten Kosten für ärztliche Gutachten etc. zu die die Beklagte zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers einholte. Die Täuschung über die Einkommenshöhe im Jahre 1986 hatte keinen Einfluß auf den Zahlungsgrund, sondern nur auf die Höhe der Krankentagegeldzahlungen. Demgemäß war dem Antrag zu Ziffer 1 c) stattzugeben, wobei zur Klarstellung das Anspruchsschreiben der Beklagten in den Tenor mitaufzunehmen war.

34

Festzuhalten ist, daß hier nicht zu entscheiden war, ob und gegebenenfalls welche Ansprüche der Beklagten sich daraus ergeben könnten, daß nach der Entscheidung der Kammer in dem Parallelrechtsstreit 19 O 316/89 das Versicherungsverhältnis bereits vor dem hier streitigen Zeitraum gemäß §15 b MB/KT beendet war. Die Beklagte hat sich eines Zahlungsanspruches auf dieser Grundlage bislang nicht berühmt, so daß die Feststellungsklage zulässigerweise auf die Anspruchsgrundlagen der Täuschung über die Arbeitsunfähigkeit bzw. Ausübung der Arbeit und der arglistigen Täuschung über die Einkommensverhältnisse zu beschränken war (Baumbach/Lauterbach, ZPO. 46. Aufl., §256 Anm. 2 A).

35

Ebenfalls nicht Gegenstand der Entscheidung ist die mit Schriftsatz des Klägers vom 27.9.1990 angekündigte Klagerhöhung auf Zahlung von 10.283,69 DM. Diese Klagerhöhung ist mangels Zustellung nicht wirksam geworden. Es bestand auch keinerlei Anlaß, wegen der Klagerhöhung erneut in die mündliche Verhandlung einzutreten. Es war schon zunächst kein Vorschuß eingezahlt, so daß nicht erkennbar war, ob es überhaupt zur Rechtshängigkeit dieser Klagerhöhung kommen würde. Zudem hätte der Kläger seinen vermeintlichen Anspruch auf Bezahlung von Krankheitskosten im Rahmen des fortbestehenden Krankenversicherungsschutzes längst vor der letzten mündlichen Verhandlung rechtshängig machen können.

36

Die Kostenentscheidung ergeht aus §92 Abs. 1 ZPO. Bei der Kostenquotelung war ein Streitwert von insgesamt 158.557,00 DM zugrundezulegen, nämlich für den Klagantrag zu Ziffer 1 a) der fünffache Jahresbetrag der von dem Kläger gezahlten Prämie von monatlich 915,95 DM, 99.600,00 DM für den Klagantrag zu Ziffer 1 b) und, mangels anderer Anhaltspunkte, von 4.000,00 DM für den Feststellungsantrag zu Ziffer 1 c). Da der Kläger hinsichtlich des Antrages zu Ziffer 1 c) voll obsiegt und hinsichtlich des Antrages zu Ziffer 1 b) in Höhe von 16.600,00 DM, ergibt sich somit die ausgeurteilte Quote von 13 %.

37

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht aus §§708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.